JudikaturJustiz6Ob132/08t

6Ob132/08t – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. Oktober 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Wiener Neustadt zu FN ***** eingetragenen „B*****" ***** GmbH mit dem Sitz in W***** über den Revisionsrekurs der Gesellschaft, vertreten durch die Geschäftsführerin Ester B*****, diese vertreten durch Dr. Peter Edgar Schodl, öffentlicher Notar in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 22. April 2008, GZ 28 R 36/08g-6, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 28. Jänner 2008, GZ 1 Fr 6577/07w-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Eintragungsverfahrens unter Abstandnahme des herangezogenen Zurückweisungsgrundes aufgetragen.

Text

Begründung:

Die Gesellschaft mit Sitz in W***** ist seit 20. 12. 2005 im Firmenbuch des Landesgerichts Wiener Neustadt zu FN ***** eingetragen. Die Geschäftsführerin ist auch alleinige Gesellschafterin.

Mit Einbringungsvertrag vom 28. 9. 2006 brachte die Geschäftsführerin und alleinige Gesellschafterin ihr nicht protokolliertes Einzelunternehmen Ester B***** zur Gänze auf der Grundlage der Einbringungsbilanz zum 31. 12. 2005 und unter Inanspruchnahme der umgründungssteuerrechtlichen Begünstigungen des Art III UmgrStG in die Gesellschaft ein; als Einbringungsstichtag wurde ebenfalls der 31. 12. 2005 festgelegt.

Mit Beschluss vom 28. 9. 2006 genehmigte die Generalversammlung diesen Einbringungsvertrag und hielt fest, dass eine Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft gemäß Art III § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG unterbleibe, weil die Eigentums- bzw Beteiligungsverhältnisse am eingebrachten Betrieb dem der aufnehmenden Gesellschaft entsprächen. Der Einbringungsvertrag wurde am 20. 10. 2006 im Firmenbuch eingetragen.

Am 26. 6. 2007 verfassten die Geschäftsführerin und die Gesellschaft einen Nachtrag zum Einbringungsvertrag vom 28. 9. 2006, mit dem sie unter Aufrechterhaltung der sonstigen Bestimmungen des Einbringungsvertrags vereinbarten, dass die Einbringung auf Grundlage der Einbringungsbilanz zum 28. 9. 2006 und zu diesem Einbringungsstichtag erfolgen solle.

Die Geschäftsführerin beantragt die Eintragung des „Nachtrags zum Einbringungsvertrag vom 26. 6. 2007" in das Firmenbuch. Das Erstgericht wies diesen Antrag zurück. Hinsichtlich der Betriebsübertragung liege ein wirksamer Eigentumserwerb durch die Gesellschaft mit Wirkung 28. 9. 2006 vor, der Nachtrag stelle einen neuerlichen Titel zur Eigentumsübertragung dar; am 26. 6. 2007 habe die Geschäftsführerin jedoch nicht mehr über ihr Einzelunternehmen verfügen können.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Gesellschaft keine Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist; es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob der Nachtrag zu einem Vertrag über eine Betriebseinbringung in eine Kapitalgesellschaft ohne Gegenleistung, mit dem der steuerliche Einbringungsstichtag verschoben wird, im Firmenbuch einzutragen sei. In der Sache selbst vertrat das Rekursgericht die Auffassung, der Nachtrag vom 26. 6. 2007 sei entgegen der Ansicht des Erstgerichts nicht als nochmalige Übertragung des Betriebs der Geschäftsführerin zu verstehen, sondern lediglich als Abänderung der ursprünglichen Vereinbarung; bei dieser habe es sich um eine Einbringung ohne Gegenleistung nach § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG mit Einzelrechtsnachfolge gehandelt, die die Aufstellung einer Zwischenbilanz nicht erfordert hätte; dabei könne nach § 13 Abs 1 UmgrStG der Einbringungsstichtag befristet frei gewählt werden. Da allerdings der Einbringungsstichtag lediglich steuerrechtliche Konsequenzen habe, für die sachen- und schuldrechtliche Übertragung des Betriebs sowie für den Gläubigerschutz und das Erreichen des Zwecks von Publizitätsvorschriften jedoch unbedeutend sei, handle es sich nicht um eine eintragungsfähige Rechtstatsache im Sinne des § 3 Z 15 FBG; zur Wahrung der Übersichtlichkeit sei das Firmenbuch von gesetzlich nicht gebotenen oder nicht wenigstens zweckdienlichen, also überflüssigen Eintragungen tunlichst frei zu halten.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Gesellschaft ist zulässig; er ist auch berechtigt.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist gemäß § 3 Z 15 FBG die Übertragung eines Betriebs sowohl beim Erwerber als auch beim Veräußerer einzutragen; Einbringungen nach Art III §§ 12 ff UmgrStG unterliegen jedenfalls der Eintragungspflicht. Sinn dieser Eintragungsvorschrift ist es, der Öffentlichkeit über die Vermögensverhältnisse des Rechtsträgers vollständig und richtig Auskunft zu geben (6 Ob 123/06s mwN; siehe auch G. Nowotny in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG [2005] § 3 Rz 35).

2. Die Einbringung erfolgte im vorliegenden Fall nach Art III § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG, weil die Geschäftsführerin als (einbringende) Einzelunternehmerin auch Alleingesellschafterin der Gesellschaft war (vgl dazu etwa Hügel in Hügel/Mühlehner/Hirschler, Umgründungssteuergesetz [2000] § 12 Rz 125; Rabel in Helbich/Wiesner/Bruckner, Handbuch der Umgründungen Band B [2002] Art III § 19 UmgrStG Rz 39; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ [2007] § 6a Rz 3 mwN); einer Kapitalerhöhung gemäß §§ 52 ff GmbHG bedurfte es daher nicht (Umfahrer, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung6 [2008] Rz 580). Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist nämlich die Einbringung ohne Gegenleistung nach § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG keine Sacheinlage. Da die Zuwendung unentgeltlich erfolgt, ist die Einbringung schon deshalb unproblematisch, weil die übertragende Gesellschaft aufgrund ihrer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft keine Vermögenseinbußen erleidet. Die Aufgabe des Eigentums am eingebrachten Betrieb wird durch die Erhöhung des Werts der Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft ausgeglichen (RIS-Justiz RS0115150). Eine derartige Einbringung von Vermögen auf der Grundlage eines Einbringungsvertrags (Art III § 12 Abs 1 UmgrStG) ohne Gegenleistung (Art III § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG) ist vielmehr wirtschaftlich nichts anderes als eine unentgeltliche Zuwendung (RIS-Justiz RS0115149).

3. Eine solche ausgliedernde Einbringung eines Unternehmens (Betriebs) ohne Entgelt ist kein gesellschaftsrechtlich normierter Umgründungstyp, wie dies etwa eine Umwandlung, Verschmelzung oder Abspaltung mit der Wirkung einer Gesamtrechtsnachfolge wäre. Umgründungen nach Art III UmgrStG erfolgen im Wege der Einzelrechtsnachfolge (RIS-Justiz RS0115146) aufgrund des Einbringungsvertrags, und zwar nicht zum vereinbarten Einbringungsstichtag - dieser markiert gemäß Art III § 13 UmgrStG lediglich ertragssteuerlich den Zeitpunkt des Übergangs der Einkunftsquelle (Rabel in Helbich/Wiesner/Bruckner, Handbuch der Umgründungen Band B [2002] Art III § 13 UmgrStG Rz 2) -, sondern vielmehr zum Zeitpunkt der Firmenbucheintragung des Einbringungsvertrags (Umfahrer, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung6 [2008] Rz 124).

4. Mit dem Nachtrag vom 26. 6. 2007 verlegten die Geschäftsführerin und die Gesellschaft den Einbringungsstichtag nach Art III § 13 UmgrStG vom 31. 12. 2005 auf den 28. 9. 2006. 4.1. Ob dies steuerrechtlich zulässig war bzw steuerrechtliche Auswirkungen hat, ist vom Firmenbuchgericht nicht zu prüfen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs haben nämlich die Bestimmungen des Umgründungssteuergesetzes grundsätzlich nur für das Steuerrecht, nicht aber für die Beurteilung des Vorgangs nach dem für das Firmenbuchgericht maßgeblichen Unternehmensrecht Bedeutung. Das Firmenbuchgericht hat zu prüfen, ob die Einbringung gegen zwingende unternehmensrechtliche Normen verstößt, insbesondere der Gläubigerschutz beeinträchtigt erscheint. Eine Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts in steuerrechtlicher Hinsicht besteht hingegen nicht (RIS-Justiz RS0115147; G. Kodek in Kodek/Nowontny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 26 mwN).

4.2. Zivil- bzw unternehmensrechtlich ist eine allfällige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen hintan zu halten; es ist daher zu prüfen, ob der Gesellschaft durch die Verlegung des Einbringungsstichtags und die Bezugnahme auf eine geänderte Einbringungsbilanz nachträglich Vermögenswerte entzogen werden könnten, die zunächst als eingebracht galten, nunmehr aber in der geänderten Bilanz nicht mehr enthalten sind. Dies ist jedoch im vorliegenden Fall zu verneinen:

Da für die Einzelrechtsnachfolge der Zeitpunkt der Firmenbucheintragung (20. 10. 2006) maßgeblich ist (siehe 3.), beide Einbringungsstichtage gemäß Art III § 13 UmgrStG jedoch davor liegen, hat der Nachtrag vom 26. 6. 2007 lediglich (allenfalls) steuerrechtliche Auswirkungen. Dazu kommt, dass - wie schon dargestellt - eine Einbringung von Vermögen auf der Grundlage eines Einbringungsvertrags ohne Gegenleistung wirtschaftlich nichts anderes als eine unentgeltliche Zuwendung ist. Diese muss aber als laufendes Geschäft lediglich in den Handelsbilanzen der beiden beteiligten Gesellschaften dokumentiert werden, wobei diese Bilanzen bei der Anmeldung des Einbringungsvorgangs noch nicht vorliegen müssen; anderes würde nur für den Fall einer Sachgründung gelten (RIS-Justiz RS0115149; ebenso G. Nowotny in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG [2005] § 3 Rz 42).

Der Nachtrag vom 26. 6. 2007 ist daher zivil- bzw unternehmensrechtlich unbedenklich.

5. Nach § 3 Z 15 FBG sind Vorgänge, durch die ein Betrieb oder Teilbetrieb übertragen wird, sowie deren Rechtsgrund ins Firmenbuch einzutragen. Demzufolge hat das Erstgericht auch den Einbringungsvertrag vom 28. 9. 2006 eingetragen. Dieser wurde nun durch den Nachtrag vom 26. 6. 2007 abgeändert. Entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen ist auch diese Änderung eintragungsfähig. Auch wenn der Einbringungsstichtag nach Art III § 13 UmgrStG (lediglich) ertragssteuerrechtliche Auswirkungen hat, besteht doch der Sinn der Eintragungsvorschriften auch bei Einbringungen darin, der Öffentlichkeit über die Vermögensverhältnisse des Rechtsträgers vollständig und richtig Auskunft zu geben (6 Ob 123/06s); durch die Unterlassung der Eintragung des Nachtrags wäre dies jedoch nicht gewährleistet.

6. Das Erstgericht wird das Eintragungsverfahren fortzusetzen haben (vgl 6 Ob 70/99h).

Rechtssätze
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