JudikaturJustiz3Ob181/97g

3Ob181/97g – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Juni 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei V*****bank ***** reg.Gen.m.b.H, ***** vertreten durch Dr.Erwin Bajc und Dr.Peter Zach, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wider die verpflichtete Partei Dr.Peter Karl S*****, vertreten durch Dr.Helmut Rantner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 28,896.363 S sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichts Leoben als Rekursgerichts vom 11.März 1997, GZ 2 R 131/97g-135, womit der Rekurs des Verpflichteten gegen den Beschluß des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom 26.Februar 1997, GZ 5 e 139/94p-129, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 19.September 1994 wurde der betreibenden Partei zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von insgesamt 28,896.363,-- S sA die Exekution durch Zwangsversteigerung mehrerer Liegenschaften des Verpflichteten bewilligt (ON 2).

In der Versteigerungstagsatzung vom 25.September 1996 wurde einem Bieter für zwei der dem Exekutionsverfahren unterworfenen Liegenschaften um das Meistbot von 24,910.000,-- S der Zuschlag erteilt (ON 91). Die schriftliche Ausfertigung des Zuschlags erfolgte schließlich mit dem EForm 219 (ON 98). Gegen die Erteilung des Zuschlags erhob der Verpflichtete in der Versteigerungstagsatzung Widerspruch. Er brachte gegen die Erteilung des Zuschlags auch zwei Rekurse ein, den ersten vor, den zweiten nach Zustellung einer Beschlußausfertigung (ON 95a und ON 100). Im übrigen bekämpfte der Verpflichtete die durch das Erstgericht in der Versteigerungstagsatzung ausge- sprochene Abweisung seines Antrags auf Exekutionsaufschiebung (ON 95). Das Gericht zweiter Instanz wies diese Rechtsmittel nach einem Sanierungsversuch im Sinne der Entscheidung 3 Ob 44/97k (ON 126) - mangels Genehmigung durch den Masseverwalter - mit Beschluß vom 7.April 1997 (ON 146) zurück und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Eine Ausfertigung dieser Entscheidung wurde dem Bevollmächtigten des Verpflichteten am 12.Mai 1997 zugestellt. Dieser erhob auch dagegen außerordentlichen Revisionsrekurs. Dieses Rechtsmittel wurde vom erkennenden Senat mit Beschluß vom 18.Juni 1997 zur AZ 3 Ob 198/97g zurückgewiesen.

Mit Beschluß vom 26.Februar 1997 genehmigte das Erstgericht auf Antrag des Erstehers als einstweiligen Verwalters "Grundstücksvermessungen" und "Bauwerksuntersuchungen". Dagegen erhob der Verpflichtete Rekurs. Das Gericht zweiter Instanz wies dieses Rechtsmittel mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß vom 11.März 1997 zurück, sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, und erwog in rechtlicher Hinsicht:

Das Konkursgericht habe die versteigerten Liegenschaften zwar neuerlich aus der Konkursmasse ausgeschieden und dem Gemeinschuldner (Verpflichtetem) zur freien Verfügung überlassen, diese Entscheidung sei allerdings noch nicht rechtskräftig. Da der Verpflichtete vor Rechtskraft dieses Beschlusses über die ausgeschiedenen Sachen nicht verfügen könne, fehle ihm die Rechtsmittellegitimation, weshalb sein Rekurs als unzulässig zurückzuweisen sei.

Rechtliche Beurteilung

Das außerordentliche Rechtsmittel des Verpflichteten (vgl zu dessen Qualifikation als außerordentlicher Revisionsrekurs: JBl 1994, 264), das vom Masseverwalter mit Äußerung vom 10.April 1997 (ON 143) genehmigt wurde, ist unzulässig.

Wird dem Gemeinschuldner eine Sache gemäß § 119 Abs 5 KO zur freien Verfügung überlassen, scheidet sie aus der Konkursmasse endgültig aus. Es bewirkt jedoch erst ein rechtskräftiger Beschluß auf Ausscheidung die Teilaufhebung des Konkurses, durch die das konkursfrei gewordene Vermögen in die unbeschränkte Verfügungsmacht des Gemeinschuldners zurückfällt (3 Ob 44/97k; 2 Ob 2368/96s; SZ 61/172 = ÖBA 1989, 92 mwN; idS offenbar auch SZ 67/98). Vor Rechtskraft eines solchen Beschlusses kann somit der Gemeinschuldner, wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, nicht über die dessen Gegenstand bildenden Sachen verfügen. Bis zur Rechtskraft haben daher auch alle Zustellungen in Angelegenheiten, die derartige Sachen betreffen, an den Masseverwalter zu erfolgen (3 Ob 44/97k; MietSlg 38.869).

Der erkennende Senat sprach in den auf dieses Exekutionsverfahren bezogenen Entscheidungen 3 Ob 8/96 (RZ 1997/17) und 3 Ob 44/97k aus, daß das Absonderungsrecht an Massebestandteilen in einem reinen Exekutionsverfahren mit Wirkung für die Konkursmasse wider den durch den Masseverwalter vertretenen Verpflichteten auszuüben sei. Der Gemeinschuldner verliere durch die Konkurseröffnung seine Prozeßfähigkeit in Ansehung des konkursunterworfenen Vermögens. Es werde ihm daher auch das Recht versagt, im Exekutionsverfahren gefaßte Beschlüsse selbständig zu bekämpfen. Bringe der Gemeinschuldner als Verpflichteter selbst ein Rechtsmittel ein, sei gemäß § 78 EO und § 6 Abs 2 ZPO von Amts wegen der Versuch zu unternehmen, den Mangel der gesetzlichen Vertretung zu sanieren, es sei denn, der Gemeinschuldner hätte eindeutig zum Ausdruck gebracht, nur selbst, also nicht durch den Masseverwalter als gesetzlichen Vertreter handeln zu wollen. Daran ist festzuhalten.

Den Rekursgründen im zurückgewiesenen Rechtsmittel (ON 131) ist zu entnehmen, daß "die gegenständliche Liegenschaft" nach Ansicht des Verpflichteten als "aus der Konkursmasse ... ausgeschieden zu betrachten" sei und "daher von einer Vertretung durch den Herrn Masseverwalter keine Rede sein" könne. Später erklärte der Verpflichtete im Antrag vom 19.März 1997 (ON 137) unter Berufung auf die Entscheidungen 3 Ob 8/96 (RZ 1997/17) und 3 Ob 44/97k ausdrücklich, seinem Rekurs liege nicht die Ansicht zugrunde, "anstelle des Masseverwalters handeln zu können". Dem Gesetz solle Genüge getan werden. Der Verpflichtete wolle seine Rechte wahrnehmen, wer immer "in der strittigen/unstrittigen Rechtslage die Vertretung innehaben" möge und seine Interessen zu vertreten habe.

Allein die Rekursgründe ließen noch nicht eindeutig erkennen, daß der Verpflichtete - trotz der von ihm geäußerten Rechtsansicht - nur selbst und daher jedenfalls nicht durch den Masseverwalter als gesetzlichen Vertreter handeln wolle. Das stellte der Verpflichtete nach der Zurückweisungsentscheidung auch durch die Erklärung klar, nicht jedenfalls ohne Genehmigung des Masseverwalters einschreiten zu wollen.

Da der Masseverwalter den außerordentlichen Revisionsrekurs gegen die aus formellen Gründen ausgesprochene Zurückweisung des Rekurses des Verpflichteten genehmigte (ON 143) und in jenem Rechtsmittel überdies Sachargumente gegen die im Verfahren zweiter Instanz angefochtene Entscheidung des Erstgerichts vorgetragen werden, wurde mit hinreichender Deutlichkeit auch die Genehmigung des Rekurses des Verpflichteten zum Ausdruck gebracht.

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Verpflichteten wäre daher im Sinne einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung erfolgreich gewesen, sodaß das Gericht zweiter Instanz über den Rekurs des Verpflichteten meritorisch zu entscheiden gehabt hätte, ohne daß ein weiterer Sanierungsversuch erforderlich gewesen wäre. Diese Rechtslage wurde jedoch durch die Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses des Verpflichteten gegen die Zurückweisung seiner Rechtsmittel wider die Zuschlagserteilung und die Abweisung seines Antrags auf Exekutionsaufschiebung überholt, erwächst doch dadurch der Zuschlag an den Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren in Rechtskraft. Damit steht aber der Eigentumserwerb des Erstehers jedenfalls fest (vgl zu dessen Rechtsstellung: NZ 1994, 44 mwN [zust Hofmeister, NZ 1994, 46]). Das Rechtsschutzinteresse des Verpflichteten an einer Abweisung des Begehrens des Erstehers als einstweiligen Verwalters, die Durchführung bestimmter Maßnahmen auf den im Zwangsversteigerungsverfahren zugeschlagenen Liegenschaf- ten gerichtlich zu genehmigen, ist somit nachträglich weggefallen, kann doch der Verpflichtete den Ersteher als feststehenden Eigentümer jedenfalls nicht mehr an der Vornahme solcher Maßnahmen hindern.

Nach ständiger Rechtsprechung und überwiegender Lehre setzt die meritorische Erledigung eines Rechtsmittels ein Anfechtungsinteresse des Rechtsmittelwerbers auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung voraus. Ist dieses Interesse - wie hier - nach Erhebung des Rechtsmittels weggefallen, ist letzteres als unzulässig zurückzuweisen (Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 9 vor § 461 mwN).

Die Rechtsmittel des Verpflichteten werfen im übrigen schon deshalb nicht die Frage eines allfälligen Kostenzuspruchs gemäß § 78 EO und § 50 Abs 2 ZPO auf, weil in keinem der hier maßgeblichen Rechtsmittelschriftsätze Kosten verzeichnet wurden.

Rechtssätze
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