JudikaturJustiz2Ob339/98m

2Ob339/98m – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Januar 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Andreas S*****, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei ***** Versicherungs AG, *****, vertreten durch Dr. Oswald Karminski-Pielsticker, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 338.096,-- und Feststellung (S 150.000,--) sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. September 1998, GZ 12 R 46/98t-58, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 30. Jänner 1998, GZ 9 Cg 176/95h-54, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 10.665,-- (darin enthalten S 1.777,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Am 2. 5. 1995 ereignete sich gegen 6.50 Uhr in Wien am Fußgängerübergang der Ersten Haidequerstraße auf Höhe der Haltestelle der Linie 78A ein Verkehrsunfall, bei welchem der Kläger als Fußgänger und der bei der beklagten Partei haftpflichtversicherte PKW Fiat Uno des Felix S***** beteiligt waren.

Der Kläger begehrt zuletzt Zahlung von S 338.096,-- sA und die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für sämtliche künftige Schäden aus dem Verkehrsunfall beschränkt auf die Versicherungssumme aus der Haftpflichtversicherung des PKWs. Das Leistungsbegehren setzt sich zusammen aus einer Schmerzengeldforderung (S 230.000,--), Verunstaltungsentschädigung (S 30.000,--), Sachschadenersatz (S 2.300,--), Wertsachenersatz (S 7.000,--), Kilometergeld (S 2.760,--), Verdienstentgang aus seiner Hauptbeschäftigung (S 11.354,26) und aus seiner Nebenbeschäftigung (S 14.953,33, S 18.691,60 und S 20.560,76 [brutto]), Steuerleistung für den Verdienstentgang (S 1.476,05) abzüglich einer Leistung von S 1.000,-- im Anschluss an das gegen Felix S***** geführte Strafverfahren.

Der Kläger brachte vor, er sei in der genannten Haltestelle aus einem Bus der Linie 78A ausgestiegen und habe die Vorderfront des Busses passiert, als sich dieser im Stillstand befunden habe. Nachdem er sich überzeugt habe, dass ein gefahrloses Überqueren der Straße möglich sei, habe er die Straße überqueren wollen und sei in der Mitte der Fahrbahn von dem plötzlich und unvermittelt auftauchenden PKW erfasst und schwer verletzt worden. Er habe dadurch Verdienstentgang aus seiner Haupt und aus seiner Nebenbeschäftigung erlitten. Auch nach Beendigung seines Krankenstandes in seiner Hauptbeschäftigung sei er nicht mehr in der Lage, seine Nebenbeschäftigung weiter auszuüben.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Felix S***** sei hinter dem Bus gefahren; als dieser nach rechts geblinkt und in die Haltestelle eingefahren sei, habe er ihn langsam passieren wollen, doch sei in diesem Moment der Kläger von rechts an der Vorderfront des Busses direkt vor das Auto gelaufen, weshalb der Lenker die Kollision nicht vermeiden habe können. Den Kläger treffe das Alleinverschulden am Unfall, weil er die Fahrbahn plötzlich und unmittelbar, noch dazu laufend vor dem herannahenden PKW überqueren habe wollen. Er hätte vor Betreten der Straße prüfen müssen, ob dadurch andere Verkehrsteilnehmer gefährdet würden und ob er den Schutzweg noch vor dem Eintreffen des KFZ überqueren werde können. Bei Wahrnehmung des unmittelbar herannahenden Fahrzeuges und unter Beachtung des Umstandes, dass er in dieser Situation durch ein plötzliches Laufen zwingend einen Unfall auslöse, hätte er von einer Querung Abstand nehmen müssen. Auch bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von unter 50 bzw 40 km/h sei eine Kollision unvermeidlich gewesen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einem Teilbetrag von S 98.192,-- sA statt und wies das Mehrbegehren von S 239.904,-- sowie das Feststellungsbegehren ab.

Es ging von nachstehenden wesentlichen Feststellungen aus:

Zum Unfallszeitpunkt herrschte Tageslicht, die Fahrbahn war trocken. Die vom Bus und vom PKW benützte Fahrbahnhälfte der gerade verlaufenden Haidequerstraße ist 9,8 m breit und wird von der Gegenfahrbahn durch einen 6,8 m breiten Fahrbahnteiler geteilt. An das Ende der rechts gelegenen Bushaltestelle schließt ein 3 m breiter Schutzweg an. Der PKW fuhr hinter einem Autobus auf den Schutzweg zu. Der Bus hielt in der Haltestelle direkt vor dem Schutzweg an. Der Kläger stieg beim vorderen Ausstieg aus dem Bus und ging ohne anzuhalten um diesen herum, um auf dem Schutzweg die Straße zu überqueren. Er bewegte sich eher mit langsamer Geschwindigkeit. Als er sich auf der Mitte des Schutzweges befand, bemerkte er den PKW knapp links von sich. Der Kläger hat sich nicht genau davon überzeugt, ob er die Fahrbahn gefahrlos überqueren kann. Er konnte zwar von rechts weiter entfernte Fahrzeuge erkennen, nahm aber den nur knapp 19 m entfernten PKW nicht wahr. Der Kläger war erst kurze Zeit vor der Kollision für den PKW-Lenker sichtbar, weil er zuvor vom Bus verdeckt war. Der PKW fuhr mit einer Geschwindigkeit von 52-53 km/h auf den Schutzweg zu. Der Lenker konnte den Kläger, der hinter dem Bus hervorkam nur mehr maximal 1,2 m der Fortbewegung bis zur Kollision sehen. Für diese Strecke benötigte der Kläger 1,3 sec. Ohne wahrzunehmende Reaktionsverspätung ergibt sich eine Abwehrzeit von 1,3 sec bzw eine Abwehrstrecke von 18,5 m. Der PKW erfasste den Kläger mit einer Kontaktgeschwindigkeit von 42-43 km/h. Um vor dem Schutzweg mit Sicherheit anhalten zu können, hätte die Ausgangsgeschwindigkeit jedenfalls nur bei etwa 36 km/h liegen dürfen. Gleichzeitig wäre es dem Kläger bei gehöriger Aufmerksamkeit durchaus möglich gewesen, das herannahende Fahrzeug zu erkennen.

Durch den Unfall wurden Kleidungsgegenstände des Klägers im Wert von S 2.300,-- beschädigt. Nicht festgestellt werden konnte, dass er auch Schmuckstücke im Wert von S 7.000,-- durch den Unfall verloren hätte.

Der Kläger erlitt bei dem Unfall eine Prellung und mehrfache Hautabschürfungen im Stirnbereich ohne Hinweise auf eine Gehirnerschütterung, eine Prellung und Hautabschürfung im Nasenbereich, eine Unterschenkelfraktur links sowie Hautabschürfungen im Bereich des rechten Unterschenkels und am Knie und im Sprunggelenksbereich rechts. Er befand sich bis zum 15. 5. 1995 in stationärer Behandlung und ging bis Ende Juli 1995 mit zwei, danach einer Unterarmstützkrücke. Er war vom 2. 5. 1995 bis 10. 9. 1995 unfallskausal arbeitsunfähig und bezieht eine vorläufige Versehrtenrente von 20 %. Im Februar 1996 hatte der Kläger noch Belastungsbeschwerden beim Stiegensteigen und längerem Gehen oder Stehen. Am 14. 1. 1997 wurde das Osteosynthesematerial restlos entfernt. Der Bruch ist in guter Stellung knöchern konsolidiert. Der Kläger war bis zum 24. 2. 1997 im Krankenstand. Nunmehr besteht lediglich eine geringe Einschränkung der aktiven Beweglichkeit des linken Kniegelenks und des oberen und unteren hinteren Sprunggelenks bei maximaler Belastung sowie eine geringere Verschmächtigung der Wadenmuskulatur und minimale Schwellneigung links, die keine Folgebehandlung erfordert. Unfallskausale Dauerfolgen sind nicht zu erwarten.

Das Erstgericht hielt noch fest, dass dem Kläger Fahrtkosten zum Behandlungsort von S 2.760,-- entstanden, dass er in seiner Hauptbeschäftigung einen Nettoverdienstentgang von S 11,354,26 (Verdienst von S 90.416,66 abzüglich erhaltenen Verdienstes und Krankengeld von S 43.235,-- und S 35.827,40) erlitt. Der Kläger erlitt weiters Verdienstentgang aus einer Nebenbeschäftigung in einer Reinigungsfirma als geringfügig Beschäftigter während der Dauer seines Krankenstandes von S 8.493,75. Nach Beendigung des Krankenstandes und Kündigung durch den Dienstgeber wäre der Kläger zwar gesundheitlich in der Lage gewesen, die Nebenbeschäftigung wieder aufzunehmen, konnte die Tätigkeit aber nicht ausüben, weil der Posten mittlerweile besetzt war. Die Aufnahme einer gleichwertigen Tätigkeit, die ihm gesundheitlich zumutbar gewesen wäre, gelang ihm aber nicht.

Rechtlich erörterte das Erstgericht, ein Fahrzeuglenker habe einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befinde oder diesen erkennbar benützen wolle, das ungehinderte und ungefährliche Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Dazu habe sich der Lenker dem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit zu nähern, die ein Anhalten des Fahrzeuges vor dem Schutzweg ermögliche. Hier habe der Fahrzeuglenker aber weder erkennen können, dass der Kläger den Schutzweg queren wolle, noch habe er rechtzeitig gesehen, dass sich der Kläger darauf befunden habe. Hätte der Lenker allerdings eine Geschwindigkeit von 36 km/h statt der absolut überhöhten von 52-53 km/h eingehalten, hätte er noch rechtzeitig zum Stillstand kommen können. Er hätte sich einem angekündigten Schutzweg nur mit höchstens 40 km/h nähern dürfen. Eine Sichtbehinderung durch einen vor dem Schutzweg anhaltenden Bus verpflichte den Fahrzeuglenker zur besonderen Vorsicht, daher ergebe sich ein vorwerfbares, rechtswidriges Verhalten des Fahrzeuglenkers. Allerdings dürfe ein Fußgänger auch einen Schutzweg nicht so knapp vor dem herannahenden Fahrzeug betreten, dass einem vorschriftsmäßig und aufmerksam fahrenden Lenker ein rechtzeitiges Anhalten nicht mehr möglich sei. Nach § 76 Abs 4 lit a StVO dürfe ein Fußgänger einen Schutzweg nicht unmittelbar vor einem herannahenden Fahrzeug oder für dessen Lenker überraschend betreten. Ein Fußgänger habe sich vor dem Betreten der Fahrbahn sorgfältig zu vergewissern, dass die Straße noch vor dem Eintreffen eines KFZ überquert werden könne. Zwar müsse beim Anhalten eines Autobusses in der Haltestelle auch mit einem verkehrswidrigen Verhalten der Fahrgäste gerechnet werden, mit einem völlig verkehrswidrigen Verhalten eines Fußgängers, etwa dem Betreten einer Fahrbahn durch einen vorher nicht sichtbaren Fußgänger, müsse der Fahrzeuglenker nicht rechnen. Das Außerachtlassen einer notwendigen Sorgfalt sei auch dem Kläger vorzuwerfen, woraus sich eine Verschuldensteilung von 1 : 1 ergebe. Der Kläger habe Anspruch auf Ersatz von 50 % seines Sachschadens und der Fahrtkosten. Da er seine frühere Arbeitsfähigkeit wieder erreicht habe, sei es an ihm, zu behaupten und zu beweisen, dass er nicht in der Lage sei, eine gleichwertige Nebenbeschäftigung zu finden. Daher sei Verdienstentgang aus der Nebenbeschäftigung des Klägers nur im Zeitraum seiner Arbeitsunfähigkeit von Mai bis September 1995 zuzusprechen. Die festgestellten Verletzungen rechtfertigten ein Schmerzengeld von S 171.000,--. Das Begehren auf Verunstaltungsentschädigung sei mangels Feststellbarkeit einer Verunstaltung abzuweisen. Ein Beweis, dass dadurch das Fortkommen des Klägers behindert werde, sei nicht erbracht worden.

Das vom Kläger gegen die Abweisung von S 117.192,-- sowie des Feststellungsbegehrens angerufene Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes - vor allem über die mittlerweile eingetretene völlige Wiederherstellung des Klägers zur Aufnahme einer gleichwertigen Nebenbeschäftigung - auf Grund eines mängelfreien Verfahrens bestätigte die Abweisung des Feststellungsbegehrens und gab dem Leistungsbegehren ausgehend von einer Verschuldsteilung 1 zu 3 zu Lasten des PKW-Lenkers statt. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Es billigte den vom Erstgericht gegen den PKW-Lenker erhobenen Vorwurf, sich dem Schutzweg mit einer unzulässig überhöhten Geschwindigkeit genähert zu haben. Gemäß § 9 Abs 2 StVO idF 19. StVONov habe der Lenker eines Fahrzeuges einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befinde oder diesen erkennbar benützen wolle, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck dürfe er sich einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit näheren, dass er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten könne. Diese Bestimmung verfolge den Zweck, Fußgängern das ungehinderte Überqueren der Fahrbahn auf dem Schutzweg zu ermöglichen und lege nicht nur eine Geschwindigkeitsbeschränkung für die Annäherung von Fahrzeugen an Schutzwege, sondern auch den Vorrang des sich bereits auf dem Schutzweg befindlichen und auch des sich dem Schutzweg in erkennbarer Benützungsabsicht nähernden Fußgängers fest. Allerdings dürfe auch ein Fußgänger einen Schutzweg nicht unmittelbar vor einem herannahenden Fahrzeug und für den Lenker überraschend betreten. "Unmittelbar" im Sinne dieser Gesetzesstelle bedeute nach der Rechtsprechung, dass der zur Beobachtung des Verkehrs verpflichtete Fußgänger den Schutzweg nicht so knapp vor einem Fahrzeug betreten dürfe, dass einem vorschriftsmäßig und aufmerksam fahrenden Lenker ein rechtzeitiges Anhalten nicht mehr möglich sei. "Überraschend" betrete ein Fußgänger den Schutzweg dann, wenn andere Straßenbenützer nach den Umständen nicht mehr damit rechnen könnten und nicht mehr in der Lage seien, ihr eigenes Verhalten darauf abzustellen. Bei der Beurteilung des Verhaltens der Verkehrsteilnehmer müssten alle relevanten Umstände, wie Geschwindigkeit des sich nähernden Fahrzeuges, der Abstand vom Schutzweg, der Zustand der Fahrbahn udgl berücksichtigt werden. Insbesondere verpflichte eine Sichtbehinderung den sich dem Schutzweg nähernden Lenker zu besonderer Vorsicht. Der PKW-Lenker wäre in dem hier zu beurteilenden Fall zu besonderer Vorsicht verpflichtet gewesen, weil ihm die Sicht auf den gesamten Schutzweg durch den davor haltenden Autobus verwehrt gewesen sei und er nicht ohne weiteres davon habe ausgehen können, dass sich kein Fußgänger auf dem Schutzweg befinde. Die Unterlassung der erforderlichen Sorgfalt begründet ein Verschulden des PKW-Lenkers. Der Kläger habe sich schon beim Abschreiten der Busfront auf dem Schutzweg befunden, weshalb ihm grundsätzlich das Vorrecht im Sinne des § 9 Abs 2 StVO zugekommen sei. Dennoch sei er vor den eine gegenseitige Sichtbehinderung darstellenden Autobus hervorgetreten, ohne sich "genau genug" davon überzeugt zu haben, ob der die Fahrbahn gefahrlos werde überqueren könne und habe den 19 m entfernten PKW nicht wahrgenommen, obwohl er sich problemlos in seinem Sichtbereich befunden habe. Da das unachtsame Hervortreten vor eine gegenseitige Sichtbehinderung darstellenden Gegenständen grundsätzlich äußerst gefahrenträchtig sei und für den PKW-Lenker spreche, dass er der Kläger nur 1,2 m in seiner Fortbewegung wahrnehmen habe können und ihm keine Reaktionsverspätung zur Last falle, müsse dem Kläger ein messbares Mitverschulden von einem Viertel zur Last gelegt werden.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil das Berufungsgericht in gewisser Weise von der in ZVR 1994/87 vertretenen Rechtsansicht abgewichen sei und weil zur Frage, ob insbesondere bei Anwendung der neuen Bestimmung des § 9 Abs 2 StVO der Sorgfaltsverstoß des Fußgängers, der unachtsam vor oder hinter einem angehaltenen Autobus die Fahrbahn auf diesem Schutzweg überquere, gegenüber dem sich mit relativ überhöhter Geschwindigkeit dem Schutzweg nähernden PKW-Lenker gänzlich in den Hintergrund zu treten habe, eine neue Judikatur des Obersten Gerichtshofes fehle.

Der Kläger begehrt mit seiner Revision den Zuspruch eines weiteren Betrages von S 95.057,90 sowie die Stattgebung des Feststellungsbegehrens, obwohl - laut seiner Anfechtungserklärung - das Berufungsurteil lediglich insoweit angefochten wurde, als ein Teilbetrag von S 68.345,95 und das Feststellungsbegehren abgewiesen wurde. Die dem Revisionsantrag nicht entsprechende Anfechtungserklärung schadet jedoch nicht, weil der Revisionswerber - ausgehend vom Alleinverschulden des PKW-Lenkers - erkennbar den Zuspruch eines weiteren Schmerzengeldbetrages von S 19.000,-- sowie offensichtlich auch den Zuspruch des aus der Nebenbeschäftigung erwachsenen Verdienstentganges begehrt. Der Revisionswerber verweist darauf, dass ihm ein messbares Mitverschulden nicht angelastet werden könne, weil er als Fußgänger darauf vertrauen habe können, dass ihm die gefahrlose Überquerung der Fahrbahn auf dem Schutzweg ermöglicht werde, weil nach der (strengeren) Bestimmung des § 9 Abs 2 StVO idF

19. StVONov das Vorrecht bereits dann einzuräumen gewesen wäre, wenn er sich dem Schutzweg in Benützungsabsicht näherte. Die erlittenen Verletzungen rechtfertigten auch ein Schmerzengeld von S 190.000,-- (anstelle des zugesprochenen Betrages von S 171.000,--).

Die beklagte Partei beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

Das Verschulden des PKW-Lenkers, der sich im Ortsgebiet einem Schutzweg mit einer Geschwindigkeit von 52-53 km/h näherte und dessen Sicht auf den gesamten Schutzweg durch einen unmittelbar davor in einer Haltestelle stehenden Autobus eingeschränkt ist, steht außer Diskussion. Zu prüfen ist, ob auch den Kläger ein messbares Mitverschulden trifft.

Nach der - unverändert gebliebenen - Bestimmung des § 76 Abs 4 StVO dürfen Fußgänger einen Schutzweg nicht unmittelbar vor einem herannahenden Fahrzeug und für dessen Lenker überraschend betreten. Das Berufungsgericht hat die Rechtsprechung, wann "überraschendes" Betreten der Fahrbahn vorliegt, also wenn andere Straßenbenützer den Umständen nach nicht damit rechnen konnte und nicht mehr in der Lage sind, ihr eigenes Verhalten danach einzurichten, zutreffend wiedergegeben. Es trifft ebenfalls zu, dass "unmittelbar vor" einem herannahenden Fahrzeug ein Schutzweg durch einen Fußgänger dann betreten wird, wenn sich dieses bereits innerhalb des Anhalteweges befindet (Messiner, StVO10, § 76 Anm 9). Ob dies zutrifft, betrifft aber grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage, weil jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalls zur Beurteilung heranzuziehen sind. Das Berufungsgericht hat auch die Grundsätze dazu richtig wiedergegeben, weshalb sich eine neuerliche Auseinandersetzung, in welchen Fällen ein Fußgänger, dem auch im Sinne des § 9 Abs 2 StVO idF § 19 StVONov ein Vorrecht schon dann zukommt, wenn er den Schutzweg zu benützen beabsichtigt, die Fahrbahn dann nicht mehr betreten darf, wenn dies unmittelbar vor einem herannahenden Fahrzeug geschieht. Der Hinweis auf die E ZVR 1994/87 kann die Revisionszulässigkeit nicht begründen, weil sich der damals zu entscheidende Sachverhalt doch erheblich vom hier zu beurteilenden unterschieden hat. Hier ist zu berücksichtigen, dass der Kläger den von links kommenden Verkehr "nicht genau" beobachtete, obwohl ihm dies problemlos möglich gewesen wäre. Auch einem "bevorrechteten" Fußgänger ist zuzumuten, nicht gleichsam "blind" den Schutzweg zu betreten. Hätte der Kläger aber den herannahenden PKW entsprechend beobachtet, dann hätte er auch erkennen können, dass dieser zufolge der eingehaltenen Geschwindigkeit nicht mehr vor dem Schutzweg angehalten werden kann. Im Fall der E ZVR 1994/87 aber hätte der herannahende PKW-Lenker sein Fahrzeug bei der von ihm eingehaltenen Geschwindigkeit noch anhalten können. Wegen dieses Unterschieds im Sachverhalt liegt daher kein für die Revisionszulässigkeit erforderliches Abgehen von höchstgerichtlicher Rechtsprechung durch das Berufungsgericht vor. Auch die von den Vorinstanzen vorgenommene Ausmessung des Schmerzengeldes berührt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Revisionsrechts. Ein Verfahrensmangel des Berufungsgerichtes liegt ebenfalls nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, weil die beklagte Partei auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.