JudikaturJustiz1Ob680/86

1Ob680/86 – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. November 1986

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Herbert T***, Baumeister, Großpesendorf 40, vertreten durch Dr. Alfred Gorscheg, Rechtsanwalt in Gleisdorf, wider die beklagte Partei Friederike A***, Angestellte, Graz, Wickenburggasse 5, vertreten durch Dr. Bernd Fritsch, Dr. Hans-Peter Benischke und Dr. Klaus Kollmann, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 305.177,58 s.A. infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 3. September 1986, GZ. 6 R 144,146/86-7, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 28. Juli 1986, GZ 10 Cg 157/86-4, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt von der Beklagten den Betrag von S 305.177,58 s.A. als restliches Entgelt für die Planung und Errichtung eines Holzblockhauses.

Die Beklagte ist zu der für den 9.7.1986 anberaumten ersten Tagsatzung zwar erschienen, hat jedoch nach Rechtsbelehrung erklärt, nicht verhandeln zu wollen, worauf auf Antrag des Klägers ein Versäumungsurteil im Sinne des Klagebegehrens gefällt wurde. Mit dem am 23.7.1986 zur Post gegebenen Schriftsatz erhob die Beklagte Widerspruch gegen das Versäumungsurteil.

Das Erstgericht wies den Widerspruch mit der Begründung zurück, daß nach § 397 a Abs. 1 ZPO nur dem "Ausgebliebenen" der Widerspruch zustehe, die Beklagte aber zur Tagsatzung erschienen sei und nur nach Rechtsbelehrung nicht verhandelt habe.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der Beklagten Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Prozeßgericht auf, unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund das gesetzmäßige Verfahren fortzusetzen. Das Rekursgericht sprach aus, daß das Verfahren erster Instanz erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses fortzusetzen sei. Der Gesetzgeber habe mit der Anordnung des § 397 a Abs. 1 ZPO, wonach dem "Ausgebliebenen" gegen ein nach § 396 ZPO gefälltes Versäumungsurteil der Widerspruch zustehe, ganz allgemein Beklagte gemeint, die säumig seien, ohne daß der Grund der Säumnis eine Rolle spiele.

Rechtliche Beurteilung

Dem gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobenen Revisionsrekurs des Klägers kommt Berechtigung nicht zu. Wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, ist der Begriff des "Ausgebliebenen" (wie ihn jetzt § 397 a Abs. 1 und 2 ZPO verwendet) bzw. der "ausgebliebenen Partei" (der schon zuvor in § 397 Abs. 1 ZPO gebraucht wurde) im Sinne der Definition der Versäumung in § 133 Abs. 2 ZPO, die offensichtlich dem Zweck diente, die dort bezeichneten Verhaltensweisen als prozessual gleichwertig zu bezeichnen, zu verstehen. Nach § 133 Abs. 2 ZPO ist eine Tagsatzung von einer Partei versäumt, wenn die Partei zu der für die Tagsatzung anberaumten Zeit nicht erscheint oder, wenn erschienen, ungeachtet richterlicher Aufforderung nicht verhandelt oder nach dem Aufruf der Sache sich wieder entfernt. "Ausgeblieben" iS des § 397 a ZPO ist daher die Partei, auf die einer dieser Säumnisfälle des § 133 Abs. 2 ZPO zutrifft. Ein engerer - nur auf die nicht (rechtzeitig) erschienene Partei anzuwendender - Säumnisbegriff ist dem § 397 a ZPO nicht zu entnehmen. Im Gegenteil: Die §§ 397 und 397 a ZPO sind weitere Regelungen für das "Urteil in Versäumnisfällen" und zum § 396 ZPO, der mit dem Wort "versäumt" das gleiche Wort wie § 133 Abs. 2 ZPO gebraucht und damit an dessen Definition anknüpft. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Konsumentenschutzgesetzes wurde auch bei der Milderung der bisherigen strengen Säumnisfolgenregelung an den Fall gedacht, "daß sich selbst rechtzeitig Anwesende, im Behördenumgang jedoch ungeübte Parteien - aus rechtlicher Unkenntnis oder einer zwar völlig unbegründeten, aber menschlich vielleicht doch verständlichen Scheu heraus - nicht zu Wort melden und deshalb ein Versäumnisurteil gegen sie ergeht" (744 BlgNR XIV. GP 51). Der Widerspruch steht daher auch dem Beklagten zu, gegen den ein Versäumungsurteil ergangen ist, weil er nicht verhandelte oder sich wieder entfernte (RZ 1981/65). Demzufolge ist dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.