JudikaturJustiz6Ob3/85

6Ob3/85 – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Februar 1985

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Riedler und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 21.Juni 1976 verstorbenen Johann A, Bauer und Hilfsarbeiter i.R., zuletzt in 6300 Itter 31

wohnhaft gewesen, infolge Revisionsrekurses der 1.) erbl. Witwe Maria A, 6300 Itter 31, 2.) der erbl. Tochter Maria Anna B, Pirchmoos 199, 6306 Söll, und 3.) der erbl. Tochter Elisabeth C, 6314 Wildschönau-Niederau 34a, alle vertreten durch Dr.Roland Paumgarten, Rechtsanwalt in Kufstein, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 13.November 1984, GZ 1 b R 133/84-32, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hopfgarten vom 4.Juli 1984, GZ A 105/76-29, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Tiroler Bauer Johann A sen. ist am 21.Juni 1976 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung gestorben. Er war Alleineigentümer des geschlossenen Hofes 'Mühltalschuster' EZ 19 I KG Itter. Nach dem Gesetz waren seine Witwe Maria Anna A, sein Sohn Johann A jun. und seine beiden Töchter Maria Anna B und Elisabeth C zu Erben berufen. Sie gaben unbedingte Erbserklärungen ab und beantragten übereinstimmend die Aufschiebung der Erbteilung gemäß § 16 TirHG. Mit Einantwortungsurkunde vom 21.September 1976 (ON 8) wurde der Nachlaß aufgrund des Gesetzes seiner Witwe und seinen drei ehelichen Kindern zu je einem Viertel eingeantwortet; das Eigentum der vier Erben am geschlossenen Hof wurde entsprechend ihren Erbquoten mit der Beschränkung einverleibt, daß der Anerbe sein Anerbenrecht jederzeit geltend machen kann.

Johann A jun. als einziger Sohn des Erblassers erklärte mit Eingabe vom 30.Dezember 1983 (ON 14), sein Anerbenrecht geltend zu machen, und beantragte gleichzeitig die Durchführung der Erbschaftsteilung. Seine Mutter und seine beiden Schwestern äußerten sich hiezu, sie hätten im Rahmen rechtskundiger Beratung erfahren, daß Johann A jun. das Anerbenrecht nicht geltend machen könne bzw. daß ihm das Anerbenrecht nicht zustehe.

Das Erstgericht bestimmte Johann A jun. zum Anerben und setzte gleichzeitig den übernahmswert des geschlossenen Hofes mit 214.000 S fest.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß in der Bestimmung Johann AS jun. als Anerben und hob ihn im übrigen Umfang auf. Es führte - soweit zur Erledigung des Revisionsrekurses bedeutsam - aus, ob eine landwirtschaftliche Besitzung als geschlossener Hof anzusehen sei, bestimme sich ausschließlich nach der grundbücherlichen Eintragung. Die in der Höfeabteilung eingetragene Liegenschaft verliere ihre Eigenschaft als geschlossener Hof nur bei Aufhebung der Hofeigenschaft gemäß § 7 Abs.1

TirHG. Das Verlassenschaftsgericht habe den Grundbuchsstand hinzunehmen und habe keinen Anlaß vorgefunden, die Miterben zu einer entsprechenden Antragstellung an die Höfebehörde zu verhalten. Bei aufgeschobener Erbteilung müsse auch der als Anerbe berufene Miteigentümer der Antragstellung zustimmen;

es habe nicht angenommen werden können, daß Johann A jun. einem solchen Antrag beitreten werde. Da der Anerbe in der Geltendmachung seines Rechtes nicht beschränkt sei, könne von den Miterben auch nicht Unzeit eingewendet werden. Im Rekurs sei auch nicht angeführt, warum der einzige Sohn nicht zum Anerben hätte bestimmt werden dürfen. Ausschließungsgründe im Sinne des § 17 Z 4 TirHG seien weder geltend gemacht worden, noch lägen solche nach der Aktenlage vor.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Witwe und den beiden erbl. Töchtern gegen den bestätigenden Teil des zweitinstanzlichen Beschlusses erhobene Rekurs ist nicht zulässig.

Das Rechtsmittel ist schon deshalb nach § 16 Abs.1 AußStrG zu beurteilen, weil der bestätigende und der aufhebende Teil der Rekursentscheidung voneinander verschiedene Verfahrensgegenstände betreffen (SZ 26/254 uva); ob das Judikat 56 neu im Hinblick auf die Zivilverfahrens-Novelle 1983 auch im Verfahren außer Streitsachen nicht mehr anzuwenden ist (1 Ob 568/84), braucht deshalb nicht geprüft zu werden. Ein solcher Revisionsrekurs kann nur für den Fall offenbarer Gesetzwidrigkeit, Aktenwidrigkeit oder einer Nichtigkeit erhoben werden. Die Rechtsmittelwerber machen zwar ausdrücklich alle drei Anfechtungsgründe geltend, erblicken aber zufolge ihrer Ausführungen 'diese offenbare Gesetzes- und Aktenwidrigkeit' (AS 122) lediglich in der Annahme des Rekursgerichtes, sie hätten Ausschließungsgründe nicht geltend gemacht und solche lägen nach der Aktenlage auch nicht vor, weil sie in ihrem Rekurs an die zweite Instanz vorgebracht hätten, der zum Anerben bestimmte Miterbe gehe einer unselbständigen, nicht landwirtschaftlichen Arbeit nach, arbeite ganztägig in einem Chemieunternehmen und die übrigen Familienmitglieder müßten nach wie vor am Hof mitarbeiten. Die Rechtsmittelwerber verschweigen aber, daß sie dieses als Neuerung zu beurteilende Vorbringen keineswegs zur Darlegung eines Ausschließungsgrundes (wohl nach § 17 Z 4 lit. d TirHG) erstatteten, sondern zur Begründung ihrer in ganz anderer Zielrichtung liegenden Auffassung, die Liegenschaft weise keineswegs die Hofeigenschaft im Sinne des § 3 Abs.1 TirHG auf. Die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes, das Verlassenschaftsgericht habe die Hofeigenschaft nach dem Grundbuchstand zu beurteilen gehabt, bekämpfen die Rechtsmittelwerber in dritter Instanz nicht mehr. In erster Instanz haben sie sich auf das nicht weiter begründete Vorbringen beschränkt, dem erbl. Sohn stehe das Anerbenrecht nicht zu; dieses Vorbringen haben sie im Rekurs zulässigerweise (§ 10 AußStrG), wenn auch unrichtig dahingehend ergänzt, daß die Liegenschaft kein geschlossener Hof sei. Erstmals im Revisionsrekurs haben sie einen auf den von den Vorinstanzen bestimmten Anerben zutreffenden Ausschließungsgrund behauptet und sich auf das zur Darlegung der mangelnden Hofeigenschaft erstattete neue Vorbringen im Rekurs an die zweite Instanz berufen. Abgesehen davon, daß auch § 10 AußStrG vom bisherigen Vorbringen abweichende bzw. solche Behauptungen, die bisher überhaupt noch nicht aufgestellt worden sind, nicht gestattet (SZ 47/141 uva), ist der erstmals im Revisionsrekurs behauptete Ausschließungsgrund auch durch dieses Vorbringen keineswegs schlüssig dargetan, weil er zufolge § 17 Z 4

lit. d TirHG nur dann vorliegt, wenn der Anerbe durch seinen Beruf verhindert ist, den Hof von der Hofstelle aus persönlich zu bewirtschaften. Die Rechtsmittelwerber haben keineswegs behauptet, daß der erbl. Sohn infolge seiner unselbständigen Erwerbstätigkeit zu einer solchen Bewirtschaftung außerstande wäre; besondere Umstände, weshalb er hiezu trotz des geringfügigen Viehstandes und des geringen Ausmaßes der landwirtschaftlich genutzten Flächen ausnahmsweise nicht - wie zahllose andere Nebenerwerbsbauern und bezeichnenderweise selbst nach dem Vorbringen der Rechtsmittelwerber im Rekurs an die zweite Instanz auch der Erblasser - imstande sein sollte, werden erst im Rechtsmittel an die dritte Instanz geltend gemacht. Neuerungen im Rahmen eines nach § 16 Abs. 1 AußStrG zu beurteilenden Revisionsrekurses sind jedoch unbeachtlich (JBl. 1958, 100; EFSlg. 42.325 uva). Die Tatsacheninstanzen haben nach der Aktenlage aber auch keine Veranlassung gehabt, den behaupteten Ausschließungsgrund von Amts wegen aufzugreifen.

Da keiner der im § 16 Abs. 1 AußStrG genannten Anfechtungsgründe dargelegt wurde, war das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen.