JudikaturJustiz2Ob581/87

2Ob581/87 – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Februar 1988

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Dr. Karoline L***, Ärztin, 1040 Wien, Schwarzenbergplatz 10, 2) Dr. Brigitta S***, Liegenschaftseigentümerin, 3550 Langenlois, Kirchenplatz 2,

3) Christian K***, Liegenschaftseigentümer, 2340 Mödling, Johann Straußgasse 21, 4) Johannes K***, Liegenschaftseigentümer, 2340 Mödling, Dr. Karl Giannonigasse 27/20, 5) Dr. Christine K***, Liegenschaftseigentümerin, 2340 Mödling, Johann Straußgasse 21, sämtliche vertreten durch Dr. Peter Prenner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Beatrix S***, Private, 2103 Langenzersdorf, Kellergasse 125, 2) Firma I*** Gesellschaft m.b.H., 4600 Wels, Friedhofstraße 96, erstbeklagte Partei vertreten durch Dr. Wolfgang Jeannee, Rechtsanwalt in Wien, zweitbeklagte Partei vertreten durch Dr. Ernst Rohrauer, Dr. Josef Hofer, Rechtsanwälte in Wels, wegen Feststellung, infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 16. Oktober 1986, GZ 41 R 549/86-12, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 9. Juli 1986, GZ 5 C 2137/86-5, behoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die zweitbeklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Kläger begehrten gegenüber dem Beklagten folgende Feststellung: "Das in Ansehung des als Geschäftslokalität gemieteten Bestandobjektes EZ 36 KG Favoriten, 1100 Wien, Favoritenstraße 71, zwischen den beklagten Parteien und

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Zweitbeklagte vertritt die Auffassung, obgleich in der Klagserzählung ausgeführt wurde, daß die Kläger die Zweitbeklagte nicht als ihren Mietvertragspartner anerkennen wollten, könne daraus nicht abgeleitet werden, daß ein negatives Feststellungsbegehren als Hauptbegehren gegen die Zweitbeklagte vorliege. Überdies habe die Zweitbeklagte als Klägerin zu 5 C 2203/86 des Bezirksgerichtes Favoriten die Feststellung ihres Eintrittes in das gegenständliche Mietverhältnis mit den in diesem Verfahren als Kläger auftretenden Liegenschaftseigentümern begehrt. Im Zeitpunkt der Klagsänderung im vorliegenden Verfahren sei die positive Feststellungsklage im anderen Verfahren bereits anhängig und damit gegenüber dem geänderten Klagebegehren Streitanhängigkeit gegeben gewesen. Würde daher im vorliegenden Verfahren die Klagsänderung nur als Modifizierung des ursprünglichen Klagebegehrens beurteilt, könnte im Verfahren 5 C 2203/86 Streitanhängigkeit eingewendet werden. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Eine Klageänderung im Sinne des § 235 ZPO liegt nur vor, wenn der Streitgegenstand geändert, also z.B. eine inhaltliche Änderung des Begehrens vorgenommen wird (Fasching III, 110 f). Es bildet dagegen keine Änderung des Streitgegenstandes, wenn die Angaben in der Klage berichtigt werden. Als Berichtigung ist es anzusehen, wenn Ergänzungen und Richtigstellungen erfolgen, die das Wesen der bereits geltend gemachten rechtserzeugenden Tatsachen nicht berühren, oder wenn offenbare Irrtümer in der Fassung des Klagebegehrens richtiggestellt werden, die sich nicht aus einer unrichtigen Begründung des Begehrens herleiten, sondern auf einem mit dem Streitgegenstand nicht in innerem sachlichem Zusammenhang stehenden Verhalten des Klägers beruhen (vgl. SZ 54/156 ua). Wesentlicher Bestandteil jeder Klage ist neben dem Klagebegehren das Vorbringen der Tatsachen, auf die sich der Anspruch gründet. Das Vorbringen der rechtserzeugenden Tatsachen muß kurz, aber vollständig sein. Es gilt für die österreichische Zivilprozeßordnung die Substantiierungstheorie, eine rechtliche Qualifikation des erhobenen Anspruchs hat der Kläger nicht vorzunehmen (Fasching III, 36 f). Ein Klagebegehren ist daher rechtlich schon dann schlüssig, wenn das Begehren des Klägers als Rechtsfolge aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen abgeleitet werden kann (7 Ob 9/86 ua).

Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet, ist dem Rekursgericht beizupflichten, daß unter Berücksichtigung des gesamten Inhaltes der Klage aus dieser mit hinreichender Bestimmtheit die Bestreitung der Rechtsstellung auch der Zweitbeklagten als Hauptmieterin entnommen werden kann. Ohne Rechtsirrtum hat daher das Rekursgericht das Vorbringen der Klägerin in der Streitverhandlung vom 17. Juni 1986 nicht als inhaltliche Änderung des Begehrens und damit als Klagsänderung beurteilt, sondern nur als zulässige Modifizierung, die das Wesen der bereits in der Klage geltend gemachten rechtserzeugenden Tatsachen nicht berührte.

Den Ausführungen des Revisionsrekurses zur Frage der Streitanhängigkeit ist zu entgegnen, daß das Vorliegen dieses Prozeßhindernisses in diesem Verfahren von beiden Vorinstanzen in den Gründen ihrer Entscheidung - vom Berufungsgericht in seinem Urteil vom 12. November 1986, ON 13 - ausdrücklich und damit für das Gericht dritter Instanz bindend (vgl. SZ 43/121, JBl. 1980, 541 ua) verneint wurde.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.