JudikaturJustiz5Ob166/16x

5Ob166/16x – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Dezember 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Thomas Wiesinger, Rechtsanwalt in Wien, sowie der Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei 1. H***** J***** E*****, 2. A***** P*****, 3. DI (FH) J***** P*****, sämtliche vertreten durch Mag. Sebastian Lesigang, Rechtsanwalt in Wien, 4. Mag. R***** K*****, vertreten durch Dr. Helge Doczekal, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H***** F*****, vertreten durch die Dax Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterfertigung eines Wohnungseigentumsvertrags (Streitwert 35.000 EUR) über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. Juni 2016, GZ 15 R 72/16t 22, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Klägerin begründet die Zulässigkeit ihres Revisionsrekurses mit der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens in Folge Verletzung der richterlichen Anleitungspflichten nach den §§ 182, 182a ZPO. Das Berufungsgericht habe es unterlassen, seine aus eigenem aufgegriffene, überraschende Rechtsauffassung zu erörtern und damit gegen das Verbot von Überraschungsentscheidungen verstoßen.

2. Die Grenzen der vom Gericht wahrzunehmenden Anleitungspflicht und die Frage, ob das Überraschungsverbot verletzt wurde, richten sich nach den Umständen des Einzelfalls und begründen schon aus diesem Grund keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 ZPO (RIS Justiz RS0037300 [T31]; RS0114544 [T1]; RS0120057 [T1]).

3. Die von der Klägerin behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens ist auch nicht zu erkennen. Die Anleitungspflicht des § 182a ZPO idF ZVN 2002 ist zwar insoferne als erweitert anzusehen, als nun auf ein verfehltes Klagebegehren, das nicht dem offenkundig verfolgten Rechtsschutzziel der Partei entspricht, aufmerksam zu machen und dem Kläger Gelegenheit zu geben ist, sein Klagebegehren auch dann zu ändern, wenn dies eine Klagsänderung darstellt (RIS Justiz RS0120057 [T10]). Das gilt aber nur insoweit, als der Kläger im Rahmen des von ihm erhobenen Anspruchs ein verfehltes Klagebegehren gestellt hat (vgl 8 Ob 52/15b = RIS Justiz RS0120057 [T12]). Darüber hinaus ist eine Partei nicht zu einer Änderung oder einer Einschränkung ihres Begehrens anzuleiten (vgl 6 Ob 19/09a = RIS Justiz RS0037300 [T47], RS0108818 [T7]). Das Gericht muss also seine Rechtsansicht nicht vor der Entscheidung kundtun (vgl RIS Justiz RS0122749), um dem Kläger Gelegenheit zu geben, der Abweisung des Klagebegehrens durch eine Änderung des erhobenen Anspruchs zu begegnen. Darauf läuft aber die Argumentation der Klägerin hinaus, wenn sie geltend macht, ihr hätte die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, ein der Rechtsansicht des Gerichts entsprechend angepasstes Eventualbegehren zu erheben, das auf Unterfertigung eines inhaltlich geänderten Wohnungseigentumsvertrags gerichtet ist .

4. Die außerordentliche Revision war daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.