JudikaturJustiz3Ob50/00z

3Ob50/00z – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Juli 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Angst als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I*****, vertreten durch Dr. Daniel Charim, Mag. Wolfgang Steiner und Mag. Anton Hofstetter, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach DDr. Karl-Heinz L*****, vertreten durch DDr. Elisabeth Steiner und Dr. Daniela Witt-Dörring, Rechtsanwältinnen in Wien, wegen Aufkündigung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 3. August 1999, GZ 41 R 424/99b-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 23. April 1999, GZ 43 C 437/98d-11, aufgehoben wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird dahin Folge gegeben, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.436,48 (darin enthalten S 406,08 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagte Partei hat die Kosten des Berufungsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist auf Grund der Einantwortungsurkunde vom 16. 10. 1997 Eigentümerin eines Hauses in Wien. Der Erblasser der beklagten Verlassenschaft hatte als Mieter am 25. 9. 1991 mit den (früheren) Hauseigentümern einen Mietvertrag über die Wohnung top Nr 14 mit einer Nutzfläche von 41 m2 zu Wohnzwecken abgeschlossen. Im § 2 des Mietvertrages wurde vereinbart, dass dieses Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wird und von beiden Teilen unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist zum Ende des Kalendermonats aufgekündigt werden kann. Nach § 7 des Vertrages ist der Mieter berechtigt, die gegenständliche Wohnung seiner namentlich genannten Assistentin als Dienstwohnung zur Verfügung zu stellen, wobei diese Berechtigung ausschließlich ad personam an diese Assistentin gebunden erteilt wurde. Weiters wurde vereinbart, dass jeder Wechsel in der Person des Nutzungsberechtigten ohne schriftliche Genehmigung durch die "Hausinhabung" einen besonderen Kündigungsgrund im Sinne des § 30 Abs 2 Z 13 MRG darstelle. Die betreffende Assistentin hatte sich im Sommer 1991 beim Mieter für eine Stelle als Röntgenassistentin beworben, wobei sie erwähnt hatte, dass sie in Wien keine Wohnung hätte. Am 11. 11. 1991 begann sie in der Praxis des früheren Mieters als Röntgenassistentin zu arbeiten. Seit Februar 1992 bewohnt sie das Mietobjekt. Die "Miete" für die gegenständliche Wohnung wurde immer vom Mieter bezahlt und wird auch weiterhin im Rahmen der Arztpraxis getragen. Der Mieter verstarb am 13. 3. 1998.

Mit am 25. 8. 1998 beim Erstgericht eingelangten und dem Verlassenschaftskurator am 28. 9. 1998 zugestellten Schriftsatz kündigte die klagende Partei der beklagten Verlassenschaft das Bestandverhältnis aus dem Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG auf. Außer dem Tod des Mieters machte die klagende Partei geltend, dass eintrittsberechtigte Personen nicht vorhanden seien. In der Folge brachte sie noch vor, dass die Wohnung ausschließlich zur Benützung der Assistentin des Erblassers zur Verfügung stehen sollte. Diese benütze aber die Wohnung nicht.

Die beklagte Partei erhob fristgerecht Einwendungen gegen die Aufkündigung, bestritt die Aktivlegitimation der kündigenden Partei und brachte weiters im Wesentlichen vor, dass die Aufkündigung fristwidrig erfolgt sei und dass der Mietvertrag zu den Vermögenswerten des Unternehmens des Erblassers gehört habe, der als Radiologe eine Facharztpraxis betrieben habe. Dies stelle ein selbstständiges Unternehmen dar. Die aufgekündigte Wohnung sei für dieses angemietet worden und habe seit Beginn des Mietverhältnisses als Dienstwohnung für eine Angestellte gedient. Die gesamte Verrechnung sei über die Buchhaltung des Unternehmens abgewickelt, die Wohnung als Sachbezug bei der Dienstnehmerin berücksichtigt worden. Der Tod des Unternehmers habe sohin keinen Einfluss auf den Fortbestand des Mietvertrages. Das Unternehmen solle fortgeführt werden. Bereits im Mietvertrag sei die Wohnung als Dienstwohnung bezeichnet worden. Die Assistentin des Verstorbenen bewohne nach wie vor die Wohnung. Das Dienstverhältnis sei auf die Verlassenschaft übergegangen. Die zukünftigen Unternehmer hätten sie bereits in Beschäftigung, in den Lohnabrechnungen scheine die Dienstwohnung nach wie vor als Sachbezug auf. Jedenfalls sei die Assistentin noch nach dem Tod des Verstorbenen weiterhin im Unternehmen beschäftigt gewesen.

Das Erstgericht erkannte mit seinem Urteil die Aufkündigung als wirksam und die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei die streitgegenständliche Wohnung binnen 14 Tagen geräumt von den eigenen Fahrnissen zu übergeben. Es traf im Wesentlichen die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass die Klausel des Mietvertrages in § 7 bedeute, dass der Vermieter auf die Geltendmachung der Kündigungsgründe nach § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall und Z 6 MRG verzichte, solange die darin genannte Assistentin das zu Wohnzwecken angemietete Bestandobjekt benütze. Daraus lasse sich weder ableiten, sie sei Hauptmieterin noch, die Wohnung sei ausschließlich zum Zweck der Verwendung als Dienstwohnung angemietet worden.

Auch wenn eine Arztpraxis als Unternehmen im Sinn des § 12a MRG zu qualifizieren sei (MietSlg 31/24; JBl 1988, 648), sei wesentliche Voraussetzung für den Eintritt des Unternehmenserwerbers in den Mietvertrag, dass das Unternehmen im Mietgegenstand betrieben werde, also dass es sich um eine Geschäftsräumlichkeit handle. Ob ein Mietvertrag über Geschäftsräumlichkeiten oder über eine Wohnung vorliege, hänge davon ab, ob der Mietgegenstand bei Abschluss des Mietvertrages zu Geschäfts- oder zu Wohnzwecken in Bestand gegeben bzw genommen werde, wobei der Qualifikation als Wohnung nicht schade, dass die Anmietung zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses der Angestellten des Mieters erfolge (MietSlg 38.324; MietSlg 39/56). Daraus folge, dass bei der gegenständlichen Wohnung, die nie eine Geschäftsräumlichkeit dargestellt habe - die Ausübung der Geschäftstätigkeit durch Betrieb einer Ordination darin sei nicht behauptet worden -, sondern immer nur Wohnzwecken gedient habe, ein Eintritt des die Arztpraxis fortführenden Erwerbers in den Mietvertrag ohne Zustimmung des Vermieters nicht möglich sei. Da nach dem Tod des Mieters keine eintrittsberechtigten Personen, also Angehörige, die mit ihm diese Wohnung bewohnt hätten, vorhanden seien und somit der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG vorliege, sei die Aufkündigung schon deshalb als wirksam zu erkennen, ohne dass es Erhebungen darüber bedurft habe, ob die Arztpraxis veräußert werde und die Assistentin noch als Arbeitnehmerin gemeldet sei.

Der gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung der beklagten Partei gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss Folge, hob das angefochtene Urteil auf und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Das Berufungsgericht sah in der Tatsachenrüge der beklagten Partei das Geltendmachen sekundärer Feststellungsmängel, was nach ständiger Rechtsprechung der Rechtsrüge zuzuordnen sei. Die begehrten Feststellungen seien nicht entscheidungswesentlich.

Die Berufungswerberin beharre auf ihrem Rechtsstandpunkt, es sei zwischen den Vertragspartnern des Mietvertrages als Verwendungszweck die Benützung als Geschäftsräumlichkeit "im Sinne des MRG" vereinbart worden. Dem könne aber nicht gefolgt werden. Ob ein Hauptmietvertrag über Geschäftsräumlichkeiten oder ein solcher über eine Wohnung vorliege, hänge nach einhelliger Rechtsprechung davon ab, ob der Mietgegenstand nach der Parteienabsicht bei Abschluss des Mietvertrages zu Geschäfts- oder zu Wohnzwecken in Bestand gegeben und genommen oder welcher Zweck von den Parteien später einvernehmlich zum Vertragszweck gemacht worden sei. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen, die insofern auf der völlig unzweifelhaften Terminologie des schriftlichen Mietvertrages fußten, dürfe der Mietgegenstand "nur zu Wohnzwecken verwendet werden". Soweit in der Berufung ausschließlich mit den Ausführungen im § 7 des Mietvertrags argumentiert werde, sei sie nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht vom festgestellten Sachverhalt im Sinne des oben aufgezeigten völlig unzweideutig vereinbarten Verwendungszweckes ausgehe. Ohne Rechtsirrtum habe das Erstgericht auch erkannt, dass die noch zu erörternde Zusatzvereinbarung im § 7 des Mietvertrages jedenfalls nichts an der Beurteilung ändere, dass zwischen den Vertragsparteien ausschließlich die Verwendung zu Wohnzwecken, nicht jedoch (nicht einmal teilweise) zu Geschäftszwecken vereinbart worden sei.

§ 7 des Mietvertrages stelle lediglich eine individuelle Zusatzvereinbarung zwischen den Vertragsteilen dar, in der geregelt werde, auf welche konkrete Weise der Mieter das Objekt (aber weiterhin nur) zu Wohnzwecken verwenden dürfe. Nach dieser Zusatzvereinbarung sei der Mieter nicht verpflichtet gewesen, das Bestandobjekt persönlich zu eigenen Wohnzwecken zu verwenden, vielmehr sei ihm ausdrücklich das Recht eingeräumt worden, die Wohnung einer bestimmten Assistentin als Dienstwohnung zur Verfügung zu stellen. In den weiteren Vertragspunkten werde eindeutig klargestellt, dass der Vermieter ausschließlich eine Benützung der Wohnung durch die genannte Dienstnehmerin als mietvertragskonform akzeptiert, während eine allfällige Benützung durch eine andere Person sogar ausdrücklich einen eigenen Kündigungsgrund darstellen soll.

Ausgehend vom festgestellten Mietvertrag sei der Mieter daher berechtigt gewesen, die Wohnung entweder selbst zu eigenen Wohnzwecken zu verwenden oder sie (im Rahmen seines Ordinationsbetriebes) als Dienstwohnung seiner Dienstnehmerin zu Wohnzwecken zur Verfügung zu stellen. Dem Erstgericht sei daher auch insofern zuzustimmen, dass darin im Ergebnis (allerdings begrenzt auf die genannte Person als Wohnungsbenützerin) ein Verzicht des Vermieters gegenüber dem Mieter auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG liege. Inwieweit aus dem Mietvertrag zusätzlich ein Verzicht des Vermieters auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG abzuleiten sei, müsse hier nicht geklärt werden, weil dieser Kündigungsgrund in diesem Verfahren nicht geltend gemacht worden sei.

Aus der gewünschten Feststellung, dass der Abschluss des Mietvertrages auf Seiten des Mieters eine ausschließliche Tätigkeit im Rahmen der Organisation seiner Arztpraxis dargestellt habe, wäre nicht der zwingende Schluss zu ziehen, damit hätten die Vertragsteile eine Benützung zu Geschäftszwecken vereinbart. Es bedürfe keiner weiteren Erläuterungen, dass ein Mieter, der eine Anmietung eines Objektes "im Rahmen der Organisation seines Unternehmens" vornimmt, dennoch ein Objekt ausschließlich "zu Wohnzwecken" anmieten könne. Im Gegensatz zur Rechtsansicht der beklagten Partei komme es daher überhaupt nicht darauf an, ob die Anmietung auf Mieterseite im Rahmen oder im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem eigenen Unternehmen durchgeführt wird, sondern schlicht darauf, welcher konkrete Verwendungszweck für dieses Objekt zwischen Mieter und Vermieter vereinbart wird. Daher sei es auch völlig unerheblich, inwieweit der Mieter im Rahmen der Anmietung "ausschließlich ein geschäftliches Interesse" verfolgt habe, weil ein solches nicht ausschließe, dass das geschäftliche Interesse darin besteht, ein Objekt zu Wohnzwecken anzumieten.

Die Rechtssache sei aber noch nicht spruchreif. Nach den getroffenen Feststellungen habe zwischen den Vertragsparteien Einvernehmen darüber geherrscht, dass der Mieter nicht selbst in der Wohnung wohnen werde, sondern diese nur zur Wohnversorgung seiner Dienstnehmerin für die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses (arg: "als Dienstwohnung") angemietet werde. Übereinstimmend festgelegter Vertragszweck sei damit die Sicherung der Wohnversorgung der konkreten Assistentin während ihres Dienstverhältnisses gewesen. Mangels rechtskräftiger Einantwortung der erbserklärten Erben sei die aufgekündigte Verlassenschaft Mieterin. Diese betreibe nach dem Vorbringen der beklagten Partei das Unternehmen (Arztordination) weiter und habe auch das Dienstverhältnis zur Assistentin auf Dienstgeberseite übernommen. Dieses Prozessvorbringen sei von der klagenden Partei erkennbar bestritten worden. Ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht habe das Erstgericht aber jegliche Feststellungen hiezu unterlassen. Auf Grund des einvernehmlichen Verwendungszweckes vermöge der Tod des Mieters - in vertraglicher Abänderung der gesetzlichen Kündigungsgründe - im vorliegenden Fall allein keinen Tatbestand zu verwirklichen, der die Vermieterin zur Aufkündigung des Mietverhältnisses berechtige. Solange daher die Bewohnerin Dienstnehmerin im Unternehmen des verstorbenen Mieters sei und die gegenständliche Wohnung zur Deckung ihres Wohnbedürfnisses verwende, werde die Wohnung zum vereinbarten Vertragszweck benützt, was eine erfolgreiche Aufkündigung aus dem angezogenen Kündigungsgrund verhindere. Im mit dem vorliegenden vergleichbaren Fall der Entscheidung MietSlg 45.407 habe der Oberste Gerichtshof die Ansicht vertreten, das Ableben des Hauptmieters könne nicht erfolgreich als Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG geltend gemacht werden. Diese Überlegungen seien auf den vorliegenden Fall analog anzuwenden.

Die Zulässigkeit des Rekurses sei auszusprechen gewesen, weil keine gefestigte oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage bestehe, ob bzw in welchem Umfang ein konkret vereinbarter Verwendungszweck, die Wohnung nicht zur Deckung des persönlichen Wohnbedürfnisses des Mieters, sondern zur Wohnversorgung einer konkreten dritten Person anzumieten, im Ergebnis zu einem Verzicht des Vermieters auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG, zumindest für den Zeitraum, in dem der Dritte - vereinbarungsgemäß - die Wohnung bewohne, führe. Allenfalls könne aus der Entscheidung MietSlg 48.357 = WoBl 1997/40 Gegenteiliges entnommen werden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der klagenden Partei, mit dem sie in erster Linie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils anstrebt. Hilfsweise stellt sie auch einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte erstattete keine Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Wie das Berufungsgericht durchaus richtig sieht, läuft seine Rechtsansicht darauf hinaus, dass es einen - von der insoweit beweispflichtigen Beklagten im Verfahren niemals geltend gemachten - stillschweigenden befristeten Verzicht des seinerzeitigen Vermieters auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG bejahte. Es unterließ die Prüfung, ob ein entgeltlicher Verzicht oder aber ein unentgeltlicher vorlag, für den die Rechtsprechung strengere Voraussetzungen aufgestellt hat (zahlreiche E zu RIS-Justiz RS0014205, ua MietSlg 16.064; SZ 49/49 = JBl 1976, 588, SZ 54/7 = ZVR 1981/255, 344). So wurde insbesondere auch für einen Verzicht auf das gesetzliche Kündigungsrecht des § 1116a ABGB beim Tod des Mieters verlangt, dass dieser unzweideutig erklärt werden müsse (SZ 28/217; MietSlg 16.148; 18.202; SZ 47/4; zuletzt 10 Ob 42/00z). Darauf wird in der Folge noch einzugehen sein.

Zu Recht wendet sich jedenfalls die klagende Partei in ihrem Rekurs gegen die "analoge" Anwendung der Gründe der Entscheidung MietSlg 45.407 auf den von den Tatsacheninstanzen festgestellten Sachverhalt. Tatsächlich war der Oberste Gerichtshof in der zitierten Entscheidung zur Auffassung gekommen, dass zwischen den Parteien des Mietverhältnisses Einvernehmen bestanden habe, dass der Mieter die Wohnung nicht selbst bewohnen werde, sondern dass er diese nur zur Wohnversorgung seiner Kinder während ihres Studiums in Wien anmiete. In dem zugrunde liegenden Verfahren hatte sich die Beklagte auf einen Verzicht auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG berufen. Bei dieser handelte es sich um eine Tochter des Mieters, die ihr Studium im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht abgeschlossen hatte. Zutreffend macht die klagende Partei im Rekurs geltend, dass im vorliegenden Fall aus der allein vorliegenden Vertragsurkunde nicht abzuleiten ist, dass der Mietvertrag der Wohnversorgung der Assistentin des verstorbenen Mieters auch nach dessen Tod dienen sollte. Im Gegenteil, nach allgemeinem Verständnis ist diese nach dem Tod ihres Arbeitgebers, eines Facharztes, nicht mehr als dessen Assistentin anzusehen, selbst wenn das Dienstverhältnis - nunmehr zur Verlassenschaft - weiter aufrecht sein sollte. Damit unterscheidet sich der Fall wesentlich vom zitierten, weil die Studenteneigenschaft der Kinder eines Mieters keinesfalls mit dessen Lebensende wegfällt. Weiters handelt es sich, so richtig die klagende Partei, bei der derzeitigen Bewohnerin der Wohnung nicht um eine nach § 14 Abs 3 MRG eintrittsberechtigte Person, insbesondere nicht wie im angeführten Fall um ein Kind des Mieters. Es bedarf daher schon mangels tatsächlicher Vergleichbarkeit der Fälle keiner Auseinandersetzung mit den Gründen der Entscheidung MietSlg 45.407, in welchem nicht ausdrücklich ein (befristeter) Verzicht auf den auch hier maßgeblichen Kündigungsgrund angenommen, sondern lediglich dem Vermieter die Berufung auf die mangelnde Eintrittsberechtigung der Tochter des Mieters versagt wurde.

Wie sich aus § 1116a ABGB ergibt, soll das grundsätzlich beidseitig vererbliche Bestandverhältnis im Fall des Todes eines Wohnungsmieters jedenfalls aufgekündigt werden können, und zwar ohne Rücksicht auf die vereinbarte Dauer (vgl dazu Würth in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 1116a). Dieses Kündigungsrecht wird im Geltungsbereich der Kündigungsbeschränkungen des MRG allerdings für den Vermieter insoweit eingeschränkt, als es nur erfolgreich geltend gemacht werden kann, wenn Eintrittsberechtigte fehlen (§ 30 Abs 2 Z 5 MRG). Aus § 1116a ABGB kann demnach schon abgeleitet werden, dass selbst dann, wenn die Vertragspartner im vorliegenden Fall das Mietverhältnis (was nach dem MRG allerdings nicht wirksam ist) auf die Dauer des Dienstverhältnisses der Assistentin geschlossen hätten, dem Vermieter das gesetzliche Kündigungsrecht zugestanden wäre. Nach dem Gesetz soll eben das Kündigungsrecht ungeachtet einer vereinbarten bestimmten Dauer gelten. Aus deren Vereinbarung in der dargelegten Form könnte daher keinesfalls auf einen schlüssigen Kündigungsverzicht des Vermieters geschlossen werden.

Sieht man von der schon zitierten Rechtsprechung zu § 1116a ABGB ab, ist es einhellige Rechtsprechung und Lehre, dass bei der Annahme stillschweigenden Verzichts besondere Vorsicht geboten ist (für viele Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 14 mN; Koziol/Welser I11, 92 je mN; ua die im Rekurs zitierte E MietSlg 34.460). Zu Recht wird nach Auffassung des erkennenden Senates in dieser Entscheidung (wie in zahlreichen weiteren: Nachweise bei Rummel aaO Rz 8 zu § 863; zum schlüssigen Verzicht etwa zuletzt 4 Ob 392/97v [insoweit nicht veröffentlicht in MietSlg 50.131]; ebenso Koziol/Welser I11 94 f mwN aus der Lehre) betont, dass es bei der Auslegung (auch schlüssiger) Willenserklärungen auf das Verständnis ankommt, das ein redlicher Erklärungsempfänger von dieser gewinnen durfte. Dass im vorliegenden Fall der verstorbene Mieter die Erklärung des Vermieters so verstehen durfte, dass dieser damit auf die Geltendmachung seines Kündigungsrechts beim Ableben des Mieters verzichtet hätte, lässt sich aus den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen nicht ableiten. Es kann nämlich nicht gesagt werden, dass der Erblasser unter Bedachtnahme auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche und bei Überlegung aller Umstände den zweifelsfreien Schluss ziehen hätte dürfen, der Vermieter habe auf dieses Recht ernstlich verzichtet (MietSlg 34.460 mwN). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes bedarf es auch keiner weiteren Tatsachenfeststellungen zu diesem Fragenkomplex, hat doch die beklagte Partei in erster Instanz niemals ein Vorbringen erstattet, aus dem ein derartiger Verzicht abgeleitet werden könnte.

Das Verfahren ist somit spruchreif. Es liegen sämtliche Voraussetzungen des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG vor. Der Tod des Mieters und das Fehlen Eintrittsberechtigter ist ohnehin nicht strittig, das Vorliegen einer Wohnungsmiete hat das Berufungsgericht zutreffend bejaht, handelt es sich beim vorliegenden Mietobjekt nicht nur schon ursprünglich um eine Wohnung, sondern wurde auch ausdrücklich der Vertrag allein zu Wohnzwecken geschlossen. Nur darauf kommt es für die mietrechtliche Beurteilung an (Würth in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 Rz 35 zu § 1 mN). An diesem Zweck kann auch die in der Berufung hervorgestrichene Anmietung im Interesse des Unternehmens des Mieters (Arztordination) nichts ändern (vgl ImmZ 1987, 170 = MietSlg 38.324).

Es ist demnach das Ersturteil gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO wieder herzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 und 40 ZPO.

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