JudikaturJustiz5Ob310/01a

5Ob310/01a – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Januar 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Flossmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Günter S*****, und 2. Kirsten S***** , beide vertreten durch Dr. Harald Mezricky, Dr. Martin Roch, öffentliche Notare in Schwechat, wegen Rechtfertigung der Vormerkung und Einverleibung des Eigentumsrechts in der Einlage EZ ***** des Grundbuchs *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. September 2001, AZ 46 R 374/01t, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Liesing vom 14. Februar 2001, TZ 206/01, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden in dem die Abweisung des Eintragungsbegehrens betreffenden Teil wie folgt geändert:

"Auf Grund des Schenkungsvertrages vom 26. 5. 2000, der Bestätigung der MA 20 vom 28. 6. 2000 sowie der Unbedenklichkeitsbescheinigungen vom 18. 5. 1999 und 28. 7. 2000 werden ob der für Günther S***** , vorgemerkten (zweiten) Hälfte an EZ ***** nachstehende Eintragungen bewilligt:

Text

Begründung:

Bei Überreichung des gegenständlichen Eintragungsgesuches war als Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ ***** die Republik Österreich (Bundesgebäudeverwaltung) einverleibt und das Eigentumsrecht für Günter S*****, geb. *****, vorgemerkt; außerdem war unter C-LNR 1 gegen den vorgemerkten Eigentümer ein Pfandrecht der Republik Österreich für deren Kaufpreisrestforderung von S 897.375,-- eingetragen.

Unter Vorlage der den Eigentumserwerb des Günter S***** betreffenden Unbedenklichkeitsbescheinigung sowie eines Schenkungsvertrages samt Unbedenklichkeitsbescheinigung und Bestätigung der MA 20 zur Dartuung der Voraussetzungen für die Übereignung eines Hälfteanteils der erwähnten Liegenschaft an Kirsten S***** (die Ehegattin des Geschenkgebers) begehrten die Antragsteller bei der dem Günter S***** verbleibenden Hälfte die Anmerkung der Rechtfertigung seines vorgemerkten Eigentumsrechts, bei der anderen Hälfte die Einverleibung des Eigentumsrechts für Kirsten S***** und hinsichtlich beider Anteile die Löschung der Wortfolge "gegen vorgemerkten Eigentümer" bei dem zu C-LNR 1 lit a eingetragenen Pfandrecht. Im Schenkungsvertrag ist dazu die Erklärung des Günter S***** fetgehalten, dass er ausdrücklich in die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechts am Schenkungsobjekt für Kirsten S***** einwilligt. Das Eintragungsbegehren selbst hat folgenden Wortlaut:

"Ob der zu I. genannten Liegenschaft wird nachstehende Eintragung bewilligt:

1. Ob einer Hälfte die Anmerkung der Rechtfertigung des Eigentumsrechtes für Günter S***** ....

2. Ob der zweiten Hälfte (auf Grund der gleichzeitig vorgelegten Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Rechtfertigung des Erwerbs des vorgemerkten Eigentümers) die Einverleibung des Eigentumsrechts für Kirsten S***** ....

3. Bei dem Pfandrecht C-LNR 1 die Löschung der Ersichtlichmachung "gegen vorgemerkten eigentümer"."

Das Erstgericht bewilligte ob einer Hälfte der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft die Anmerkung der Rechtfertigung des für Günter S***** vorgemerkten Eigentumsrechts und die Löschung der Wortfolge "gegen vorgemerkten Eigentümer" beim Pfandrecht C-LNR 1 a, wies jedoch das Mehrbegehren ab. Infolge der Vorschrift des § 49 GBG könnten zwar sowohl gegen den einverleibten als auch gegen den vorgemerkten Eigentümer Eintragungen bewilligt werden, doch hänge deren rechtlicher Bestand von der Rechtfertigung der Vormerkung ab. Es sei daher bei einem derartigen Eigentumsstand unbedingt notwendig, im Antrag und in dem die Eintragung bewilligenden Beschluss anzuführen, ob die weitere Eintragung (im vorliegenden Fall die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Kirsten S*****) gegen den einverleibten oder gegen den vorgemerkten Eigentümer stattfinden soll. Zwar könne der letzte Erwerber einer Liegenschaft auch bei vorgemerktem Eigentumsrecht unter Nachweis seiner Vormänner verlangen, dass die bücherliche Übertragung unmittelbar auf seine Person vorgenommen werde; in diesem Fall müsse sich jedoch der Antrag auf Einverleibung des Eigentumsrechtes gegen den einverleibten Eigentümer richten, was infolge der zwingenden Vorschrift des § 49 GBG - falls die Löschung des vorgemerkten Eigentums beantragt wird - auch die Löschung des gegen den vorgemerkten Eigentümer eingetragenen Pfandrechtes nach sich ziehe. Richtet sich dagegen die Einverleibung des Eigentumsrechtes gegen den vorgemerkten Eigentümer, bleibe das Pfandrecht bestehen. Das sei nur möglich, wenn das vorgemerkte Eigentumsrecht gerechtfertigt wird. Aus dem vorliegenden Antrag lasse sich nicht erkennen, was die Antragsteller wollen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Wenn die Antragsteller für ihren Rechtsstandpunkt die Entscheidung 5 Ob 57/95 reklamieren, wonach es ein unnötiger Formalismus wäre, die Rechtfertigung der Vormerkung zu verlangen, wenn gleichzeitig dieser Erwerbsvorgang nicht einmal für eine "juristische Sekunde" Bestand hätte und eine weitere Übertragung erfolge, sei ihnen entgegen zu halten, dass sich dem Eintragungsbegehren nicht entnehmen lasse, was die Antragsteller wollen. Sie hätten nämlich bezüglich der gegenständlichen Liegenschaft ob einer Hälfte die Anmerkung der Rechtfertigung des Eigentumsrechtes für Günter S***** und ob der zweiten Hälfte die Einverleibung des Eigentumsrechts für Kirsten S***** beantragt. Der Antrag bezüglich der zweiten Hälfte sei zwar durch den in Klammer gesetzten Satz "auf Grund der gleichzeitig vorgelegten Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Rechtfertigung des Erwerbes des vorgemerkten Eigentümers" ergänzt worden, doch bleibe auf Grund dieser Formulierung das von den Antragstellern Gewollte zweifelhaft. Wenn das Erstgericht unter Berücksichtigung der Antragsformulierung dem Eintragungsbegehren nur zum Teil stattgab, könne darin - da das Grundbuchsverfahren keine Verbesserungsaufträge kennt - kein Rechtsirrtum nicht erblickt werden.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 14 Abs 1 AußStrG sei nicht zu lösen gewesen.

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beharren die Antragsteller auf dem Rechtsstandpunkt, dass ihr Eintragungsbegehren durch § 22 GBG gedeckt sei. Die Verweigerung der Einverleibung des Eigentumsrechts für Kirsten S***** sowie der Löschung des bei der Pfandrechtseintragung bestehenden Hinweises auf den vorgemerkten Eigentümer widerspreche der zu 5 Ob 57/95 ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes. Die Übertragung der Vormerkung in das Verzeichnis gelöschter Eintragungen zufolge gelungener Rechtfertigung habe keines eigenen Antrages bedurft; dass die Eintragung gegen den vorgemerkten Eigentümer unter Aufrechterhaltung des eingetragenen Pfandrechts erfolgen sollte, habe nach dem Eintragungsbegehren nicht zweifelhaft sein können. Der Rechtsmittelantrag geht dahin, dem Eintragungsbegehren in Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen vollinhaltlich stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Zutreffend haben schon die Vorinstanzen darauf hingewiesen, dass die in § 22 GBG für den Fall einer mehrmaligen Übertragung bücherlicher Rechte vorgesehene Eintragungserleichterung auch dann in Anspruch genommen werden kann, wenn das Recht eines Zwischenerwerbers vorgemerkt war (NZ 1998, 220/415 mit Anm von Hoyer; idS schon Hofmeister zu NZ 1989/162; vgl im Übrigen die einschlägige Korrespondenz zwischen Buric, Die Vormerkung des Eigentumsrechtes als "Zwischeneintragung", NZ 1998, 415, derselbe, Die Löschung des vorgemerkten Rechts aus der Sicht eines Rechtspflegers, NZ 2000, 330 und Hoyer, NZ 1998, 416, NZ 2000, 332). Im Zuge einer solchen "Sprungeintragung" ist ohnehin die Einverleibungseignung jedes einzelnen Zwischenerwerbs nachzuweisen (vgl NZ 200/456 [Hoyer] mwN). Dem Letzterwerber, der unter dieser Voraussetzung gemäß § 78 GBG auch die Eintragung der Rechte seines Vormanns verlangen könnte, wird jegliche Zwischeneintragung erspart; eine solche wird - auch zur Wahrung der Übersichtlichkeit des Grundbuchs - lediglich fingiert, aber nicht durchgeführt. Es wäre nicht verständlich, den vorgemerkten Zwischenerwerber anders zu behandeln als denjenigen, der sein Recht überhaupt nicht eintragen ließ.

Für den Nachweis der Einverleibungseignung eines vorgemerkten Zwischenerwerbs genügt die Vorlage einer Urkunde, mit der die Anmerkung der Rechtfertigung zu erreichen wäre, bei ursprünglichem Fehlen der Unbedenklichkeitsbescheinigung - wie hier - also die Nachreichung dieser finanzbehördlichen Bestätigung. Das kann, wie sich aus § 78 ergibt, im Fall einer Kette verbücherungsfähiger Rechtsübertragungen auch durch den Letzterwerber geschehen, der ja durch die Aufsandungserklärung(en) seines(r) Rechtsvorgänger dazu befähigt wird. Die dadurch bewirkte Rechtfertigung der Vormerkung eines Zwischenerwerbs ermöglicht dann die Einverleibung des Rechts des Letzterwerbers. Die Rechtfertigung wird bei einer nach § 22 GBG "verkürzten" Eintragung nur nicht angemerkt, weil diese Anmerkung wegen der Einverleibung des Rechts des Letzterwerbers ohnehin sofort wieder zu löschen wäre.

Nun ist den Vorinstanzen zuzugeben, dass es der vorgemerkte Eigentümer in der Hand hätte, durch einen unbedingten Verzicht auf das vorgemerkte Recht die Löschung der Vormerkung und dadurch auch die Löschung der darauf vorgenommenen Eintragungen - etwa eines Pfandrechts - herbeizuführen. Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor. Es soll vielmehr - über den Zwischenschritt einer zum Teil bloß fiktiven Rechtfertigung - ein Rechtserwerb vom vorgemerkten Eigentümer, also mit den ihn betreffenden bücherlichen Lasten verbüchert werden. Auch das Eintragungsbegehren selbst lässt keinerlei Zweifel daran aufkommen, dass es (neben der Rechtfertigung des Zwischenerwerbs) um den Eigentumserwerb der Geschenknehmerin an einer Liegenschaftshälfte unter Übernahme des darauf lastenden Pfandrechts geht. Es wurde die für den unbedingten Rechtserwerb des Geschenkgebers noch fehlende Unbedenklichkeitsbescheinigung vorgelegt, was einerseits den früheren Eigentümer aus dem Grundbuch verdrängte, andererseits die amtswegige Löschung des bei der Pfandrechtseintragung auf den vorgemerkten Eigentümer hinweisenden Zusatzes erforderte (ADV-Grundbuch Pkt 5.3; vgl NZ 1996, 43/345 [Hoyer]). Das ausdrückliche Begehren der Antragsteller, die "Ersichtlichmachung der Wortfolge ]]gegen vormerkten Eigentümer[[ beim Pfandrecht C-LNR 1 zu löschen", zielt genau in diese Richtung. Dass bei dieser Sachlage im Hinblick auf § 49 GBG zweifelhaft wäre, ob sich das Eintragungsbegehren der Geschenknehmerin gegen den im Zeitpunkt der Überreichung des Grundbuchsgesuches noch einverleibten Eigentümer oder gegen den vorgemerkten Eigentümer - ihren unmittelbaren Rechtsvorgänger als Geschenkgeber - richtete, ist bei aller im Grundbuchsverfahren gebotenen Eindeutigkeit und Klarheit von Parteienerklärungen nicht zu vertreten.

Der von den Vorinstanzen herangezogene Grund für die Teilabweisung des Eintragungsbegehrens liegt daher nicht vor.

Rechtssätze
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