JudikaturJustiz6Ob18/99m

6Ob18/99m – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Juli 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Siegfried L*****, gegen die beklagte Partei Dr. Brigitte L*****, vertreten durch Dr. Helga Gaster, Rechtsanwältin in Graz, wegen 67.500 S über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 17. November 1998, GZ 2 R 388/98p-15, womit das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 23. Juni 1998, GZ 33 C 12/98h-8, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 4.871,04 S (darin 811,84 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision wegen einer - nach seiner Ansicht - im vorliegenden Fall zu lösenden Frage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu, fehle doch, soweit überblickbar, eine Rspr, ob eine Bindungswirkung zwischen der Abweisung eines Unterhaltsbegehrens und einem Rückforderungsanspruch für einen identen Zeitraum bestehe.

Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO liegt dann vor, wenn die Entscheidung gerade von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Die angeschnittene Rechtsfrage muß also präjudiziell sein (1 Ob 39/94 ua; Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO § 508a ZPO Rz 1). Zu klären ist demnach, ob diese Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt ist. Als Beurteilungsgrundlage dient folgender Sachverhalt:

Die 1977 geschlossene Ehe der Streitteile wurde mit Beschluß vom 30. Mai 1994 gemäß § 55a EheG im Einvernehmen ohne einen Ausspruch nach § 61 Abs 3 EheG rechtskräftig geschieden. Im Scheidungsfolgenvergleich verpflichtete sich der nun klagende Rechtsanwalt ua zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von 22.000 S ab 1. Juli 1994 an die Beklagte.

In dem am 4. August 1995 eingeleiteten Vorverfahren mit identer Parteirollenverteilung wies das Erstgericht nach Schluß der Verhandlung am 2. Oktober 1996 mit Urteil vom 9. Oktober 1996 das Klagebegehren, der Kläger habe statt des im Scheidungsfolgenvergleich festgelegten monatlichen Unterhaltsbetrages ab 1. Jänner 1995 (nur) einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 8.500 S zu leisten, ab. Denn das durchschnittliche Nettoeinkommen des Klägers habe - ausgehend von der in der Rspr bei selbständig erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen als gerechtfertigt angesehenen Berücksichtigung der letzten drei Jahre bei der Einkommensermittlung, um Einkommensschwankungen auszuschließen - in den Jahren 1993 bis 1995 92.843 S betragen, die Parteien im Scheidungsfolgenvergleich seien von einer Unterhaltsbemessungsgrundlage des Klägers von 75.000 S netto bei einer Partizipationsquote von 29 % ausgegangen. Ausgehend von einer solchen Quote finde der Unterhaltsbetrag von 22.000 S im monatlichen Durchschnittseinkommen der letzten drei Jahre unabhängig davon Deckung, ob man die Steuerersparnis durch Verlustzuweisungen berücksichtige. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, weil nur zu prüfen sei, ob das 1995 gesunkene Einkommen des Klägers zu wesentlich geänderten Verhältnissen geführt habe. Das Erstgericht habe zu Recht das arithmetische Mittel der letzten drei abgeschlossenen Wirtschaftsjahre zur Beurteilung der Unterhaltsbemessungsgrundlage herangezogen und den Unterhaltsanspruch der Beklagten abschließend beurteilt, weil das Wirtschaftsjahr 1996 bei Schluss der mündlichen Verhandlung noch nicht abgeschlossen gewesen sei und daher der Entscheidung noch nicht habe zugrunde gelegt werden können. Somit hätten sich die Verhältnisse seit dem Unterhaltsvergleich nicht geändert. Der erkennende Senat wies die außerordentliche Revision des Klägers mit Beschluß vom 20. März 1997 AZ 6 Ob 80/97a mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 508a Abs 2 ZPO zurück.

Gegenstand des nunmehrigen Rechtsmittels ist das von den Vorinstanzen abgewiesene, auf Bereicherung gestützte und am 19. Jänner 1998 erhobene Klagebegehren des unterhaltspflichtigen Klägers auf teilweise Rückzahlung der von ihm von Jänner bis September 1996 an die Beklagte geleisteten Unterhaltsbeträge (neun Monate a 7.500 S) infolge einer näher dargestellten Verringerung seines Einkommens. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil zufolge der Bindungswirkung der Entscheidung im Vorverfahren. Diese Bindungswirkung schließe zwar die Verhandlung und Entscheidung über das neue Klagebegehren nicht aus; der Richter habe aber von dem bereits rechtskräftig entschiedenen - hier abgewiesenen - Anspruch auszugehen und ihn seiner neuen Entscheidung zugrundezulegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht zulässig.

a) Der von der Beklagten in der Revisionsbeantwortung vertretene Standpunkt, es liege res iudicata vor, entzieht sich einer meritorischen Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, weil insoweit bereits die Verwerfung dieser Einrede durch das Erstgericht und dessen unangefochtene Bestätigung durch die zweite Instanz vorliegt (§ 42 Abs 3 JN).

b) Unterhaltsvergleiche, auch solche nach § 55a EheG werden regelmäßig unter der clausula rebus sic stantibus geschlossen (3 Ob 69/91), weshalb der Unterhaltsanspruch bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse neu bestimmt werden kann. Nach dem Judikat 33 neu (= SZ 11/86) und der folgenden stRspr können jedoch zu Unrecht ausgezahlte Dienstbezüge, sofern ihnen Unterhaltscharakter zukommt, nicht zurückgefordert werden, wenn sie der Arbeitnehmer in gutem Glauben empfangen und verbraucht hat. Die dem Judikat 33 neu folgende Rspr wird nicht nur mit einem gewissen Schuldelement auf der Seite des Zahlenden begründet, es liegt ihr vielmehr vornehmlich der Gedanke zugrunde, dass bei gutgläubigem Verbrauch von Unterhaltsleistungen von einer echten Bereicherung nicht gesprochen werden kann (ZAS 1987/1 [Zemen] ua, zuletzt 1 Ob 1/98y). Auch auf die Rückforderung irrtümlich gezahlter Unterhaltsbeiträge wird das Judikat 33 neu sinngemäß angewendet; bei gutgläubigem Verbrauch können daher Unterhaltszahlungen mangels Bereicherung nicht zurückgefordert werden (SZ 13/262, SZ 58/57 ua, zuletzt 1 Ob 1/98y mwN; RIS-Justiz RS0033609; Rummel in Rummel2 § 1437 ABGB Rz 12 mwN; Honsell/Mader in Schwimann2 § 1437 ABGB Rz 18 ff mwN). Dabei ist es im Hinblick auf § 328 ABGB Sache des kondizierenden Klägers, die Unredlichkeit der Beklagten zu behaupten und zu beweisen (SZ 60/136 mwN; 2 Ob 9/96; 1 Ob 1/98y; RIS-Justiz RS0010271, RS0010182; Rummel aaO mwN; Honsell/Mader aaO Rz 8 mwN; Bydlinski in Klang2 IV/2, 517; vgl auch Gitschthaler, Zur Rückforderbarkeit zu Unrecht bezahlter Unterhaltsbeiträge in ÖJZ 1995, 652 ff). Im vorliegenden Fall hat der Kläger keinerlei Behauptungen aufgestellt, die Beklagte wäre beim Verbrauch der nun rückgeforderten Unterhaltsbeträge aus im einzelnen genannten Erwägungen schlechtgläubig gewesen. Zu einem solchen Vorbringen hätte aber umso mehr Anlaß bestanden, als die Beklagte vortrug (ON 3), sie habe den vom Kläger zurückgeforderten Betrag notgedrungen verbraucht, weil die von ihr monatlich zu leistenden Fixkosten den Unterhaltsbetrag von 22.000 S überstiegen. Schon daran muß der geltend gemachte Kondiktionsanspruch scheitern

Damit kommt es auf die von der zweiten Instanz und die von den Parteien als erheblich erachteten Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Bindungsproblematik nicht mehr an. Die Revision ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.