JudikaturJustiz5Ob130/92

5Ob130/92 – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. November 1992

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Johannes L*****, ***** S***** 49, und 2. Maria L*****, ***** S***** 49, beide vertreten durch Dr.Gerhard Rössler, Rechtsanwalt in Zwettl, wegen Eintragungen im Grundbuch ***** O*****, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Rekursgericht vom 26.Juni 1992, GZ 1 R 119/91, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Zwettl vom 11. November 1991, TZ 2021/91, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß auf Grund des Kauf- und Dienstbarkeitsbestellungsvertrages vom 17.September 1991 und der Baulandbestätigung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Z***** vom 23. September 1991 im Grundbuch ***** O***** auch noch folgende Eintragungen bewilligt werden:

1. Im Lastenblatt der EZ ***** die Einverleibung der unregelmäßigen Dienstbarkeit des Fruchtgenußrechtes am Grundstück 591/1 gemäß Punkt IV des zuvor erwähnten Vertrages zu Gunsten der jeweiligen Eigentümer des Grundstückes 177 Baufläche in EZ *****;

2. im Gutsbestandsblatt der EZ ***** die Ersichtlichmachung der mit dem Grundstück 177 Baufläche verbundenen unregelmäßigen Dienstbarkeit des Fruchtgenußrechtes am Grundstück 591/1 in EZ *****.

Das Erstgericht hat diese Grundbuchseintragungen zu vollziehen und die in seinem Beschluß vom 11.November 1991, TZ 2021/91, erwähnten Personen und Ämter zu verständigen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Mit Beschluß vom 11.November 1991, TZ 2021/91, bewilligte das Erstgericht auf Grund der im Spruch angeführten (und anderer) Urkunden zwar die Abschreibung des Grundstückes 177 Baufläche aus der EZ ***** unter Mitübertragung der das Haus Nr. 5 betreffenden Ersichtlichmachung nach § 6 Abs. 2 DenkmalschutzG, die Eröffnung der neuen EZ ***** hiefür und die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Antragsteller je zur Hälfte (dazu noch die Einverleibung eines Pfandrechtes in der neuen EZ), wies jedoch das auf Eintragung der unregelmäßigen Dienstbarkeit des Fruchtgenußrechtes am Grundstück 591/1 zu Gunsten des Grundstückes 177 Baufläche gerichtete Begehren ab.

Die diesbezügliche Vereinbarung im Kauf- und Dienstbarkeitsbestellungsvertrag vom 17.September 1991 lautet:

"Die Republik Österreich räumt Johannes und Maria L***** als Eigentümer des Grundstückes Nr. 177 Baufläche, Grundbuch ***** O*****, für sich und ihre Rechtsnachfolger die Dienstbarkeit des Fruchtgenusses an jenem Teil des Grundstückes Nr. 591/1 LN, welcher in der tiefer stehenden Skizze, die einen integrierenden Vertragsbestandteil bildet, rot umrandet eingezeichnet ist, ein.

Johannes und Maria L***** nehmen die Einräumung der Dienstbarkeit an.

Die Dienstbarkeit des Fruchtgenusses kommt daher jedem Eigentümer des Grundstückes Nr. 177 Baufläche zu.

Festgehalten wird, daß jener Teil des Grundstückes Nr. 591/1 LN, der vom Fruchtgenußrecht umfaßt ist, vom restlichen Grundstück durch einen Zaun abgetrennt ist.

Für die Einräumung der Dienstbarkeit wird als Entgelt ein Betrag von S 200.000 vereinbart.

Die Republik Österreich (Bundesgebäudeverwaltung II) erteilt ihre ausdrückliche und unwiderrufliche Einwilligung, daß auf Grund dieses Kaufvertrages im Grundbuch über die KG ***** O***** ohne ihr weiteres Einvernehmen, jedoch nicht auf ihre Kosten, nachstehende Grundbuchshandlungen vorgenommen werden:

Ob dem Grundstück Nr. 591/1 LN im Lastenblatt die Einverleibung der Dienstbarkeit des Fruchtgenußrechtes gemäß Vertragspunkt IV zu Gunsten des Grundstückes 177 Baufläche."

Das Erstgericht erblickte darin eine persönliche Dienstbarkeit, die nur für eine bestimmte Person, nicht jedoch für ein Grundstück im Grundbuch eingetragen werden könne.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Richtig sei, daß in der Rechtsprechung die Ansicht vertreten werde, eine persönliche Dienstbarkeit könne von den Parteien auch als Grunddienstbarkeit gestaltet und als solche verbüchert werden (RPflgSlgG 333; RPflgSlgG 1877; NZ 1977, 92). Auch der Oberste Gerichtshof scheine diese Auffassung zu stützen, weil er in der Entscheidung vom 14.Juni 1983, 5 Ob 603/83, aussprach, daß ausnahmsweise sogar sonst persönliche Servituten als unregelmäßige Dienstbarkeiten begründet werden können, wenn nur das aus der Dienstbarkeit erfließende Recht mit dem Besitz eines Grundstückes zu dessen vorteilhafteren oder bequemeren Benützung verknüpft ist. Dennoch sei die Verbücherung eines dem jeweiligen Eigentümer eines Grundstücks eingeräumten Fruchtgenußrechtes an einem Nachbargrund abzulehnen. Maßgeblich sei nämlich der das Grundbuchsrecht beherrschende Grundsatz der Unzulässigkeit der Eintragung unbestimmter Personen als dinglich Berechtigter. Demnach könne eine persönliche Dienstbarkeit nur für eine bestimmte Person einverleibt werden, nicht jedoch "hinsichtlich" eines Grundstückes. Für diese Ansicht sprächen auch §§ 27 Abs 2 und 98 GBG. Würde man von dieser Auffassung abrücken, müßte das Fruchtgenußrecht der Antragsteller im Gutsbestandsblatt des herrschenden Grundstückes ersichtlich gemacht werden, obwohl § 9 AllgGAG eine derartige Vorschrift nur für Grunddienstbarkeiten kennt. Damit hätte der Grundbuchsrichter in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der Inhalt der begehrten Eintragung auch mit seiner rechtlichen Qualität übereinstimmt, ohne daß diese Übereinstimmung in der nachfolgenden bücherlichen Vollziehung transparent würde. Es sei absurd, eine Personalservitut - wie im gegenständlichen Fall - als Grunddienstbarkeit zu verstehen, sie jedoch nach den Eintragungsgrundlagen als Personalservitut einer Ersichtlichmachung zuführen zu müssen. Dies widerspreche nicht zuletzt dem im Grundbuchsrecht herrschenden Vertrauensgrundsatz (vgl. EvBl. 1952/90). Es habe daher dabei zu bleiben, daß eine Grunddienstbarkeit nicht zu Gunsten der jeweiligen Eigentümer eines Grundstückes eingetragen werden könne (RPflgSlgG 1751).

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß die Rechtsprechung unterschiedliche Standpunkte zur Frage der Eintragungsfähigkeit unbestimmter Personen als dinglich Berechtigter bei der Einverleibung von Dienstbarkeiten vertrete.

Die solcherart bestätigte Abweisung ihres Begehrens auf Einverleibung der vereinbarten Dienstbarkeit haben die Antragsteller fristgerecht mit Revisionsrekurs angefochten. Sie stützen sich auf jene Rechtsprechung, die es als zulässig erachtet, die üblicherweise mit einer persönlichen Dienstbarkeit verbundenen Rechte auch dem jeweiligen Eigentümer eines Grundstücks einzuräumen. Dadurch entstehe eine als Grunddienstbarkeit zu behandelnde unregelmäßige Servitut; es sei daher völlig konsequent, sie im Lastenblatt des dienenden Grundstückes einzuverleiben und im Gutsbestandsblatt des herrschenden Grundstücks ersichtlich zu machen. Die Vorinstanzen hätten übersehen, daß die Parteien des Dienstbarkeitsbestellungsvertrages vom 17. September 1991 bewußt die umfassenden Rechte eines Fruchtgenusses als Grunddienstbarkeit zu Gunsten der Baufläche 177 begründen wollten, weil sich das die ganze Baufläche 177 ausfüllende Haus nur unter Nutzung des Nachbargrundstückes bewirtschaften lasse. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die Einverleibung und Ersichtlichmachung der Dienstbarkeit laut ursprünglichem Grundbuchsgesuch zu bewilligen.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Lehre und Rechtsprechung sind sich darin einig, daß die Aufzählung der Grunddienstbarkeiten in §§ 475 ff ABGB nicht erschöpfend ist (Petrasch in Rummel I2, Rz 1 zu § 475 ABGB; JBl. 1976, 642 u.a.; zuletzt 5 Ob 603/83). Den Inhalt einer Grunddienstbarkeit können daher gemäß § 473 ABGB alle jene Beschränkungen des Eigentums an einem Grundstück bilden, die zugleich der vorteilhafteren und bequemeren Benützung eines anderen Grundstückes dienen (vgl. Gschnitzer - Faistenberger - Barta - Call - Eccher, Österreichisches Sachenrecht2 159; Petrasch aaO, Rz 2 zu § 473 ABGB). Wesentlich ist nur, daß den Eigentümer des belasteten Grundstücks Duldungs- oder Unterlassungspflichten treffen und die Person des Berechtigten mit dem Eigentum eines herrschenden Grundstücks verknüpft ist (§§ 472, 473 ABGB).

In § 479 ABGB hat sich der Gesetzgeber ausdrücklich dazu bekannt, daß es Rechte an fremden Grundstücken geben kann, deren Inhalt von den normalen - im Gesetz typisierten - Rechtsformen abweicht. Derartigen Berechtigungen ist also die gesetzliche Anerkennung keineswegs versagt; sie sind wahre Dienstbarkeiten und deshalb im Grundbuch einzutragen (SZ 32/47). Wenngleich § 479 ABGB diesen verbücherungsfähigen Typus der "unregelmäßigen Servitut" nur im Zusammenhang mit Dienstbarkeiten erwähnt, die an sich Grunddienstbarkeiten sind, vereinbarungsgemäß aber "der Person allein" zustehen sollen, unterliegt es dennoch keinem Zweifel, daß auch die seltener vorkommende Abweichung, daß ein zu den persönlichen Dienstbarkeiten gezähltes Recht dem jeweiligen Eigentümer eines Grundstückes gebühren soll, rechtlich möglich ist (GlU 15.938). Es kann daher eine Dienstbarkeit, die gewöhnlich eine persönliche ist, als Grunddienstbarkeit bestellt werden (Klang in Klang II2, 558; vgl. auch 5 Ob 603/83).

Genau das soll im gegenständlichen Fall geschehen. Der Einwand des Rekursgerichtes, es würden zu Lasten einer eindeutigen Bezeichnung des dinglich Berechtigten Real- und Personalservituten vermengt, was wiederum das Vertrauen in das Grundbuch erschüttern könnte, ist damit zu entkräften, daß den Antragstellern das Fruchtgenußrecht am Grundstück 591/1 eindeutig als Grunddienstbarkeit eingeräumt wurde. Die Ausübung dieses Rechtes ist mit dem Eigentum am herrschenden Grundstück verknüpft und soll nach der Vertragslage auch offensichtlich dessen besserer Bewirtschaftung dienen. Damit besteht kein Hindernis, die Dienstbarkeit sowohl im Lastenblatt des dienenden Grundstücks einzuverleiben als auch - dem § 9 AllgGAG entsprechend - im Gutsbestandsblatt des herrschenden Grundstücks ersichtlich zu machen. Die Person des Berechtigten wird in einem solchen Fall dadurch bestimmt, daß die Dienstbarkeit zu Gunsten des herrschenden Grundstücks bzw. zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des herrschenden Grundstücks eingetragen wird (vgl. Bartsch, GBG7, 192 f).

Zu erwähnen bleibt, daß die Bestätigung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Z***** vom 23.September 1991 beide Grundstücke als Bauland (Wohngebiet) ausweist, sodaß auch nach § 2 Abs. 1 Nö GVG keine Bedenken gegen die begehrte Eintragung bestehen.

Rechtssätze
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