JudikaturJustiz2Ob266/82

2Ob266/82 – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. März 1983

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Scheiderbauer sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Brigitte P*****, vertreten durch den besonderen Sachwalter Dr. Heinz Knoflach, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1. Jakobus B*****, 2. Firma H*****, und 3. V*****, vertreten durch Dr. Heinz Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 700.000 S sA und 500.000 S sA, infolge Revisionen der klagenden und beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. September 1982, GZ 1 R 211/82 31, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 17. Mai 1982, GZ 14 Cg 161/81 22, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Keiner der Revisionen wird Folge gegeben.

Die beklagten Parteien haben der Klägerin zur ungeteilten Hand die mit 16.139,17 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.195,49 S USt) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Klägerin hat den beklagten Parteien die mit 17.500,26 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.154,09 S USt und 1.920 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 12. 4. 1963 geborene Klägerin wurde am 31. 1. 1981 als Insassin eines PKW auf der Inntal Autobahn in der Nähe der Ausfahrt Jenbach dadurch schwer verletzt, dass der vom Erstbeklagten gelenkte, von der zweitbeklagten Partei gehaltene LKW Kennzeichen 34 NB 03 (NL) auf den PKW auffuhr und ihn gegen ein Vorderfahrzeug drückte. Die drittbeklagte Partei tritt für den ausländischen Versicherer des LKW ein.

In der pflegschaftsbehördlich genehmigten Klage wird das Verschulden des LKW Lenkers am Unfall behauptet und aus dem Titel des Schadenersatzes ein Schmerzengeld von zunächst 100.000 S sA, und sodann (Klagsausdehnungen AS 17, 45 und 62) von global 1.200.000 S sA sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für die zukünftigen Unfallsschäden, bei der drittbeklagten Partei eingeschränkt auf die Versicherungssumme, begehrt. In der Folge brachte die Klägerin noch vor (AS 99) der Klagsbetrag von 1,2 Mio S werde nicht nur als Schmerzengeld begehrt, sondern dieser Leistungsanspruch zusätzlich auch auf die Bestimmung des § 1326 ABGB gestützt, zumal die Klägerin durch den Unfall schwer verunstaltet sei und dadurch in ihrem Fortkommen auf Lebenszeit schwerstens beeinträchtigt und nie selbständig einer Arbeit nachzugehen und eine Familie zu gründen in der Lage sein werde.

Die beklagten Parteien beantragten Klagsabweisung mit der Begründung, die Klägerin liege seit dem Unfall ununterbrochen in tiefer Bewusstlosigkeit und empfinde keinerlei Schmerzen, sodass kein Schmerzengeldanspruch bestehe. Ihre Haftung dem Grunde nach stellten sie außer Streit (AS 62).

Das Erstgericht gab der Klage mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens statt.

Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil im Ausspruch über das Leistungsbegehren dahin ab, dass es der Klägerin einen Betrag von 700.000 S sA zusprach und das Mehrbegehren abwies.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts wenden sich die Revisionen aller Streitteile. Die Klägerin macht die Revisionsgründe des § 503 Z 2 und 4 ZPO geltend und beantragt die Abänderung des berufungsgerichtlichen Urteils im Sinne einer Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung; hilfsweise stellt sie auch einen Aufhebungsantrag. Die beklagten Parteien stützen sich auf die Revisionsgründe des § 503 Z 3 und 4 ZPO und beantragen die Abänderung dahin, dass das Leistungsbegehren abgewiesen werde.

In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen die Streitteile jeweils, der gegnerischen Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Keine der Revisionen ist gerechtfertigt.

Das Erstgericht traf die auf den Seiten 5 bis 8 (AS 115 ff) der Urteilsausfertigung angeführten Sachverhaltsfeststellungen. Danach erlitt die Klägerin beim Unfall ein schwerstes Schädelhirntrauma mit offener Impressionsfraktur des Schädels und massiven Hirnödem, einen Schlüsselbeinbruch rechts und einen Schulterblatthalsbruch rechts. Sie war sofort bewusstlos, musste zunächst künstlich beatmet und sodann ständig künstlich ernährt werden, trug einen Harnkatheter, entwickelte verschiedene Infekte und blieb stets tief bewusstlos. Am 9. 2. 1981 wurde ein traumatischer unfallsbedingter Hirnstammschaden festgestellt. Die Klägerin war in typischer Weise apallisch, zeigte einen seltenen Lidschlag und geringe Kaubewegungen, hatte eine Hyperreflexie mit Rechtsakzent und bot ein Mittelhirnsyndrom der Phase IV bei verschlechterter Körpermotorik. Sie ist seit dem Unfall tief bewusstlos, nimmt mit ihrer Umgebung keinen Kontakt auf, zeigt aber primitive Bewegungsmuster. Durch die lange Bettruhe ist sie im Bereiche der Gelenke bereits beträchtlich eingesteift und zum Teil verkrümmt. Durch derartige Verkrampfungen an den Gelenken ist sie auch äußerlich entstellt. Sie kann zwar Schmerzen empfinden, nimmt sie aber nicht bewusst wahr. Ihre Lebenserwartung ist stark eingeschränkt, wobei eine Ziffernangabe in Jahren nicht möglich ist. Apalliker wie die Klägerin sterben erfahrungsgemäß nicht an ihrer Gehirnverletzung, sondern aufgrund der verminderten Fähigkeit ihres Körpers, mit auftretenden Komplikationen fertig werden zu können. Es ist in hohem Maße unwahrscheinlich, dass die Klägerin jemals wieder zu klarem Bewusstsein gelangt. Sie wird Zeit ihres Lebens bettlägerig bleiben und einer intensiven Pflege bedürfen. Weitere Unfallsfolgen, insbesondere Komplikationen wie zum Beispiel Wundliegen, Verschlechterung der Gelenksbeweglichkeit usw sind nicht auszuschließen. Die von der Klägerin durch den Unfall erlittenen und weiter zu erwartenden Schmerzen lassen sich, der sonstigen gerichtlichen Praxis entsprechend, nicht näher eingrenzen. Bei der Klägerin besteht ein posttraumatischer Zustand, wie er an der Grenze des möglichen Lebens liegt und zu den schwersten und hoffnungslosesten Existenzformen eines menschlichen Lebens gehört. Durch den Unfall wurde die Aussicht der ledigen Klägerin auf besseres Fortkommen, insbesondere auch die Aussicht auf eine mögliche Eheschließung, gänzlich vernichtet. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, dass im Hinblick auf die Art und Folgen der Verletzungen der Klägerin unter Beachtung des bereits lange dauernden und hoffnungslosen Zustands der Klägerin an der Grenze menschlicher Existenz ein Schmerzengeld von 1 Mio S und eine Verunstaltungsentschädigung von 200.000 S angemessen erscheine und somit der begehrte Gesamtbetrag von 1,2 Mio S zuzusprechen sei. Der Umstand, dass die Klägerin die Schmerzen nicht bewusst wahrnehme, sondern nur empfinde, sei rechtlich unerheblich.

Das Berufungsgericht übernahm sämtliche erstgerichtlichen Feststellungen und trat der Rechtsansicht des Erstgerichts bei, dass Schmerzengeld auch dann beansprucht werden könne, wenn die Schmerzen nicht bewusst erlebt und rational verarbeitet, sondern nur empfunden werden. Hinsichtlich der Höhe des Schmerzengeldbetrags war es allerdings der Meinung, der vorliegende Fall eines extremen Zustands der Klägerin sei dem in Jarosch Müller Piegler , Das Schmerzengeld, 4. Aufl, E 1559, angeführten Fall, in welchem die bisherige Höchstsumme von 900.000 S zugesprochen worden sei, deswegen doch nicht vergleichbar, weil dort der Zustand völliger Versehrtheit der Verletzten bewusst gewesen sei, das bewusste Erleben eines dermaßen beeinträchtigten Daseins aber ein noch schwereres Los als jenes tragische darstelle, welchem die Klägerin unterworfen sei. Unter Bedachtnahme auf alle Umstände dieses Falls erscheine ein Schmerzengeldbetrag von 700.000 S gerechtfertigt. Dagegen könne eine Verunstaltungsentschädigung mangels eines ziffernmäßig bestimmten diesbezüglichen Begehrens nicht zugesprochen werden. Die Verunstaltungsentschädigung nach § 1326 ABGB und das Schmerzengeld nach § 1325 ABGB stellten nämlich verschiedene Ansprüche dar, sodass es nicht genüge, wenn die klagende Partei die Gesamtforderung von 1,2 Mio S „auch auf den Anspruch gemäß dem § 1326 ABGB“ stütze. Vielmehr müssten Hauptanspruch und Eventualanspruch ziffernmäßig bestimmt sein.

Zum Schmerzengeldanspruch:

Unter dem Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit rügen die beklagten Parteien, das angefochtene Urteil enthalte im Rahmen der rechtlichen Beurteilung die Feststellung, dass „das apallische Syndrom, an welchem die Klägerin unfallskausal leidet, durch eine primitive Bewusstseinshelligkeit ohne Inhalte, neurologische Gehirnstammzeichen und das Fehlen sinnvoller Reaktionen charakterisiert sei, wobei das Bewusstsein auf primitiver Stufe erhalten sei ...“. Demgegenüber ergebe sich aus dem Sachverständigengutachten, dass die Klägerin Schmerzreize bewusst nicht erleben könne. Somit müsse davon ausgegangen werden, dass die Schmerzen „im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Urteils nicht empfunden werden“.

Soweit in den zitierten, im Rahmen der rechtlichen Beurteilung getroffenen Ausführungen des Berufungsgerichts eine Tatsachenfeststellung liegt, erscheint sie entgegen der Meinung der beklagten Parteien durch den Akteninhalt durchaus gedeckt. Der Sachverständige Dr. Lugger hat nämlich auf AS 66 ausdrücklich angegeben, dass ein apallisches Syndrom auch oft als primitive Bewusstseinshelligkeit ohne Inhalt bezeichnet wird. Hinsichtlich der weiteren Darlegungen hat das Berufungsgericht sodann aber lediglich auf seine unüberprüfbare Beweiswürdigung verwiesen.

Von einer Aktenwidrigkeit kann daher keine Rede sein. Der Revisionsgrund des § 503 Z 3 ZPO ist somit nicht gegeben.

In ihrer Rechtsrüge verweisen die beklagten Parteien grundsätzlich auf die Entscheidung 8 Ob 18/72 nach welcher ein Schmerzengeldanspruch bei mangelnder Schmerzempfindung ausgeschlossen sei und bezeichnen sodann die Ansicht des Berufungsgerichts, es könne jemand Schmerzen empfinden, ohne sie bewusst zu erleben, als unrichtig. Da eine Schmerzempfindung nur subjektiv auftrete, könne „eine völlige Bewusstlosigkeit im Zuge eines apallischen Syndroms keine Grundlage für eine bewusste und somit subjektive Schmerzempfindung darstellen“. Demgemäß sei nicht zu differenzieren, „ob ein komplett bewusstloser Patient in irgendeiner Form Schmerzen erlebt oder nicht, wenn nicht gleichzeitig festgestellt werden kann, dass diese Schmerzen auch in irgendeiner Form empfunden werden“. Nach dem Sachverständigengutachten Dr. Druml nehme die Klägerin Schmerzen nicht wahr und es sei auszuschließen, „dass die Klägerin Schmerzreize bewusst erleben könnte“. Demgemäß sei der geltend gemachte Schmerzengeldanspruch zu verneinen.

Diesen Ausführungen kann im Ergebnis nicht gefolgt werden.

Richtig ist zwar, dass zwischen der Feststellung der tiefen Bewusstlosigkeit der Klägerin und jener, dass sie Schmerzen empfinde, ein gewisser Widerspruch vorzuliegen scheint. Die Wertung des Grades der Bewusstlosigkeit ist jedoch deswegen nicht von entscheidender Bedeutung, weil der aus dieser Bewusstlosigkeit hervorgehende Zustand der Klägerin von den Sachverständigen im Einzelnen beschrieben wurde und das Erstgericht seine Feststellung, dass die Klägerin Schmerzen empfinde, insgesamt auf diese Beschreibungen in den Gutachten gestützt hat. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. Lugger in AS 66 ist die Klägerin nicht mit einem tief Bewusstlosen, der nur auf einer Intensivstation überleben könnte, vergleichbar, sondern ihr Zustand muss als schwerste Bewusstseinstrübung eingestuft werden. Wesentlich erscheine dabei, dass die Klägerin Schmerzreize beantworte, auch wenn sie diese nicht wie ein Bewusstseinsklarer erlebe. Beim apallischen Syndrom, welches oft als primitive Bewusstseinshelligkeit bezeichnet werde, lägen wohl Schmerzzustände vor, welche mit elementaren Abwehrreaktionen wie Änderung des Gesichtsausdrucks usw beantwortet würden, jedoch fehle eine rationale Schmerzempfindung. Der Sachverständige Dr. Druml führte gutächtlich aus (AS 81, 83) bei Schmerzreizen (Kneifen in die Wade oder in die Oberarme) reagiere die Klägerin mit ungerichteten Kopfbewegungen, vertiefter Atmung usw. Diese Schmerzreize führten also reflektorisch zu gewissen Bewegungsstereotypien und vegetativen Reaktionen, sie würden aber nicht bewusst erlebt, sodass die Klägerin zwar Schmerzen empfinde aber nicht bewusst wahrnehme. Ihre Fähigkeit, Reize der Außenwelt zu empfinden, sei hochgradig herabgesetzt, zumal es durch die Unfallsverletzung zu einem weitgehenden Verlust der Großhirnfunktionen und damit einer hochgradigen Einschränkung der cerebralen Funktionen gekommen sei. Schließlich wird von den Sachverständigen auf eine auch aus den im Akt befindlichen Lichtbildern ersichtliche Wachphase bzw einen Nachtschlaf hingewiesen (AS 29, 79).

Die auf die Gutachten gegründete erstgerichtliche Feststellung, dass die Klägerin vorliegendenfalls eben Schmerzen empfindet, wenngleich nicht bewusst erlebt, hat das Berufungsgericht übernommen und der Oberste Gerichtshof ist daran gebunden. Soweit die Revisionsausführungen der beklagten Parteien davon abweichen, entsprechen sie nicht dem Gesetz und sind daher unbeachtlich. Dass für empfundene Schmerzen ein Schmerzengeldanspruch besteht, wird von den beklagten Parteien im Grunde gar nicht bestritten und entspricht der vom Berufungsgericht zitierten Lehre und Rechtsprechung (weiters auch insbesondere ZVR 1978/180; 1979/101; 2 Ob 273/75). In der von den beklagten Parteien zitierten Entscheidung 8 Ob 18/72 = ZVR 1972/195 lag dagegen ein Fall zugrunde, in welchem der Verletzten nicht nur keine Schmerzen bewusst waren, sondern ihr auch tatsächlich jegliche Schmerzempfindung fehlte , sodass der Anspruch auf Schmerzengeld folgerichtig zu verneinen war.

Die Höhe des vom Berufungsgericht zuerkannten Schmerzengeldbetrags wird von den beklagten Parteien nicht bekämpft.

Ihrer Revision war demgemäß ein Erfolg zu versagen.

Die Revision der Klägerin steht auf dem Standpunkt, der vom Erstgericht zuerkannte Schmerzengeldbetrag von 1 Mio S sei entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts jedenfalls gerechtfertigt. Die Klägerin nehme ihre Schmerzen wahr, sei aber allen Beeinträchtigungen absolut wehrlos ausgeliefert und es könne ihr nicht einmal Trost gespendet werden.

So tragisch das Schicksal der Klägerin, insgesamt betrachtet erscheinen muss, kann entgegen diesen Ausführungen doch nicht übersehen werden, dass sie ihre Schmerzen nicht im Sinne eines bewussten Erlebens wahrnimmt, sondern ohne rationale Verarbeitung, also ohne eigene geistige und seelische Stellungnahme, erleidet. Es handelt sich um körperliche Schmerzen, die durch ihren Allgemeinzustand, insbesondere ihre Bettlägerigkeit, hervorgerufen werden, insoweit aber von außerordentlichem Gewicht sind, weil die Klägerin hieran voraussichtlich bis an ihr Lebensende zu leiden haben wird. Unter diesen Umständen ist eine Gleichstellung mit jenen Fällen, die zu den bisher um 1 Mio S liegenden Höchstzusprüchen an Schmerzengeld führten, aber keinesfalls gegeben, weil in diesen eben neben den körperlichen Schmerzen das aus dem Wissen um den Verlust aller positiven Lebensinhalte entspringende seelische Leid im juristisch möglichen Ausmaß zu berücksichtigen war. Allein ihre vom Unfallszeitpunkt, in welchem sie knapp 18 Jahre alt war, bis an ihr Lebensende andauernden körperlichen Schmerzen können aber bei voller Bedachtnahme darauf, dass hiedurch selbst die einzig noch verbliebene leibliche Existenz beeinträchtigt wird, keinesfalls ein höheres als das vom Berufungsgericht zuerkannte Schmerzengeld von 700.000 S rechtfertigen.

Zur Verunstaltungsentschädigung:

Die Klägerin führt in ihrer Revision aus, das Erstgericht habe die Verunstaltungsentschädigung von 200.000 S unter zulässiger Anwendung des § 273 ZPO zuerkannt, die Klage habe insgesamt auch ein bestimmtes Leistungsbegehren von 1,2 Mio S enthalten und aus den Bestimmungen der §§ 1325 und 1326 ABGB könne keine „Verschiedenheit der Ansprüche ihrer Rechtsnatur“ nach abgeleitet werden, denn in beiden Bestimmungen sei sowohl der Ersatz materieller als auch immaterieller Schäden vorgesehen. Darüber hinaus hätten die Unterinstanzen gemäß § 182 ZPO die Präzisierung ihres Vorbringens auftragen müssen. Schließlich habe sie ein Eventualbegehren nicht gestellt.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Wie bereits eingangs dargestellt, brachte die Klägerin in AS 99 vor, dass der Leistungsanspruch , di der gemäß § 1325 ABGB für Schmerzengeld begehrte Betrag von 1,2 Mio S „zusätzlich auch noch auf den Rechtsgrund des § 1326 gestützt werde“.

Damit leitet die Klägerin ihr Leistungsbegehren aus zwei verschiedenen entgegen ihrer Ansicht werden nach § 1325 ABGB materielle Nachteile, mit dem Schmerzengeld nach § 1325 ABGB jedoch immaterielle Schäden (körperliche Schmerzen und seelisches Leid) ausgeglichen (2 Ob 16/74; 8 Ob 98/79; 1 Ob 710/80, 8 Ob 211/81 ua) selbständigen Rechtsgründen ab, was grundsätzlich zulässig ist (ZVR 1963/184; 5 Ob 744/81 ua), macht also nicht kumulativ zwei Klagsansprüche im Sinne einer objektiven Klagenhäufung geltend, denn dann hätte sie den Betrag von 1,2 Mio S doppelt fordern müssen. Somit war auf den zweiten Rechtsgrund aber nur bei Verneinung des ersteren einzugehen. Vorliegendenfalls wurde der geltend gemachte Leistungsanspruch bereits aus dem primären Rechtsgrund des Schmerzengelds gemäß § 1325 ABGB bejaht und solches, wenngleich nicht in der vollen begehrten Höhe, zuerkannt. Demgemäß war für den hinsichtlich desselben Leistungsbegehrens zusätzlich , also sekundär, geltend gemachten Rechtsgrund aber kein Raum. Dies wäre nur der Fall gewesen, wenn die Klägerin den Schmerzengeldanspruch als Hauptanspruch und die Verunstaltungsentschädigung als Eventualanspruch geltend gemacht hätte. Einer solchen wohl nicht möglichen Auslegung ihres Vorbringens wird in ihrer Revision ausdrücklich widersprochen. Unter diesen Umständen bestand auch für die Anwendung der §§ 182 und 273 ZPO von vornherein keine Grundlage.

Der insgesamt ungerechtfertigten Revision der Klägerin war somit ebenfalls ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Rechtssätze
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