JudikaturJustiz4Ob102/14z

4Ob102/14z – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. September 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hofrat Mag. H***** W*****, vertreten durch Wille Brandstätter Scherbaum Rechtsanwälte OG in Wien, wider die beklagte Partei S***** Kommanditgesellschaft, *****, vertreten durch Kopp-Wittek Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert 30.000 EUR), Urteilsveröffentlichung (Streitwert 2.000 EUR) und 2.000 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 8. April 2014, GZ 2 R 47/14s 19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 7. Jänner 2014, GZ 3 Cg 169/12b 15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die in ihren Aussprüchen über das Zahlungsbegehren als unbekämpft unberührt bleiben, werden im Übrigen dahin abgeändert, dass die Entscheidung nunmehr insgesamt zu lauten hat:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, es in Hinkunft zu unterlassen, Abbildungen des Klägers ohne dessen Einwilligung zu veröffentlichen, wenn im Begleittext die wörtlichen und/oder sinngemäßen Behauptungen aufgestellt und/oder verbreitet werden, der Kläger führe einen Privatkrieg mit dem Finanzamt wegen einer Steuernachzahlung, es habe bereits eine Taschenpfändung des Finanzamts gegeben und würde in diesem Zusammenhang einmal der Gerichtsvollzieher, einmal die Finanz kommen.

2. Der klagenden Partei wird die Ermächtigung erteilt, den über das Unterlassungsbegehren ergehenden Teil des Urteilsspruchs binnen drei Monaten unter der fett gedruckten Überschrift „Im Namen der Republik“ in einer Ausgabe der periodischen Druckschrift „Salzburger Fenster“ im redaktionellen Teil in einem Kasten mit gesperrt und fett gedruckten Prozessparteien veröffentlichen zu lassen.

3. Das Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 2.000 EUR zuzüglich 4 % Zinsen ab Klagszustellung zu zahlen, wird abgewiesen.

4. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 5.441,74 EUR (darin 632,62 EUR USt und 632,62 EUR Barauslagen) bestimmten anteiligen Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 6.870,50 EUR (darin 736,75 EUR USt und 2.450 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger steht seit 1. 11. 1980 in einem pragmatisierten Dienstverhältnis zum Bund. 2004 er war damals noch beim Bundesasylamt beschäftigt publizierte er zwei Bücher über das Asylwesen. In diesem Zusammenhang wurde er von der „Kronen-Zeitung“ mit entsprechender Berichterstattung und unter Veröffentlichung eines ihn zeigenden Lichtbilds zum „Salzburger des Jahres“ gekürt. 2005 wechselte der Kläger zur Bundespolizeidirektion Salzburg, wo er seither als Polizeijurist tätig ist. 2008 war er Einsatzleiter bei mehreren Razzien, in deren Verlauf zahlreiche Glücksspielautomaten beschlagnahmt wurden; das Medienecho war enorm, wobei der Kläger (der auch mit der polizeilichen Medienarbeit betraut war) in den Berichten immer wieder namentlich genannt und auf Lichtbildern gezeigt wurde. Auch in der periodischen Druckschrift „S*****“ (in der Folge: SF), deren Medieninhaberin die Beklagte ist, erschienen diesbezüglich 2008 und 2009 mehrere Artikel. Der Kläger trat bei Recherchen und Anfragen der Redaktion der Beklagten als konstruktiver und kooperativer Gesprächspartner auf. Er stellte auch Fotos von sich selbst zur Verfügung, die dann von der Beklagten für die erwähnten und auch für andere Artikel verwendet wurden, ohne dass dies der Kläger bislang jemals beanstandet hätte.

2012 wurde der mittlerweile zum Strafreferenten beförderte Kläger wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs vom Dienst suspendiert. Über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wurde jedenfalls ab Mitte April 2012 in verschiedenen Medien berichtet, wobei sein voller Name und seine Funktion genannt und ihn zeigende Lichtbilder veröffentlicht wurden. Unter anderem erschien in der Ausgabe des „Salzburger Fensters“ vom 18. 4. 2012 ein Bericht unter dem Titel „Polizeijurist: 'Die Justiz wird sich noch entschuldigen' Salzburger Polizeihofrat bestreitet Amtsmissbrauchs-Vorwürfe“, in dem nicht nur diese Vorwürfe, sondern vor allem auch die Gegendarstellung des Klägers eingehend behandelt wurde. Der Artikel war mit einem großen Porträtfoto des mit vollem Namen genannten Klägers illustriert. Der Kläger war mit dem Bericht einverstanden, hatte einer Redakteurin der Beklagten mit Mail vom 17. 4. 2012 „weiteres Material“ zugesagt und sprach sich auch nicht gegen die Verwendung des Lichtbilds aus.

An den folgenden Tagen bemühte sich der Kläger weiterhin, der genannten Redakteurin seine Sicht der Dinge und (seiner Auffassung nach) aufklärungsbedürftige Sachverhalte darzulegen. Er übermittelte ihr etwa von ihm verfasste Stellungnahmen an die Staatsanwaltschaft Salzburg und wenn auch mit der Bitte, daraus nicht im Detail zu zitieren und seine Person aus dem Spiel zu lassen, wenngleich er als „Impulsgeber“ genannt werden könne das Protokoll seiner ersten Einvernahme als Beschuldigter durch das Bundeskriminalamt. Am 23. 4. 2012 ließ er der Redakteurin eine von ihm an diesem Tag bei der Staatsanwaltschaft Salzburg eingebrachte Eingabe betreffend eine (von ihm geltend gemachte) Befangenheit der für das Ermittlungsverfahren gegen ihn zuständigen Staatsanwältin zukommen.

Im Rahmen ihrer Recherchen wurde der Redakteurin der Beklagten von unbekannter Seite jedenfalls aber nicht vom Kläger ein über die zuletzt genannte Eingabe hinausgehender, umfassender Einspruch des Klägers an die Staatsanwaltschaft Salzburg „wegen Rechtsverletzung gemäß § 106 Abs 1 Z 2 StPO“ zugespielt. Auch daraus ergab sich, dass der Kläger die gegen ihn ermittelnde Staatsanwältin deshalb für befangen erachtete, weil sie zahlreiche von ihm gegen Mitarbeiter des Finanzamts Salzburg-Land wegen (angeblichen) Amtsmissbrauchs eingebrachte Strafanzeigen zurückgelegt und ihn in ihrer Begründung als „notorischen Beschwerdeführer, der Rundumschläge macht“ bezeichnet habe. Ferner waren diesem Einspruch detaillierte Informationen über eine gegen ihn erhobene Abgabenforderung in Höhe von 28.389,31 EUR zu entnehmen, die Anlass für die gegen die Finanzamtsmitarbeiter erstatteten Anzeigen gewesen war, und dass das Finanzamt zur Hereinbringung dieser Abgabenforderung eine „Pfändung“ beim Dienstgeber des Klägers (der Bundespolizeidirektion) sowie die Zwangsverwaltung einer ihm gehörigen Liegenschaft veranlasst hatte.

Bezüglich dieses neuen Aspekts nämlich des Zusammenhangs der vom Kläger in dem gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren behaupteten Befangenheit der Staatsanwältin mit von ihm gegen Finanzbeamte erstatteten Strafanzeigen erhielt die Redakteurin im Zuge weiterer Recherchen aus nicht näher feststellbaren Polizeikreisen die Information, dass der Kläger zahlreiche Anzeigen wegen Amtsmissbrauchs gegen Mitarbeiter des Finanzamts eingebracht habe, eine Taschenpfändung gegen ihn durchgeführt worden sei und einmal der Gerichtsvollzieher, einmal die Finanz komme. Da sich für sie aus den ihr vom Kläger überlassenen Unterlagen, aus dem zuvor erwähnten Einspruch und den aus anderen Quellen erhaltenen Informationen ein stimmiges (Gesamt-)Bild ergab, legte sie diese Informationen einem ganzseitigen Artikel zugrunde, der zusammen mit einem Lichtbild des Klägers (Bildunterschrift: „Polizeijurist [Name]: 'Es gibt von meiner Seite nur korrektes Verhalten'“) in der Ausgabe des SF vom 25. 4. 2012 unter der Überschrift „Polizeijurist führt Privatkrieg mit der Finanz ; Streit um 28.400 Euro Steuernachzahlung. Taschenpfändung, Zwangsverwalter für [Name des Klägers] Landwirtschaft“ erschien und ua folgenden Inhalt hatte:

„ […] Wenn auch nur die Hälfte davon stimmt, was der 54-jährige Strafreferent der Salzburger Polizeidirektion sagt und andeutet, könnte die Causa um den suspendierten Polizeihofrat [Kläger] noch zu einigen Knalleffekten führen.

Die Salzburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn und einen weiteren Strafjuristen der BPD wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs. Während [Kläger] mit Eingaben und Anzeigen um sich schlägt, ist der bereits einmal wegen Amtsmissbrauchs verurteilte Kollege verzagt und verhält sich ruhig. Offenkundig ist, dass die Anklagebehörde und [Kläger] einander ein juristisches Bombardement liefern. Wie fundiert es ist, was man [Kläger] vorwirft, darüber gibt es Zweifel.

Denn der mehrere hundert Seiten umfassende Strafakt bleibt inhaltlich vage:  […]

Dabei hat das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) die Telefongespräche der beiden Juristen drei Monate lang abgehört und auch ihre E-Mails mitgelesen. Am 11. April durchsuchten die Ermittler aus Wien […]

[Kläger] hat gegen sämtliche Anordnungen der Justiz Beschwerde erhoben und zeigt nun die Ermittler an. Ein neuer behördeninterner Bezug wird erst jetzt bekannt.

Die Sache gegen [Kläger] sei von der Finanz ‚angezündet‘ worden, wurde dem SF berichtet. 'Es gibt gegen den Hofrat sogar eine Taschenpfändung, einmal komme der Gerichtsvollzieher, einmal die Finanz', weiß ein Informant.

Tatsächlich führt [Kläger] mit dem Finanz[ amt] Salzburg-Land seit Längerem einen erbitterten Rechtsstreit um eine Steuernachzahlung in Höhe von 28.389,31 Euro, die [Kläger] als ungerechtfertigt bezeichnet. Vom Finanzamt würde ihm gegenüber 'bewusste Rechtsverweigerung', ja 'Rechtsschikane' betrieben, schreibt [Kläger] in seiner jüngsten Eingabe an die Justiz (23.4.2012). Auch in seiner Finanzcausa zeigte der streitbare Jurist mehrere Beamte wegen Amtsmissbrauchs an, unter anderem einen Amtsdirektor, der sich ‚einen richtigen Sport daraus macht, … ablehnende Entscheidungen zu treffen'. Der Streit ging bis zur Bestellung eines Zwangsverwalters von [Kläger] landwirtschaftlicher Liegenschaft in der Steiermark (die Maßnahme wurde inzwischen gerichtlich wieder aufgehoben). Als das Finanzamt Salzburg im Auftrag des Bezirksgerichts Liezen bei [Kläger] knapp 2.900 Euro an Gebühren exekutieren ließ (die Taschenpfändung) eskalierte der Streit. [Kläger] zeigte am 2. November 2011 auch die Leiterin des Finanzamtes Salzburg-Land an.

Pikant ist, wer diese Anzeigen des Polizeijuristen untersuchte und dann einstellte: genau jene Staatsanwältin, die nun [Kläger] verfolgt und deshalb befangen ist, wie er sagt. In der Begründung ihrer Entscheidung bezeichnet die Staatsanwältin [Kläger] als 'notorischen Beschwerdeführer, der Rundumschläge macht und nicht bereit ist, behördliche Entscheidungen zur Kenntnis zu nehmen' (Rechtsmittel [Kläger], 23.4.2012). Dies sei ein 'unsachlicher Affront', die Staatsanwältin sei parteilich. [...]“

Dieser Artikel war mit einem Foto illustriert, das eines derjenigen war, die der Kläger 2008 und 2009 der Redaktion des SF zur Verfügung gestellt hatte. Vor dem Erscheinen dieser Artikel hatte die Redakteurin den Kläger nicht darüber informiert, dass auch seine ihr von dritter Seite zugetragene Auseinandersetzung mit dem Finanzamt samt Exekutionshandlungen und deren Konnex zur Geltendmachung einer Befangenheit der Staatsanwältin thematisiert würden. Der Kläger hatte im Vorfeld lediglich einer Berichterstattung über das gegen ihn anhängige Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und seine Suspendierung zugestimmt.

Der Kläger hat tatsächlich anlässlich eines abgabenbehördlichen Verfahrens bzw einer ihm vorgeschriebenen Steuernachzahlung zahlreiche Strafanzeigen wegen Amtsmissbrauchs gegen Organe des Finanzamts Salzburg-Land erstattet. Gleichzeitig bekämpfte er im Verwaltungsweg Steuerbescheide und Finanzverwaltungsmaßnahmen. Mittlerweile nach Erscheinen des beschriebenen Artikels wurde einer von ihm im Finanzverfahren erhobenen Berufung stattgegeben und die ursprüngliche Steuernachforderung der Finanz in ein Steuerguthaben in Höhe von 143.000 EUR abgeändert. Der Kläger hat nicht nur die von ihm bekämpfte Abgabenforderung des Finanzamts Salzburg-Land, sondern immer wieder auch fällige Forderungen anderer Gläubiger in Erwartung einer höheren Steuergutschrift erst im Exekutionsweg beglichen. Zwischen 29. 10. 2001 und 5. 3. 2013 wurden gegen ihn zumindest 53 Exekutionsverfahren anhängig gemacht. In einem dieser Exekutionsverfahren kam es zu wiederholten Pfändungsversuchen des Gerichtsvollziehers an der Dienststelle des Klägers, darunter auch zu einer sogenannten „Taschenpfändung“. Das Finanzamt Salzburg-Land beantragte am 11. 10. 2011 beim Bezirksgericht Liezen zur Hereinbringung einer vollstreckbaren, wenngleich vom Kläger im Verwaltungsweg bekämpften Abgabenforderung von 29.885,97 EUR die Bewilligung der Zwangsverwaltung einer Liegenschaft des Klägers, die auch erteilt wurde; die Zwangsverwaltung wurde später über Antrag der betreibenden Partei wieder eingestellt. Abgesehen davon leitete das Finanzamt insofern Exekutionsmaßnahmen gegen den Kläger ein, als es am 17. 12. 2009 erfolglos eine Vollstreckungshandlung durch ein Außendienstorgan versuchte und am 6. 10. 2011 eine Lohnpfändung vornahm.

Der Kläger begehrte mit seiner am 15. 10. 2012 eingebrachten Klage, die Beklagte schuldig zu erkennen, es in Hinkunft zu unterlassen, Abbildungen des Klägers ohne dessen Einwilligung zu veröffentlichen, wenn im Begleittext die wörtlichen und/oder sinngemäßen Behauptungen aufgestellt und/oder verbreitet würden, er führe einen Privatkrieg mit dem Finanzamt wegen einer Steuernachzahlung, es habe bereits eine Taschenpfändung des Finanzamts gegeben und würde in diesem Zusammenhang einmal der Gerichtsvollzieher, einmal die Finanz kommen. Damit verband er den Antrag auf Erteilung der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung; er begehrte weiters 2.000 EUR sA Schadenersatz. Durch die mit dem Bericht im SF vom 25. 4. 2012 ohne sein Einverständnis erfolgte Veröffentlichung seines Bildnisses seien seine berechtigten Interessen im Sinne des § 78 Abs 1 UrhG verletzt worden. Die vom Unterlassungsbegehren umfassten Formulierungen des Artikels könnten nicht anders verstanden werden, als dass er entweder vermögenslos und zahlungsunfähig sei oder aber trotz entsprechenden Vermögens ihn treffende, sogar mit Exekutionstiteln unterlegte Zahlungsverpflichtungen nicht erfülle, sondern sich seinen Gläubigern laufend grundlos und willkürlich entziehe. Dies sei geeignet, ihn verächtlich zu machen und in seinem Fortkommen erheblich zu beeinträchtigen. Die aufgestellten Behauptungen seien objektiv unrichtig, weil das Finanzamt nie eine Taschenpfändung bei ihm vorgenommen habe und er gegen ihn bestehende Forderungen befriedigen könne; diese Bereitschaft setze allerdings voraus, dass die Forderungen rechtmäßig seien. Die Beklagte habe ihm gegenüber nicht angekündigt, dass sie nicht nur über den gegen ihn erhobenen Vorwurf des Amtsmissbrauchs berichten, sondern auch ein ihn zeigendes Lichtbild veröffentlichen und seinen privaten Rechtsstreit mit dem Finanzamt und sich darauf beziehende Exekutionsmaßnahmen thematisieren werde; einer Publizierung dieser Vorwürfe hätte er nicht zugestimmt. Es bestehe kein öffentliches Interesse an der Information, dass das Finanzamt von ihm eine Steuernachzahlung fordere, die er rechtlich bekämpfe, und dass deswegen Exekutionsmaßnahmen stattfänden, sowie an einer in diesem Zusammenhang erfolgenden Veröffentlichung seines Bildnisses. Er sei nämlich keine allgemein bekannte Person des öffentlichen Lebens, und sein Aussehen sei erst durch die bekämpfte Bildberichterstattung einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die im beanstandeten Artikel aufgestellten Behauptungen träfen jedenfalls im Kern zu. Ob beim Kläger auch eine Taschenpfändung stattgefunden habe, sei für die Leser letztlich unerheblich. Die Formulierung, dass er einen „Privatkrieg mit der Finanz“ führe, sei ein Werturteil, das sich aus den geschilderten Umständen nachvollziehbar ergebe. Der Artikel sei keineswegs gegen den Kläger gerichtet, sondern objektiv und habe auch dessen Darstellung ausreichend Raum gegeben. Gerade das Lichtbild sei unter eigener Überschrift und klar abgegrenzt in ausschließlichem Zusammenhang mit seiner Stellungnahme zu den Amtsmissbrauchsvorwürfen abgedruckt worden. Über den Kläger sei in zahlreichen Zeitungen laufend berichtet worden, dies unter Verwendung von den Kläger zeigenden Lichtbildern; der Kläger habe auch zumindest zwei Fernsehinterviews gegeben, sei zum „Salzburger des Jahres“ gekürt worden und habe ein Buch über das Asylwesen herausgegeben. Er sei somit nicht zuletzt aufgrund eigener Initiative den Medienkonsumenten bereits bekannt gewesen und nicht etwa erst durch den hier beanstandeten Artikel „in die Öffentlichkeit gezerrt“ worden. Überdies habe er zuvor mehrfach als Informant mit dem SF zusammengearbeitet. Die nach § 78 UrhG gebotene Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz des Abgebildeten und dem Veröffentlichungsinteresse des Mediums falle daher zugunsten der Beklagten aus.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Formulierung „einmal komme der Gerichtsvollzieher, einmal die Finanz“ sei als unbewertet gebliebenes Zitat eines Informanten erkennbar gewesen und habe einen im Kern wahren Sachverhalt mitgeteilt, zumal gegen den Kläger in den letzten Jahren tatsächlich zahlreiche Exekutionsverfahren anhängig gewesen seien und gegen ihn Vollzugshandlungen auch seitens der Finanz stattgefunden hätten. Auch die ein Werturteil zum Ausdruck bringende Überschrift „Polizeijurist führt Privatkrieg mit der Finanz“ beruhe angesichts des erbitterten Rechtsstreits des Klägers mit dem Finanzamt auf einem richtigen Tatsachenkern und sei kein Wertungsexzess. Die mit diesen Behauptungen verbundene Bildnisveröffentlichung habe keinen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre des Klägers bewirkt, weil es dabei nicht um seinen höchstpersönlichen Lebensbereich, sondern um wirtschaftliche Verhältnisse gegangen sei, die wiederum (über die Befangenheitsanzeige gegen die ermittelnde Staatsanwältin) in einer Verbindung mit dem gegen ihn geführten Strafverfahren wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs gestanden seien. An der Darstellung dieser Verbindung habe ein öffentliches Interesse bestanden.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die beanstandete öffentliche Verbreitung von Personenbildnissen des Klägers verletze keine berechtigten Interessen des Abgebildeten. Den zwischen der Finanz und dem Kläger heftig ausgetragenen Streit als „Privatkrieg mit der Finanz“ zu bezeichnen, sei für den Kläger weder kreditschädigend noch ehrenrührig, sondern bringe nur plakativ zum Ausdruck, dass in dieser Angelegenheit massive Meinungsunterschiede und verhärtete Fronten bestünden. Die Formulierung, dass der Kläger diesen Streit „führe“, mache deutlich, dass die endgültige Entscheidung zum damaligen Zeitpunkt noch ausstehe. Mit dem Finanzamt uneins über die Berechtigung einer Steuernachforderung zu sein, diese hartnäckig zu bekämpfen und es in konsequenter Verfolgung des eigenen Standpunkts eher zu Pfändungsmaßnahmen kommen zu lassen, als die strittige Abgabenforderung vorerst einmal zu begleichen, werde in weiten Bevölkerungskreisen wohl eher auf Sympathien denn auf Ablehnung stoßen. Jedenfalls sei mit einem solchen Verhalten noch nichts über die allgemeine, gegenüber sonstigen Gläubigern an den Tag gelegte Zahlungsfähigkeit und -willigkeit des Klägers gesagt, solche Aussagen machten ihn nicht „verächtlich“.

Der Kläger habe selbst (über die geltend gemachte Befangenheit der Staatsanwältin) eine Verbindung dieses Steuerstreits mit dem gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs hergestellt; damit sei ein öffentliches Informationsinteresse an einer Darstellung dieses Zusammenhangs gegeben. Dieser Zusammenhang sei dem Ansehen des Klägers auch nicht abträglich. Die Äußerung über eine Taschenpfändung sei zwar unrichtig, trage aber im Lichte der sonstigen und unbeanstandet gebliebenen Informationen über die vorübergehende Zwangsverwaltung einer Liegenschaft des Klägers nicht nennenswert zum Gesamteindruck des Artikels bei. Der Kläger habe nichts gegen die Berichterstattung über die gegen ihn geführten Ermittlungen wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und gegen eine aus diesem Anlass erfolgende Veröffentlichung seines Bildnisses einzuwenden gehabt; dass der Artikel zusätzliche Ausführungen über den Rechtsstreit des Klägers mit dem Finanzamt Salzburg-Land enthalte, mache die Bildnisveröffentlichung nicht unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Der Kläger macht geltend, dass an einem Bericht über Erhebungen wegen eines Finanzvergehens kein Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestehe, weil insoweit eine Geheimhaltungsverpflichtung der Behörde bestehe.

1.1. Gegenstand des Unterlassungsbegehrens ist die Bildnisveröffentlichung im Zusammenhang mit einer Berichterstattung darüber, dass der Kläger einen Privatkrieg mit dem Finanzamt wegen einer Steuernachzahlung führe, es bereits eine Taschenpfändung des Finanzamts gegeben habe und in diesem Zusammenhang einmal der Gerichtsvollzieher, einmal die Finanz komme.

1.2. Die beanstandete Wortberichterstattung betrifft somit ausschließlich ein gegen den Kläger geführtes Abgabenverfahren nach der BAO. Einen Rechtfertigungsgrund dahin, es handle sich nicht um öffentlich unbekannte Verhältnisse oder Umstände (§ 48a Abs 3 lit b BAO), hat die Beklagte nicht geltend gemacht.

2.1. § 48a Abs 1 BAO lautet: „Im Zusammenhang mit der Durchführung von Abgabenverfahren, Monopolverfahren (§ 2 lit. b) oder Finanzstrafverfahren besteht die Verpflichtung zur abgabenrechtlichen Geheimhaltung.“

2.2. Gemäß § 48a Abs 3 lit b BAO verletzt derjenige die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht, der öffentlich unbekannte Verhältnisse oder Umstände eines anderen, die ihm ausschließlich aus Akten eines Abgaben- oder Monopolverfahrens oder eines Finanzstrafverfahrens anvertraut oder zugänglich geworden sind, unbefugt offenbart oder verwertet. Abgesehen von den in § 48a Abs 4 BAO normierten Rechtfertigungsgründen im Fall der Preisgabe der Öffentlichkeit unbekannten Tatsachen sind somit öffentlich bekannte Umstände und Verhältnisse nicht geheim zu halten.

2.3. Die abgabenrechtliche Geheimhaltungs-pflicht wird häufig in Anlehnung an einen in der RAbgO verwendet gewesenen Begriff als Steuergeheimnis bezeichnet ( Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz , BAO³ § 48a Anm 3).

3. Anders als die meisten strafrechtlichen Vorschriften verbietet § 48a BAO bereits die abstrakte Gefährdung und nicht bloß die konkrete Gefährdung eines Guts. Die Rechtsnorm schützt neben den Interessen des Bundes das Interesse der Partei an der Geheimhaltung des Akteninhalts, von Verhältnissen und Umständen. Die Bestimmung soll nicht nur den Bund, sondern auch die Partei vor auch vermögensrechtlichen Nachteilen bewahren, die durch das öffentliche Bekanntwerden des Akteninhalts, ihrer Verhältnisse und Umstände entstehen können (4 Ob 206/01z = RIS-Justiz RS0115738).

4.1. Entgegen der undifferenzierten Auffassung von Walter (Österreichisches Urheberrecht I Rn 1704), wonach ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit jedenfalls ausscheide, wenn eine gesetzliche Geheimhaltungsverpflichtung besteht (in diesem Sinne noch 4 Ob 162/01d), hat der Senat zuletzt eine Durchbrechung des Steuergeheimnisses in Ausnahmefällen für gerechtfertigt erachtet und ausgesprochen, dass jedenfalls dann, wenn Auskunftspersonen in einer für Medienvertreter öffentlichen Sitzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Zeile für Zeile“ zu bestimmten Inhalten von Akten eines Abgabenverfahrens vernommen wurden, die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht nach § 48a BAO einer Veröffentlichung dieser Teile des Abgabenakts nicht mehr entgegensteht (4 Ob 230/07p).

4.2. Auch Art 10 EMRK verlangt eine Interessensabwägung zwischen dem Steuergeheimnis als Bestandteil des Rechts auf Achtung des Privatlebens und dem hier von der Beklagten ins Treffen geführten Grundrecht auf Meinungsäußerungsfreiheit.

4.3. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte erfolgt die Prüfung, ob die nationalen Gerichte zwischen der von Art 10 EMRK geschützten Meinungsäußerungsfreiheit und dem in Art 8 EMRK verankerten Recht auf Achtung des Privatlebens („Schutz des guten Rufes anderer“) eine faire Abwägung vorgenommen haben, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des Sachverhalts (4. 12. 2012, Küchl gegen Österreich, Appl 51151/06, Z 92; 4. 12 2012, Rothe gegen Österreich, Appl 6490/07, Z 78) nach folgenden Kriterien: Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem Interesse; Bekanntheitsgrad der betroffenen Person und Gegenstand des Berichts; früheres Verhalten der betroffenen Person; Methode der Informationsbeschaffung und Wahrheitsgehalt; Inhalt, Form und Folgen der Veröffentlichung; Schwere der verhängten Strafmaßnahmen (10. 2. 2009, Axel Springer AG gegen Deutschland, Appl 3514/02; 7. 2. 2012, Von Hannover gegen Deutschland, Appl 40660/08 und 60641/08; 10. 10. 2013, Print Zeitungsverlag GmbH gegen Österreich, Appl 26547/07, Z 31 ff).

5.1. Die nach § 78 UrhG gebotene Interessenabwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz des Abgebildeten und dem Veröffentlichungsinteresse des Mediums, in die auch der Begleittext der Veröffentlichung einzubeziehen ist, führt hier entgegen der Auffassung der Vorinstanzen und der Beklagten schon deshalb zum Ergebnis überwiegender Interessen des Klägers an seiner Anonymität, weil der von der Beklagten veröffentlichte Bericht über ein gegen den Kläger geführtes Steuerverfahren kein Beitrag zu einer öffentlich geführten Debatte von allgemeinem Interesse ist. Mag der Kläger auch als Polizeijurist in seinem Bundesland einen gewissen lokalen Bekanntheitsgrad erreicht haben, liegen doch keine Umstände in seiner Person vor, die ausnahmsweise einen Bruch des gesetzlich verankerten Steuergeheimnisses rechtfertigen könnten. Anders läge der Fall etwa dann, wenn es sich beim Kläger um einen Spitzenrepräsentanten der öffentlichen Finanzverwaltung handelte.

5.2. Angesichts dieses fehlenden Kernkriteriums tritt bei der Interessensabwägung völlig zurück, dass sich der Artikel auch mit dem Vorwurf des Amtsmissbrauchs beschäftigt, zumal eine klare Abgrenzung der Zuordnung des Lichtbilds zu einem der beiden angeschnittenen Themen (Amtsmissbrauch und laufendes Abgabenverfahren) nach dem Gesamteindruck des Artikels nicht möglich ist. Auch auf den Wahrheitsgehalt des Berichts und die in ihm enthaltene Darstellung aus Sicht des Klägers kommt es bei dieser Sachlage nicht weiter an.

5.3. Zwar ist die Berufung auf den Schutz berechtigter Interessen demjenigen versagt, der einer Veröffentlichung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, doch ist immer auch zu berücksichtigen, für welchen Zweck und innerhalb welchen Rahmens diese Zustimmung erteilt wurde (RIS-Justiz RS0078128). Nun hat zwar der Kläger nach dem festgestellten Sachverhalt im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit das Licht der Öffentlichkeit nicht gescheut und mit Medien auch durch Übergabe ihn zeigender Lichtbilder eng zusammengearbeitet. Dass der Kläger aber eine Einwilligung zur Veröffentlichung seines Bildes in Kombination mit einer Berichterstattung über das gegen ihn laufende Steuerverfahren erteilt hätte, ist nicht erwiesen.

6.1. Das Unterlassungsbegehren samt dem daran anknüpfenden Antrag auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung erweist sich damit als berechtigt, weshalb die Revision in diesem Umfang erfolgreich ist.

6.2. Die Revision enthält ebenso wie schon die Berufung entgegen ihrer allgemeinen Einleitung, das angefochtene Urteil „in seinem gesamten Umfang“ anzufechten, keine inhaltlichen Ausführungen zur Berechtigung des Zahlungsbegehrens. Die abweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher insoweit in Teilrechtskraft erwachsen, und dieser selbständige Streitpunkt war nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens.

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 2 ZPO, im Rechtsmittelverfahren auf § 41 Abs 1 ZPO iVm § 50 Abs 1 ZPO. Im Verfahren erster Instanz hat der Kläger mit rund 94 % seines Begehrens obsiegt und erhält 88 % seiner Kosten zuzüglich 94 % der Pauschalgebühr ersetzt. Die Verhandlungen waren nur mit dem einfachen Einheitssatz zu honorieren, weil der Kläger nicht bescheinigt hat, weshalb die Beauftragung eines nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts zweckmäßig war. Im Rechtsmittelverfahren beträgt die Bemessungsgrundlage 32.000 EUR.

Rechtssätze
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