JudikaturJustiz3N518/97

3N518/97 – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Oktober 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Graf, Dr.Rohrer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Andreas R*****, vertreten durch Mag. Dr.Ilse Korenjak, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei R***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Josef Bock und Dr.Thomas Wiesinger, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 159.583 brutto (9 ObA 2264/96y), über den Ablehnungsantrag des Klägers in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Mag.Michael Zawodsky ist von der Ausübung des Richteramts als fachkundiger Laienrichter des Obersten Gerichtshofs in dieser Rechtssache ausgeschlossen.

Im übrigen wird der Ablehnungsantrag des Klägers zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Zusammen mit seiner außerordentlichen Revision brachte der Kläger einen von ihm als integrierenden Bestandteil der Revision bezeichneten Ablehnungsantrag ein. Darin lehnte er aufgrund einer 1996 erfolgten Einsicht in die Liste der fachkundigen Laienrichter des Obersten Gerichtshofs die Laienrichter Mag.Kurt Retzer, Dr.Ingrid Schwarzinger und Mag.Michael Zawodsky namentlich ab. Nachdem ihm die Sektion Versicherung und die Rechtsschutzabteilung der GPA zur Klage geraten hätten, wobei an der Klagsbesprechung auch Mag.Zawodsky beteiligt gewesen sei, habe ihm die Rechtsschutzabteilung des ÖGB nach Zustellung des Urteils erster Instanz sinngemäß mitgeteilt, daß sie nun die Rechtsauffassung der Beklagten teile und ab sofort jeden Rechtsschutz verweigere. Dr.Schwarzinger lehne er ab, weil sie zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage die Funktion Leitender Sekretär innegehabt habe. Als der Kläger sich nach der Rechtsschutzverweigerung durch die Gewerkschaft an die Arbeiterkammer gewendet habe, habe er auf deren Aufforderung schriftlich alle Unterlagen Dr.Retzer, dem Leiter der Abteilung für Arbeitsmarkt, schriftlich übermittelt. Diese Unterlagen hätten auch vertrauliche Informationen bezüglich seiner Rechtsauffassungen enthalten. "Alle Mitglieder des Obersten Gerichtshofs, die sich zu Rechtsfragen dieses Streitfalles bereits literarisch geäußert haben, mögen sich für befangen erklären." Weiter lehnt der Kläger alle fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber wegen Befangenheit ab, weil der Beklagte ein Mitglied aus dem Kreis der Arbeitgeber sei. Daher seien berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit des Gerichts gegeben. Alle fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitnehmer würden wegen Befangenheit abgelehnt, weil die Gewerkschaft seit September 1995 den Rechtsstandpunkt des Beklagten vertrete und der Auffassung sei, daß das Urteil erster Instanz korrekt sei. Es könne aufgrund der Tatsache, daß Mitarbeiter der Rechtsschutzabteilung des ÖGB auch fachkundige Laienrichter des Obersten Gerichtshofs seien, angenommen werden, daß die Position der Rechtsschutzabteilung des ÖGB den fachkundigen Laienrichter aus dem Kreise der Arbeitnehmer bekannt sei. Es bestünden daher berechtigte Zweifel, daß diese Laienrichter aufgrund des etwaigen Naheverhältnisses zum ÖGB im gegenständlichen Rechtsstreit unparteilich sein könnten.

Die namentlich abgelehnten fachkundigen Laienrichter erklärten sich für nicht befangen.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß des Ablehnungsantrages des Klägers zeigt sich, daß Mag Michael Zawodsky von der Ausübung des Richteramtes in der vorliegenden Rechtssache ausgeschlossen ist. Aus dem Wort "auch" in § 34 ASGG ergibt sich, daß daneben auch die allgemeinen Ablehnungsgründe nach den §§ 19 und 20 JN Geltung besitzen. Für den fachkundigen Laienrichter gelten daher zufolge der Verweisungsnorm des § 2 Abs 1 ASGG auch die Ausschließungsgründe des § 20 Z 1 bis 5 JN (10 ObS 148/97f).

Wie sich nun aus dem Akt des Erstgerichtes ergibt, wurde der Kläger in der Verhandlung vom 13.1.1995 (ON 6) vom fachkundigen Laienrichter Mag.Michael Zawodsky vertreten, der somit als Bevollmächtigter des Klägers bestellt war, sodaß er gemäß § 20 Z 4 JN von der Ausübung des Richteramts als fachkundiger Laienrichter des Obersten Gerichtshofs in dieser Rechtssache ausgeschlossen ist. Dies war von Amts wegen (§ 22 Abs 4 JN) festzustellen.

Im übrigen ist der Ablehnungsantrag, was die beiden noch namentlich genannten Laienrichter angeht, unbegründet, darüber hinaus aber unzulässig.

Nach § 19 JN können Richter als befangen abgelehnt werden, wenn ein zureichender Grund vorliegt, ihre Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Dies setzt voraus, daß Umstände vorliegen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, ihre Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Dabei genügt schon die Besorgnis, daß bei der Entscheidung des Richters andere als rein sachliche Motive eine Rolle spielen könnten. Das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive. Daraus ergibt sich, daß immer nur ganz bestimmte Richter, nicht aber pauschal ein ganzer Senat oder das ganze Gericht abgelehnt werden können (Mayr in Rechberger ZPO Rz 4 zu § 19 JN mN). Dasselbe muß aber auch dann gelten, wenn, wie im vorliegenden Fall, ganze Kategorien von Berufs- oder Laienrichtern abgelehnt werden. Dies gilt insbesondere für die Ablehnung sämtlicher fachkundiger Laienrichter des Obersten Gerichtshofs aus dem Kreis der Arbeitgeber, zumal dadurch auch eine gesetzeskonforme Senatszusammensetzung (§ 12 Abs 1 ASGG) überhaupt verhindert würde. Schon aus der zuletzt zitierten Bestimmung ergibt sich, daß die Angehörigkeit zum Kreis der Arbeitgeber in Arbeitsrechtssachen per se keinen Befangenheitsgrund darstellen kann.

Nichts anderes gilt aber auch für die in Bausch und Bogen abgelehnten fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitnehmer, auch wenn diesbezüglich konkretere, allerdings nicht auf einzelne Personen bezogene Vorwürfe erhoben werden.

Was die - möglicherweise - bereits zur im vorliegenden Streitfall maßgeblichen Rechtsfrage literarisch tätig gewordenen Mitglieder des Obersten Gerichtshof angeht, feht es an der im Sinne der Rechtsprechung erforderlichen konkreten Bezeichnung dieser Richter. Darüber hinaus wird das Vertreten einer bestimmten Rechtsmeinung, auch in wissenschaftlichen Abhandlungen, grundsätzlich niemals einen Ablehnungsgrund darstellen (RZ 1989/110).

Was schließlich die abgelehnte Laienrichterin Dr.Schwarzinger angeht, so scheint diese in der Liste der fachkundigen Laienrichter des Obersten Gerichtshofs für die Jahre 1997 bis 2001 gar nicht mehr auf, so daß schon deshalb der Ablehnungsantrag unzulässig ist. Auch hinsichtlich des Laienrichters Dr.Kurt Retzer hat der Kläger keine in Richtung des § 20 Z 4 JN gehenden Ausführungen gemacht. Aus der Kenntnis von Rechtsauffassungen des Klägers läßt sich ebensowenig wie aus einer literarischen Äußerung zum Prozeßthema bereits die Besorgnis einer unsachlichen psychologischen Motivation ableiten. Da der Kläger auch gar nicht behauptet hat, Dr.Retzer hätte ihn beraten (vgl hiezu Mayr aaO Rz 5), ist auch ihm gegenüber der Ablehnungsantrag unbegründet.