JudikaturJustiz5Ob193/16t

5Ob193/16t – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. November 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*****, vertreten durch die Hasberger Seitz Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei J***** W*****, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankel, Dr. Herwig Mayrhofer, Mag. Stefan Ganahl, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen 53.147,15 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 19. August 2016, GZ 16 R 72/16z 17, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte zeigt in ihrer Revision keine Rechtsfrage auf, der iSd § 502 Abs 1 ZPO zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt.

1. Die Beklagte behauptet die Verfassungswidrigkeit des § 26 Wiener Sozialhilfegesetz (WSHG) aufgrund eines nicht gerechtfertigten Eingriffs in das Grundrecht des Eigentums (Art 5 StGG) und des Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art 7 B VG). Da das Berufungsgericht dennoch von der Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens Abstand genommen habe, sei das Berufungsverfahren mangelhaft geblieben.

2. Der erkennende Senat teilt die Bedenken, die die Beklagte gegen die Verfassungskonformität des § 26 WSHG vorbringt, nicht. Der Ersatzanspruch gegen den Erben nach § 26 Abs 4 zweiter Satz WSHG stellt zwar eine vom Landesgesetzgeber angeordnete „originäre“ Forderung gegen den Erben dar, die über den Ersatzanspruch gegen den Hilfeempfänger hinausgehen kann (7 Ob 199/00s = RIS Justiz RS0114425). Dieser Umstand bedeutet aber weder einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums noch eine Verletzung des Gleichheitssatzes. Der Verfassungsgerichtshof stellt bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Eigentumseingriffen auf Sachlichkeitserwägungen und auf die Verhältnismäßigkeit ab (RIS Justiz RS0038544 [T1]). Auch die Bindung des Gesetzgebers durch den Gleichheitsgrundsatz mündet in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs in verstärktem Maß in ein allgemeines Sachlichkeitsgebot für Gesetze (RIS Justiz RS0053981 [T11]). Dass und warum die von der Beklagten kritisierte Ersatzpflicht der Erben nach § 26 Abs 4 WSHG ungeachtet des Umstands, dass diese über den Ersatzanspruch gegen den Hilfeempfänger hinausgehen kann, sowohl unter dem Gesichtspunkt des Art 5 StGG als auch des Art 7 B-VG sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, hat bereits das Berufungsgericht in seiner ausführlichen Begründung zutreffend dargelegt (§ 510 Abs 3 ZPO).

3. Wenn der Oberste Gerichtshof die verfassungsrechtlichen Bedenken des Rechtsmittelwerbers nicht teilt, liegt keine die Anrufung des Obersten Gerichtshofs rechtfertigende Rechtsfrage vor (RIS Justiz RS0116943); auch dann nicht, wenn dieser zur Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Bestimmung noch nicht ausdrücklich Stellung genommen hat (RIS Justiz RS0122865).

4. Eine Prozesspartei hat nach ständiger Rechtsprechung keinen verfahrensrechtlichen Anspruch, die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof durch das Gericht zu beantragen; der entsprechende Antrag der Klägerin ist daher zurückzuweisen (RIS Justiz RS0056514, RS0058452, RS0053805). Es bedarf dabei auch keiner Begründung, aus welchen Erwägungen es das Gericht nicht für geboten erachtet, die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens zu erwirken (RIS Justiz RS0053805 [T7]). Diese Grundsätze können auch nicht durch die Behauptung umgangen werden, das Berufungsverfahren sei – weil das Berufungsgericht der Anregung auf Einleitung eines Normprüfungsverfahrens nicht gefolgt sei – mangelhaft geblieben.

Rechtssätze
4