JudikaturJustiz2Ob69/13f

2Ob69/13f – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. April 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** P*****, vertreten durch Dr. Maria Brandstetter, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei A***** A*****, vertreten durch Dr. Franz Terp, Rechtsanwalt in Wien, wegen 25.000 EUR sA, über die „außerordentliche Revision“ der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 12. Februar 2013, GZ 40 R 37/12f 16, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 25. November 2011, GZ 89 C 386/10p 9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte 25.000 EUR sA und brachte vor, der mit dem Beklagten abgeschlossene Pachtvertrag sei wegen arglistiger Irreführung nicht wirksam zustande gekommen, weshalb die Pachtkaution zurückzuzahlen sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme eines Zinsenteilbegehrens statt.

Das nur vom Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die (ordentliche) Revision nicht zulässig sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die „außerordentliche Revision“ des Beklagten, die das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof vorlegte.

Diese Aktenvorlage ist verfehlt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 502 Abs 5 Z 2 ZPO gelten die Absätze 2 und 3 nicht für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fallen jedoch Streitigkeiten, bei denen über diese Fragen nur im Rahmen der Vorfragenbeurteilung und nicht als Hauptfrage zu entscheiden ist, nicht unter diesen Ausnahmetatbestand (RIS Justiz RS0042950, RS0043006). Der wesentliche Zweck der Ausnahmeregelung besteht darin, Entscheidungen in Fällen, in denen der Verlust des Bestandobjekts droht, unabhängig von der Bewertungsfrage bekämpfbar zu machen (5 Ob 184/10k; 9 Ob 24/12p; RIS Justiz RS0120190).

Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Das wirksame Zustandekommen des Pachtvertrags ist lediglich Vorfrage für das allein gestellte Begehren auf Rückzahlung der Kaution (vgl 2 Ob 606/93).

Die Zulässigkeit der Revision richtet sich daher nach § 502 Abs 3 ZPO, weil der berufungsgerichtliche Entscheidungsgegenstand zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen ist auch ein außerordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Eine Partei kann in einem solchen Fall nur gemäß § 508 Abs 1 ZPO einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass das ordentliche Rechtsmittel doch für zulässig erklärt werde. Mit demselben Schriftsatz ist das ordentliche Rechtsmittel auszuführen. Dieser Antrag, verbunden mit dem ordentlichen Rechtsmittel, ist beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Rechtsmittelgericht zu behandeln. Erhebt in den dargestellten Fällen eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Das gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ Rechtsmittel bezeichnet wird und wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist; auch dieser darf hierüber nur und erst entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei. Dies gilt ferner auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht im Sinne des § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS Justiz RS0109623).

Das Erstgericht wird somit das Rechtsmittel dem Berufungsgericht vorzulegen haben. Ob der Schriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.

Rechtssätze
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