JudikaturJustiz5Ob16/12g

5Ob16/12g – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Februar 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Mag. G***** B*****, vertreten durch Urbanek Rudolph Rechtsanwälte OG in Wien, wegen § 52 Abs 1 Z 2 WEG iVm § 16 Abs 3 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 9. November 2011, GZ 39 R 253/11m 25, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung:

Die Antragsgegnerin und Dr. B***** sind Mit und Wohnungseigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft, wobei das im Keller (Souterrain) gelegene Magazin Top 2 und der Keller Top 4 im (Zubehörs-)Wohnungseigentum der Antragsgegnerin stehen.

Noch vor Begründung des Wohnungseigentums erwirkten die damals schlichten Miteigentümer, die Antragsgegnerin und Dr. B*****, eine Baubewilligung für den Ausbau des Dachgeschosses. Der Rohdachboden (künftiger Dachausbau Top 7) steht im Wohnungseigentum des Dr. B*****. Er betreibt nunmehr allein den Dachbodenausbau. Die Baubehörde verfügte am 13. 8. 2009 eine Baueinstellung hinsichtlich der Fortführung des Dachgeschossausbaus, bis eine aus statischen Gründen erforderliche Fundamentverstärkung hergestellt ist. Dazu muss eine Stahlbetonplatte samt Bewehrung im Magazin der Antragsgegnerin Top 2 und im Keller Top 4 hergestellt werden.

Es steht nicht fest, dass die Fundamentverstärkung auch ohne Dachbodenausbau zur Erhaltung des Hauses jedenfalls notwendig wäre.

Die Antragsgegnerin verweigert die Zustimmung zur Errichtung der Fundamentplatte, solange Dr. B***** sich nicht verpflichtet, die gesamten Kosten dafür allein zu tragen, sondern bisher nur deren Vorfinanzierung zugesagt hat.

Mit dem verfahrenseinleitenden, auf § 16 Abs 3 WEG gestützten Antrag begehrt die Eigentümergemeinschaft, die Antragsgegnerin zur Duldung der Herstellung der Fundamentbetonplatte in Magazin Top 2 und Keller Top 4 zu verpflichten (weitere Antragsbegehren sind nicht mehr Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens). Als anspruchsbegründend wird im verfahrenseinleitenden Antrag vorgebracht, die Arbeiten seien zur Behebung ernster Schäden und zur Erhaltung allgemeiner Teile der Liegenschaft erforderlich, um dem Bescheid der Baubehörde vom 13. 8. 2009 und den damit behördlich angeordneten Maßnahmen zu entsprechen.

Beide Vorinstanzen wiesen dieses Duldungsbegehren ab. Übereinstimmend vertraten sie die Ansicht, § 16 Abs 3 zweiter Satz WEG setze schon nach seinem Wortlaut voraus, dass ernste Schäden des Hauses zu beheben oder die Maßnahmen zur Erhaltung allgemeiner Teile der Liegenschaft notwendig seien. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erwiesen. Die Notwendigkeit der Durchführung von Arbeiten zur Schaffung eines bisher noch nicht bestehenden Objekts sei nicht unter diese Bestimmung zu subsumieren.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht vorlägen.

Der dagegen von der Antragstellerin erhobene außerordentliche Revisionsrekurs erweist sich als nicht zulässig:

Rechtliche Beurteilung

Wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, besteht die in § 16 Abs 3 zweiter Satz WEG normierte und im Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG im Außerstreitverfahren durchzusetzende Duldungspflicht nur in Zusammenhang mit der Erhaltung allgemeiner Teile der Liegenschaft und der Behebung von ernsten Schäden des Hauses. Das ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 16 Abs 3 zweiter Satz WEG, sondern auch aus der Systematik des § 16 WEG insgesamt. Während § 16 Abs 2 WEG, hier in Frage kommend insbesondere § 16 Abs 2 Z 3 WEG, dem änderungswilligen Wohnungseigentümer eine Antragstellung ermöglicht, steht die Erzwingung der in § 16 Abs 3 zweiter Satz WEG normierten Duldungspflicht ausschließlich der Eigentümergemeinschaft zu, weil es dabei um die Durchsetzung von Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG geht (5 Ob 272/09z wobl 2011/53; 5 Ob 243/10m = RIS Justiz RS0125904).

Es steht nicht fest, dass die Errichtung der Betonfundamentierung zur Behebung eines Baugebrechens erforderlich ist oder ansonsten eine Schadensgeneigtheit oder Funktionseinschränkung gegeben wäre (5 Ob 271/08a wobl 2010/54; RIS Justiz RS0116998). Damit liegen die Voraussetzungen des § 16 Abs 3 zweiter Satz WEG nicht vor.

Soweit sich die Revisionsrekurswerberin auf den Bescheid der Baubehörde beruft, ist aus den erstgerichtlichen Feststellungen deutlich, dass sich der darin enthaltene „Auftrag“ ausschließlich auf die Zulässigkeit der Weiterführung des Dachausbaus bezieht, wofür die Errichtung der Betonfundamentplatte Voraussetzung ist. In Wahrheit handelt es sich dabei auch nicht um einen Auftrag, sondern eine Begründung der verfügten Baueinstellung.

Der von der Revisionsrekurswerberin zur Begründung ihres Standpunkts herangezogenen Entscheidung 5 Ob 63/09i wobl 2011/91 lag nicht nur ein anderer Verfahrensgegenstand, nämlich ein Antrag von Wohnungseigentümern nach § 30 Abs 1 Z 1 iVm § 52 Abs 1 Z 3 WEG zugrunde, sondern auch ein vom hier zu beurteilenden verschiedener Sachverhalt. In jenem Fall ging es um die Behebung konkreter Mängel an allgemeinen Teilen des Hauses, die durch einen Dachausbau bewirkt worden waren. Unter Hinweis auf bestehende Rechtsprechung (RIS Justiz RS0116362) hat der erkennende Senat in jenem Fall ausgesprochen, dass § 28 Abs 1 Z 1 WEG auch für die Erhaltung eines geänderten Wohnungseigentumsobjekts gilt, selbst wenn die Änderung nur einem einzigen Wohnungseigentümer zugute kommt. Diese Aussage kann die Antragstellerin aber hier mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 28 Abs 1 Z 1 WEG nicht für sich nutzbar machen.

Auf eine Vereinbarung (des Dachausbaus) hätte die Antragstellerin ihr Begehren mangels dazu gegebener Sachlegitimation der Eigentümergemeinschaft ohnedies nicht stützen können.

Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 52 Abs 2 WEG werden im Revisionsrekurs damit nicht releviert. Er war daher zurückzuweisen.

Rechtssätze
3