JudikaturJustiz6Ob116/18d

6Ob116/18d – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. August 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Dr. med. univ. E***** A*****, vertreten durch Dr. Heinz Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin R***** A*****, vertreten durch Nada Sleiman, Rechtsanwältin in Essen, wegen Anerkennung einer ausländischen Entscheidung über die Ehescheidung, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. Februar 2018, GZ 43 R 41/18z 24, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 20. September 2017, GZ 96 FAM 24/17k 11, mit der Maßgabe bestätigt wurde, dass der Antrag nicht zurück-, sondern abgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 6 Abs 1 AußStrG müssen sich die Parteien in Verfahren, in denen sich – wie hier – Anträge zweier oder mehrerer Parteien gegenüber stehen können, im Revisionsrekursverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Nach § 5 Abs 1 EIRAG dürfen in Verfahren mit absoluter Anwaltspflicht – sofern nicht der Fall des § 5 Abs 3 EIRAG vorliegt, worauf sich hier niemand berufen hat (vgl 6 Ob 115/14a) – europäische Rechtsanwälte als Vertreter oder Verteidiger einer Partei nur im Einvernehmen mit einem in die Liste der Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwalt (Einvernehmensrechtsanwalt) handeln. Das Einvernehmen ist bei der ersten Verfahrenshandlung gegenüber dem Gericht schriftlich nachzuweisen (RIS Justiz RS0129660).

Solange das Einvernehmen nicht nachgewiesen ist, ist die Postulationsunfähigkeit der Partei nicht beseitigt (2 Ob 117/17w mwN). Das Fehlen eines Nachweises des Einvernehmens iSd § 5 EIRAG ist ein der Verbesserung zugängliches Formgebrechen (RIS Justiz RS0124121). Die Aufforderung zur Verbesserung ist an den ohne nachgewiesenen Einvernehmensrechtsanwalt einschreitenden europäischen Rechtsanwalt zu richten (2 Ob 12/16b).

Rechtsanwälte und Notare sind nach § 89c Abs 5 Z 1 und 2 GOG nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zur Teilname am elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung ist als Formmangel zu behandeln, der zu verbessern ist (§ 89c Abs 6 GOG). Auch dienstleistende europäische Rechtsanwälte iSd § 1 Abs 1 EIRAG sind bei der Vertretung von Mandanten vor österreichischen Gerichten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet (2 Ob 117/17w; 6 Ob 177/17y, 10 Ob 47/16h).

Im vorliegenden Fall enthält die Revisionsrekursbeantwortung der Antragsgegnerin keinen Nachweis des Einvernehmens mit einem in die Liste der Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwalt; sie wurde darüber hinaus nicht im elektronischen Rechtsverkehr eingebracht. Das Erstgericht wird daher ein Verbesserungsverfahren einzuleiten und der deutschen Vertreterin der Antragsgegnerin die erforderlichen Verbesserungsaufträge zu erteilen haben.

Dabei wird es weiters zu beachten haben, dass die im Revisionsrekursverfahren bisher nicht wirksam vertretene Antragsgegnerin mit ihrer Revisionsrekursbeantwortung einen Verfahrenshilfeantrag (in Kopie) eingebracht hat, mit dem sie unter anderem die vorläufig unentgeltliche Beigebung eines Rechtsanwalts gemäß § 64 Abs 1 Z 3 ZPO beantragte.

Auch dieser – innerhalb der Frist des § 68 Abs 1 AußStrG eingebrachte – Antrag wird vom Erstgericht zu behandeln sein.

Rechtssätze
3
  • RS0128266OGH Rechtssatz

    03. März 2022·3 Entscheidungen

    Gemäß § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 sind Rechtsanwälte nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung ist wie ein Formmangel zu behandeln, der zu verbessern ist (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26). Für Eingaben eines Rechtsanwalts ab dem maßgeblichen Stichtag 1. 5. 2012 (§ 98 Abs 15 Z 1 GOG), die auf dem Postweg und nicht im elektronischen Rechtsverkehr eingebracht werden, ist demnach ein Verbesserungsverfahren durchzuführen. Die bisherige Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0124215; RS0124335; RS0124555), die in der nicht auf elektronischem Weg eingebrachten Eingabe keinen die geschäftsordnungsgemäße Behandlung hindernden Formmangel erkannte und von einem folgenlosen Verstoß gegen eine reine Ordnungsvorschrift ausging, kann infolge Änderung der Rechtslage für solche Eingaben seit 1. 5. 2012 nicht mehr aufrecht erhalten werden. In gewollter Abkehr von dieser Judikatur müssen die im neu gefassten § 89c Abs 5 GOG idF BGBl I 2012/26 genannten ERV‑Teilnehmer/innen in Hinkunft den elektronischen Rechtsverkehr zwingend verwenden. Das gesetzwidrige Absehen von der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs durch zur Nutzung Verpflichtete soll ‑ als Verletzung einer zwingend einzuhaltenden Formvorschrift (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26) ‑ zu einem Verbesserungsverfahren und bei einem Ausbleiben der Verbesserung zur Zurückweisung der Eingabe führen.