JudikaturJustiz5Ob17/23w

5Ob17/23w – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. H*, 2. I*, 3. M*, 4. G* GmbH, *, 5. G*, alle vertreten durch Mag. Berthold Hauser, öffentlicher Notar in Obernberg am Inn, wegen Grundbuchshandlungen ob der EZ * und * je KG * sowie Eröffnung einer Baurechtseinlage und Einverleibung des Baurechts in EZ * KG *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Viertantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 13. Dezember 2022, AZ 18 R 45/22f, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Ried im Innkreis vom 15. November 2022, TZ 3555/2022, in seinem abweisenden Teil aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Der Zweitantragsteller ist bücherlicher Alleineigentümer unter anderem der Liegenschaft EZ * KG * mit den Grundstücken 706/1 und 722/1. Im Lastenblatt dieser Liegenschaft ist unter CLNr 25 ein Veräußerungsverbot hinsichtlich des Grundstücks 722/1 für die Agrarbezirksbehörde, unter CLNr 26 ein Veräußerungsverbot hinsichtlich des Grundstücks 706/1 bis 31. 3. 2026 für das Amt der OÖ Landesregierung eingetragen. Die Veräußerungsverbote beruhen auf einem Bescheid der Agrarbehörde Oberösterreich und einem Flurbereinigungsübereinkommen.

[2] Die Antragsteller begehrten – neben der Löschung eines Pfandrechts, die antragsgemäß bewilligt wurde und nicht Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist, – näher bezeichnete Grundstücksveränderungen unter anderem durch Teilung der Grundstücke 706/1 und 722/1, Vereinigung der Trennstücke mit näher bezeichneten anderen Grundstücken sowie Abschreibung dieser neu gebildeten Grundstücke von der EZ * sowie Zuschreibung zur EZ * KG *, die in weiterer Folge als Stammeinlage mit einem Baurecht zugunsten der Revisionsrekurswerberin belastet werden sollte.

[3] Aufgrund eines Verbesserungsauftrags des Erstgerichts wurde der Antrag betreffend die Veräußerungsverbote zugunsten der Agrarbehörde geändert und die Abschreibung der betroffenen Teilstücke unter Mitübertragung der Veräußerungsverbote beantragt.

[4] Das Erstgericht wies die Anträge mit der Begründung ab, die Begründung eines Baurechts sei im Zweifel eine Veräußerung und bedürfe daher der Zustimmung der Agrarbehörde.

[5] Dem dagegen gerichteten Rekurs der Viertantragstellerin gab das Rekursgericht Folge, hob den angefochtenen Beschluss in diesem Umfang auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Abweisungsgrund auf. Zur Abschreibung einzelner Bestandteile eines Grundbuchskörpers sei die Zustimmung der Personen, für die dingliche Rechte grundbücherlich eingetragen seien, dann nicht erforderlich, wenn für das Grundstück eine neue Einlage eröffnet werde und die Rechte der Buchberechtigten in diese eingetragen werden. Dies gelte auch für Rechte, die einem dinglichen Recht gleichzuhalten seien, so etwa für die hier eingetragenen Veräußerungsverbote zugunsten der Agrarbehörde. Aufgrund der hier letztlich beantragten Mitübertragung der Veräußerungsverbote auf die neu zu bildende Stammeinlage der Baurechtseinlage könnten sie die begehrten Grundbuchshandlungen nicht hindern. Allerdings habe das Erstgericht entgegen § 95 Abs 3 GBG nur diesen Abweisungsgrund offengelegt und das Gesuch nicht umfassend geprüft. Eine Aufhebung der Entscheidung sei ausnahmsweise dann zulässig, wenn das Erstgericht den Antrag zu Unrecht aus formellen Gründen zurückgewiesen habe. Das Erstgericht werde das Grundbuchsgesuch umfassend inhaltlich zu prüfen und neuerlich unter Abstandnahme vom gebrauchten Abweisungsgrund zu entscheiden haben.

[6] Obwohl das Rekursgericht darauf verwies, dass mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG ein Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nach § 64 Abs 1 AußStrG unterbleiben könne, enthält der Spruch seiner Entscheidung den Ausspruch, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

[7] Dagegen richtet sich das als „außerordentlicher“ Revisionsrekurs bezeichnete Rechtsmittel der Viertantragstellerin, in dem sie beantragt, dem Grundbuchsantrag vollinhaltlich stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

[8] Der Revisionsrekurs ist absolut unzulässig.

[9] 1. Es trifft zu, dass nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (RIS Justiz RS0060636) das Rekursgericht in Grundbuchsachen grundsätzlich nur aufgrund des Akteninhalts zu entscheiden hat und daher nicht berechtigt ist, den angefochtenen Beschluss zur Durchführung sachlicher Erhebungen aufzuheben ( Kodek in Kodek Grundbuchsrecht 2 § 126 GBG Rz 4 mwN). In Lehre ( Kodek aaO Rz 6) und Rechtsprechung (RS0060636 [T1]; RS0007030) sind aber Ausnahmefälle anerkannt, in denen eine Aufhebung in Betracht kommt, so etwa der Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 16 Abs 2 Z 6 RpflG, oder zu Unrecht ergangene Formalentscheidungen. Auf einen solchen Ausnahmefall hat sich das Rekursgericht in seiner Begründung berufen. Ob er hier tatsächlich vorliegt, ist der Prüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen.

[10] 2. Gemäß § 126 Abs 2 GBG kann der Beschluss des Rekursgerichts nach Maßgabe der §§ 62, 63 und 66 AußStrG angefochten werden, wobei das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen hätte, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteigt oder nicht. Bei einem echten Aufhebungsbeschluss ist ein solcher Ausspruch allerdings nicht erforderlich, weil die Anfechtbarkeit eines solchen Beschlusses nach § 64 Abs 1 AußStrG davon abhängt, dass das Rekursgericht den Revisionsrekurs ausdrücklich zugelassen hat. Ist dies nicht der Fall, ist auch kein außerordentliches Rechtsmittel zulässig, diesfalls steht nur die Bekämpfung der Endentscheidung offen ( Kodek in Kodek Grundbuchsrecht 2 § 126 GBG Rz 13).

[11] 3. Nach der ständigen Rechtsprechung zu ZPO und AußStrG 2005 (RS0044098; RS0007219) ist gegen den rekursgerichtlichen Auftrag zur Verfahrensergänzung in erster Instanz ein Revisionsrekurs unzulässig, gleichviel ob die Ergänzung wegen ungenügender Klärung des Sachverhalts oder infolge abweichender Rechtsansicht des Rekursgerichts verfügt wurde. Für die Anfechtbarkeit eines ohne Rechtskraftvorbehalt gefassten Aufhebungsbeschlusses des Rekursgerichts kommt es nicht darauf an, ob das Rekursgericht aufgrund der Aktenlage schon endgültig selbst entscheiden hätte können (RS0044098 [T4]). Hat das Rekursgericht im Fall eines echten Aufhebungsbeschlusses den Revisionsrekurs nicht für zulässig erklärt, ist daher sowohl ein ordentlicher als auch ein außerordentlicher Revisionsrekurs unzulässig (RS0044098 [T10]). Die Frage nach dem Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage kann sich in einem solchen Fall daher gar nicht stellen (RS0007219 [T6]). Diese Grundsätze gelten auch für echte Aufhebungsbeschlüsse im Grundbuchsverfahren (vgl Kodek in Kodek Grundbuchsrecht 2 § 126 GBG Rz 13).

[12] 4. Da das Rekursgericht hier zwar den vom Erstgericht allein herangezogenen Abweisungsgrund inhaltlich verneint, dessen ungeachtet diesem aber die Prüfung weiterer Abweisungsgründe im Sinn des § 95 Abs 3 GBG und eine neuerliche Entscheidung über den antragsabweisenden Teil des Gesuchs aufgetragen hat, ist hier ein „echter“ Aufhebungsbeschluss zu beurteilen. Dieser ist mangels Zulassung des Revisionsrekurses durch das Rekursgericht unanfechtbar.

[13] 5. Der absolut unzulässige Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.