JudikaturJustiz6Ob64/04m

6Ob64/04m – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Mai 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz zu FN 48072w eingetragenen p*****gesellschaft mbH mit dem Sitz in R*****, über den Revisionsrekurs des Geschäftsführers Johannes S*****, vertreten durch MMag. Dr. Herbert Greiml, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 14. Jänner 2004, GZ 4 R 273/03d 17, womit über den Rekurs des Geschäftsführers der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 12. November 2003, GZ 27 Fr 2026/03g 13, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass der Beschluss erster Instanz betreffend die über den Geschäftsführer verhängte Zwangsstrafe ersatzlos behoben wird.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten des Revisionsrekurses wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Gesellschaft mbH hatte drei Gesellschafter. Zwei der Gesellschafter sind im Firmenbuch als Geschäftsführer eingetragen. Die Satzung der Gesellschaft bestimmt, dass sie nur gemeinsam vertretungsbefugt sind. Einer der beiden Geschäftsführer verstarb am 24. 9. 2002. Über das Vermögen der Gesellschaft wurde am 28. 2. 2003 der Konkurs eröffnet. Es wurde ein Masseverwalter bestellt.

Mit Beschluss vom 12. 2. 2003 forderte das Erstgericht den verbliebenen Geschäftsführer auf, binnen vier Wochen die Löschung des verstorbenen Geschäftsführers sowie den dadurch ausgelösten Gesellschafterwechsel zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden, widrigenfalls über den Geschäftsführer eine Zwangsstrafe gemäß § 24 Abs 1 FBG verhängt werde. Der Geschäftsführer ersuchte insgesamt sechsmal um Erstreckung der Frist. Die Anträge wurden mit der Notwendigkeit der Beischaffung von Unterlagen und der Herbeiführung von Gesellschafterbeschlüssen sowie urlaubsbedingter Abwesenheit der Gesellschafter begründet. Nach Ablauf der zuletzt bewilligten Fristerstreckung verhängte das Erstgericht über den Geschäftsführer eine Zwangsstrafe von 250 EUR wegen Nichtanmeldung der Änderungstatsachen.

Das Rekursgericht bestätigte den Strafbeschluss. Gemäß § 17 Abs 1 GmbHG müsse die Gesellschaft durch die Geschäftsführer in der für die Vertretung erforderlichen Zusammensetzung das Erlöschen der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers ohne Verzug zum Firmenbuch anmelden. Auch der Übergang eines Gesellschaftsanteils sei gemäß § 26 Abs 1 GmbHG unverzüglich anzumelden. Die Anmeldepflicht sei mit Zwangsstrafe nach § 24 FBG durchzusetzen. Der verbliebene Gesellschafter Geschäftsführer könne hier der Anmeldungspflicht zwar nicht alleine nachkommen, weil der Gesellschaftsvertrag Gesamtvertretung der beiden Geschäftsführer anordne. Das Erstgericht habe daher zutreffend auf die Notwendigkeit der Änderung der Vertretungsbefugnis des verbliebenen Geschäftsführers oder der Bestellung eines zweiten Geschäftsführers hingewiesen, damit der Anmeldepflicht entsprochen werden könne. Der Rekurswerber hätte eine Generalversammlung einberufen müssen (§ 36 Abs 2 GmbHG). Dass dem verbliebenen Geschäftsführer bis zum Ablauf der letztmalig bis zum 31. 10. 2003 erstreckten Frist die Schaffung der Voraussetzungen zur Erfüllung der Anmeldepflicht nicht möglich gewesen wäre, habe er im Verfahren erster Instanz nicht vorgebracht. Der Umstand, dass über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet wurde, könne die Anmeldung der Löschung des verstorbenen Geschäftsführers und des Übergangs seines Gesellschafteranteils nicht hindern.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob der nach dem Tod des zweiten Geschäftsführers verbliebene, kollektivvertretungsbefugte Geschäftsführer mit Zwangsstrafe nach § 24 FBG zur Anmeldung verpflichtet werden könne.

Mit seinem Revisionsrekurs beantragt der Geschäftsführer die ersatzlose Aufhebung der verhängten Zwangsstrafe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Der Revisionsrekurswerber steht auf dem Standpunkt, dass er nach dem Tod des zweiten Geschäftsführers wegen der im Gesellschaftsvertrag angeordneten Gesamtvertretung zur Anmeldung der vom Firmenbuchgericht abverlangten Umstände nicht befugt sei und dass schon deshalb über ihn keine Zwangsstrafe verhängt werden könne. Zu untersuchen ist daher, ob eine Verletzung der Anmeldepflichten auch darin zu erblicken ist, dass der Geschäftsführer die ihm obliegende, vorgelagerte Verpflichtung verletzt, für eine ordnungsgemäße Vertretung der Gesellschaft zu sorgen. Die Frage ist aus nachstehenden Gründen zu verneinen:

Unstrittig ist, dass die Konkurseröffnung auf die Organstellung des Geschäftsführers und seine fortbestehende organisationsrechtliche Funktion keinen Einfluss hat (RIS Justiz RS0059995). Die Geschäftsführer haben das Erlöschen der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers zum Firmenbuch ebenso unverzüglich anzumelden wie den Übergang eines Geschäftsanteils (§§ 17 und 26 GmbHG). Der nach dem Ausscheiden des zweiten Geschäftsführers allein verbliebene Rekurswerber als nunmehr einziger Geschäftsführer der Gesellschaft ist wegen der im Gesellschaftsvertrag normierten Kollektivvertretungsmacht zur Anmeldung nicht legitimiert; die alleinige Vertretungsmacht geht nur dann auf den verbleibenden Geschäftsführer über, wenn der Gesellschaftsvertrag über die Ausübung des Vertretungsrechts keine Bestimmungen enthält, sodass es bei der gesetzlichen Vertretungsregel verbleibt, die eine Kollektivvertretung nur bei Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer vorsieht, bei Vorhandensein nur eines Geschäftsführers aber dessen Alleinvertretungsrecht (§ 18 GmbHG; SZ 51/162; RIS Justiz RS0059809). Auf die Möglichkeit einer Satzungsänderung oder die Bestellung eines weiteren Geschäftsführers durch Gesellschafterbeschluss wurde der Rekurswerber schon vom Erstgericht hingewiesen.

Anmeldungspflichten sind mit Zwangsstrafen gemäß § 24 FBG durchzusetzen. Die Verhängung eines Beugemittels kommt aber dort nicht in Betracht, wo die zu erzwingende Handlung vom Betroffenen auf keinen Fall gesetzt werden kann. Wenn die Erbringung einer Leistung unmöglich ist, sind Zwangsmittel nicht anzuwenden (zu § 19 AußStrG: RS0007310).

Es gehört nun durchaus zu den Geschäftsführerpflichten, dafür zu sorgen, dass die Gesellschaft mbH über handlungsfähige Organe verfügt (§ 15 Abs 1 GmbHG). Neben den schon angeführten, vom Erstgericht aufgezeigten Möglichkeiten hätte der Gesellschafter Geschäftsführer auch die Bestellung eines Notgeschäftsführers (§ 15a GmbHG) beim Firmenbuchgericht beantragen können, damit dieser die Anmeldepflicht der Gesellschaft erfüllt (SZ 57/62).

Diese dem Geschäftsführer eingeräumten Befugnisse sind zwar auch Verpflichtungen, für deren Durchsetzung das Gesetz allerdings weder im GmbHG noch im FBG Beugemittel vorsieht. Die angeführten Pflichten des nach dem Ausscheiden des zweiten Geschäftsführers nicht mehr für die Gesellschaft allein vertretungsbefugten Geschäftsführers sind den mit Zwangsstrafen (§ 24 FBG) durchsetzbaren Anmeldungspflichten vorgelagert, sodass vom Erstgericht über den Geschäftsführer im Ergebnis eine Zwangsstrafe wegen Säumigkeit bei Verpflichtungen verhängt wurde, für die das Gesetz eine Zwangsstrafe nicht vorsieht. Ein amtswegiges Vorgehen zur Installierung handlungsfähiger Organe der Gesellschaft ist nicht normiert; das Gesetz überlässt es den wirtschaftlich interessierten Beteiligten (Gesellschafter; Gläubiger), dafür zu sorgen. Die Verhängung einer Zwangsstrafe wegen Verletzung von Anmeldepflichten entbehrt daher hier einer gesetzlichen Grundlage. Dem Geschäftsführer ist es mangels Vertretungsmacht unmöglich, der vom Erstgericht abverlangten Anmeldepflicht nachzukommen. Auf diese Unmöglichkeit ist von Amts wegen Bedacht zu nehmen. Der Revisionsrekurs ist daher berechtigt.

Im außerstreitigen Verfahren außer in hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen findet ein Kostenersatz nicht statt (RIS Justiz RS0005964, zuletzt 6 Ob 42/03z).

Rechtssätze
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