JudikaturJustiz3Nc67/08w

3Nc67/08w – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. November 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Robert K*****, vertreten durch Ramsauer Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wider die verpflichteten Parteien 1. Patricia D*****, und 2. Andreas K*****, wegen Erwirkung einer unvertretbaren Handlung (§ 355 EO), den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Bestimmung eines zuständigen Gerichts nach § 28 JN für die beabsichtigte Exekution wird abgelehnt.

Text

Begründung:

Die in Deutschland wohnenden Verpflichteten wurden mit rechtskräftigem und vollstreckbarem Endbeschluss des Bezirksgerichts Zell am See vom 14. Februar 2008, AZ 15 C 948/07v, schuldig erkannt, eine Mehrzahl von (im Einzelnen angeführten) Fahrnissen in ein im Sprengel des Bezirksgerichts Zell am See liegendes Haus zurückzubringen. Der - gleichfalls in Deutschland wohnende - Betreibende beantragte, nach § 355 EO die Verhängung einer Geldstrafe anzudrohen, weil - mangels Erfüllung des genannten Exekutionstitels - eine unvertretbare Handlung zu bewirken sei.

Das Erstgericht wies den Antrag des Betreibenden mit der Begründung zurück, es sei für die beantragte Exekution örtlich unzuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Exekutionsgerichts richte sich bei Exekutionen nach § 355 EO nach dem Ort der Zustellung des Bewilligungsbeschlusses an den Verpflichteten; dieser Ort liege hier nicht im Sprengel des angerufenen Gerichts. Überdies sei das Zurückbringen eigenmächtig verbrachter Inventarstücke an den vorigen Aufstellungsort in Österreich nach § 353 EO zu vollstrecken. Aus Anlass des Rekurses des Betreibenden gegen den Zurückweisungsbeschluss des Bezirksgerichts Zell am See legte das Landesgericht Salzburg als Rekursgericht den Akt dem Obersten Gerichtshof mit dem Ersuchen vor, ein Gericht zu bestimmen, welches in dieser Exekutionssache als örtlich zuständig zu gelten habe. Unabhängig davon, ob der Betreibende seinen Exekutionsantrag zu Recht auf § 355 EO stütze, sei vorweg die Zuständigkeit des angerufenen Exekutionsgerichts zu klären.

Rechtliche Beurteilung

Die Voraussetzungen für eine Ordination nach § 28 JN liegen nicht vor:

Nach jüngerer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist eine Ordination auch in Exekutionssachen möglich, wenn bei einer (Unterlassungs )Exekution zwar die inländische Gerichtsbarkeit zu bejahen ist, es aber an einem örtlich zuständigen inländischen Gericht mangelt (zuletzt 3 Nc 50/08w; RIS-Justiz RS0053178; Jakusch in Angst2, EO, § 3 Rz 18d; Seiser in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 18 Rz 7, je mwN). Für die Exekution zur Erwirkung vertretbarer Handlungen ist gleich wie für eine Unterlassungsexekution gemäß der Generalklausel des § 18 Z 4 zweiter Fall EO jenes Bezirksgericht zuständig, in dessen Sprengel die erste Exekutionshandlung, nämlich die Zustellung der Exekutionsbewilligung, zu bewirken ist. Wenn der Verpflichtete keinen Wohnort oder Sitz im Inland hat, fehlt es an einem Anknüpfungsgrund für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts.

Bei Vorliegen eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses für eine Vollstreckung im Inland, etwa dann, wenn die Rechtsverfolgung im Ausland iSd § 28 Abs 1 Z 2 JN nicht zumutbar wäre, ist die inländische Gerichtsbarkeit gegeben (3 Nc 4/08f mwN; Jakusch aaO Rz 18c). Dazu zählt die Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit der Durchsetzung des Titels gegen den Verpflichteten in dessen (Wohn )Sitzstaat.

Die Bestimmungen der EuGVVO, die (auch) im Verhältnis Österreichs zur Bundesrepublik Deutschland gelten, legen die grundsätzliche Vollstreckbarkeit von Entscheidungen eines Mitgliedstaats in einem anderen fest. Solche in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen, die in diesem Staat vollstreckbar sind, werden nach Art 38 Abs 1 EuGVVO in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten für vollstreckbar erklärt worden sind. Eine Ausnahme besteht nur bei Vorliegen von - hier nicht behaupteten - Versagungsgründen nach Art 34 EuGVVO (3 Nc 50/08w; 3 Nc 33/04i). Seit Inkraftreten der EuGVVO sind daher die Voraussetzungen der Ordination gemäß § 28 Abs 1 Z 2 JN bei erforderlicher Vollstreckung in einem Mitgliedstaat ohne Behauptung eines bestehenden Bedürfnisses nach Gewährung inländischen Rechtsschutzes nicht mehr gegeben (3 Nc 50/08w).

Nach § 28 Abs 4 zweiter Satz JN hat der Kläger in streitigen Rechtssachen das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 28 Abs 1 Z 2 JN zu behaupten und zu bescheinigen. Auch in den anderen zivilgerichtlichen Verfahren hat die eine Ordination anregende Person das Bestehen der Voraussetzungen einer Ordination zu behaupten, insbesonders auch in Exekutionssachen (3 Nc 50/08w mwN). Hier ergeben sich nach der Aktenlage keine Anhaltspunkte für ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis nach einer Rechtsdurchsetzung im Inland, wie etwa eine Unmöglichkeit der Rechtsverfolgung im Wohnsitzstaat der Verpflichteten. Der bloße Verweis auf die Bestimmungen der deutschen Zivilprozessordnung, die eine Zuständigkeit des (deutschen) Titelgerichts für die Vollstreckung von Unterlassungstiteln bzw von Titeln zur Erlangung (un-)vertretbarer Handlungen vorsehen, genügt im Hinblick auf die vorgenannten Regeln der EuGVVO nicht. Dem Vorbringen des Betreibenden ist auch nicht zu entnehmen, dass er die Durchsetzung seines titulierten Anspruchs in Deutschland versucht hätte, aber gescheitert sei oder dies nach bisheriger Rechtsprechung deutscher Gerichte zu erwarten wäre.

Rechtssätze
4