JudikaturJustiz6Ob30/13z

6Ob30/13z – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. Juni 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien zu FN ***** eingetragenen plus i***** GmbH mit dem Sitz in W***** über den Revisionsrekurs der Gesellschaft, vertreten durch Pepelnik Karl Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 27. Dezember 2012, GZ 28 R 240/12p 13, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 18. Oktober 2012, GZ 73 Fr 14467/12p 8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen wiesen übereinstimmend den Antrag der Gesellschaft auf Änderung ihres Firmenwortlauts auf +i***** GmbH ab. Das Rekursgericht erklärte außerdem den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig; es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob das Sonderzeichen + auch am Anfang des Firmenwortlauts eingetragen werden kann.

In der Sache selbst vertrat das Rekursgericht die Auffassung, das Zeichen + habe grundsätzlich Verbindungscharakter, der im angestrebten Firmenwortlaut fehle. Außerdem sei die Aussprache des Zeichens nicht eindeutig; es könne als „und“ oder als „plus“ ausgesprochen werden. Schließlich sei es auch denkbar, dass das Zeichen + am Wortanfang überhaupt nicht ausgesprochen werde, sei es doch kurz, optisch wenig hervorstechend und damit leicht übersehbar. Da den übrigen Firmenbestandteilen zu geringe Kennzeichnungskraft zukomme, sei diese nur im Zusammenhang dieser Firmenbestandteile mit dem vorangestellten „plus“ gegeben; diese Funktion könne ein vorangestelltes + jedoch nicht erfüllen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

1. Neben § 5 GmbHG sind auch auf die Firma einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung die firmenrechtlichen Vorschriften des UGB anzuwenden (RIS Justiz RS0059876 [T2]). Unter der Kennzeichnungseignung iSd § 18 UGB wird dabei die Eignung zur namentlichen Kennzeichnung eines Unternehmers (Namensfunktion) verstanden (vgl RIS Justiz RS0122494).

2. Bei zusammengesetzten Firmenwortlauten entscheidet der Gesamteindruck, nicht eine zergliedernde Betrachtung. Mehrdeutigkeit geht zu Lasten des die Firma Führenden (6 Ob 188/07a; RIS Justiz RS0122547). Ein Anspruch auf eine bestimmte Schreibweise im Firmenbuch, etwa auf bestimmte Schriftzüge, besteht dabei nicht (RIS Justiz RS0122546).

3. Der erkennende Senat hat bereits klargestellt, dass entscheidendes Kriterium für die Verwendung von Zeichen deren Aussprechbarkeit ist (6 Ob 218/07p SZ 2007/173 = GeS 2008, 18 [ Fantur ] = GesRZ 2008, 105 [ Birnbauer ]). Der deutsche Bundesgerichtshof sprach im Hinblick auf eine Buchstabenkombination aus, dass es auf die Aussprechbarkeit der Firma im Sinne der Artikulierbarkeit ankommt (II ZB 46/07), wobei das Landesgericht Cottbus (CR 2002, 134 zum @-Zeichen) die Tatsache, dass mehrere Aussprachemöglichkeiten einer Bezeichnung denkbar sind, für nicht schädlich hielt; dieser Umstand sei aus dem Bereich der fremdsprachigen Bezeichnungen bekannt.

Die österreichische Literatur befürwortet oder akzeptiert zumindest die Eintragungsfähigkeit des Zeichens +; sie versteht das Zeichen jedoch zum Teil als „mathematisches Und Zeichen“ (etwa Dehn in Krejci , RK UGB [2007] § 18 Rz 20) beziehungsweise hält sie eine Aussprache als „und“ für eindeutig (etwa Ratka in Straube , GmbHG [2008] § 5 Rz 25); zum Teil wird das Zeichen aber als „plus“ verstanden (etwa Herda in Jabornegg/Artmann , UGB [2010] § 18 Rz 16). Umfahrer (in Zib/Dellinger , UGB [2010] § 18 Rz 15) wiederum hält das Zeichen + für sprachlich eindeutig, ohne jedoch zu sagen, in welchem Sinn. Die deutsche Literatur meint zum Teil, es handle sich um im Geschäftsverkehr bekannte Sonderzeichen ( Schlingloff in Oetker , HGB² [2011] § 18 Rz 8), zum Teil hält sie die Aussprache des Zeichens als „und“ für eindeutig ( Heidinger , MüKo zum HGB³ I [2010] § 18 Rz 12; Burgard in Staub , HGB Großkommentar 5 [2009] § 18 Rz 9).

4. Der erkennende Senat hält an dem Grundsatz fest, dass bei der Verwendung von Zeichen klar sein muss, ob und gegebenenfalls wie es ausgesprochen werden soll, und dass unaussprechbare Zeichen (weiterhin) unzulässig sein sollen; dies entspricht den Intentionen des Gesetzgebers des Handelsrechts Änderungsgesetzes (6 Ob 218/07p). Wie die zitierten Stellungnahmen der Literatur belegen, ist die Voraussetzung einer eindeutigen Aussprache des Zeichens + nicht gegeben, wozu noch die nicht zu widerlegende Überlegung des Rekursgerichts kommt, dass das Zeichen am Beginn der Firma überhaupt nicht ausgesprochen werden könnte. Tatsächlich hat das Zeichen am Firmenanfang eher dekorativen Charakter, jedenfalls aber keinen ausreichenden Auffälligkeitswert.

Dies alles muss jedenfalls dann zur Unzulässigkeit einer Firma führen, die mit einem + beginnt, wenn wie im vorliegenden Fall die übrigen Firmenbestandteile eine Allerweltsbezeichnung darstellen.

5. Damit war aber dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Rechtssätze
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