JudikaturJustiz1Ob37/21d

1Ob37/21d – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Mai 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie die Hofräte und Hofrätinnen Dr. Solé, Mag. Korn, Dr. Parzmayr und Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. H*****, gegen die beklagten Parteien 1. Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, sowie 2. ***** Dr. H*****, wegen 105.924,28 EUR sA, hier wegen Ablehnung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 14. Jänner 2021, GZ 14 Nc 32/20t 2, mit dem der Ablehnungsantrag des Klägers vom 30. November 2020 zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

[1] Der Kläger lehnte mit Antrag vom 30. 11. 2020 einerseits die zur Entscheidung über die von ihm eingebrachte (Amtshaftungs-)Klage berufene Richterin als befangen ab. Andererseits lehnte er im selben Schriftsatz „ das angerufene Landesgericht“ sowie hilfsweise „alle seine Richterinnen und Richter“ als für die Entscheidung über den Ablehnungsantrag befangen ab und begründete dies damit, dass sie die in § 183 Geo vorgesehene Vorgangsweise, Ablehnungsanträge (sofort) der Präsidentin des Gerichtshofs vorzulegen, regelmäßig nicht einhielten, sondern solche Anträge zunächst in den Akt des „Ausgangsverfahrens“ einjournalisierten, wodurch d ie Präsidentin des Landesgerichts aufgrund ihrer eigenen Weisung „vollständig übergangen“ werde. Es bestehe „der lückenlose Anschein einer systematischen Vorgangsweise in Bezug auf die Behandlung von Ablehnungsanträgen“, sodass „auch in Bezug auf die geschäftsordnungsgemäße Behandlung des gegenständlichen Ablehnungsantrags“ von einer Befangenheit sämtlicher Richterinnen und Richter dieses Gerichts auszugehen sei. Mit der vom Ablehnungswerber kritisierten Vorgehensweise solle einer „rechtsstaatsfeindlichen Verbindung Macht, Dominanz und Kontrolle über die Rechtsprechung der Republik Österreich gesichert werden“.

[2] Der Ablehnungssenat des dem angerufenen Landesgericht übergeordneten Oberlandesgerichts wies den letztgenannten Ablehnungsantrag zurück, weil die pauschale Ablehnung eines ganzen Gerichts unzulässig und die Ablehnung sämtlicher Richterinnen und Richter dieses Gerichts mutwillig und rechtsmissbräuchlich erfolgt sei .

[3] Der dagegen erhobene Rekurs des K lägers ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN), aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

[4] 1. Der Rekurswerber behauptet eine Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses, weil das zur Entscheidung über die Ablehnung sämtlicher Richterinnen und Richter des Landesgerichts berufene Oberlandesgericht (dessen Präsident bzw der Ablehnungssenat) „das in § 183 Geo vorgesehene besondere Verfahren nicht korrekt durchgeführt hätten“. Er beanstandet insbesondere, dass den abgelehnten Richtern die Ablehnungserklärung nicht zur Äußerung übermittelt worden sei.

[5] Warum sich daraus eine Verletzung des Rechts des Ablehnungswerbers auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B VG) bzw auf ein faires Verfahren (Art 6 EMRK) ergeben soll, erschließt sich jedoch nicht (vgl 1 Ob 209/19w; der Kläger schritt in diesem Verfahren als Parteienvertreter ein) und wird vom Rekurswerber auch nicht nachvollziehbar dargelegt. Es ist auch nicht ersichtlich, warum die Einholung einer Äußerung sämtlicher abgelehnter Richterinnen und Richter erforderlich gewesen sein sollte, „um eine ordnungsgemäße Determinierung der personellen Zusammensetzung des Ablehnungssenats zu bewirken“. Ob einzelne Mitglieder des Ablehnungssenats (des vom Kläger angerufenen Landesgerichts) wegen Befangenheit von der Entscheidung über die Ablehnung der zur Führung des vom Kläger angestrengten Verfahrens berufenen Verfahrensrichterin ausgeschlossen sind, ergibt sich aus der Entscheidung über die Ablehnung dieser Senatsmitglieder und nicht aus ihrer Äußerung zum Ablehnungsantrag. Zur Frage, ob die Einholung von Äußerungen der abgelehnten Richterinnen und Richter im vorliegenden Fall überhaupt erforderlich gewesen wäre, wird im Übrigen auf die Behandlung der Verfahrensrüge verwiesen.

[6] Soweit der Rekurswerber die Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung bzw des ihr vorangegangenen Verfahrens auch daraus ableiten möchte, dass „sein Ablehnungsantrag keinen Niederschlag im Register des Präsidiums des Oberlandesgerichts gefunden habe“, stellte der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach – jeweils zu Verfahren, in denen der Kläger als Parteienvertreter auftrat – klar, dass eine solche Eintragung in das Jv-Register nicht zu erfolgen hat (vgl 1 Fsc 1/19s; 1 Fsc 3/19k; 1 Ob 28/20d). Davon abgesehen wäre auch nicht ersichtlich, inwieweit sich aus der unterbliebenen Registereintragung eine Nichtigkeit des (Ablehnungs-)Verfahrens ergeben sollte. Eine solche lässt auch der Vorwurf, die Ablehnungserklärung sei nicht unverzüglich – nach Einholung von Äußerungen der abgelehnten Richterinnen und Richter sowie der Präsidentin des angerufenen Gerichtshofs – dem Präsidenten des (zur Entscheidung über die Ablehnung zuständigen) Oberlandesgerichts und von diesem dem zuständigen Ablehnungssenat vorgelegt worden, nicht erkennen.

[7] 2. Zur vom Rekurswerber behaupteten Mangelhaftigkeit des Ablehnungsverfahrens enthält das Rechtsmittel keine konkreten Ausführungen. Mit der pauschalen Bezugnahme auf einen „Verstoß gegen § 183 Geo“ wird keine taugliche Verfahrensrüge erhoben. Soweit der Rekurswerber auf seine Darlegungen zum Rekursgrund der Nichtigkeit des Verfahrens (insbesondere auf den dort erhobenen Vorwurf der unterlassenen Einholung einer Äußerung der abgelehnten Richterinnen und Richter zu ihrer Ablehnung) verweist, ist er darauf hinzuweisen, dass es einer solchen Äußerung dann nicht bedarf, wenn die Ablehnungserklärung – wie im vorliegenden Fall – nicht ausreichend substanziiert ist (vgl 8 Nc 51/05z = RIS Justiz RS0046011 [T5]; RS0045962 [T3]).

[8] 3. Der Rechtsrüge ist zunächst entgegenzuhalten, dass die pauschale Ablehnung eines ganzen Gerichts jedenfalls unzulässig ist (RS0046005; RS0045983).

[9] Die Ablehnung sämtlicher Richterinnen und Richter des vom Kläger angerufenen Landesgerichts wurde auf keine substantiierten Befangenheitsgründe gestützt. Der pauschale Vorwurf, sie würden bei der Behandlung von Ablehnungen (in vom Ablehnungswerber nicht näher genannten Verfahren) gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, indem Ablehnungserklärungen (vom abgelehnten Richter) „zunächst in den Akt einjournalisiert und erst anschließend der Präsidentin des Gerichtshofs vorgelegt werden“, zeigt als behaupteter – nicht das vorliegende Verfahren betreffender – Verfahrensfehler keine Befangenheit auf (RS0046090). Eine solche käme nur ausnahmsweise bei derart schwerwiegenden Verstößen gegen Verfahrensgrundsätze in Betracht, die an der Objektivität des Richters mit Grund zweifeln ließen (vgl RS0046090 [T7]). Davon kann bei den vom Kläger – undifferenziert gegenüber sämtlichen Richterinnen und Richtern des von ihm angerufenen Landesgerichts – erhobenen Vorwürfen aber keine Rede sein. Insoweit bedurfte es dazu auch keiner näheren Feststellungen. Zum Argument des Rechtsmittelwerbers, es sei ihm im angefochtenen Beschluss zu Unrecht unterstellt worden, er habe seine Ablehnung auf „haltlose Verschwörungstheorien“ gestützt, ist anzumerken, dass auch der vorliegende Rekurs auf „rechtsstaatsfeindliche“ bzw „verfassungsaverse Verbindungen höherer Richterinnen“ Bezug nimmt. Zusammengefasst begegnet die Zurückweisung der Ablehnungserklärung des Klägers keinen Bedenken.