JudikaturJustiz3Ob14/85

3Ob14/85 – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Januar 1985

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei Firma D*** KB - H*** K*** AB, Box 39 S, 181 21 Lidingö 1, Schweden, vertreten durch Dr.Walter Schuppich, Dr.Werner Sporn, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei prot. Firma T*** B*** G*** M.B.H.,

1010 Wien, Salztorgasse 8, vertreten durch Dr.Franz Speierl,

Rechtsanwalt in Wien, bzw. angeblich prot. Firma

B***C*** M.B.H., 1050 Wien, Rechte

Wienzeile 79, wegen S 27.190,-- samt Anhang infolge Rekurses der

prot. Firma T*** B*** G*** M.B.H.

gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 7.September 1984, GZ.46 R 589/84-28, womit ihr Rekurs gegen den Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 3. April 1979, GZ.14 E 3195/79 (jetzt: 14 E 11995/83)-1, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Gericht zweiter Instanz die neuerliche Entscheidung über den Rekurs der prot. Firma T*** B*** G*** M.B.H.

aufgetragen.

Die Kosten des Rekurses sind wie weitere Rekurskosten zu behandeln.

Text

Begründung:

Auf Grund der allerdings erst im nachhinein eingeholten Akten steht jetzt folgender Sachverhalt fest:

Zu 7 HRB 19.758 des Handelsgerichtes Wien ist seit 27. September 1976 eine "B***C*** M.B.H."

eingetragen. Geschäftsführer war bis 20.Dezember 1976 Dr.Helmut N***, bis 14.September 1981 Wilhelm Otto N***, seither Alfred O***. Die Firmenadresse war ursprünglich Wien, Rembrandtstraße 37, und ist jetzt Wien, Rechte Wienzeile 79. Zu 7 HRB 21.424 des Handelsgerichtes Wien ist seit 27. Oktober 1977 eine "T*** B***

G*** M.B.H." eingetragen. Geschäftsführerin war bis 18. April 1978 Dr.Ingrid A***, seither Annegret L***, welche jetzt den Namen Z*** trägt. Die Firmenadresse war ursprünglich Wien, Neubaugasse 10, seit 8.März 1979 Wien, Gölsdorfgasse 4, und ist seit 26. Mai 1982 mit Wien, Salztorgasse 8, gemeldet.

Zu 10 C 3730/78 des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien, erhob die betreibende Partei gegen eine prot. Firma "T*** B***-G*** M.B.H. GF

(= Geschäftsführerin) Dr.Ingrid A***, Neubaugasse 10, 1070 Wien" eine Klage, in der sie die Adresse nach einem Postfehlbericht auf 1010, Gölsdorfgasse 4, berichtigte. In dieser Rechtssache kam es am 5. Dezember 1978 zum Abschluß eines Vergleiches. In der Vergleichsausfertigung wurde der Name der beklagten Partei mit "prot. Firma B***-G*** M.B.H., GF

Dr.Ingrid A***, 1010 Wien, Goldsdorfgasse 4" eingesetzt. Auf Grund dieses Exekutionstitels beantragte die betreibende Partei beim Exekutionsgericht (Erstgericht) am 23.März 1979 die Fahrnisexekution gegen eine "prot. Firma

B***-G*** M.B.H. GF Dr.Ingrid A***,

Gölsdorfgasse 4, 1010 Wien", welchen Antrag das Erstgericht

bewilligte.

In der Folge stellte die betreibende Partei immer wieder Anträge auf neuerlichen Vollzug, jeweils unter den verschiedensten Anschriften, einmal unter einer Anschrift der zu 7 HRB 19.758 eingetragenen Firma (ON 4), einmal unter der Anschrift der Geschäftsführerin der zu 7 HRB 21.424 eingetragenen Firma (ON 6) einmal an einer Adresse in Wels (ON 11), einmal in der Weise, daß die verpflichtete Partei mit "B*** GES.M.B.H.

(T***), Gölsdorfgasse 4, 1010 Wien, GF Annegret L***", bezeichnet war (ON 13), und schließlich ein letztes Mal in der Weise, daß die verpflichtete Partei mit

"B*** GES.M.B.H. (T***), Neutorgasse 13/3/6,

1010 Wien, GF Annegret L***, nunmehr Z***", bezeichnet war (Antrag ON 16). Der letztgenannte Vollzugsantrag hatte Erfolg und bei der zu 7 HRB 21.424 eingetragenen Firma wurden verschiedene Fahrnisse gepfändet.

Bei diesem Vollzug wurde dieser Firma auch eine Ausfertigung der Exekutionsbewilligung zugestellt, weiters Ausfertigungen der einzelnen Beschlüsse auf Bewilligung des neuerlichen Vollzuges. Die zu 7 HRB 21.424 eingetragene Firma erhob gegen die Exekutionsbewilligung einen Rekurs mit der Begründung, der Exekutionstitel richte sich nicht gegen sie sondern gegen die zu 7 HRB 19.758 eingetragene Firma.

Das Gericht zweiter Instanz wies diesen Rekurs mangels Beschwer zurück und vertrat die Ansicht, die Exekutionsbewilligung richte sich gegen eine von der Rekurswerberin verschiedene Gesellschaft, so daß dadurch nicht in die Rechtssphäre der Rekurswerberin eingegriffen werde.

Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß ein Rekurs gegen diesen Zurückweisungsbeschluß nicht zulässig sei, welche Entscheidung das Gericht zweiter Instanz nur mit dem Zitat einiger Paragraphen begründete.

Gegen den Zurückweisungsbeschluß wendet sich der als außerordentlicher Revisionsrekurs bezeichnete Rekurs der zu 7 HRB 21.424 eingetragenen Firma mit dem Antrag, ihm im Sinne einer Rekursstattgebung abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Rekurs ist entgegen der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz zulässig, weil die Rechtsansicht der zweiten Instanz gegen die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes verstößt, wonach selbst einer in ein Verfahren verwickelten, an sich prozeßfremden Partei, ein Rechtsmittelrecht zusteht (vgl. Entscheidungen wie SZ 26/227, SZ 33/129, EvBl.1970/231, sowie Fasching IV 378).

Dem Rekurs kommt ferner insofern Berechtigung zu, als das Gericht zweiter Instanz den Rekurs der Rechtsmittelwerberin nicht zurückweisen durfte.

Schon durch die Zustellung der Exekutionsbewilligung an die Rekurswerberin wurde diese in das Verfahren verwickelt und damit zunächst zumindest zur Quasi-Partei. Darüberhinaus steht aber im vorliegenden Verfahren ohne jeden Zweifel fest, daß ohnedies die Rekurswerberin von Anfang an diejenige der beiden Firmen war, gegen die sich sowohl der Exekutionstitel wie auch der Exekutionsantrag richteten.

Daß schon in der Klage 10 C 3730/78 ein erster Parteifehler in der Bezeichnung der beklagten Partei unterlief (..........-handels-Gesellschaft statt ..........handel Gesellschaft) war noch ein sehr geringfügiges Abweichen vom Wortlaut der geklagten Firma, sodaß kaum eine Verwechslungsgefahr bestand. Daß dann in der Vergleichsausfertigung der Zusatz "T***" entfiel, war ein sehr schwerwiegender und zweifellos zur Verwechslung geeigneter Gerichtsfehler. Aber den Parteien selbst war selbstverständlich immer noch klar, wer gemeint ist. Und auch der Hinweis auf die Geschäftsadresse (mag diese auch infolge eines weiteren Gerichtsfehlers unrichtig abgeschrieben worden sein:

Goldsdorfgasse statt Gölsdorfgasse) und den - richtigen - Namen der Geschäftsführerin deuteten noch mit gerade noch hinreichender Deutlichkeit auf die zu 7 HRB 21.424 eingetragene Firma hin. Daß dann die betreibende Partei in ihrem Exekutionsantrag wiederum nicht den ihr bekannten richtigen Wortlaut der verpflichteten Partei sondern den unrichtigen Wortlaut gemäß der Vergleichsausfertigung wählte (und auch nicht etwa beim Titelgericht auf die Berichtigung der falschen Vergleichsausfertigung hinwirkte), war ein weiterer Parteifehler. Aber entgegen der Beurteilung durch das Gericht zweiter Instanz war nach Ansicht des erkennenden Senates auch jetzt immer noch klar, daß sich der Exekutionsantrag gegen die Firma T*** B*** G*** M.B.H. richtete

(richtige Anführung der seinerzeitigen Geschäftsführerin und Anschrift). Da Identität zwischen dieser verpflichteten Partei und der im Exekutionstitel bezeichneten beklagten Partei bestand, war daher die Exekutionsbewilligung, abgesehen von der Parteienbezeichnung, entgegen der Beurteilung durch die Rechtsmittelwerberin, völlig in Ordnung.

Der Standpunkt des Gerichtes zweiter Instanz ist nur für den Antrag auf neuerlichen Vollzug in ON 4 zutreffend, denn in diesem Antrag bezeichnete die betreibende Partei die verpflichtete Partei in einer Weise, daß sie nur auf die zu 7 HRB 19.758 eingetragene Firma zutraf (völlige Angleichung an deren Firmenwortlaut, Angabe von deren Firmenanschrift und Fehlen des Hinweises auf die Geschäftsführerin der zu 7 HRB 21.424 eingetragenen Firma). Mit anderen Worten, in einem gegen die Rechtsmittelwerberin richtig eingeleiteten Exekutionsverfahren hat die betreibende Partei plötzlich den neuerlichen Vollzug gegen eine verfahrensfremde dritte Person beantragt. Ein gleiches trifft unter Umständen auch für den Antrag auf neuerlichen Vollzug in ON 11 (die Firmenadresse in Wels) zu. In der Folge kehrte aber die betreibende Partei wieder zu der richtigen verpflichteten Partei zurück, wobei sie diese in ihren letzten Anträgen zwar immer noch falsch, aber immerhin so deutlich bezeichnete, daß es überhaupt kein Mißverständnis mehr geben konnte (Anführung des Zusatzes "T***", freilich nicht vor dem sonstigen, auch nicht ganz exakt wiedergegebenen Firmenwortlaut, sondern danach und unrichtig in Klammern gesetzt, richtige Anführung der nunmehrigen Geschäftsführerin).

Der Vollständigkeit halber sei angefügt, daß das Gericht zweiter Instanz zwar mit Recht darauf hinweist, daß auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Exekutionsbewilligung abzustellen ist, also was zu diesem Zeitpunkt für das Exekutionsgericht aus der Aktenlage erkennbar war, während der Inhalt der erst später eingeholten Akten schon wegen des Neuerungsverbotes im Rekursverfahren nicht zu beachten war. Aber nach dem Gesagten ging doch schon aus der Vergleichsausfertigung hervor, welche der beiden Firmen als beklagte und verpflichtete Partei in Frage kommt. Durch Einsicht ins Handelsregister oder eines der üblichen Firmenadressenbücher oder auch beim Vollzug an Ort und Stelle hätte der exakte Wortlaut der allein belangen Firma leicht festgestellt werden können. Schon im Zeitpunkt der Entscheidung über den Exekutionsantrag war damit klar, wer die verpflichtete Partei ist.

Das bedeutet, daß der Rekurs der verpflichteten Partei nicht zurückgewiesen werden hätte dürfen, so daß der Zurückweisungsbeschluß aufzuheben war. Aus dem oben Gesagten ergibt sich aber auch schon, daß der Rekurs der verpflichteten Partei gegen die Exekutionsbewilligung unberechtigt ist. Der Oberste Gerichtshof sieht sich aber schon deshalb nicht veranlaßt, in der Sache selbst zu entscheiden, weil man unter Umständen den von der zweiten Instanz zurückgewiesenen Rekurs der verpflichteten Partei auch dahin deuten könnte, diese wolle nicht nur die (richtige) Exekutionsbewilligung, sondern auch alle im Rekurs angeführten Beschlüsse auf Bewilligung des neuerlichen Vollzuges bekämpfen. Und hier könnte der Rekurs bei zwei Beschlüssen (ON 4 und ON 11) erfolgreich sein, welche Beurteilung - allenfalls ist allerdings eine Verbesserung des undeutlichen Rekurses (§§ 78 EO, 84 Abs.3 ZPO i.d.F. BGBl.1983/135) nötig - dem Gericht zweiter Instanz zu überlassen ist. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 78 EO, 52 Abs.1 ZPO.