JudikaturJustiz21R137/05p

21R137/05p – LG St. Pölten Entscheidung

Entscheidung
28. April 2005

Kopf

Das Landesgericht St. Pölten hat durch die Richter des Landesgerichtes Dr. Schramm (Vorsitzender) sowie Dr. Hintermeier und Dr. Steger in der Rechtssache der klagenden Partei Franz K*****, Landwirt, ***** Prinzersdorf, *****, vertreten durch Mag. Sigrid Räth, Rechtsanwältin in Tulln, wider die beklagten Parteien 1. Josef T*****, ÖBB-Beamter, ***** Obergrafendorf, *****, 2. Luzia T*****, Selbständige, ebenda, beide vertreten durch Reiffenstuhl Reiffenstuhl, Rechtsanwaltspartnerschaft OEG in Wien, wegen Kosten und Entschädigung nach § 408 ZPO (€ 5.000,--), über den Kostenrekurs des Klägers (Rekursinteresse € 1.341,27) gegen das Urteil des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 8.3.2005, 8 C 1571/04k-11, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird t e i l w e i s e F o l g e gegeben. Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahingehend abgeändert, dass sie zu lauten hat wie folgt:

„Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen dessen mit € 148,68 (darin € 24,78 USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen.“

Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen dessen mit € 48,79 (darin € 8,13 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist j e d e n f a l l s

u n z u l ä s s i g .

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Urteil wies der Erstrichter das auf Kosten eingeschränkte Klagebegehren ab und verpflichtete den Kläger zum Kostenersatz an die Beklagten in Höhe von € 636,03 gemäß § 45 ZPO. Ebenso abgewiesen wurde der Antrag der Beklagten, gemäß § 408 ZPO den Kläger zur Zahlung eines Entschädigungsbetrages wegen mutwilliger Prozessführung in Höhe von € 5.000,-- zu verpflichten. Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, die Klagsführung des Klägers für den Mietzins August 2004 bereits am 6.8.2004 sei aufgrund der vereinbarten reinen Stundung bis zum 15. des Monats nicht berechtigt gewesen; nach Ablauf der Stundungsfrist hätten die Beklagten aber den Zins in voller Höhe bezahlt. Das Unterliegen mit dem Antrag auf Schadenersatz wegen mutwilliger Prozessführung falle kostenmäßig nicht ins Gewicht, weil diesem Antrag eine Sonderstellung zuzuerkennen sei.

Die Kostenentscheidung bekämpft der Kläger mit seinem Rekurs und dem Antrag, sie dahingehend abzuändern, dass ihm Prozesskosten in Höhe von € 705,24 zuerkannt werden mögen.

Die Beklagten haben in ihrer Rekursbeantwortung beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

Unzutreffend sind zunächst die Einwendungen gegen die Anwendung des § 45 ZPO in diesem Fall.

Der Kläger meint, im Einspruch hätten die Beklagten die Mietzinsforderung zwar grundsätzlich dem Grunde und der Höhe nach anerkannt, gleichzeitig aber die Zurückweisung bzw. Abweisung der Klage beantragt, es sei somit nicht von einem uneingeschränkten Anerkenntnis von Seiten der Beklagten auszugehen.

Anlässlich des Einspruchs durften die Beklagten auch tatsächlich noch gar nicht anerkennen, sie mussten vielmehr Einspruch gegen den Zahlungsbefehl erheben und die reine Stundung des Mietzinses laut Vergleich einwenden, um Kostenfolgen zu entgehen. Wie der Erstrichter für das Rekursverfahren bindend festgestellt hat, haben die Parteien zu 8 C 1424/03s des BG St. Pölten am 18.12.2003 einen Vergleich abgeschlossen, wonach die Beklagten für den Mietzins von € 2.361,54 monatlich einen Dauerauftrag einzurichten hatten, wobei von ihrem Konto dieser Betrag zuzüglich der Zinsen für die reine Stundung vom

5. des jeweiligen Monats bis zum 15. des Monats in Höhe von € 2,62 bezahlt werden soll. Die umfangreich begründete Auslegung des Vergleichstextes durch das Erstgericht dahingehend, dass diese reine Stundung nicht davon abhängen sollte, dass die Beklagten ihrer Zahlungspflicht regelmäßig nachkommen, wird im Kostenrekurs nicht mehr wirklich in Zweifel gezogen. Das Wesen der „reinen Stundung“ liegt darin, dass zwar die Fälligkeit unberührt bleibt, der Gläubiger aber die Geltendmachung der Forderung hinausschiebt (MGA ABGB36, E. 39a zu § 904; Reischauer in Rummel3, Rz 13 zu leg.cit.; Koziol-Welser II12, 35). Dies bedeutet jedoch nichts anderes, als dass der Gläubiger - hier der Kläger - im Stundungszeitraum auch nicht klagsweise gegen den Schuldner vorgehen soll. Wenn in diesem Sinn vom Kläger vor der Klagseinbringung eine Nachfrist gestellt wurde, so ist eben die vor Ablauf dieser Nachfrist eingebrachte Klage vorzeitig;

der innerhalb der Nachfrist erfüllende Schuldner hat jedenfalls zur Klage keine Veranlassung gegeben (MGA JN/ZPO15, E. 14 zu § 45 ZPO;

hg. 21 R 60/04p).

Hier wurde festgestellt, dass die Beklagten am 11.8.2004 - also noch vor Ablauf der Stundungsfrist - einen Teilbetrag von € 1.004,16 überwiesen hatten, den der Kläger allerdings rücküberwies; am 31.8.2004 überwiesen sie den gesamten Mietzins für August und auch die Verzugszinsen hiefür. Zwischen dem 15.8. und dem 31.8.2004 gab es nun keine kostenrechtlich relevanten Prozesshandlungen, sodass sich die Verspätung der Zinszahlung im Ausmaß von 14 Tagen kostenrechtlich in diesem Fall nicht in Form eines „Umschlagens des Kostenrisikos“ auswirkt, wie der Erstrichter schon richtig erkannt hat. Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Erstrichters darf gemäß §§ 526 Abs. 3, 500 a zweiter Satz ZPO verwiesen werden.

Damit ist aber klargestellt, dass die Klage verfrüht war; gemäß § 45 ZPO hätten demnach die Beklagten für diesen ersten Verfahrensabschnitt Anspruch auf Kostenersatz, sie müssen dem Kläger daher die Klagskosten nicht ersetzen.

Bereits im Einspruch haben die Beklagten allerdings den Antrag gestellt, dem Kläger gemäß § 408 ZPO eine Mutwillensstrafe in Höhe von € 5.000,-- wegen mutwilliger Prozessführung aufzuerlegen. Damit wurde ein neuer Anspruch - und zwar der Beklagten - Gegenstand des Verfahrens. Der Entschädigungsbetrag nach § 408 ZPO ist nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS 0041183) ein selbständiger Anspruch mit selbständigem Rechtsgrund, er fällt insbesondere nicht unter die in § 54 JN aufgezählten Nebenforderungen. § 408 ZPO gewährt dem obsiegenden Teil - und zwar eben auch dem Beklagten - die Möglichkeit, im laufenden Rechtsstreit den Zuspruch eines Schadenersatzbetrags - der Betrag ist eine Entschädigung und keine Buße - wegen offenbar mutwilliger Prozessführung zu begehren, und erweitert damit die Befugnis des Gerichtes, über den Streitgegenstand zu erkennen, durch die weitere Befugnis, auch über die Schadenersatzansprüche aus der Durchsetzung des Rechtsschutzbegehrens bzw. dessen Abwehr abzusprechen. Die sachliche Berechtigung des Ersatzanspruchs ist dabei nach den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Vorschriften des Privatrechts zu beurteilen. Über den gestellten Antrag ist mit Urteil zu entscheiden und die Entscheidung ist mit Berufung und Revision anzufechten und als selbständiger Streitgegenstand zu werten (6 Ob 544/94 mwN; Fasching LB2, Rz 1481). Da der Entschädigungsanspruch ja auch ziffernmäßig bestimmt geltend zu machen ist, ist eine gesonderte Bewertung nicht erforderlich, auszugehen ist vielmehr von der Bezifferung durch den Antragsteller (6 Ob 544/94). Der Klagsanspruch und ein vom Beklagten verlangter Entschädigungsbetrag wegen mutwilliger Prozessführung ist für die Beurteilung der Revisionszulässigkeit mangels eines Zusammenhanges im Sinn des § 55 JN nicht zusammenzurechnen (RIS-Justiz RS 0041177).

Daraus erhellt nach Auffassung des Rekursgerichts, dass ein derartiger Antrag auf Entschädigung wegen mutwilliger Prozessführung nach § 408 ZPO - ähnlich wie ein vom Beklagten gestellter Zwischenantrag auf Feststellung im Sinn der §§ 259 Abs. 2, 236 ZPO - Streitgegenstand des Hauptverfahrens wird und daher auch kostenrechtlich ein Unterliegen mit diesem Teil des Streites nicht unberücksichtigt bleiben kann (wie dies etwa bei Nebenforderungen im Sinn des § 54 Abs. 2 JN der Fall wäre, denen nach der bereits zitierten Rechtsprechung der Entschädigungsbetrag nach § 408 ZPO keinesfalls zugeordnet werden kann).

Damit ist ab der Stellung des Antrags auf Entschädigung nach § 408 ZPO im Einspruch ON 3 der Streitwert mit zunächst € 7.361,54 anzunehmen (die damals noch streitverfangenen € 2.361,54 an Mietzins + € 5.000,-- an Entschädigung), ab der Klagseinschränkung auf Kosten dann mit € 5.150,-- (€ 150,-- wegen der Einschränkung des Klagebegehrens auf Nebengebühren und € 5.000,-- für den Entschädigungsbetrag).

Hinsichtlich des Einspruchs sind die Beklagten aber nur mit der Abwehr der Zinsforderung durchgedrungen, nicht hingegen mit ihrem Antrag auf Entschädigung, sie haben also nur zu 32 % obsiegt und können hiefür keinen Kostenersatz ansprechen. Ab der Einschränkung des Klagebegehrens auf Kosten beträgt ihr Obsiegen überhaupt nur mehr 3 %, gemäß § 43 Abs. 2 ZPO haben die Beklagten daher ab der Klagseinschränkung dem Kläger vollen Kostenersatz zu leisten, zumal Gegenstand der Verhandlung ja auch die Frage war, inwieweit die Prozessführung des Klägers tatsächlich als mutwillig anzusehen war. Der vorbereitende Schriftsatz des Klägers vom 6.12.2004, ON 8, war allerdings nicht zu honorieren, weil er im Sinn des § 257 Abs. 3 ZPO verspätet bzw. unnotwendig war, nach dieser Gesetzesstelle hätte er spätestens eine Woche vor der vorbereitenden Tagsatzung am 10.12.2004 bei Gericht und Gegner einlangen müssen. Die Streitverhandlung am 10.12.2004 war dem Kläger demgegenüber voll abzugelten, wobei der im Kostenrekurs hiefür begehrte Betrag von € 51,20 zuzügl. 120 % Einheitssatz, 10 % Streitgenossenzuschlag und 20 % USt die Vorgaben des RATG nicht überschreitet.

Damit steht dem Kläger an Kostenersatz ein Betrag von € 148,68 einschl. USt zu. Insoweit war dem Rekurs daher Folge zu geben. Auf Basis des ersiegten Betrages von insgesamt € 784,71 (€ 148,68 + €

636,03, die der Erstrichter an Kostenersatzpflicht des Klägers angeordnet hatte) ergibt sich gemäß § 11 RATG ein Ansatz zugunsten des Klägers von € 92,70. Die Beklagten haben € 556,56 an Nichtzuspruch verteidigt, das entspricht einem Ansatz von € 69,60; voneinander abgezogen zuzügl. 60 % Einheitssatz, 10 % Streitgenossenzuschlag und 20 % USt ermittelt sich im Rekursverfahren eine Kostenersatzpflicht der Beklagten von € 48,79. Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs. 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

Landesgericht St. Pölten

3100 St. Pölten, Schießstattring 6