JudikaturJustiz6Ob650/94

6Ob650/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. Dezember 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ali S*****, vertreten durch Dr.Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagte Partei Durmus S*****, vertreten durch Dr.Andreas Brandtner, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen 100.000 S sA, infolge von Revisionsrekursen der klagenden und der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 8.Juni 1994, GZ 2 R 114/94-24, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 25.März 1994, GZ 3 C 1635/93k-70, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte vom Beklagten im Mahnverfahren die Zahlung von 100.000 S sA, hievon den Teilbetrag von 66.700 S aus dem Titel der Darlehensrückforderung und den Teilbetrag von 33.300 S wegen "Rückzahlung der Einlage des Klägers betreffend die Firma 'P***** Gesellschaft mbH, Ersatz der Kaution für den Pachtvertrag, Ersatz der Investitionen im Oktober 1992 und Entschädigung für die selbständige Tätigkeit des Klägers vom Februar bis Dezember 1992".

Infolge des vom Beklagten gegen den Zahlungsbefehl vom 1.10.1993 rechtzeitig erhobenen Einspruches faßte das Erstgericht in der Tagsatzung vom 10.11.1993 den Beweisbeschluß. In der folgenden Tagsatzung vom 25.3.1994 bezifferte der Kläger den Gesamtbetrag seiner nur mit dem Teilbetrag von 33.300 S eingeklagten Forderungen mit 999.160 S und schlüsselte diese Forderungen näher auf, worauf der Beklagte die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des Erstgerichtes erhob.

Das Erstgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück, weil im Hinblick auf den 100.000 S übersteigenden Gesamtstreitwert die sachliche Zuständigkeit des Landesgerichtes Feldkirch gegeben sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers teilweise Folge. Es trug dem Erstgericht unter teilweiser Aufhebung dessen Beschlusses auf, über diejenigen Einzelforderungen, welche jeweils den Betrag von 100.000 S nicht übersteigen, unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund das Verfahren fortzusetzen; im übrigen wurde der Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichtes bestätigt. Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Von den - einschließlich der Darlehensrückforderungen - Gesamtforderungen von 1,065.860 S fielen Gesamtforderungen von 205.860 S in die sachliche Zuständigkeit des Bezirksgerichtes, die restlichen Gesamtforderungen von 860.000 S aber in die sachliche Zuständigkeit des Gerichtshofes erster Instanz.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen gerichteten Revisionsrekurse des Klägers und des Beklagten sind entgegen dem - den Obersten Gerichtshof gemäß § 526 Abs 2 Satz 2 ZPO nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichtes über die Zulässigkeit eines ordentlichen Revisionsrekurses absolut unzulässig:

Gemäß § 45 JN idF des Art II Z 14 ZVN BGBl 1983/135 sind nach Eintritt der Steitanhängigkeit getroffene Entscheidungen, mit denen ein Gericht seine sachliche Zuständigkeit bejaht, nicht anfechtbar, solche, mit denen es seine sachliche Unzuständigkeit ausspricht, nur dann, wenn das Gericht, das nach dieser Entscheidung sachlich zuständig wäre, seinen Sitz nicht in derselben Gemeinde hat. Schon der Abs 1 der bis 30.4.1983 geltenden Fassung hatte angeordnet, daß Entscheidungen eines Gerichtshofes erster Instanz nicht deshalb angefochten werden können, weil für die Rechtssache die Zuständigkeit eines anderen Gerichtshofes oder eines anderen Bezirksgerichtes begründet ist. Erklärtes Ziel der Neufassung war es, Zuständigkeitsstreitigkeiten weiter zurückzudrängen (EB zur RV 669 BlgNR 15.GP 32). Der Justizausschuß hat die Bestimmung neu formuliert, um noch klarer auszudrücken, daß die Bejahung der sachlichen Zuständigkeit nie angefochten werden kann (AB 1337 BlgNR 15. GP 3).

Daraus folgt, daß die sachliche Zuständigkeit bejahende Entscheidungen immer unanfechtbar sind, gleichgültig, ob sie vom Gericht erster oder zweiter Instanz getroffen wurden (Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 231; Mayr in Rechberger, ZPO Rz 2 zu § 45 JN; EvBl 1986/113; JBl 1987, 792 mit Anm von Fink; EFSlg 69.724; 7 Ob 623/91; 4 Ob 509/94 uva). Beschlüsse - auch des Gerichtes zweiter Instanz -, die die sachliche Zuständigkeit verneinen, können nur dann angefochten werden, wenn das Gericht, das nach dieser Entscheidung sachlich zuständig wäre, seinen Sitz nicht in derselben Gemeinde hat. Hier wurde aber das nach Ansicht der Vorinstanzen für die zurückgewiesene Klageforderung sachlich zuständige Gericht in derselben Gemeinde sogar ausdrücklich genannt (Landesgericht Feldkirch).

Der zur Vermeidung bzw Abkürzung eines Zwischenstreites über die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes im § 45 JN angeordnete Rechtsmittelausschluß kann auch nicht dadurch umgangen werden, daß ein Rechtsmittelwerber geltend macht, das Erstgericht habe mit seinem Beschluß einer nach § 441 bzw § 240 Abs 2 ZPO präkludierten Unzuständigkeitseinrede des Beklagten stattgegeben (1 Ob 630/91).

Daß aber in dieser Frage bereits die Anrufung des Gerichtes zweiter Instanz unzulässig war, ändert nichts daran, daß auch die Rekursentscheidung über die vom Beklagten erhobene Einrede der sachlichen Unzuständigkeit durch den Obersten Gerichtshof nicht überprüfbar ist. Aus Anlaß der unzulässigen Revisionsrekurse war daher auch der Verstoß des Rekursgerichtes gegen die Rechtskraft des Beschlusses des Erstgerichtes nicht wahrzunehmen (9 ObA 257/90; 9 ObA 135/91; RZ 1993/26).

Diese Erwägungen führen demnach bereits zur Zurückweisung der infolge des Rechtsmittelausschlusses nach § 45 JN unzulässigen Revisionsrekurse.

Der Kostenausspruch beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.