JudikaturJustiz2Ob65/22f

2Ob65/22f – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juni 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende und den Senatspräsidenten Dr. Musger sowie die Hofräte Dr. Nowotny, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem * 2012 verstorbenen F*, wegen Feststellung des Erbrechts zwischen den Antragstellern 1. L*, 2. A*, beide gesetzlich vertreten durch Univ. Prof. Dr. Michael Enzinger, Rechtsanwalt in Wien, 3. (bisher) Verlassenschaft nach der * 2016 verstorbenen Mag. T*, 4. Verlassenschaft nach der * 2021 verstorbenen A*, vertreten durch Gibel Zirm Rechtsanwälte GmbH Co KG in Wien, über den Revisionsrekurs der Viertantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 8. Februar 2022, GZ 44 R 469/21b 709, mit welchem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 29. November 2021, GZ 9 A 203/12a 666, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Bezeichnung der Parteien wird dahin berichtigt, dass die Nennung der Drittantragstellerin ersatzlos entfällt.

2. Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Der Erstantragsteller und die Zweitantragstellerin sind nach Kopfteilen schuldig, der Viertantragstellerin binnen 14 Tagen die mit 102.604,63 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens über die Zulässigkeit der am 2. Februar 2021 abgegebenen Erbantrittserklärungen (darin 17.100,77 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung:

Zu 1.

[1] Drittantragstellerin war die Verlassenschaft nach der Witwe des Erblassers. Sie wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 27. Dezember 2021, GZ 9 A 92/16h 175, je zur Hälfte dem Erstantragsteller und der Zweitantragstellerin eingeantwortet. Diese sind daher als Gesamtrechtsnachfolger in die Rechtsstellung der Drittantragstellerin eingetreten. Die Bezeichnung der Parteien war entsprechend zu berichtigen.

Zu 2.

[2] Strittig ist das Erbrecht nach dem 2012 verstorbenen Erblasser. Der Erstantragsteller und die Zweitantragstellerin sind seine Kinder, weiters sind sie die Erben seiner Witwe. Die Viertantragstellerin ist die Verlassenschaft nach der Schwester des Erblassers.

[3] Für den bisherigen Verfahrensgang wird auf die Entscheidung 2 Ob 122/20k verwiesen. Daraus ist Folgendes hervorzuheben:

[4] Der Erblasser hatte mehrfach letztwillig verfügt. Sein (letztes) Testament vom 20. Juli 2012 (in der Folge: „Testament 2012“) lautete wie folgt:

„Erstens: Ich widerrufe sämtliche letztwillige Verfügungen, die ich vor diesem Testament errichtet habe, insbesondere das von Rechtsanwalt […] verwahrte Testament vom 01.02.2011.

Zweitens: Meine beiden Kinder […] sowie meine Ehefrau […] berufe ich zu gleichen Teilen, mithin zu je einem Drittel, zu meinen Erben.

Drittens: [...]

Viertens: Die Zuwendung jener Vermögenswerte, die ich zu meinen Lebzeiten der […] Privatstiftung übertragen habe – es sind dies im Wesentlichen von mir geschaffene Kunstwerke, Werknutzungsrechte an meinen Kunstwerken und eine Sammlung von Werken anderer Künstler –, darf von meinen Erben weder angefochten, noch zum Gegenstand von Erbteilsergänzungsforderungen gemacht werden; dies bei sonstigem Verlust des ihnen in Punkt Erstens zugedachten Erbteiles.“

[5] Im Testament vom 1. Februar 2011 (in der Folge: „Testament 2011“), das in Punkt 1 des Testaments 2012 widerrufen wurde, hatte der Erblasser die Witwe als Erbin und die Kinder als Ersatzerben eingesetzt.

[6] Ebenfalls am 20. Juli 2012 widmete der Erblasser der in Punkt 4 des Testaments 2012 genannten Privatstiftung beträchtliche Vermögenswerte. Diese Widmung war, wie sich in einem später geführten Verfahren zwischen der Verlassenschaft und der Privatstiftung herausstellte, nicht formgültig (2 Ob 13/18b). Die Vermögenswerte befinden sich daher im Nachlass.

[7] Am 30. September 2015 (ON 195) und am 27. Jänner 2016 (ON 217) gaben die Witwe und die durch einen Kollisionskurator vertretenen Kinder aufgrund des Testaments 2012 bedingte Erbantrittserklärungen zu je einem Drittel des Nachlasses ab. Die Schwester des Erblassers gab am 12. Oktober 2017 aufgrund des Gesetzes eine bedingte Erbantrittserklärung zum gesamten Nachlass ab (ON 322).

[8] Im darauf folgenden ersten Verfahren über das Erbrecht änderten die nunmehr durch einen Rechtsanwalt gesetzlich vertretenen Kinder mit Schriftsatz vom 13. September 2018 ihre Erbantrittserklärungen dahin ab, dass sie diese – jeweils hilfsweise – auch auf auf das Testament 2011, ein weiteres Testament vom 10. November 2010 (samt Ergänzungen) und auf das Gesetz stützten (ON 397).

[9] Im Verfahren über das Erbrecht behaupteten die Kinder die Unwirksamkeit (!) des Testaments 2012 wegen Fehlens der Nuncupatio und eines Motivirrtums des Erblassers, wobei darüber aber erst „nach Durchführung des Erbrechtsstreits Gewissheit herrschen“ könne (ON 397). Die Schwester stützte sich demgegenüber auf die Gültigkeit des Testaments 2012 und leitete ihr Erbrecht daraus ab, dass die Erbeinsetzung der Kinder durch Verwirklichung der kassatorischen Klausel in Punkt 4 dieses Testaments weggefallen sei (ON 408).

[10] Das Erstgericht wies die Erbantrittserklärungen der Witwe und der Kinder aus dem Berufungsgrund des Testaments 2012 ab und stellte aufgrund des Gesetzes das Erbrecht der Schwester zum gesamten Nachlass fest, weil das Testament 2012 aufgrund eines wesentlichen Irrtums des Erblassers ungültig sei. Über das Erbrecht der Witwe und der Kinder aufgrund der hilfsweise geltend gemachten älteren Testamente und des Gesetzes entschied es nicht.

[11] Dieser Beschluss wurde rechtskräftig (2 Ob 90/19b), wobei keine Seite die Nichterledigung der Erbantrittserklärungen der Kinder aufgrund der älteren Testamente und des Gesetzes rügte.

[12] Mit Schriftsatz vom 10. Jänner 2019 (ON 429) gaben die Kinder neuerlich bedingte Erbantrittserklärungen aufgrund des Testaments 2011 je zur Hälfte des Nachlasses ab; hilfsweise stützten sie sich auf den Titel des Gesetzes. Diese Erbantrittserklärungen wurden (nur) in Bezug auf das Testament 2011 pflegschaftsgerichtlich genehmigt. Sie führten zum zweiten Verfahren über das Erbrecht , das mit der Entscheidung 2 Ob 122/20k beendet wurde. Der Senat führte darin aus, dass

- aufgrund der neuen Erbantrittserklärungen ein weiteres Verfahren über das Erbrecht zu führen gewesen sei, weil im Vorverfahren über den nun geltend gemachten Berufungsgrund (Testament 2011) nicht entschieden worden sei,

- die der ersten Entscheidung über das Erbrecht zugrunde liegende Annahme, dass das Testament 2012 wegen eines wesentlichen Irrtums ungültig sei, keine Bindungswirkung entfalte,

- in der Sache kein solcher Irrtum vorliege, weswegen die Aufhebung des Testaments 2011 durch das Testament 2012 wirksam sei.

[13] Aus diesem Grund wurden die Erbantrittserklärungen der Kinder abgewiesen, und es wurde (neuerlich) das Erbrecht der Schwester festgestellt.

[14] Die Kinder und die von ihnen vertretene Verlassenschaft nach der Witwe nahmen aufgrund dieser Entscheidung an, dass die Abweisung ihrer aufgrund des Testaments 2012 abgegebenen Erbantrantrittserklärungen im ersten Verfahren über das Erbrecht keine Rechtskraftwirkung entfalte, und gaben daher aufgrund dieses Testaments neuerlich Erbantrittserklärungen zu je einem Drittel des Nachlasses ab (ON 583). Die Abgabe der Erbantrittserklärungen wurde pflegschaftsgerichtlich genehmigt (ON 695).

[15] Die Schwester beantragte die Zurückweisung der Erbantrittserklärungen unter anderem wegen entschiedener Sache (ON 587).

[16] Das Erstgericht folgte dem Standpunkt der Schwester und wies die Erbantrittserklärungen zurück (ON 666).

[17] Das Rekursgericht hob diesen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom herangezogenen Zurückweisungsgrund auf (ON 709). Den Revisionsrekurs ließ es zu.

[18] Anders als im ersten Verfahren über das Erbrecht lägen nun schlüssige Erbantrittserklärungen vor, die eine Bindung an die Vorentscheidung ausschlössen. Die Erbantrittserklärungen seien daher zulässig. Im weiteren Verfahren sei zu prüfen, ob dem Erbrecht der Antragsteller ein Verstoß gegen Punkt 4 des Testaments 2012 entgegenstehe. Der Revisionsrekurs sei zur Klarstellung der Bindungswirkung der Entscheidung im ersten Verfahren über das Erbrecht zuzulassen.

[19] Mit ihrem Revisionsrekurs strebt die Verlassenschaft nach der Schwester die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung an. Die rechtskräftige Abweisung der Erbantrittserklärungen im ersten Verfahren über das Erbrecht schließe neuerliche Erbantrittserklärungen aufgrund desselben Testaments aus.

[20] Die Kinder beantragen in der Revisionsrekursbeantwortung , den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben. Der Oberste Gerichtshof habe eine Bindung an die Entscheidung im ersten Verfahren über das Erbrecht verneint. Zudem liege durch die nun schlüssigen Erbantrittserklärungen ein neuer Sachverhalt vor.

Rechtliche Beurteilung

[21] Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig , er ist auch berechtigt .

[22] 1. Die Kinder missverstehen die Entscheidung des Senats im zweiten Verfahren über das Erbrecht (2 Ob 122/20k).

[23] 1.1. Dort war nur die Frage zu beurteilen, ob die Begründung der rechtskräftig gewordenen Entscheidung im ersten Verfahren über das Erbrecht – also die Annahme der Ungültigkeit des Testaments 2012 – Bindungswirkung entfalte. Dies wurde in Punkt 3.3. der Entscheidung verneint. Davon getrennt zu beurteilen ist die Frage, ob die Entscheidung über die Hauptfrage des Vorverfahrens – also das Bestehen oder Nichtbestehen des Erbrechts der Witwe und der Kinder aufgrund des Testaments 2012 – Rechtskraftwirkung entfaltet. Dazu hat der Senat schon in Punkt 2.1. seiner Entscheidung Folgendes ausgeführt:

Der im Verfahren über das Erbrecht unterlegene Erbansprecher verliert die Parteistellung im Verlassenschaftsverfahren. Er kann sein Erbrecht auf der Grundlage des in seiner Erbantrittserklärung geltend gemachten Berufungsgrundes auch nicht mehr erfolgreich mit Erbschaftsklage geltend machen. Gestützt auf einen anderen Berufungsgrund steht ihm aber jedenfalls die Erbschaftsklage offen ( Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG I² § 161 Rz 33; Verweijen in Schneider/Verweijen , AußStrG § 161 Rz 9; Spruzina in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.02 § 799 Rz 29; 3 Ob 272/07g; zum alten Recht wohl auch Ferrari-Hofmann-Wellenhof , Die Erbschaftsklage [1991] 166 f).

[24] 1.2. Kann ein Erbansprecher danach sein Erbrecht aufgrund eines im Verfahren über das Erbrecht verneinten Berufungsgrundes „auch“ nicht mehr mit Erbschaftsklage geltend machen, dann umso weniger mit einer neuerlichen Erbantrittserklärung in einem weiteren Verfahren über das Erbrecht. Dem steht die Einmaligkeitswirkung der Rechtskraft entgegen. Daher hat es der Senat in Punkt 3.2. der Entscheidung 2 Ob 122/20k als geradezu selbstverständlich angesehen, dass sich die Kinder nicht mehr auf ein Erbrecht aus dem Testament 2012 berufen könnten; fraglich war nur, ob auch die Beurteilung der Gültigkeit dieses Testaments Bindungswirkung entfalte.

[25] 1.3. Diese Differenzierung liegt auch der Glosse von Klicka zur Entscheidung 2 Ob 122/20k (NZ 2021/53, 195) zugrunde. Er bezweifelt nicht, dass die Entscheidung über die Hauptfrage (also die Feststellung des Erbrechts der Schwester und die Abweisung der Erbantrittserklärungen der Kinder und der Witwe) Rechtskraftwirkung entfaltet. Anders als der Senat nimmt er aber an, dass diese Wirkung auch solche Berufungsgründe erfasst, die zwar geltend gemacht, in der Entscheidung aber nicht erledigt wurden: Dem Erbansprecher sei auch insofern die neuerliche Berufung auf denselben Berufungsgrund und die Verfahrenswiederholung zu versagen (NZ 2021, 196 f). Klicka nimmt daher eine noch weitergehende Rechtskraftwirkung (im Sinn der Einmaligkeitswirkung) der ersten Entscheidung über das Erbrecht an. Hingegen teilt er die Auffassung des Senats, dass die Beurteilung der Gültigkeit des Testaments keine Bindungswirkung entfalte, wobei er dies, wie auch in Punkt 3.2. der Entscheidung erwogen, vor allem mit der Qualifikation dieser Frage als bloße Vorfrage begründet (NZ 2021, 197).

[26] 2. An dieser Auffassung ist festzuhalten.

[27] 2.1. Zwar hat der Oberste Gerichtshof – im Anschluss an eine Formulierung in den Materialien zum Außerstreitgesetz (EB zur RV, 224 BlgNR 22. GP 120) – mehrfach ausgesprochen, dass ein Beschluss nach § 161 AußStrG „der Rechtskraft nur in Verbindung mit der rechtskräftigen Einantwortung fähig“ sei (6 Ob 3/09y, 5 Ob 186/09b, 6 Ob 132/13z). Diese Formulierung bezog sich aber immer auf die Regelung des § 164 AußStrG, wonach bei Abgabe einer Erbantrittserklärung nach Feststellung des Erbrechts eines bestimmten Erbansprechers ein weiteres Verfahren über das Erbrecht zu führen ist, in dem auch jene Erbantrittserklärung abgewiesen werden kann, die Grundlage der früheren Entscheidung über das Erbrecht war. Insofern tritt daher vor der Einantwortung keine Rechtskraft ein.

[28] 2.2. Höllwerth (in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG I 2 § 161 Rz 32) zeigt aber zutreffend auf, dass der rechtskräftige Beschluss über die Feststellung des Erbrechts für die und zwischen den an diesem Verfahren beteiligten Parteien, die bis zu dieser Entscheidung eine darin beurteilte Erbantrittserklärung abgegeben haben, sehr wohl Rechtskraftwirkung entfaltet. Dem ist zu folgen. Denn dem Gesetzgeber kann – trotz der weitreichenden Formulierung in den Materialien – nicht unterstellt werden, dass eine Entscheidung über das Erbrecht allein dadurch ihre Wirkung verlieren soll, dass der unterlegene Erbansprecher neuerlich eine Erbantrittserklärung aus demselben Berufungsgrund abgibt. Eine solche Auffassung würde den Beschluss nach § 161 AußStrG vollständig entwerten. Dafür fehlte jede sachliche Rechtfertigung.

[29] 2.3. Aus § 164 AußStrG ist daher, dem Wortlaut entsprechend, nur abzuleiten, dass die Bejahung des Erbrechts eines Erbansprechers die Feststellung des Erbrechts eines anderen Erbansprechers aufgrund einer nachträglich abgegebenen zulässigen Erbantrittserklärung nicht hindert.

[30] Zulässig ist eine Erbantrittserklärung – unter den zeitlichen Voraussetzungen des § 164 AußStrG – aber nur dann, wenn sie entweder von einem am vorangegangenen Verfahren nicht beteiligten Erbansprecher oder aber von einem im vorangegangenen Verfahren unterlegenen Erbansprecher, dann aber aus einem anderen Berufungsgrund, abgegeben wird. Hingegen steht der Abgabe einer neuerlichen Erbantrittserklärung aus demselben Berufungsgrund jedenfalls dann die Rechtskraft (Einmaligkeitswirkung) der im Vorverfahren ergangenen Entscheidung über das Erbrecht entgegen, wenn inzwischen keine weiteren Erbansprecher aufgetreten sind.

[31] Denn nur im letztgenannten Fall könnte eine Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten sein, die allenfalls dazu führt, dass dem neuen Verfahren auch bereits unterlegene Erbansprecher beizuziehen sind (so Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG I 2 § 164 Rz 7; Verweijen in Schneider/Verweijen , AußStrG § 161 Rz 12) oder dass – was gegenüber dem bloßen Beiziehen wohl konsequenter wäre – eine neuerliche Erbantrittserklärung aus demselben Berufungsgrund zulässig wäre. Da dieser Fall hier aber nicht vorliegt, erübrigen sich weitere Erwägungen zu den damit verbundenen Fragen.

[32] 3. Die Rechtskraftwirkung der ersten Entscheidung über das Erbrecht fällt auch nicht deswegen weg, weil die Kinder und die Witwe im ersten Verfahren über das Erbrecht – aus welchem Grund auch immer – ein in sich widersprüchliches Vorbringen erstattet haben: Einerseits stützten sie ihre Erbantrittserklärungen (auch) auf das Testament 2012, andererseits behaupteten sie dessen Ungültigkeit.

[33] 3.1. Insofern greift die Präklusionswirkung der Rechtskraft : Durch die Rechtskraft der Entscheidung ist auch das Vorbringen aller Tatsachen ausgeschlossen, die zur Begründung oder Widerlegung des entschiedenen Anspruchs rechtlich erforderlich waren und die schon bei Fällung der Entscheidung (bzw bei Urteilen bei Schluss der mündlichen Verhandlung) bestanden haben, aber nicht vorgebracht wurden (RS0041321; Klicka in Fasching/Konecny 3 § 411 ZPO Rz 88 ff; Rechberger in Rechberger/Klicka 5 § 411 ZPO Rz 7). Die Präklusionswirkung der Rechtskraft schließt also nicht nur die neuerliche Entscheidung des gleichen Begehrens aufgrund der gleichen Sachlage aus, sondern auch die Geltendmachung des gleichen Begehrens aufgrund von Tatsachen und Erwägungen, die bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses vorhanden und der verfahrensmäßigen Erledigung zugänglich waren, aber nicht zum Gegenstand des Vorverfahrens gemacht wurden (RS0039347 [T17]; RS0041321).

[34] 3.2. Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall zu übertragen: Die Kinder und die Witwe hatten sich im ersten Verfahren über das Erbrecht auf das Testament 2012 gestützt. Sie hätten daher schon damals die Gültigkeit dieses Testaments behaupten können und zur Durchsetzung ihres Rechtsschutzziels (Feststellung des Erbrechts aufgrund des Testaments 2012) auch behaupten müssen. Dass sie das nicht getan haben, können sie nun nicht dadurch sanieren, dass sie neuerlich Erbantrittserklärungen aufgrund desselben Testaments abgeben. Vielmehr steht solchen Erbantrittserklärungen jedenfalls so lange die Rechtskraft der ersten Entscheidung über das Erbrecht entgegen, als keine weiteren Erbansprecher aufgetreten sind und dadurch eine neue Sach- und Rechtslage eingetreten ist.

[35] 4. Diese Erwägungen führen zur Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts: Die Rechtskraft der ersten Entscheidung über das Erbrecht, mit der die Erbantrittserklärungen aus dem Berufungsgrund des Testaments 2012 abgewiesen wurden, steht der neuerlichen Abgabe von Erbantrittserklärungen aus demselben Berufungsgrund bei unveränderter Sach- und Rechtslage entgegen. Die Erklärungen sind daher wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Zur Klarstellung ist festzuhalten, dass diese Zurückweisung aus rein verfahrensrechtlichen Gründen erfolgt. Die Frage, ob auch materiell rechtliche Gründe zur Zurückweisung einer Erbantrittserklärung führen können, wird dadurch nicht berührt (vgl dazu 2 Ob 71/17f).

[36] 5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 Abs 2 iVm § 185 AußStrG.

[37] Der Streit zwischen Erbansprechern über die verfahrensrechtliche Zulässigkeit einer Erbantrittserklärung ist dem Verfahren über das Erbrecht zuzurechnen. Die unterlegenen Erbansprecher haben daher der Viertantragstellerin die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen zu ersetzen. Der Bemessung ist der zunächst von der Viertantragstellerin genannte und in der Revisionsrekursbeantwortung auch vom Erstantragsteller und der Zweitantragstellerin akzeptierte Wert des Streitgegenstands zugrunde zu legen. Für den Revisionsrekurs gebührt wegen des Wegfalls der Drittantragstellerin nur mehr 10 % Streitgenossenzuschlag. Die Viertantragstellerin ist mit ihrem Rekurs gegen die Kostenentscheidung des Erstgerichts auf diese Entscheidung zu verweisen.