JudikaturJustiz5Ob209/22d

5Ob209/22d – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. März 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun-Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers M*, vertreten durch die Battlogg Rechtsanwalts GmbH in Schruns, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts ob der Liegenschaft EZ * GB *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 22. September 2022, AZ 10 R 44/22b, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Zwischen dem Antragsteller und seiner am 8. 12. 2016 verstorbenen Ehefrau bestand hinsichtlich dreier Wohnungseigentumsobjekte einer Liegenschaft eine Eigentümerpartnerschaft (§ 2 Abs 10 WEG, § 13 WEG).

[2] Der Antragsteller begehrte die Einverleibung seines Eigentumsrechts (entsprechend seiner Erbquote) an der Hälfte der der Erblasserin bisher gehörenden Liegenschaftsanteile. Zum Nachweis seines Eigentumsrechts legte er einen Erbschein und ein Europäisches Nachlasszeugnis eines deutschen Amtsgerichts vor. Es komme deutsches Erb- und Sachenrecht zur Anwendung; letzteres sehe Miteigentum am Wohnungseigentum von mehr als zwei natürlichen Personen vor.

[3] Aus dem vom Antragsteller vorgelegten Europäischen Nachlasszeugnis ergibt sich, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt des Todes ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte und aufgrund dieses Umstands auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen deutsches Recht anzuwenden ist, sowie dass sich die Erbenstellung des Antragstellers aus der gesetzlichen Erbfolge ergibt. Dem vorgelegten Erbschein ist zu entnehmen, dass der Antragsteller die Erblasserin zur Hälfte beerbt hat.

[4] Die Vorinstanzen wiesen den Antrag ab. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Rechtsnachfolge im Eigentum der halben Mindestanteile nach § 14 WEG zu beurteilen sei und daher zum Nachweis des Rechtserwerbs eine Amtsbestätigung gemäß § 182 Abs 3 AußStrG erforderlich sei. Der Antragsteller habe eine solche – trotz eines vom Erstgericht erteilten Verbesserungsauftrags – nicht vorgelegt.

[5] Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.

[6] Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf; dieser ist daher unzulässig und zurückzuweisen. Die Begründung dieses Beschlusses kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 126 Abs 3 GBG; § 71 Abs 3 AußStrG).

Rechtliche Beurteilung

[7] 1. Die Rechtsnachfolge von Todes wegen nach der Erblasserin ist hier zwar gemäß dem Erbstatut nach Art 21 ff EuErbVO grundsätzlich nach deutschem Recht zu beurteilen. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist die Rechtsnachfolge bei gemeinsamem Wohnungseigentum von Eigentümerpartnern an in Österreich gelegenen Wohnungseigentumsobjekten in Bezug auf den halben Mindestanteil des verstorbenen Eigentümerpartners jedoch gesondert anzuknüpfen. Auf die Beurteilung des Rechtsübergangs auf den überlebenden Eigentümerpartner nach § 14 Abs 1 Z 1 WEG findet demnach jedenfalls österreichisches Recht Anwendung. Das ergibt sich, wenn die EuErbVO nach ihrem Art 1 Abs 2 lit g nicht anwendbar sein sollte, aus dem nationalen Kollisionsrecht, sonst aus Art 30 EuErbVO (2 Ob 225/18d; 2 Ob 159/17x; 2 Ob 104/17h).

[8] Der Fachsenat hat in den zitierten Entscheidungen zwar offen gelassen, ob die EuErbVO den Rechtserwerb nach § 14 WEG überhaupt erfasst. Auf die vom Revisionsrekurswerber in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen der Auslegung der EuErbVO kommt es für die Entscheidung in diesem Verfahren aber nicht an. Der vom Antragsteller behauptete Rechtsübergang ist jedenfalls nach § 14 WEG zu beurteilen.

[9] 2. Nach § 14 Abs 1 Z 1 WEG idF BGBl I 87/2015 gilt beim Tod eines Partners für den Anteil des Verstorbenen – unter Ausschluss sonstigen Erwerbs von Todes wegen, aber vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung – dass der Anteil des Verstorbenen am Mindestanteil und gemeinsamem Wohnungseigentum von Gesetzes wegen unmittelbar ins Eigentum des überlebenden Partners übergeht. Nach Z 2 dieser Bestimmung tritt der Eigentumsübergang jedoch nicht ein, wenn der überlebende Partner innerhalb einer vom Verlassenschaftsgericht festzusetzenden angemessenen Frist entweder auf ihn verzichtet oder gemeinsam mit den Erben des Verstorbenen unter Zustimmung der Pflichtteilsberechtigten eine Vereinbarung schließt, aufgrund derer der Anteil des Verstorbenen einer anderen Person zukommt. § 14 Abs 1 Z 5 WEG regelt weiters, dass dann, wenn der überlebende Partner den Anteil des Verstorbenen erwirbt oder dieser Anteil aufgrund einer Vereinbarung auf eine andere Person übergeht, für die Eintragung in das Grundbuch § 182 Abs 3 AußStrG sinngemäß gilt. Die Verbücherung hat demnach aufgrund einer vom Verlassenschaftsgericht auszustellenden Amtsbestätigung zu erfolgen (2 Ob 104/17h).

[10] 3. Die dem Verlassenschaftsgericht in § 14 WEG zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse kommen nach der durch das ErbRÄG 2015 angefügten Bestimmung des § 14 Abs 7 WEG dann, wenn eine Verlassenschaft im Ausland abgehandelt wird, dem Grundbuchsgericht zu.

[11] Diese Übertragung der Zuständigkeit gilt für „die dem Verlassenschaftsgericht in den voranstehenden Absätzen zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse“. § 14 Abs 7 WEG erfasst daher seinem klaren Wortlaut nach jedenfalls auch den in § 14 Abs 1 Z 5 WEG enthaltenen Verweis auf § 182 Abs 3 AußStrG und die Ausstellung einer Amtsbestätigung. Das Grundbuchsgericht hat insoweit nach den verfahrensrechtlichen Bestimmungen, die sonst für das Verlassenschaftsgericht gelten würden, vorzugehen. Spezifischer verfahrensrechtlicher Sonderbestimmungen bedurfte es im Hinblick auf das die Ausstellung von Amtsbestätigungen ohnehin regelnde AußStrG nicht (2 Ob 225/18d; RIS-Justiz RS0132783).

[12] 4. Unbestritten ist, dass hier kein inländisches Verlassenschaftsverfahren durchzuführen war und auch nicht durchgeführt wurde, sodass § 14 Abs 7 WEG gilt. Für die Erteilung der für die Verbücherung des Rechtserwerbs nach § 14 Abs 1 Z 1 WEG erforderlichen Amtsbestätigung ist damit das Grundbuchsgericht zuständig.

[13] Eine Auseinandersetzung mit den (weiteren) verfahrens- und/oder materiell rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Amtsbestätigung nach § 14 Abs 1 Z 5 WEG iVm § 182 Abs 3 AußStrG durch das Grundbuchsgericht erübrigt sich. Eine Amtsbestätigung gemäß § 182 Abs 3 AußStrG ist ein gerichtlicher Beschluss (RS0125697), der nur auf Antrag eines Berechtigten ergeht (5 Ob 21/08m; RS0123307; Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG I 2 § 182 Rz 34; Oswald in Schneider/Verweijen , AußStrG § 182 Rz 9). Der Antragsteller hat die Erteilung einer solchen Amtsbestätigung aber nicht beantragt, er vertritt vielmehr auch noch im Revisionsrekurs den Standpunkt, dass es keiner solchen bedürfe, weil es eine solche gar nicht gebe.

[14] 5. Das Rekursgericht ist daher im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Verbücherung des Eigentumsrechts des Antragstellers eine rechtskräftige Amtsbestätigung gemäß § 14 Abs 1 Z 1 WEG iVm § 182 Abs 3 AußStrG voraussetzt und die vom Antragsteller vorgelegten Urkunden, der Erbschein und das Europäische Nachlasszeugnis eines deutschen Amtsgerichts, iSd § 94 Abs 1 Z 3 GBG, keine ausreichende Grundlage für die begehrte Eintragung bilden.

[15] Gemäß § 95 Abs 3 GBG sind in einem Grundbuchsbeschluss zwar alle Gründe anzugeben, die der Bewilligung entgegenstehen, weshalb eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG bei einem von mehreren Abweisungsgründen auch dann vorliegen kann, wenn das Gesuch wegen anderer Abweisungsgründe, bei denen keine erhebliche Rechtsfrage zu lösen ist, abgewiesen werden muss (RS0029353; RS0042767). Die Prüfung allfälliger weiterer Abweisungsgründe kann jedoch unterbleiben, wenn – wie hier – eine Wiederholung des Gesuchs auf Grundlage der vorgelegten Urkunden nicht in Betracht kommt (5 Ob 167/19y; RS0060544). Die Frage, ob der begehrten Eintragung nicht ohnedies auch der in § 12 WEG normierte Grundsatz der (weiteren) Unteilbarkeit des Mindestanteils entgegensteht, ist damit nicht zu klären.

Rechtssätze
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