JudikaturJustiz3Ob139/49

3Ob139/49 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Mai 1949

Kopf

SZ 22/78

Spruch

§ 30 Abs. 1 PersStG., § 163 ABGB., §§ 228, 411 ZPO.: Das Urteil, mit welchem die Vaterschaft zu einem außer der Ehe geborenen Kinde festgestellt wird, hat allgemein bindende Wirkung und ist daher hinreichend für die Eintragung eines Randvermerkes über die Abstammung des Kindes im Geburtenbuch.

Entscheidung vom 18. Mai 1949, 3 Ob 139/49.

I. Instanz: Bezirksgericht St. Pölten; II. Instanz: Kreisgericht St. Pölten.

Text

Das Vormundschaftsgericht trug auf Grund einer Beschwerde des Stadtjugendamtes St. P. als Vormund der mj. M. B. dem Standesbeamten die Eintragung eines Randvermerkes über die Feststellung der außerehelichen Vaterschaft des A. G. im Geburtenbuch des Standesamtes St. P., betreffend die mj. M. B., auf Grund des rechtskräftigen Urteils C 30/47-7 des Bezirksgerichtes St. Pölten mit der Begründung auf, daß ein Vaterschaftsurteil die Abstammung eines Kindes mit allgemein bindender Wirkung feststelle.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Der Oberste Gerichtshof wies den außerordentlichen Revisionsrekurs des Magistrates der Stadt St. P. als Aufsichtsbehörde des Standesbeamten zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Da es sich um eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes handelt, ist gegen diese ein außerordentlicher Revisionsrekurs nur aus den im § 16 AußstrG. erschöpfend aufgezählten Gründen zulässig. Die Ausführungen des außerordentlichen Revisionsrekurses lassen erkennen, daß dieser die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Rekursgericht bekämpft. Nun stellt aber nicht jede unrichtige rechtliche Beurteilung schon eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 AußstrG. dar, vielmehr gehört zum Begriffe der offenbaren Gesetzwidrigkeit, daß die der Beurteilung unterzogene Frage im Gesetze selbst ausdrücklich, u. zw. in so klarer Weise gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann, und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde. Der außerordentliche Revisionsrekurs führt selbst nicht an, mit welcher gesetzlichen Bestimmung die angefochtene Entscheidung in Widerspruch stehen solle. § 30 Abs. 1 PersStG. ordnet an, daß ein Randvermerk im Geburtenbuche dann einzutragen sei, wenn die Abstammung des Kindes mit allgemein bindender Wirkung festgestellt wurde. Nach österreichischer Lehre und Rechtsprechung haben Feststellungsurteile über Rechtsverhältnisse des Familienrechtes, so auch Urteile, mit denen die Vaterschaft zu einem außer der Ehe geborenen Kinde festgestellt wird, absolute Geltung und Rechtskraftwirkung gegen jedermann. Dem österreichischen Recht ist eine Zahlvaterschaft fremd; die im Revisionsrekurs bezogene, während der Zeit der deutschen Besetzung erflossene Entscheidung Deutsches Recht 1943, EvBl. Nr. 125, entspricht nicht der österreichischen Rechtsauffassung und ist deshalb abzulehnen. § 163 ABGB. stellt wohl eine Rechtsvermutung auf, doch ist es dem Beklagten im Vaterschaftsfeststellungsprozesse überlassen, diese zu widerlegen. Gelingt ihm dies nicht, so spricht das über die Klage ergehende Urteil nicht aus, daß die Vaterschaft vermutet werde, wie dies der Revisionsrekurs vermeint, sondern daß der Beklagte der außereheliche Vater des klagenden Kindes ist.

Da somit das über die Klage auf Feststellung der außerehelichen Vaterschaft ergehende Urteil eine allgemein bindende Wirkung hat, beruht die angefochtene Entscheidung nicht nur nicht auf einer offenbaren Gesetzeswidrigkeit, sondern ist auch frei von Rechtsirrtum, weshalb der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen war.