JudikaturJustiz5Ob564/78

5Ob564/78 – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. April 1978

Kopf

SZ 51/40

Spruch

Zur Firmenzeichnung bei organschaftlicher Vertretung einer Personenhandelsgesellschaft

Bei der abgeleiteten Firma einer Ges. m. b. H. und Co. KG, bei der die Ges. m. b. H. der einzige Komplementär ist, ist eine Einschränkung des Prinzips der Firmenkontinuität (§§ 22 bis 24 HGB) durch die analoge Anwendung des § 5 Abs. 2 GmbHG geboten. Bei Firmenfortführung muß zum Ausdruck gebracht werden, daß als einziger Komplementär eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung vorhanden ist. Die Verwendung einer gesetzwidrigen Firma durch eine Personenhandelsgesellschaft schadet aber ihrer rechtlichen Existenz nicht

OGH 4. April 1978, 5 Ob 564/78 (OLG Innsbruck, 2 R 334/77; LG Innsbruck, 7 Cg 841/75)

Text

Die Klägerin ist eine seit dem 1. Juli 1964 im Handelsregister beim Erstgericht eingetragene Kommanditgesellschaft, deren einziger Komplementär seit dem 6. März 1973 die Firma H S, Internationale Tiefkühl- und Gütertransport Gesellschaft m. b. H. ist; Geschäftsführer dieser Komplementär-Gesellschaft ist seit 4. Juni 1973 H L, der am 2. April 1974 die unter der Firma der klagenden Kommanditgesellschaft dem Rechtsanwalt Dr. L H in Innsbruck erteilte Prozeßvollmacht mit seinem Namen und der Beifügung "H S, Intern. Tiefkühl- und Gütertransporte Ges. m. b. H." unterfertigte.

Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage die Bezahlung von Reparaturarbeiten an einem Motor.

Der Beklagte wendete u. a. ein, die Klägerin sei nicht zur Klageführung legitimiert, denn H S seit am 19. Feber 1973 gestorben und H L, der die Prozeßvollmacht namens der Klägerin unterfertigt habe, sei zwar Geschäftsführer der H S Internationale Tiefkühl- und Gütertransporte Gesellschaft m. b. H., er sei aber niemals Geschäftsführer der klagenden Kommanditgesellschaft gewesen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und erachtete die Klägerin als zur Klagsführung legitimiert, weil H L im Zeitpunkt der Unterfertigung der Prozeßvollmacht an Rechtsanwalt Dr. L H (2. April 1974) Geschäftsführer der Komplementärin der klagenden Kommanditgesellschaft gewesen sei.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es führte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen an:

Die Klägerin sei eine Kommanditgesellschaft, die erlaubterweise unter der abgeleiteten Firma eines Einzelkaufmannes auftrete und daher auch unter dieser Firma klagen und geklagt werden könne (§§ 17/Abs. 2, 22 und 24 HGB). Ihr einziger Komplementär sei eine Gesellschaft m. b. H., deren Geschäftsführer H L die vorliegende Prozeßvollmacht des Rechtsanwaltes Dr. H unterfertigt habe. An der Parteifähigkeit der Klägerin und an ihrer gehörigen Vertretung in diesem Verfahren könne daher nicht gezweifelt werden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klägerin ist eine im Handelsregister beim Erstgericht unter der abgeleiteten Einzelfirma "H S, Internationale Tiefkühl- und Gütertransporte" eingetragene Kommanditgesellschaft. Nach der überwiegenden älteren Lehrmeinung, die auch der OGH noch in der Entscheidung JBl. 1975, 151, geteilt hat, wurde ohne Einschränkung die Fortführung einer abgeleiteten Einzelfirma durch eine Gesellschaft m. b. H. und Co. KG in Anerkennung der grundsätzlichen Dominanz des Prinzips der Firmenkontinuität gegenüber dem der Firmenwahrheit auf der Grundlage der §§ 22 und 24 HGB gebilligt. Erst die jüngere Lehre (vgl. für alle Jelinek - Bachofner in Kastner - Stoll, die GmbH und Co. KG[2], 102 ff.) hat in Billigung der neueren Rechtsprechung des BGH (NJW 1976, 48) die Ansicht dargelegt und überzeugend begrundet, daß jedenfalls für die abgeleitete Firma der Gesellschaft m. b. H. und Co. KG im engeren Sinne, bei der also eine Gesellschaft m. b. H. der einzige Komplementär ist, eine Einschränkung des Prinzips der Firmenkontinuität (§§ 22 und 24 HGB) durch die analoge Anwendung des § 5 Abs. 2 GmbHG geboten sei, wobei von der planwidrigen Unvollständigkeit der Firmenrechtsregelung im HGB bezüglich der GmbH und Co. KG ausgegangen wurde, denn das Gesetz beruht auf der Vorstellung, daß nur natürliche Personen die Stellung von Gesellschaftern bei Personenhandelsgesellschaften einnehmen. Dementsprechend wird nun gefordert, daß auch bei Firmenfortführung zum Ausdruck gebracht werden müsse, daß als einziger Komplementär eine Gesellschaft m. b. H. vorhanden sei (a. a. O., 112). Diese in der Zwischenzeit von verschiedenen Registergerichten in Übereinstimmung mit dieser Ansicht geübte Praxis wurde in der Entscheidung JBl. 1975, 547 (= GesRZ 1976, 99) vom OGH zumindest nicht als offenbar gesetzwidrig im Sinne des § 16 AußStrG angesehen.

Es ist aber jedenfalls herrschende Lehre und Rechtsprechung, daß die Verwendung einer selbst gesetzwidrigen Firma durch eine Personenhandelsgesellschaft der rechtlichen Existenz einer solchen Gesellschaft nicht schadet (Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts[2], 59; Hueck, Das Recht der OHG[4], 10; EvBl. 1976/271, S. 627 = GesRZ 1976, 58). Aus diesem Gründe kommt den Einwendungen des Revisionswerbers, daß der Firma der Klägerin die Rechtsform der Kommanditgesellschaft nicht zu entnehmen sei, keine Bedeutung für dieses Streitverfahren zu. Firmenrechtliche Unzukömmlichkeiten sind im außerstreitigen registerlichen Ordnungsverfahren abzustellen, für einen anhängigen Rechtsstreit der betroffenen Firma jedoch bedeutungslos.

Die Vertretung einer Gesellschaft m. b. H. und Co. KG im engeren Sinne erfolgt mittelbar durch die organschaftlichen Vertreter der Komplementärgesellschaft, denn diese sind allein berufen, die der Gesellschaft m. b. H. als juristischer Person zustehenden Vertretungsrechte wahrzunehmen. Seit dem 4. März 1973 ist H L alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der klagenden Kommanditgesellschaft und demnach seit diesem Zeitpunkt mittelbar der organschaftliche Vertreter der Klägerin. Er war deshalb am 2. April 1974 (Datum der Prozeßvollmachtsurkunde) befugt, namens der Klägerin dem Rechtsanwalt Dr. L H Prozeßvollmacht zu erteilen. Es entspricht auch die Form der Zeichnung, deren er sich damals bediente, der Rechtslage. Über die Firmenzeichnung im Rechtsverkehr bei der organschaftlichen Vertretung der Personengesellschaften enthält das Handelsgesetzbuch keine besonderen Vorschriften (vgl. Griehsler in GesRZ 1973, 38 und die dort in FN 18 angeführte Literatur und Rechtsprechung). Es war jedenfalls ausreichend, daß H L zunächst die Firma der Kommanditgesellschaft auf die Urkunde setzte und darunter eigenhändig seinen Vor- und Zunamen mit dem Firmenwortlaut der Komplementärgesellschaft angeführt hat, denn damit brachte er jedenfalls in Befolgung der Zeichnungsvorschrift des § 18 Abs. 2 Satz 2 GmbHG sein Auftreten als organschaftlicher Vertreter der Komplementärgesellschaft zweifelsfrei zum Ausdruck. Zu bemerken ist noch, daß die gesetzlichen Zeichnungsgebote nur Ordnungsvorschriften sind und kein Gültigkeitserfordernis darstellen (Griehsler a. a. O., 39 und die dort in FN 22 angeführte Literatur).

Die Klägerin ist demnach in diesem Rechtsstreit durch den Rechtsanwalt Dr. L H von Anbeginn gehörig prozeßrechtlich vertreten gewesen.

Rechtssätze
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