JudikaturJustiz6Ob212/22b

6Ob212/22b – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. November 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer Zeni Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen R*, geboren am * 2009, wegen Kontaktrechts, über das als außerordentlichen Revisionsrekurs zu wertende Schreiben des Vaters S*, Deutschland, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 26. September 2022, GZ 45 R 419/22h 649, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom 2. August 2022, GZ 35 Ps 49/21h 631, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Gemäß § 6 Abs 1 AußStrG müssen sich die Parteien in Verfahren, in denen sich – wie hier – Anträge zweier oder mehrerer Parteien gegenüber stehen (können), im Revisionsrekursverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Besteht Anwaltspflicht, kann in dem von einer nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen Partei während einer Rechtsmittelfrist eingebrachten Schriftsatz, aus dem zu entnehmen ist, dass diese Partei eine Entscheidung anfechten möchte, wegen Postulationsunfähigkeit der Partei noch kein zur ordnungsmäßigen geschäftlichen Behandlung als Rechtsmittel geeigneter Schriftsatz erblickt werden; es ist dann eine Frist zur Verbesserung durch ein anwaltlich gefertigtes Rechtsmittel zu erteilen (RS0036392 [T1]).

[2] Im vorliegenden Fall brachte der Vater am 16. 10. 2022 ohne Vertretung durch einen Rechtsanwalt eine offenkundig als Rechtsmittel gegen den Beschluss des Rekursgerichts vom 26. 9. 2022 zu wertende Eingabe ein.

[3] Das Erstgericht wird daher ein Verbesserungsverfahren einzuleiten und dem Vater die erforderlichen Verbesserungsaufträge zu erteilen haben. Darin wird zweckdienlicher Weise auch darauf hinzuweisen sein, dass im Fall der Vertretung durch einen in Deutschland ansässigen Rechtsanwalt die Voraussetzungen des § 5 EIRAG einzuhalten sind.

[4] Nach § 5 Abs 1 EIRAG dürfen in Verfahren mit absoluter Anwaltspflicht – sofern nicht der Fall des § 5 Abs 3 EIRAG vorliegt – europäische Rechtsanwälte als Vertreter oder Verteidiger einer Partei nur im Einvernehmen mit einem in die Liste der Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwalt (Einvernehmensrechtsanwalt) handeln. Das Einvernehmen ist bei der ersten Verfahrenshandlung gegenüber dem Gericht schriftlich nachzuweisen (RS0129660).