JudikaturJustiz2Ob618/86

2Ob618/86 – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. September 1986

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in der Pflegschaftssache mj. Andrej Janko Z***, geboren 20. Jänner 1982, 9020 Klagenfurt, Schüttgasse Nr. 5, infolge Revisionsrekurses der Mutter Ludmilla Z***, Heilmasseurin, 9020 Klagenfurt, Schüttgasse Nr. 5, vertreten durch Dr. Johann Tischler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 5.Mai 1986, GZ 1 R 188/86-41, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 21.März 1986, GZ 2 P 19/84-37, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Über Antrag des Vaters dehnte das Erstgericht mit Beschluß ON 37 vom 21. März 1986 die seinerzeitige Besuchsrechtsregelung vom 4. Juli 1984, ON 16, womit dem Vater hinsichtlich des aus seiner geschiedenen Ehe stammenden mj. Andrej Janko Z***, geboren am 20. Jänner 1982, an jedem zweiten Samstag im Monat von 14 bis 18 Uhr ein Besuchsrecht eingeräumt worden war, dahin aus, daß es dem Vater ein Besuchsrecht an jedem zweiten und vierten Sonntag des Monats in der Zeit von jeweils 10 bis 18 Uhr gewährte, wobei die Besuche an den ersten vier Besuchstagen weiterhin in der Wohnung der Mutter stattzufinden haben. Hiezu führte es aus, die Mutter habe sich schon vor der Beschlußfassung ON 16 damit einverstanden erklärt, daß der Vater die Besuchszeiten für den Fall, daß die Besuchskontakte gut verliefen, auch ohne ihre Aufsicht, also mit dem Kinde allein, verbringen könne. Nunmehr spreche sie sich zwar nicht gegen die vom Vater unter Hinweis auf die Notwendigkeit der Vertiefung der guten Entwicklung des Vater-Kind-Verhältnisses beantragte Einräumung eines zweimaligen Besuchsrechtes pro Monat aus, sei aber dagegen, daß er die Besuchszeiten allein mit dem Kind verbringe, weil sich dieses weigere, mit ihm mitzukommen. Das Jugendamt hielt diesbezüglich eine Übergangszeit für zweckmäßig.

Der vierjährige Andrej hat sich an die regelmäßigen, klaglos verlaufenden Besuche des Vaters gewöhnt und freut sich im voraus auf diese. Er besucht auch schon den Kindergarten. Der Vater, der jetzt ebenfalls wieder in Klagenfurt wohnt, hat in zweiter Ehe einen nunmehr bald dreijährigen Sohn. Unter den gegebenen Umständen erscheint nach Ansicht des Erstgerichtes das dem Vater mit der vorübergehenden Einschränkung antragsgemäß zuerkannte Besuchsrecht zur Erreichung seines Zweckes, nämlich der Aufrechterhaltung der aus der Blutsverwandtschaft beruhenden Beziehung zwischen Eltern und Kind, erforderlich.

Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Mutter gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes gemäß § 16 AußStrG erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist mangels Vorliegens eines der in dieser Gesetzesstelle taxativ aufgezählten Beschwerdegründe unzulässig.

Als Aktenwidrigkeit macht die Rekurswerberin geltend, ihr Schriftsatz vom 24. März 1986 sei entgegen der Behauptung des Rekursgerichtes vor der erstgerichtlichen Beschlußfassung eingebracht worden. Die erstgerichtliche Entscheidung sei zwar mit 21. März 1986 datiert, aber erst nach dem 24.März 1986 in der Geschäftsabteilung abgegeben worden.

Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt schon deswegen nicht vor, weil unter der Beschlußfassung der Willensentschluß des Richters zu verstehen ist und, da der Zeitpunkt dieses Willensaktes anders nicht objektivierbar ist, hiefür ausschließlich das auf der Urschrift der Entscheidung angegebene Datum maßgeblich erscheint (RZ 1984/83 S 253).

Unter dem Beschwerdegrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit führt die Rekurswerberin aus, der Vater habe erst in den letzten Monaten vor der erstgerichtlichen Beschlußfassung das Kind öfters und regelmäßig besucht, weshalb noch keine gefestigte Vater-Sohn-Beziehung vorliege. Erst wenn eine solche Beziehung gegeben sei, könne sie sich mit einer Erweiterung des Besuchsrechtes einverstanden erklären. Unter dem Gesichtspunkt des Wohles des Kindes habe das Rekursgericht auf ihr Vorbringen, daß das Kind an jedem Sonntag zu seinen Großeltern auf das Land fahre, berücksichtigen müssen. Das Kind fühle sich dort besonders wohl und sei in die Familie der Großeltern integriert.

Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine offenbare Gesetzwidrigkeit nur vor, wenn das Gericht entgegen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung entschieden hat. Gemäß der Anordnung des § 148 Abs. 1 ABGB ist die Ausübung des Rechtes des Elternteiles, dem nicht die Pflege und Erziehung des minderjährigen Kindes zusteht, mit dem Kind persönlich zu verkehren, vom Gericht in einer dem Wohle des Kindes gemäßen Weise zu regeln. Eine gänzlich unterbliebene Bedachtnahme auf das Wohl des Kindes bei der Besuchsrechtsregelung würde somit eine offenbare Gesetzwidrigkeit darstellen. Davon kann aber vorliegendenfalls nicht die Rede sein. Die Unterinstanzen haben die Einräumung des beantragten Besuchsrechtes unter dem Gesichtspunkt des Wohles des Kindes geprüft und sind dabei übereinstimmend zur Auffassung gelangt, daß das Ausmaß des nunmehr festgelegten Besuchsrechtes im Interesse der Vertiefung der Beziehungen zwischen dem Vater und dem nunmehr bereits 4 Jahre alten Kind und somit im Kindesinteresse liege. Unrichtig sei, daß der Vater bis etwa Sommer 1985 das Besuchsrecht nicht regelmäßig ausgeübt habe, denn die gegenteilige Feststellung finde in den Aussagen beider Elternteile und auch dem Bericht des Sozialarbeiters Deckung. Das eingeräumte Besuchsrecht entspreche auch dem Alter des Kindes; entgegenstehende Hindernisse seien in keiner Weise ersichtlich. Durch die Verfügung, daß die nächsten vier Besuche noch in der Wohnung der Mutter stattzufinden haben, sei schließlich auch auf allfällige Umstellungsschwierigkeiten des Kindes, also auf seine behutsame, allmähliche Gewöhnung an das erweiterte Besuchsrecht, Bedacht genommen worden.

Aus allen diesen Darlegungen geht somit aber klar hervor, daß dem Grundsatz des Kindeswohles in der angefochtenen Entscheidung durchaus maßgebliche Bedeutung zuerkannt wurde. Bei der Regelung des Besuchsrechtes handelt es sich im übrigen um eine Ermessensentscheidung, sodaß selbst dann, wenn hierin der eine oder andere vorgebrachte Umstand nicht Berücksichtigung fand, eine offenbare Gesetzwidrigkeit nicht vorliegen könnte.

Da auch eine - von Amts wegen wahrzunehmende - Nichtigkeit der Entscheidung nicht zu erkennen ist, mangelt es an einem zulässigen Beschwerdegrund. Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.