JudikaturJustiz3Ob304/04h

3Ob304/04h – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Februar 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Christo K*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Altmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Gertraud K*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar und Mag. Norbert Marschall, Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen 152.480,30 EUR sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. August 2004, GZ 46 R 432/04a 19, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Liesing vom 18. März 2004, GZ 9 E 18/04d 2, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Die Revisionsrekursbeantwortung der verpflichteten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die in aufrechter Ehe verheirateten Streitteile sind zu je 72/557 Anteilen Mit und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft; ihre Anteile sind gemäß § 12 Abs 1 WEG 1975 verbunden.

Der Betreibende beantragte, ihm auf Grund eines vollstreckbaren Urteils zur Hereinbringung von 152.480,30 EUR sA die Exekution durch Pfändung des der Verpflichteten zustehenden Anspruchs auf Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an der vorgenannten Eigentumswohnung und die Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils der Liegenschaft zu bewilligen.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution.

Das Rekursgericht wies hingegen den Exekutionsantrag ab und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Exekution eines Ehegatten gegen den anderen, gegen den er einen Exekutionstitel erwirkt habe, auf die gemeinsame Eigentumswohnung sowie zu den Schutzbestimmungen des § 13 Abs 6 WEG und § 97 ABGB zulässig sei. Es hielt fest, der Betreibende habe grundsätzlich den richtigen, im § 13 Abs 3 WEG 2002 vorgesehenen Exekutionsantrag gestellt; der Verpflichteten stehe auch kein Widerspruch gegen die Exekution wegen dringenden Wohnbedürfnisses zu, weil sie selbst Verpflichtete sei. Sie berufe sich aber zu Recht auf die Schutzbestimmung des § 13 Abs 6 WEG 2002. Der vom Betreibenden gestellte Exekutionsantrag komme im Ergebnis einer nach der genannten Bestimmung unzulässigen Aufhebungsklage gleich und führe zum Verlust der Ehewohnung. Zwar ergebe sich aus dem Exekutionsantrag, dass die Verpflichtete in der zu versteigernden Eigentumswohnung wohne, hingegen habe der Betreibende kein Vorbringen erstattet, dass diese Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses der Verpflichteten diene und deshalb die Aufhebung der Eigentümergemeinschaft durch Zwangsversteigerung zulässig sei. Auch der besondere Schutz für Ehegatten vor Obdachlosigkeit nach § 97 ABGB gehe der in § 13 Abs 3 WEG 2002 vorgesehenen Zwangsversteigerung vor. Die Exekution eines Ehegatten gegen den anderen wäre nur zulässig, wenn schon im Exekutionsantrag behauptet werde, das Wohnungseigentumsobjekt diene nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des verpflichteten Ehegatten. Der Anspruch auf Erhaltung der Ehewohnung gelte nach § 97 ABGB letzter Satz nur dann nicht, wenn das Handeln oder Unterlassen des verfügungsberechtigten Ehegatten durch die Umstände erzwungen werde. Der Betreibende könne bei dem hier vorliegenden gemeinsamen Wohnungseigentum aber gar nicht als (Allein )Verfügungsberechtigter bezeichnet werden. Der Ausschluss der Aufhebungsklage nach § 13 Abs 6 zweiter Satz WEG 2002 gelte ohne Einschränkungen; eine Interessenabwägung, bei der der Exekutionstitel des einen Ehepartners gegen den anderen berücksichtigt werden könnte, sei im Gesetz nicht vorgesehen.

Der Revisionsrekurs des Betreibenden ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das gemeinsame Wohnungseigentum der Partner ist im § 13 WEG 2002 wie folgt geregelt:

(1) Für die Eigentümerpartnerschaft gelten, soweit im Folgenden keine besonderen Regelungen getroffen werden, die Bestimmungen des 16. Hauptstücks des Zweiten Teils des ABGB.

(2) ...

(3) Durch das gemeinsame Wohnungseigentum der Partner werden ihre Anteile am Mindestanteil so verbunden, dass sie, solange die Eigentümerpartnerschaft besteht, nicht getrennt und nur gemeinsam beschränkt, belastet, veräußert oder der Zwangsvollstreckung unterworfen werden dürfen. Die Zwangsvollstreckung auf Grund eines Exekutionstitels, der bloß gegen einen der Partner besteht, ist nur im Weg des mit der Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums zu verbindenden Antrags auf Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils und des damit verbundenen gemeinsamen Wohnungseigentums zulässig. In diesem Exekutionsverfahren ist der Partner, gegen den kein Exekutionstitel besteht, Beteiligter; er kann zur Wahrung seiner Rechte alle Rechtsmittel erheben, wie wenn er selbst Verpflichteter wäre; überdies kann er gegen diese Exekution Widerspruch erheben (§ 37 der Exekutionsordnung), wenn sich die Exekution auf das Wohnungseigentumsobjekt bezieht, das ihm zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses dient.

(4) ...

(5) ...

(6) Der vertragliche Ausschluss einer Klage auf Aufhebung der Eigentümerpartnerschaft (§ 830 ABGB) ist nur für die ersten drei Jahre ab Einverleibung der Partnerschaft im Grundbuch rechtswirksam. Sind die Partner Ehegatten und dient ihr Wohnungseigentumsobjekt wenigsten einem von ihnen zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses, so ist während der Ehe die Aufhebungsklage des anderen unzulässig. ...

a) Während die Exekution aus Ansprüchen gegen beide Partner auf den ganzen Mindestanteil ohne Besonderheiten zulässig ist, durchbricht die Regelung der Exekution nur gegen einen Partner das System der EO: Zur Hereinbringung von Sonderschulden eines Partner stehen nur die in § 13 Abs 3 WEG 2002 umschriebenen Exekutionsmittel zur Verfügung. Die Zwangsvollstreckung auf Grund eines gegen den einen Partner lautenden Exekutionstitels ist demnach nur im Wege des mit der Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums zu verbindenden Antrags auf Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils und des damit verbundenen gemeinsamen Wohnungseigentums zulässig. Mit rechtskräftigem Zuschlag ist die Gemeinschaft zwischen den beiden Partnern aufgehoben; dem nicht verpflichteten Partner verbleibt schließlich der halbe Versteigerungserlös ( Würth in Rummel 3, § 13 WEG 2002 Rz 7 mwN). § 13 WEG 2002 sieht - bedingt durch das Wesen des WEG und abseits vom System der EO - einen eigenen Modus der Zwangsversteigerung vor und ist insofern als lex specialis zu betrachten (S. Gantner in Hausmann/Vonkilch , Wohnrecht § 13 WEG Rz 49). Das Bewilligungsgericht hat ohne weiteres über die Pfändung des Aufhebungsanspruchs und den damit verbundenen Antrag auf Zwangsversteigerung zu entscheiden; eine abgesonderte Geltendmachung des Aufhebungsanspruchs durch den Betreibenden ist nicht vorgesehen, ein Teilungsstreit findet nicht statt ( Palten , Wohnungseigentumsrecht3 Rz 84).

Zutreffend hat daher bereits das Rekursgericht den vom Betreibenden hier gewählten Exekutionsweg grundsätzlich als richtig beurteilt und darüber hinaus festgehalten, dass der Verpflichteten ungeachtet eines allenfalls bestehenden dringenden Wohnbedürfnisses kein Widerspruchsrecht nach § 13 Abs 3 letzter Satz WEG 2002 zukommt, besteht doch der Exekutionstitel, dessen Vollstreckung der Betreibende anstrebt, gegen sie.

Auch wenn eine abgesonderte Geltendmachung des Aufhebungsanspruchs durch den Betreibenden nicht vorgesehen ist und ein Teilungsstreit daher nicht stattfindet, macht der Betreibende in diesem Fall durch die Zwangsversteigerung des im partnerschaftlichen Eigentum stehenden Wohnungseigentumsobjekts doch (indirekt) einen Aufteilungsanspruch geltend, dem im Falle der Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses der mit dem Betreibenden nach wie vor verheirateten Verpflichteten die Bestimmung des § 13 Abs 6 WEG 2002 entgegensteht. Der Betreibende hat hier in seinem Exekutionsantrag die Anschrift der Verpflichteten ident mit dem von ihm in Exekution gezogenen Wohnungseigentumsobjekt angegeben und damit nahe gelegt, dass der Verpflichteten nicht nur ein dringendes Wohnbedürfnis am Wohnungseigentumsobjekt zukommt, sondern sie darüber hinaus dort auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Es wäre daher an ihm gelegen, schon im Exekutionsantrag zu behaupten, die Verpflichtete habe entgegen dem durch seine Angaben zunächst geschaffenen Anschein kein dringendes Wohnbedürfnis an dem in Exekution gezogenen Wohnungseigentumsobjekt, weshalb der beantragten Exekution das aus § 13 Abs 6 WEG 2002 abzuleitende Hindernis nicht entgegenstehe.

b) Zutreffend hat das Rekursgericht darüber hinaus auch aus § 97 ABGB ein Hindernis für die Bewilligung dieses Exekutionsantrags abgeleitet. Nach dieser Gesetzesbestimmung ist ein Ehegatte, der über die Wohnung, die der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Ehegatten dient, verfügungsberechtigt ist, verpflichtet alles zu unterlassen und vorzukehren, damit der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliere. Auch hier gilt, dass schon nach den Angaben des Betreibenden in seinem Exekutionsantrag zu vermuten ist, dass die Verpflichtete Anspruch darauf hat, dass der - wenn auch beschränkt - verfügungsberechtigte Betreibende als ihr Ehegatte alles unterlässt und vorkehrt, damit sie die Wohnung, auf die sie offenbar angewiesen ist, nicht verliert. Durch die Benützung einer Wohnung, in der das dringende Wohnbedürfnis eines Ehegatten befriedigt wird, erwirbt dieser einen familienrechtlichen, durch § 97 ABGB gesicherten Anspruch auf Erhaltung der Wohnmöglichkeit gegen den anderen Ehegatten ( Stabentheiner in Rummel 3 § 97 ABGB Rz 2 mwN), der durch einen Antrag auf Zwangsversteigerung der Ehewohnung gefährdet würde. Wenn der Betreibende ins Treffen führt, dass der Anspruch der Verpflichteten nach § 97 ABGB dann nicht gelte, wenn er durch die Umstände zu dieser Handlung gezwungen werde und er hiezu auf seine wirtschaftliche Lage und die seiner Ansicht nach unabweisliche Notwendigkeit verweist, den gegen die Verpflichtete erstrittenen Exekutionstitel auch gerade in der gewählten Weise, nämlich durch Zwangsversteigerung der (ehemaligen) Ehewohnung durchzusetzen, ist ihm entgegenzuhalten, dass er zur Verwirklichung des Ausnahmetatbestands des § 97 zweiter Satz ABGB in seinem Exekutionsantrag gleichfalls nichts vorgebracht hat, weshalb der gegen die Entscheidung des Rekursgerichts erhobene Vorwurf, dieses habe eine Interessenabwägung von vornherein unterlassen, nicht durchschlägt.

Die weitere Argumentation des Betreibenden, eine Interessenabwägung nach § 97 ABGB habe bereits im Erkenntnisverfahren stattgefunden bzw hiefür wäre im Exekutionsverfahren kein Raum, die Verpflichtete wäre vielmehr auf ein von ihr anzustrengendes Oppositionsverfahren zu verweisen, übersieht, dass in dem vor Erlassung des hier umzusetzenden Exekutionstitels geführten Erkenntnisverfahren nur die vom Betreibenden geltend gemachten Zahlungsansprüche zu prüfen waren und daher eine Vollstreckung in das gemeinsame Wohnungseigentumsobjekt der Streitteile nicht Verfahrensgegenstand war. Die sich aus § 13 Abs 6 WEG 2002 und/oder § 97 ABGB ergebenden Exekutionshindernisse bildeten im Übrigen auch keinen von der Verpflichteten mit Oppositionsklage geltend zu machenden Grund für das Erlöschen der im Exekutionstitel festgeschriebenen Geldforderung des Betreibenden.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Ehegatte, der gegen den anderen Ehegatten einen Exekutionstitel über eine Geldforderung hat, nur dann in das gemeinsame Wohnungseigentumsobjekt, in dem der verpflichtete Ehegatte wohnt, durch Pfändung des Aufhebungsanspruchs und Zwangsversteigerung des Mindestanteils Exekution führen kann, wenn er gleichzeitig behauptet, dass der verpflichtete Ehegatte kein dringendes Wohnbedürfnis im zu versteigernden Wohnungseigentumsobjekt befriedigt.

Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten des Betreibenden fußt auf §§ 40 und 50 ZPO.

Die Revisionsrekursbeantwortung der Verpflichteten war zurückzuweisen, weil das Exekutionsbewilligungsverfahren grundsätzlich einseitig ist (RIS Justiz RS0118686).

Rechtssätze
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