JudikaturJustiz4Ob57/95

4Ob57/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Juli 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich H*****, vertreten durch Dr.Walter Riedl und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Michael D*****, vertreten durch Dr.Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, 2. N*****-Verlagsgesellschaft mbH Co KG, ***** vertreten durch Dr.Alfred Boran, Rechtsanwalt in Wien, wegen Entschädigung, Beseitigung, Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 265.000; Revisionsinteresse S 215.000), infolge Revision der klagenden und der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 23.März 1995, GZ 5 R 171/94-17, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 16.Juni 1994, GZ 37 Cg 395/93d-8, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1. Beide Revisionen werden zurückgewiesen.

Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 10.665 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.777,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Erstbeklagte hat die Kosten seiner Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

2. Die Revisionsbeantwortung der zweitbeklagten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

I. Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508 a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes gemäß § 500 Abs 2 Z 3 ZPO liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO für keine der Revisionen vor:

1. Zur Revision des Klägers:

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß der Erstbeklagte für die beanstandete Bildnisveröffentlichung nicht haftet, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (ÖBl 1995, 84 = MR 1985, 60 - Telefonstudien [M. Walter]). Demnach ist der Erstbeklagte, welcher die beanstandete Bildnisveröffentlichung im Zusammenhang mit einem die Interessen des Klägers beeinträchtigenden Text nicht selbst begangen hat, weder Täter, also derjenige, von dem die Beeinträchtigung ausging und auf dessen maßgeblichem Willen sie beruhte, noch Anstifter oder Gehilfe. "Gehilfe" ist ja nur, wer den Täter bewußt fördert (Hohenecker/Friedl, Wettbewerbsrecht 94; Gamerith, Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen "Gehilfen", WBl 1991, 305 ff [311 f und 313 f]; WBl 1991, 101 - Einstandsgeschenk; ÖBl 1995, 84 = MR 1995, 60 [M.Walter] - Telefonstudien). Das trifft nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen auf den Erstbeklagten nicht zu. Für einen "mittelbaren Täter", der allein auf Grund adäquater Verursachung einer Urheberrechtsverletzung zu haften hätte, ist aber kein Platz. Die gegenteilige in SZ 64/64 = ÖBl 1991, 181 = MR 1991, 195 (M.Walter) - TELE UNO III durch die dort gebrauchte Formulierung vertretene Ansicht - auf die es aber dort nicht angekommen war (zutreffend M.Walter MR 1995, 62) - hat der Oberste Gerichtshof in ÖBl 1995, 84 = MR 1995, 60 (M.Walter) - Telefonstudien ausdrücklich nicht aufrechterhalten; von einer unheitlichen Rechtsprechung kann daher insoweit keine Rede sein.

Der Kläger bringt in seiner Revision keine stichhaltigen Argumente gegen diese Auffassung vor. Daß für die Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung ein Verschulden nicht vorausgesetzt ist, trifft zwar zu, ändert aber nichts daran, daß der Erstbeklagte das Lichtbild des Klägers weder "auf eine Art, wodurch es der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (wurde), verbreitet", geschweige denn das Bild in Verbindung mit einem bestimmten Text veröffentlicht hat und daß er auch eine solche Veröffentlichung ohne Zustimmung des Klägers durch die Zweitbeklagte nicht vorsätzlich herbeigeführt hat.

2. Zur Revision der Zweitbeklagten:

Die angefochtene Entscheidung hält sich in ihrem der Klage stattgebenden Teil im Rahmen der ständigen und reichhaltigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 78 UrhG, ÖBl 1995, 136 = MR 1994, 162 - Marmor, Stein und Eisen; MR 1995, 18 - Profil je mwN).

In der Auffassung der Vorinstanzen, daß die Interessen des Klägers durch die Veröffentlichung seines Lichtbildes zur Illustration des Artikels "Die Leiden der Wärter", in welchem - im Untertitel schlagwortartig hervorgehoben - von "Sex-Skandal hinter Gittern" die Rede ist und viele Unzukömmlichkeiten in den Haftanstalten geschildert werden, verletzt wurden, ist keine Verkennung der Rechtslage zu erblicken, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden müßte. Daß der Kläger zu einer Veröffentlichung seines Lichtbildes für einen Artikel in der Zeitschrift "GÖD" seine Zustimmung erteilte, berechtigte die Zweitbeklagte nicht, selbst das gleiche Lichtbild für ihren Artikel zu gebrauchen. Der Bericht in der Zeitschrift der Gewerkschaft der öffentlich Bediensteten war naturgemäß von einer ganz anderen, für die Justizwachebeamten durchaus positiven Tendenz getragen als der beanstandete Artikel der Zweitbeklagten. Ganz abgesehen davon, daß die Zweitbeklagte (auch) andere Leserkreise erreicht als die Zeitschrift "GÖD", trifft es nicht zu, daß nach der Veröffentlichung des Artikels in der Gewerkschaftszeitung weitere berechtigte Interessen des Klägers durch die Zweitbeklagte gar nicht mehr verletzt werden konnten.

Die Frage, ob eine Bildnisveröffentlichung im Zusammenhang mit einem Text berechtigte Interessen verletzt, kann in aller Regel allein auf Grund des Textes beurteilt werden, ohne daß es irgendwelcher Feststellungen über konkrete nachteilige Auswirkungen bedürfte.

Die Revisionen waren daher zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung des Klägers gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO, jener über die Revisionsbeantwortung des Erstbeklagten auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Da der Kläger auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen hat, diente seine Revisionsbeantwortung - anders als jene des Erstbeklagten, die keinen solchen Hinweis enthält - der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

II. Da sich die Revision des Klägers nur auf die gegen den Erstbeklagten erhobenen Ansprüche bezog, war nur dieser, nicht aber auch die Zweitbeklagte Revisionsgegner. Der Zweitbeklagten steht daher kein Recht auf Beantwortung der Rechtsmittelschrift (§ 507 Abs 2 ZPO) zu. Ihre Revisionsbeantwortung war daher zurückzuweisen.

Rechtssätze
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