JudikaturJustiz6Ob170/07d

6Ob170/07d – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. September 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Feldkirch zu FN ***** eingetragenen „P*****gesellschaft mbH mit dem Sitz in Hohenems, über den Revisionsrekurs des Gesellschafters Anton M*****, vertreten durch Dr. Rudolf C. Stiehl, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 5. Juni 2007, GZ 3 R 60/07h 61, womit der Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 6. April 2007, GZ 47 Fr 2285/06t 58, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden ersatzlos aufgehoben.

Text

Begründung:

Der Revisionsrekurswerber ist Alleingesellschafter der „P*****gesellschaft mbH. Er trat als deren alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer im Juli 2006 zurück. Seither hat die Gesellschaft keinen Geschäftsführer. Die Funktion des Revisionsrekurswerbers als Geschäftsführer wurde im Firmenbuch gelöscht.

Mit Beschluss vom 12. 10. 2006 forderte das Erstgericht den Alleingesellschafter unter Androhung der Verhängung einer Zwangsstrafe und unter Setzung einer Frist auf, die Bestellung eines neuen Geschäftsführers nachzuweisen und den (die) neuen Geschäftsführer durch die vertretungsbefugten Organe zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden.

Mit Beschluss vom 6. 4. 2007 verhängte das Erstgericht über den Alleingesellschafter die angedrohte Zwangsstrafe. Zugleich drohte es für den Fall der weiteren Nichtbefolgung die Verhängung einer weiteren Zwangsstrafe in Höhe von 900 EUR an.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss. Die Geschäftsführerbestellung obliege den Gesellschaftern. Aus § 15 Abs 1 GmbHG könne eine Verpflichtung der Gesellschafter abgeleitet werden, für die Vertretung der Gesellschaft zu sorgen, damit diese ihre gesetzlichen Verpflichtungen erfüllen könne. Die Bestellung eines Notgeschäftsführers gemäß § 15a Abs 1 GmbHG sei gegenüber der gesellschaftsautonomen Vorsorge für die Vertretung subsidiär. Da im vorliegenden Fall der Vertretungsmangel durch Bestellung eines Notgeschäftsführers nicht behoben werden könne, sei es Sache des Firmenbuchgerichts, von Amts wegen auf die Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands hinzuwirken. Komme die Bestellung eines Notgeschäftsführers nicht in Betracht, sei die Verpflichtung der Gesellschafter zur Behebung des Vertretungsmangels der Gesellschaft zwecks Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung durch die Bestellung und Anmeldung eines oder mehrerer vertretungsbefugter Organe durch Verhängung von Zwangsstrafen nach § 24 FBG durchzusetzen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob die Handlungspflicht der Gesellschafter, für die Vertretung der Gesellschaft zu sorgen, nach § 24 FBG durchgesetzt werden könne, fehle.

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Alleingesellschafters ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Eine Gesellschaft mbH „muss" einen oder mehrere Geschäftsführer haben (§ 15 Abs 1 Satz 1 GmbHG). Die Bestellung erfolgt durch Beschluss der Gesellschafter (§ 15 Abs 1 Satz 3 GmbHG). Der erkennende Senat führte in der Entscheidung 6 Ob 56/02g aus, dass aus diesen Bestimmungen eine Verpflichtung der Gesellschafter abgeleitet werden kann, für die Vertretung der Gesellschaft zu sorgen.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen kann diese Handlungspflicht der Gesellschafter jedoch nicht in einem Zwangsstrafenverfahren nach § 24 FBG durchgesetzt werden:

Wer verpflichtet ist, eine Anmeldung, eine Zeichnung der Namensunterschrift oder eine Einreichung von Schriftstücken zum Firmenbuch vorzunehmen, oder wer eine ihm nicht zustehende Firma gebraucht, ist vom Gericht durch Zwangsstrafen anzuhalten, seine Verpflichtung zu erfüllen bzw den Gebrauch der Firma zu unterlassen oder darzutun, dass die Verpflichtung nicht besteht bzw der Gebrauch der Firma rechtmäßig ist (§ 24 Abs 1 FBG).

Die jeweiligen Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH sind ohne Verzug zum Firmenbuch anzumelden (§ 17 Abs 1 Satz 1 GmbHG). Zur Anmeldung verpflichtet ist die Gesellschaft (NZ 1988, 262 mwN; Koppensteiner, GmbH Gesetz², § 17 Rz 8 mwN). Diese Pflicht ist durch die Geschäftsführer in einer zur Vertretung der Gesellschaft erforderlichen Zusammensetzung zu erfüllen (NZ 1996, 253; Koppensteiner aaO § 17 Rz 8). Der einzelne Gesellschafter ist aufgrund dieser Eigenschaft niemals befugt, die Gesellschaft zu vertreten (SZ 50/51). Die Verpflichtung zur Bestellung von Geschäftsführern durch Gesellschafterbeschluss unterfällt keiner der im § 24 FBG genannten Verpflichtungen. Gesellschafter treffen in dieser Eigenschaft keine Anmeldepflichten in Bezug auf Geschäftsführerbestellungen oder die Beendigung der Funktion eines Geschäftsführers einer Gesellschaft mbH. Es gibt auch sonst keine gesetzliche Grundlage für ein Vorgehen des Firmenbuchgerichts gegen Gesellschafter einer Gesellschaft mbH mit Zwangsstrafenverhängung, wenn sie mit der Bestellung von Geschäftsführern säumig sind. Ein amtwegiges Vorgehen zur Installierung handlungsfähiger Organe der Gesellschaft ist nicht normiert; das Gesetz überlässt es den wirtschaftlich interessierten Beteiligten, dafür zu sorgen (§ 15a GmbHG; 6 Ob 64/04m).

Da die Verhängung einer Zwangsstrafe gegen den Gesellschafter einer Gesellschaft mbH wegen Säumigkeit bei der Bestellung eines Geschäftsführers einer gesetzlichen Grundlage entbehrt (vgl G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer , Firmenbuchgesetz, § 24 FBG Rz 3), waren die Beschlüsse der Vorinstanzen in Stattgebung des Revisionsrekurses ersatzlos aufzuheben.

Rechtssätze
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