JudikaturJustiz4Ob83/11a

4Ob83/11a – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Juni 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin  Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** Gesellschaft mbH Co KG, *****, vertreten durch Gheneff Rami Sommer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Zöchbauer Frauenberger Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 36.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. März 2011, GZ 2 R 240/10v-11, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 13. September 2010, GZ 18 Cg 79/10x-5, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Berufungsgericht wies das auf Unterlassung der Behauptung, die Klägerin hätte ihre FPÖ-freundliche Berichterstattung durch die FPÖ subventioniert bekommen, gerichtete Klagebegehren mit der Begründung ab, der Durchschnittsleser verstehe diese Behauptung so, dass auch Strache bzw die FPÖ Inserate bei der Klägerin geschaltet hätten, unter anderem mit dem Zweck, die Klägerin zu einer für die FPÖ freundlichen Berichterstattung zu motivieren. Es handle sich um eine unüberprüfbare Meinungskundgebung und damit um ein Werturteil, das in dem zugrundeliegenden Tatsachensubstrat, dass die FPÖ unstrittig Inserate mit erheblichem Auftragswert bei der Klägerin schalte, Deckung finde und im Hinblick auf den polemischen Vorbericht der Klägerin nicht die Grenzen zulässiger Kritik überschreite.

Die Klägerin macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, das Berufungsgericht habe der beanstandeten Behauptung einen falschen Bedeutungsinhalt unterstellt und sei in unvertretbarer Weise von einem bloßen Werturteil ausgegangen.

Rechtliche Beurteilung

Die nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck für den unbefangenen Durchschnittsleser zu beurteilende (RIS-Justiz RS0031883) Frage, ob Tatsachen oder bloße Werturteile verbreitet wurden, ist danach zu beantworten, ob Umstände, Ereignisse oder Eigenschaften mit einem greifbaren, für das Publikum erkennbaren und von ihm an Hand bekannter oder zu ermittelnder Umstände auf seine Richtigkeit nachprüfbaren Inhalt Gegenstand der Äußerung sind (4 Ob 105/06d mwN; RIS-Justiz RS0032212). Auch Urteile, die auf bestimmte Tatsachen schließen lassen, gelten als Tatsachenmitteilung (konkludente Tatsachenbehauptung; RIS-Justiz RS0031810). Solange die Grenzen zulässiger Kritik nicht überschritten werden und kein massiver Wertungsexzess vorliegt, kommt dem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf freie Meinungsäußerung, also dem Recht auf zulässige Kritik und ein wertendes Urteil im geistigen Meinungsstreit aufgrund konkreter Tatsachen, in der Interessenabwägung gegenüber der ehrenbeleidigenden Rufschädigung ein höherer Stellenwert zu (4 Ob 105/06d mwN).

Ob Tatsachen verbreitet wurden oder bloß eine wertende Äußerung vorliegt, ist, ebenso wie die Frage nach dem allenfalls wahren Tatsachenkern und dem Vorliegen eines Wertungsexzesses, einzelfallbezogen zu beurteilen und wirft daher von hier nicht vorliegender, vom Obersten Gerichtshof aufzugreifender Fehlbeurteilung abgesehen - regelmäßig keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf (vgl RIS-Justiz RS0113943).

Rechtssätze
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