JudikaturJustiz4Ob319/85

4Ob319/85 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. April 1985

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl, Dr.Resch, Dr.Kuderna und Dr.Gamerith als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1.) A***, Klangfärgsgatan 6, Västra Frölunda 402, Göteborg 12, Schweden, 2.) A B Austria Vertriebsgesellschaft m.b.H., Brunnerstraße 69, 1234 Wien, beide vertreten durch Dr.Christian Hauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Adalbert C, Alleininhaber der protokollierten Firma 'J***' Büroartikel Jenö E*** D CO., Kärntnerstraße 39, 1010 Wien, vertreten durch Dr.Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen Übertragung von Marken (Streitwert S 500.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 15.November 1984, GZ.2 R 65/84-17, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 30.Dezember 1983, GZ.25 Cg 528,529/83-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte hat der erstklagenden Partei die mit S 11.411,31 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 827,94 Umsatzsteuer und S 2.304

Barauslagen) und der zweitklagenden Partei die mit S 7.607,54 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 551,96 Umsatzsteuer und S 1.536

Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist Alleininhaber der protokollierten Firma 'J***' Büroartikel Jenö E*** D CO. (HRA 14.978 des Handelsgerichtes Wien) - im folgenden kurz: Firma E. Dieses Unternehmen ist Inhaber folgender Marken:

1.) Österreichische Marke Nr.18.805 F, 2.) Österreichische Marke Nr.25.425 A, 3.) Internationale Marke Nr.161.717 A. Die erstklagende Partei, die bis 15.Dezember 1966 die Firma 'Ballograf-Verke Aktie Bolag' führte, schloß mit der Firma E am 23. und 31.Dezember 1959 eine schriftliche Vereinbarung, die die Übertragung der oben genannten (und weiterer) Markenrechte an die erstklagende Partei zum Gegenstand hatte.

Die §§ 3 und 5 dieser Vereinbarung lauten:

'§ 3.

Jes ist bereit, sobald die Voraussetzungen für eine Übertragung der Reg.

ohne Überlassung des Unternehmens der Jes oder eines Teiles derselben (Leerübertragung) vorliegen, die Reg. auf von Ballograf genannte Personen entschädigungslos zu übertragen. Ballograf verpflichtet sich, die daraus entstehenden Kosten zu tragen und Jes im Vorhinein zur Verfügung zu stellen.

.....

§ 5.

Ballograf steht es frei, einen Rechtsanwalt oder Patentanwalt zur Vertretung der Jes bei der Vornahme der in den §§ 2 bis 4 genannten Handlungen zu bestimmen. Die Kosten des Vertreters gehen ausschließlich zu Lasten von Ballograf. Jes verpflichtet sich, die zur Durchführung der erwähnten Handlungen erforderlichen Unterschriften zu leisten.' Die Vereinbarung wurde auf Seiten der Firma E durch Otto G als Einzelprokuristen unterfertigt. Mit Schreiben vom 4.März 1982 forderte der damalige Klagevertreter, Rechtsanwalt Dr.Fritz H; den damaligen Vertreter der Firma E, Rechtsanwalt Dr.Harry I, unter Hinweis auf § 3 des genannten Vertrages auf, die oben erwähnten Marken auf die A Verke AB oder auf von A genannte Personen entschädigungslos zu übertragen. Dr.Fritz H übermittelte dem Vertreter der Firma E eine Übertragungserklärung mit der Bitte, diese durch seine Mandantschaft firmenmäßig unterfertigen zu lassen und nach notarieller Beglaubigung der Firmenzeichnung samt der Rechnung des Notars zurückzusenden. Mit Schreiben vom 21.April 1982 teilte Rechtsanwalt Dr.Fritz H Rechtsanwalt Dr.Harry I mit, er sei von seiner Mandantin beauftragt, die österreichische Marke 18.805 F auf die A*** Schweden und die österreichische Marke 25.425 A und die internationale Marke IR

161.717 A auf die J Austria Vertriebsgesellschaft m.b.H., die zweitklagende Partei übertragen zu lassen.

Er übersandte wieder Entwürfe von Markenübertragserklärungen mit der Bitte, diese anstelle der mit Schreiben vom 4.März 1982 übersendeten Erklärung durch die Firma E firmenmäßig unterfertigen zu lassen und nach notarieller Beglaubigung der Firmenzeichnung samt der Rechnung des Notars zurückzusenden.

Mit den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen begehren die Kläger, den Beklagten schuldig zu erkennen, die genannten Marken an sie zu übertragen und der Umschreibung dieser Marken im Markenregister zuzustimmen und zwar a) die erstklagende Partei hinsichtlich der österreichischen Marke Nr.18.805 F;

b) die zweitklagende Partei hinsichtlich der österreichischen Marke Nr.25.425 A und der internationalen Marke Nr.161.717 A. Der Beklagte beantragte Abweisung des Klabebegehrens und wendete ein, die vereinbarte MarkenrechtsÜbertragung sei unwirksam, weil der Einzelprokurist Otto G zum Abschluß dieses Rechtsgeschäftes gemäß § 49 HGB nicht berechtigt gewesen sei, weil es die teilweise Betriebsaufgabe zur Folge gehabt habe. Außerdem handle es sich um einen Vorvertrag. Der Anspruch auf Abschluß des Hauptvertrages sei präkludiert. Der Beklagte sei zur Unterfertigung der Übertragungserklärung - wenn überhaupt - nur gege Vorauszahlung der Kosten verpflichtet.

Die klagenden Parteien erwiderten, daß dem Beklagten aus der Markenübertragung keine Kosten entstünden, da der Beklagtenvertreter gebeten worden sei, die übertragungserklärung samt Rechnung des Notars zurückzusenden.

Der Prokurist der Firma E sei zum Abschluß des Vertrages vom 23. und 31. Dezember 1959, der ein Hauptvertrag sei, ermächtigt gewesen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, die vorleistungspflichtigen klagenden Parteien hätten dem Beklagten Kostenvorschüsse für die zu erwartenden notariellen Beglaubigungskosten zur Verfügung stellen müssen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge, änderte das Ersturteil im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens ab, sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes jeweils S 15.000 nicht aber S 300.000

übersteige und erklärte die Revision für zulässig.

Das Berufungsgericht war der Ansicht, daß die klagenden Parteien für die Bezahlung der notariellen Beglaubigungsgebühren nicht mehr vorleistungspflichtig gewesen seien, weil der Beklagte die Unterfertigung der übermittelten Markenübertragungserklärungen aus anderen Gründen verweigert habe. Den klagenden Parteien sei in analoger Anwendung des § 1052 Satz 2

ABGB ein Zurückbehaltungsrecht bezüglich ihrer Vorleistung zuzubilligen, bis der Schuldner die ihm obliegende Gegenleistung erfüllt oder entsprechende Sicherstellung geleistet habe. Auch im Rahmen einer Zug-um-Zug-Verpflichtung sei den klagenden Parteien die Bezahlung der Notariatsgebühren nicht aufzutragen gewesen, weil das der Klage stattgebende Urteil die notarielle Erklärung des Beklagten ersetze und damit solche Kosten nicht mehr entstünden. Gemäß § 49 Abs 1 HGB ermächtige die Prokura zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringe. Dazu gehörten zwar nicht Geschäfte, die auf Veräußerung oder Stillegung des Betriebes abzielten. Unter solche Geschäfte falle aber die Übertragung des Markenrechtes ohne das Unternehmen nicht. Die Vereinbarung vom 23. und 31.Dezember 1959 sei auch kein Vorvertrag, sondern beinhalte eine aufschiebend bedingte Option zugusnten der Firma A.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Beklagten ist nicht berechtigt. Zutreffend verweist der Beklagte darauf, daß die in den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes SZ 26/99 und EvBl.1963/46 vertretene Ansicht, daß der Vorleistungspflichtige seine Leistung in analoger Anwendung von § 1052

Satz 2 ABGB auch dann verweigern könne, wenn der Nachleistungspflichtige seine Pflicht bestreite und damit die Gefahr bestehe, daß er sich nach Empfang der gebührenden Leistungen der Gegenleistungspflicht entziehen werde, in der Lehre (Wahle in Klang 2 IV/2, 72 ff.; Aicher in Rummel, ABGB, Rdz.11 a und 31 a zu § 1052) auf Kritik gestoßen ist. Auf die Frage der Berechtigung dieser Kritik braucht aber diesmal nicht eingegangen zu werden. Die Firma E ist gemäß § 3 der Vereinbarung vom 23. und 31.Dezember 1959 zur entschädigungslosen Übertragung der Markenrechte verpflichtet. Der Vertrag enthält damit nur eine Hauptleistungspflicht. Was die Erstbeklagte im voraus zu leisten hat, ist nicht etwa eine weitere Hauptleistung, also etwa ein Entgelt für die Übertragung der Markenrechte, das sie vorweg zu bezahlen hätte. Die Vorleistungspflicht der erstklagenden Partei bezieht sich nur auf eine Nebenleistung; diese Vorleistungspflicht der erstklagenden Partei hat den Zweck, dem Beklagten die (freiwillige) Erfüllung der in der Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen bestehenden Hauptleistung dadurch zu erleichtern, daß ihm daraus nicht einmal vorschußweise Kosten entstehen dürfen. Dieser Zweck ist nicht mehr zu erreichen, da der Beklagte die Erfüllung der Hauptleistung auch aus Gründen bestreitet, mit denen er sich überhaupt vom Vertrag lösen will (vgl. Aicher aaO Rdz 13), über die Berechtigung dieser Gründe ein Rechtsstreit geführt werden muß und damit an die Stelle der - Kosten verursachenden - MarkenrechtsÜbertragungserklärung ein Urteil treten muß, mit dessen Rechtskraft die verweigerte Übertragungserklärung als abgegeben gilt (§ 367 Abs 1 EO). In dieser Situation wäre es sinnlos, von der erstklagenden Partei die Vorauszahlung (oder den Erlag) der Kosten für eine Erklärung zu verlangen, deren Abgabe der Beklagte auch unabhängig von der bestehenden Vorausleitungspflicht seiner Vertragspartnerin verweigert.

Nicht berechtigt sind auch die Ausführungen des Beklagten, daß der Prokurist der Firma E gemäß § 49 Abs 1 HGB nicht zur Übertragung der Markenrechte ermächtigt gewesen sei. Die Vertretungsmacht des Prokuristen nach § 49 Abs 1 HGB erfaßt alle Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt (mit den Ausnahmen des § 49 Abs 2 HGB). Ob das Geschäfte gewÄhnlicher oder ungewÄhnlicher Art sind, spielt keine Rolle (SZ 52/90). Wie das Berufungsgericht zutreffend entschied, kommt die in der Lehre anerkannte Beschränkung, daß die Prokura nicht zu Geschäften und Rechtshandlungen ermächtigt, die auf die Veräußerung oder Stillegung des Betriebes abzielen, im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, weil es mit einer Weiterführung des Betriebes eines Handelsgewerbes durchaus vereinbar ist, daß ein zu diesem Handelsgewerbe gehörendes Markenrecht (ohne Unternehmen) veräußert wird. Die Vertretungsmacht des Prokuristen hängt nicht davon ab, ob dieses Markenrecht inconcreto für den Betrieb unersetzlich ist. So wie bei der Veräußerung von irgendwelchen anderen Wirtschaftsgütern kann diese Frage schon im Interesse der Verkehrssicherheit für den Umfang der Prokura nicht von Bedeutung sein.

Die Vereinbarung vom 23. und 31.Dezember 1959 ist auch kein Vorvertrag.

Sie enthält alle wesentlichen Merkmale eines - von der Bedingung künftiger Zulässigkeit der Übertragung von Markenrechten ohne Unternehmen abhängigen -

Optionsvertrages, mit dem der erstklagenden Partei die Befugnis eingeräumt wurde, nach Eintritt der Bedingung die Übertragung der Markenrechte an sich oder andere Personen zu verlangen. Die Vereinbarung weist nicht darauf hin, daß die Parteien erst künftig den (Haupt-)vertrag abschließen wollten.

Vielmehr enthält schon die Vereinbarung die Verpflichtung der Firma E, die für die künftigen Übertragungsakten erforderlichen Unterschriften zu leisten.

Mit den Ausführungen zur Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens macht die Revisionswerberin dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zuzuordnende Feststellungsmängel geltend, die aber nicht vorliegen. Der Beklagte wendete zunächst ein, die Vereinbarung vom 23.Dezember 1959 sei mit der (erst-)klagenden Partei geschlossen worden, von der er aber keine Aufforderung erhalten habe, die gegenständlichen Marken an die (zweit-)klagende Partei zu übertragen (ON 3 in 25 Cg 529/83 des Handelsgerichtes Wien), zog diese Einwendungen aber in der Folge zurück (AS 18 im führenden Akt). Die damit unbestritten gebliebene Klagslegitimation der zweitklagenden Partei ergibt sich überdies aus § 3 der Vereinbarung vom 23.

und 31.Dezember 1959 (vgl. die Worte '.... auf von Ballograf genannte Personen entschädigungslos zu übertragen ....') in Verbindung mit der Erklärung des früheren Klagevertreters, daß er von seiner Mandantin (= erstklagende Partei) den Auftrag erhalten habe, die österreichische Marke Nr.25.425 und die internationale Marke 161.717 A auf die A B Austria Vertriebsgesellschaft m.b.H., also auf die zweitklagende Partei übertragen zu lassen (Beilage C). Auf Grund dieser Vereinbarung und Erklärung hat die zweitklagende Partei als begünstigter Dritter unmittelbar Rechte erworben (§ 881 Abs 2 ABGB). Auf die von der Revisionswerberin dazu vorgebrachten Neuerungen ist nicht einzugehen.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 46 Abs 1, 50 ZPO.

Rechtssätze
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