JudikaturJustiz23R316/05a

23R316/05a – LG St. Pölten Entscheidung

Entscheidung
21. Dezember 2005

Kopf

Das Landesgericht St. Pölten als Rekursgericht hat durch die Richter Dr. Weitzenböck (Vorsitzender) und Dr. Brenner sowie die Richterin Mag. Fischer in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Rosza S*****, geb. *****.1955, *****, ***** St. Pölten *****, vertreten durch Dr. Peter Resch, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die beklagte Partei Günther S*****, geb. *****1957, *****, ***** Pyhra, vertreten durch Dr. Stefan Gloß u.a., Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen Unterhalt (Streitwert nach RATG EUR 6.295,80; nach GGG EUR 10.935,30), hier: wegen Kosten (Rekursinteresse EUR 387,23), über den Rekurs des Beklagten gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 21.9.2005, 2 C 213/04k-18, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird t e i l w e i s e F o l g e gegeben. Das angefochtene Urteil wird in seinem Punkt 3. (Kostenentscheidung) dahingehend a b g e ä n d e r t , dass es zu lauten hat wie folgt:

„Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin zu Handen des Klagevertreters einen mit EUR 1.746,11 (darin enthalten EUR 222,14 USt und EUR 413,25 Pauschalgebühr) bestimmten Prozesskostenanteil binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten zu Handen des Beklagtenvertreters einen mit EUR 22,27 (darin EUR 3,71 USt) bestimmten Anteil an den Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Ein Revisionsrekurs ist j e d e n f a l l s u n z u l ä s s i g .

Text

Begründung:

Gegenstand dieses Verfahrens in der Hauptsache war ein Unterhaltsanspruch der Klägerin nach erfolgter Ehescheidung. Der Beklagte leistete der Klägerin zunächst monatlichen Unterhalt in Höhe von EUR 145,35. Mit ihrer am 20.12.2004 bei Gericht eingelangten Klage begehrte die Frau einen monatlichen Unterhalt beginnend ab 2.11.2004 in Höhe von insgesamt EUR 450,-- (Differenz monatlich EUR 304,65). In der Tagsatzung vom 23.2.2005 dehnte die Klägerin ihr Begehren dahingehend aus, dass der Beklagte ab November 2004 monatlich insgesamt EUR 670,-- zahlen möge (Differenz nunmehr insgesamt EUR 524,65 monatlich; Streitwert nach § 58 JN daher EUR 18.887,40, nach § 9 Abs. 3 RATG Bemessungsgrundlage für die Kosten daher EUR 6.295,80). Schließlich dehnte die Klägerin in der Tagsatzung vom 11.5.2005 ihr Unterhaltsbegehren dahingehend aus, als der Beklagte auch für den Zeitraum von Mai 2002 bis Oktober 2004 verpflichtet werden möge, einen monatlichen Unterhalt in Höhe von EUR 300,-- (statt der geleisteten EUR 145,35) zu leisten. Mit dem nunmehr im Kostenpunkt angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Erhöhungsbegehren der Klägerin, sofern es auf den Zeitraum ab 2.11.2004 gerichtet ist, statt und verpflichtete den Beklagten, anstelle des bisherigen monatlichen Unterhalts von EUR 145,35 ab 2.11.2004 einen solchen in Höhe von monatlich EUR 670,-- zu bezahlen. Hinsichtlich des Zeitraumes Mai 2002 bis Oktober 2004 wies das Erstgericht das Unterhaltserhöhungsbegehren der Klägerin ab. Die Abweisung des Mehrbegehrens stützt das Erstgericht insbesondere auf § 72 EheG. Der Beklagte sei mit seinen Zahlungen nämlich nicht in Verzug geraten, da die erforderliche außergerichtliche und inhaltlich bestimmte Mahnung nicht erfolgt war, der Hinweis des Erstgerichtes auf hg. 23 R 117/04k ist durchaus zutreffend.

Festzuhalten ist, dass die Klägerin dieses Urteil überhaupt nicht, der Beklagte nur die Kostenentscheidung bekämpft hat. Das Erstgericht hat der Klägerin im Ergebnis ihre gesamten Kosten unter Berufung auf § 41 ZPO zugesprochen, hierbei allerdings den vom Klagevertreter für die letzte Tagsatzung am 11.5.2005 verzeichneten Tarifansatz auf jenen der Bemessungsgrundlage EUR 6.295,80 gekürzt, wie sich aus den Korrekturen auf dem Kostenverzeichnis des Klagevertreters ergibt. In der Begründung führt das Erstgericht hierzu aus, dass Unterhaltsrückstände bei der Ermittlung des Obsiegens jedenfalls dann außer Betracht bleiben, wenn sie insgesamt den Schnitt dreier Jahre laufenden Unterhalts nicht überschreiten. Dies sei hier der Fall. Beim laufenden Unterhalt allerdings habe die Klägerin voll obsiegt. Das Erstgericht weist auch darauf hin, dass hinsichtlich der Bemessung des Streitwertes die neben dem laufenden Unterhalt geltend gemachten rückständigen Unterhaltsansprüche außer Betracht zu bleiben haben.

Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, seine Kostenersatzverpflichtung für die Verfahrenskosten 1. Instanz auf EUR 1.660,15 herabzusetzen. Im Wesentlichen stützt sich der Rekurswerber darauf, dass die Klägerin ab der Klagsausdehnung am 11.5.2005 (als die Ausdehnung für die Vergangenheit vorgenommen wurde) nur teilweise obsiegt habe. Für diesen letzten Verfahrensabschnitt seien daher Obsiegensquoten zu ermitteln. Ab dieser Klagsausdehnung habe die Klägerin mit lediglich rund 75 % obsiegt, sodass ihr für die letzte Verhandlung nur 50 % ihrer Kosten nach dem RATG zustünden. Nach § 15 GGG habe gerade die letzte Klagsausdehnung zu einem Tarifsprung geführt. Der Klägerin hätten daher nur 75 % der insgesamt angefallenen Pauschalgebühr von EUR 551,--, sohin EUR 413,25, zuerkannt werden dürfen. Das Mehrbegehren von EUR 173,75 hätte daher abgewiesen werden müssen. Bei genauer Betrachtung ergibt sich, dass bei der Abfassung des Rekurses hier offensichtlich ein Ziffernsturz erfolgte, da die im Text ausgeführte Differenz von EUR 551,-- auf die 75 % (EUR 413,25) exakt EUR 137,75 beträgt und nicht wie auf Seite 4, rechte Spalte, im Rekurs ausgeworfen EUR 173,75. Auch der Rekursantrag enthält in seinem Punkt 1. ausdrücklich die Summe von EUR 413,25 bei der Bezifferung der zu zahlenden Pauschalgebühr.

Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben. Sie weist insbesondere darauf hin, dass die Abweisung des rückständigen Unterhaltsanspruches ohne gesonderte Beweisaufnahme und somit ohne Verursachung besonderer Kosten erfolgte. Damit sei § 43 Abs. 2 ZPO jedenfalls sinngemäß anzuwenden.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

Vorweg ist auf die sich aus § 9 Abs. 3 RATG einerseits und § 15 Abs. 5 letzter Satz GGG andererseits ergebenden unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen hinzuweisen. Auch der Rekurswerber selbst hat auf die sich hieraus ergebenden Unterschiede durchaus zutreffend verwiesen. Die Bemessungsgrundlage nach dem RATG ergibt sich gemäß § 9 Abs. 3 aus dem Einfachen der Jahresleistung. Da § 9 Abs. 2 sinngemäß anzuwenden ist, ist hierfür vom Erhöhungsbetrag auszugehen. Der monatliche Erhöhungsbetrag ergibt sich in diesem Fall mit EUR 524,65, die einfache Jahresleistung und gleichzeitig Bemessungsgrundlage nach dem RATG folglich mit EUR 6.295,80. Dies bezogen jedenfalls auf die letzte Tagsatzung am 11.5.2005, hinsichtlich derer allein der Rekurswerber die unrichtige Kostenentscheidung im Ergebnis geltend macht. Für die Bestimmung der Pauschalgebühr allerdings gilt § 15 Abs. 5 GGG, welcher zwar auch auf das Einfache der Jahresleistung als Bemessungsgrundlage Bezug nimmt, in seinem letzten Satz allerdings bestimmt, dass zu diesem künftigen Unterhalt auch der geltend gemachte Unterhaltsanspruch für die Vergangenheit hinzuzurechnen ist. Hinsichtlich der Pauschalgebühr ergibt sich daher durch die Ausdehnung in der Tagsatzung am 11.5.2005 auch um rückständigen Unterhalt tatsächlich ein Tarifsprung, und zwar von zunächst EUR 233,-- auf letztlich EUR 551,--. Hierbei ist der Vollständigkeit halber zu bemerken, dass die Ausdehnung des laufenden Unterhaltes allein keinen Tarifsprung bewirkt hat, da bereits für das ursprüngliche und zunächst niedriger gehaltene monatliche Unterhaltsbegehren eine Pauschalgebühr in Höhe von EUR 233,-- zu entrichten war. Die Tarifgrenze liegt hier bei EUR 7.270,-- (vgl. TP 1 des GGG). Gemäß § 2 Z 1 lit. b GGG entsteht die Gebührenpflicht mit dem Beginn der Protokollierung der Klagsausdehnung, sodass es in diesem Fall unerheblich ist, inwiefern der Klägerin die ergänzende Pauschalgebühr überhaupt bereits vorgeschrieben wurde oder nicht. Der Rekurswerber meint nun in seinem Rechtsmittel, hinsichtlich der letzten Tagsatzung hätte eine Obsiegensquote der Kostenentscheidung zugrundegelegt werden müssen, da die Klägerin mit ihrem erst in der letzten Tagsatzung geltend gemachten Unterhaltsrückstandsbegehren zur Gänze unterlegen sei. Es gehe nicht an, den erst nachträglich behaupteten Rückstand bei der Beurteilung des Obsiegens überhaupt nicht zu berücksichtigen. Der Rekurswerber meint daher, die Klägerin könne für diesen letzten Verfahrensabschnitt lediglich 50 % ihrer Anwaltskosten zugesprochen erhalten. Den Rekursausführungen ist zu entnehmen, dass der Rekurswerber bei der Berechnung des seiner Ansicht nach gerechtfertigten Ersatzbetrages offensichtlich selbst von einer Bemessungsgrundlage nach RATG auch für diese letzte Streitverhandlung in Höhe von EUR 6.295,80 ausgeht (der Ansatz nach TP 3 A beträgt hier EUR 260,25, zuzüglich 60 % Einheitssatz ergibt sich die im Rekurs angegebene Nettoverdienstsumme von EUR 416,40). Das Rekursgericht vermag sich diesen Ausführungen im Grundsatz durchaus anzuschließen.

Zum besseren Verständnis ist auf die zum Kostenersatz im Unterhaltsverfahren entwickelten Grundsätze der Judikatur kurz einzugehen. Zunächst einmal entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass bei der Kostenentscheidung nach § 43 Abs. 2 ZPO vorgegangen werden kann, sofern zwar ein Teil des Unterhaltsanspruches abgewiesen wurde, dieser jedoch nicht offenbar überhöht eingeklagt wurde und das Ermessen des Gerichtes lediglich die Höhe des Anspruches betrifft. Eine geringfügige Überklagung kann hier keine Kostenfolgen nach sich ziehen (vgl. EFSlg 52.135; 49.306 f; 57.727 u.v.a.). Es entspricht jedoch ebenfalls ständiger Rechtsprechung, dass die Anwendung des § 43 Abs.2 ZPO ausscheidet, wenn der Unterhaltsanspruch bereits dem Grunde nach nicht zu Recht besteht (EFSlg 63.995). Hierunter verstand die Judikatur im Allgemeinen aber auch, dass ein Unterhaltsanspruch dem Grunde nach (nur) dann zu bejahen ist, wenn die Bemessungsgrundlage (d.h. die Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen) im Wesentlichen bekannt waren und keiner weitwendigen Erhebungen bedurften, andernfalls sei nach § 43 Abs.1 ZPO vorzugehen. Mit anderen Worten sollen Unklarheiten über die Höhe der Unterhaltsbemessungsgrundlage (das Einkommen des Unterhaltspflichtigen) zum „Grund des Unterhaltsanspruchs" gehören. Mit dieser Ansicht hat sich der erkennende Senat des Rekursgerichtes in der Entscheidung 37 R 389/01h bereits eingehend auseinandergesetzt und insbesondere darauf hingewiesen, dass dem Unterhaltskläger typischerweise in der Regel nur bruchstückhafte Informationen über das Einkommen des Unterhaltspflichtigen zur Verfügung stehen. Es wäre unbillig, dem Kläger allein das Risiko für derartige Unwägbarkeiten aufzubürden. Letztlich scheine es daher durchaus sachgerecht, die Bestimmung des § 43 Abs. 2 ZPO auch dann anzuwenden, wenn die Bemessungsgrundlage in gewisser Hinsicht erst im Zuge des Verfahrens geklärt werden könne, sofern nicht ein Fall einer offensichtlichen Überklagung vorliege. Im Ergebnis hat also das Rekursgericht in dieser Entscheidung eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches des § 43 Abs.2 ZPO vorgenommen.

Im konkreten Fall allerdings ist die Sachlage insofern etwas anders und im konkreten Fall sogar eindeutiger gestaltet, als sich die Abweisung eines Teils des Klagebegehrens (der Unterhaltsrückstände für die Zeit Mai 2002 bis Oktober 2004) nicht auf Grund der Ermittlung der Einkommensverhältnisse des Beklagten ergab, sondern vielmehr aus anderen, rein rechtlichen, Gründen erfolgte. Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass die Klägerin den Beklagten hinsichtlich der Unterhaltsrückstände nicht gemahnt hatte und der Beklagte folglich nicht in Verzug geraten war. Die Unterhaltsrückstände waren folglich schlichtweg verfristet. Vor diesem Hintergrund ist allerdings eindeutig festzuhalten, dass die Klägerin in diesem Umfang Unterhaltsansprüche geltend machte, welche tatsächlich bereits dem Grunde nach (im eigentlichen Sinne des Wortes) nicht zu Recht bestanden. Somit ist für diesen letzten Verfahrensabschnitt (der Rekurswerber spricht nur die letzte Tagsatzung an) eine Anwendung des § 43 Abs.2 ZPO jedenfalls ausgeschlossen. Für diesen Abschnitt ist vielmehr nach § 43 Abs.1 ZPO vorzugehen, es ist also dem Rekurswerber durchaus dahingehend zu folgen, dass in diesem letzten Verfahrensabschnitt Obsiegensquoten zu bilden sind.

Zwar ist dem Erstgericht zuzugeben, dass das Rekursgericht in der Entscheidung 23 R 117/04k unter Berufung auf vorangegangene Entscheidungen des Senates ausführte, dass Unterhaltsrückstände bei der Ermittlung des Obsiegens und Unterliegens jedenfalls dann außer Betracht bleiben, wenn sie insgesamt den Schnitt dreier Jahre laufenden Unterhalts nicht übersteigen. Allerdings lag jenen Entscheidungen stets ein Sachverhalt zugrunde, der an sich - nach der in hg 37 R 389/01h sowie auch weiter oben ausführlich dargestellten Ansicht des Rekursgerichtes - unter § 43 Abs.2 ZPO zu subsumieren gewesen wäre. Ein entsprechender Hinweis findet sich auch in den Schlussbemerkungen zu 23 R 117/04k. Ging es doch letztlich in all diesen Fällen stets um die Höhe der Unterhaltsbemessungsgrundlage. Eben dies ist aber - wie bereits dargelegt - hier nicht der Fall. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass sich ein gänzliches Außerbetrachtbleiben der abgewiesenen Unterhaltsrückstände auch nicht aus der Bewertungsvorschrift des § 58 Abs.1 JN sowie der hierzu ergangenen Judikatur allein, d.h. ohne Hinzutreten weiterer Umstände, ableiten lässt. Diese gesetzliche Bestimmung und die hierauf bezogene Judikatur befasst sich lediglich mit der Ermittlung des Streitwertes für das Zivilverfahren. Hiervon abweichend gibt es etwa besondere Bewertungsvorschriften im GGG oder auch im RATG. Zu beachten ist allerdings, welche Bedeutung dem Streitwert als solchen seiner Konzeption in der JN bzw ZPO nach überhaupt beizumessen ist. Die grundsätzliche Bedeutung des Streitwertes liegt nämlich in erster Linie in der sachlichen Zuständigkeitsverteilung zwischen den Eingangsgerichten (Bezirksgericht - Landesgericht; vgl auch § 60 Abs.4 JN). Daneben ist der Streitwert von Bedeutung für die Gerichtsbesetzung (§ 7a JN), die Zulässigkeit des Mahnverfahrens (§ 244 Abs.1 ZPO), die Beschränkung der Berufungsgründe (§ 501 ZPO), die Zulässigkeit des Rekurses (§ 517 ZPO), der Revision (§ 528 ZPO), des Revisionsrekurses (§ 528), für die Anwaltspflicht (§§ 27, 29 ZPO), für die Gerichtsgebühren (GGG) und die Rechtsanwaltskosten (RATG). In diesen Bestimmungen wird jeweils auf den Begriff des Streitwertes oder auch Streitgegenstandes Bezug genommen (vgl hierzu auch Gitschthaler in Fasching, Komm. zu den Zivilprozessgesetzen², 904, insbesond. Rz 14). Nicht jedoch wird in den §§ 40 ZPO auf den Streitwert Bezug genommen, insbesondere auch nicht in § 43 ZPO, in welchem von Obsiegen und Unterliegen die Rede ist. Gitschthaler (a.a.O. Rz 15) führt hierzu aus, der Streitwert habe keinerlei Rückwirkungen auf den Umfang des geltend gemachten Klagsanspruches. Es scheint, als sei diese Unterscheidung zwischen dem eigentlichen „Streitwert" und dem „eingeklagten Betrag" zumindest in Teilen des Schrifttums nicht immer in dieser Deutlichkeit gezogen worden, was mitunter Anlass für Missverständnisse bieten könnte. So verwendet etwa Fucik in Rechberger, ZPO², bei § 43 sowohl den Begriff „Streitgegenstand" als auch die Formulierung „eingeklagter Betrag". Nach den in der Folge dargestellten Beispielsrechnungen verstärkt sich jedoch der Eindruck, dass auch dieser Kommentator bei Ermittlung der Obsiegensquote letztlich auf den eingeklagten Betrag abstellt. Mit diesen Ausführungen sollte klargestellt sein, dass bei Zusammentreffen von laufenden und rückständigen Unterhaltsansprüchen - völlig unabhängig von § 58 JN - in bestimmten Fällen durchaus eine Quotenbildung iSd § 43 Abs.1 ZPO vorzunehmen sein kann. Gerade für den hier zu beurteilenden Fall muss eine Berücksichtigung des Umstandes, wonach die Klägerin mit ihren erst am Schluss des Verfahrens geltend gemachten Rückstandsansprüchen schon grundsätzlich deshalb unterlegen ist, weil sie den Beklagten gar nicht erst gemahnt hatte, stattfinden.

Es ist nun allerdings noch zu überlegen, auf Grundlage welcher Beträge die Obsiegensquote ermittelt werden kann. Da der Streitwert nach § 58 JN aus oben genannten Gründen als Grundlage nicht herangezogen werden kann, verbleiben im Wesentlichen zwei Möglichkeiten. Entweder man setzt die absolute Summe des geltendgemachten rückständigen Unterhaltes (hier EUR 4.639,50) ins Verhältnis zu dem geltendgemachten laufenden Unterhalt - mangels anderer Anhaltspunkte aber wohl für drei Jahre - (somit EUR 18.887,40). Hierbei ergäbe sich dann eine Unterliegensquote auf Seiten der Klägerin von 19,72%. Oder aber es werden schlicht die einfachen Monatsbeträge zueinander ins Verhältnis gesetzt (also EUR 524,65 zu EUR 154,65; jeweils bezogen nur auf die Erhöhungsbeträge). Dann ergäbe sich ein Unterliegen der Klägerin im Ausmaß von 22,7%. Im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 43 Abs.1 ZPO bleibt ein gewisser Spielraum für ein begründetes Ermessen des Gerichts. Dies ist offenkundig, wenn das Gericht etwa Obsiegensquoten bei nicht geldwerten Forderungen ermitteln muss, oder aber, wenn Nebengebühren - welche ebenfalls nicht streitwert- erhöhend wirken - in wesentlichem Umfang zu entscheiden sind (vgl WR 455; Gitschthaler a. a.O. Rz 23; EF 57.726, 88.050, 90.838). Hierbei genügt es jedenfalls, wenn von runden Bruchzahlen ausgegangen wird(WR 606, EF 82.168). Unter Berücksichtigung dieser Judikatur sowie letztlich auch des Umstandes, dass die ausgedehnte Forderung der Klägerin (wenngleich § 43 Abs 2 nicht anwendbar ist, so können die in dieser Bestimmung zum Ausdruck kommenden Grundsätze des österreichischen Kostenersatzrechtes doch nicht völlig vernachlässigt werden) überhaupt keinen nennenswerten Verfahrensaufwand verursacht hat, ist die Obsiegensquote der Klägerin für diesen letzten Verfahrensabschnitt mit gerundet 80% zu ermitteln.

Die Klägerin bekommt also in diesem letzten Abschnitt 60% ihrer Anwaltskosten ersetzt, dies bezogen auf die letzte Tagsatzung, welche ja allein Gegenstand des Kostenrekurses ist. Es ergeben sich also für diese Tagsatzung statt der vom Erstgericht zugesprochenen EUR 416,40 (netto) lediglich EUR 249,84. Damit ergibt sich eine Verdienstsumme von insgesamt EUR 1110,72, zuzüglich USt somit EUR 1332,86. Die Korrektur des Ansatzes nach dem RATG, welche das Erstgericht bereits vorgenommen hat, ist selbstverständlich zutreffend. Hier ist Grundlage ja tatsächlich die besondere Bewertungsvorschrift des § 9

RATG.

Anderes gälte grundsätzlich für die verzeichnete Pauschalgebühr. Die Erhöhung der Pauschalgebühr von zunächst EUR 233,-- auf zuletzt EUR 551,-- ist ausschließlich darauf zurückzuführen, dass die Klägerin den Unterhaltsrückstand für die Vergangenheit in ihr Klagebegehren aufnahm, wobei dieser Teil des Klagebegehrens zur Gänze abgewiesen wurde. Unter Zugrundelegung der Grundsätze des österreichischen Kostenersatzrechtes, welches im wesentlichen das Erfolgsprinzip kennt, hätte daher in diesem Fall die Klägerin ihre Barauslagen an sich nur im Umfang der zunächst angefallenen EUR 233,-- vom Beklagten zu erhalten. Den darüber hinausgehenden Mehrbetrag hätte die Klägerin an sich zur Gänze selbst zu tragen. Wenngleich natürlich bei der Ersatzfähigkeit von Prozeßkosten nicht bereits ex ante auf den Prozeßerfolg abgestellt werden darf, wenn es um die Frage der zweckmäßigen und notwendigen Kosten geht (§ 41 ZPO), so ist in diesem Falle doch eine Ausnahme analog § 45 ZPO geboten. Hatte doch der Beklagte im Umfang der Unterhaltsrückstände tatsächlich keinen Anlass zur Klagsführung gegeben, wo ihn doch die Klägerin nicht einmal aufgefordert hatte, auch für die Vergangenheit höhere Beiträge zu leisten. Dementsprechend wäre hinsichtlich der Pauschalgebühr an sich ein Betrag von EUR 318,-- abzuweisen gewesen. Nun hat allerdings - wie bereits eingangs der Entscheidung dargelegt - der Rekurswerber lediglich eine Reduzierung hinsichtlich der Pauschalgebühr um EUR 137,75 (unter Berücksichtigung des Zahlensturzes) begehrt. Das Rekursgericht ist an diesen Rekursantrag insofern gebunden und darf diesen nicht überschreiten. Mangels weitergehender Anfechtung konnte dem Rekurs daher nur in diesem Umfang Folge gegeben werden. Damit ergibt sich zusammengefasst aus der oben dargestellten Verdienstsumme und der anteiligen Pauschalgebühr der Ersatzbetrag für das erstinstanzliche Verfahren mit insgesamt EUR 1746,11.

Zu den Kosten des Rekursverfahrens:

Für die Rekursverfahrenskosten ist zunächst darauf hinzuweisen, dass durch die entsprechende Vorgabe des EGMR vom 14.11.2000 (vgl. ÖJZ 2001, 398) das Rekursverfahren gegen eine Entscheidung über Prozesskosten zweiseitig zu sein hat. Dementsprechend hat der Gesetzgeber in die Ziffer 5 lit. b der TP 3 A des RATG die Kostenrekursbeantwortungen eingefügt. In den § 11 RATG wurde eingefügt, dass die Grundsätze des § 11 für Kostenrekurse auch sinngemäß für Kostenrekursbeantwortungen zu gelten haben. Dementsprechend dient also als Bemessungsgrundlage nicht nur für Kostenrekurse, sondern eben auch für Kostenrekursbeantwortungen gegenüber dem Gegner jeweils jener Kostenbetrag, dessen Zuspruch bzw. Aberkennung ersiegt wurde. Fucik hat hieraus abgeleitet, dass es daher in der Regel - sofern ein Kostenrekurs nur zum Teil erfolgreich ist - rechnerisch zum gegenseitigen Kostenersatz kommen muss. Dem Teilobsiegen des Rekurswerbers steht das Teilobsiegen des Rekursgegners gegenüber. Beide Teile sind jeweils nach der Erfolgsregel des § 11 RATG abzurechnen, letztlich zuzusprechen ist dann allerdings nur der Saldobetrag. Im Ergebnis sind daher die Kosten für beide Seiten zunächst auszurechnen, der Differenzbetrag aus beiden Einzelbeträgen ergibt dann den Ersatzanspruch. Die Judikatur ist dieser Ansicht Fuciks (vgl. RZ 2001, 214 f) bereits gefolgt. Zumindest rechnerisch werde es im Fall eines teilweise erfolgreichen Kostenrekurses zu gegenseitigem Kostenersatz kommen müssen (vgl. OLG Wien 10 Ra 160/02a; 10 Ra 136/03y; aber auch hg. 36 R 120/02v). Diesen Regeln folgend ergibt sich im konkreten Fall ein Kostenersatzanspruch des Beklagten im Rechtsmittelverfahren in Höhe von EUR 69,26. Der Beklagte ist nämlich mit seinem Kostenrekurs mit einem Betrag von EUR 304,31 durchgedrungen. Nach TP 3 A beträgt der Ansatz für den Kostenrekurs hierfür EUR 58,--, zuzüglich Einheitssatz ergibt sich ein Kostenbetrag von EUR 92,80. Zuzüglich USt ergeben sich EUR 111,36. Die Klägerin ihrerseits hat mit ihrer Rekursbeantwortung in einem Ausmaß von EUR 82,92 obsiegt. Der Ansatz nach TP 3 A beträgt hier EUR 46,40; zuzüglich Einheitssatz eine Verdienstsumme von EUR 74,24. Zuzüglich USt ergeben sich EUR 89,09. Eine Saldierung dieser beiden Beträge ergibt den genannten Ersatzbetrag von EUR 22,27 zugunsten des Beklagten. Nun ist allerdings zu beachten, dass durch das wohnrechtliche Außerstreitbegleitgesetz, BGBl I Nr. 113/2003, der § 11 des RATG neuerlich eine Änderung erfahren hat. Offensichtlich wollte der Gesetzgeber den von Fucik aufgezeigten und der Rechtsprechung aufgegriffenen Bedenken Rechnung tragen und hat die entsprechende Bestimmung des RATG dementsprechend geändert. Sie lautet nun: „Soweit die Kosten nicht gegeneinander aufzuheben sind, dient bei Verfahren über Anträge auf Kostenbestimmung und über Kostenrekurse der Kostenbetrag, dessen Zuspruch oder Aberkennung ersiegt wird, als Bemessungsgrundlage gegenüber dem Gegner, ....". Hiermit hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass offensichtlich nicht in jedem Fall eine gegenseitige Kostenersatzpflicht mit anschließender Saldierung stattzufinden hat. Ausdrücklich ist nämlich nun auf die Möglichkeit Bedacht genommen worden, dass die Kosten des Kostenrekursverfahrens gegeneinander aufgehoben werden könnten. In den erläuternden Bemerkungen wird hierzu ausgeführt, dass die Kostenberechnung im Kostenrekursverfahren rechnerisch vereinfacht werden soll. Bei annähernd gleichteiligem Obsiegen der Parteien des Rekursverfahrens solle eine gegenseitige Aufhebung der Kosten stattfinden. Es wird in den erläuternden Bemerkungen ausdrücklich auf § 43 Abs. 1 ZPO verwiesen. Sofern eine Partei deutlich obsiegt, soll ihr ein verhältnismäßiger Kostenersatz zustehen. Gerade der letzte Satz aus den erläuternden Bemerkungen könnte darauf hindeuten, dass seit der letzten Novelle des § 11 RATG auch im Kostenrekursverfahren bei teilweisem Obsiegen eine Quotenkompensation stattfinden könnte. Dagegen spricht allerdings, dass dies in den Gesetzestext selbst in dieser Form nicht Einzug gefunden hat. Im Gesetzestext selbst ist vielmehr lediglich und dafür ausdrücklich von einer Kostenaufhebung die Rede. Der in § 43 Abs. 1 erster Satz ebenfalls ausdrücklich erwähnte Begriff „verhältnismäßig zu teilen" hat in den § 11 RATG eben gerade nicht Eingang gefunden. Das Rekursgericht geht daher davon aus, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, im Kostenrekursverfahren entweder eine Aufhebung der Kosten oder aber eine gegenseitige Kostenersatzpflicht mit Saldierung vorzunehmen. Eine Kostenaufhebung kam in diesem Fall aufgrund der Obsiegensquote im Rechtsmittelverfahren (79%) nicht in Betracht.

Gemäß § 528 Abs. 2 Z 3 ZPO ist in Verfahren über den Kostenpunkt der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof jedenfalls unzulässig. Landesgericht St. Pölten

3100 St. Pölten, Schießstattring 6