JudikaturJustiz1Ob183/63

1Ob183/63 – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. Dezember 1963

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schuster als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Lassmann, Dr. Bachofner, Dr. Höltzel und Dr. Steinböck als Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Matthias S*****, vertreten durch Dr. Erich Reinhard, Rechtsanwalt in Waidhofen a. d. Ybbs, wider die beklagte und widerklagende Partei Rosa H*****, vertreten durch Dr. Erich Stangel, Rechtsanwalt in Waidhofen a. d. Ybbs, wegen Feststellung einer Berechtigung, Rechnungslegung und Zahlung von 20.000 S sA bzw. wegen Rechnungslegung und Zahlung von 50.000 S sA, infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichts vom 10. September 1963, AZ 7 R 161/63-26, womit infolge Berufung der beklagten und widerklagenden Partei das Teil- und Zwischenurteil des Kreisgerichts St. Pölten vom 17. Mai 1963, GZ 1 Cg 787, 1001/62, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der beklagten und widerklagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird der Revision der klagenden und widerbeklagten Partei Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstrichters in ihrem Punkt A, erster Satz, wiederhergestellt wird.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind wie Prozesskosten zu behandeln.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Oberste Gerichtshof hatte sich mit dem zwischen dem Kläger und der Beklagten, seiner ehelichen Tochter, in Ansehung der Liegenschaft EZ ***** (Haus in der *****) bestehenden Rechtsverhältnis bereits in seiner Entscheidung vom 14. 3. 1962, 1 Ob 46/62, zu befassen. Sie bezog sich auf das vom Kläger unter C 132/61 des Bezirksgerichts Waidhofen a. d. Ybbs gestellte Begehren auf Feststellung seines lebenslänglichen Fruchtgenussrechtes und auf Verurteilung der Beklagten zur Einwilligung in dessen Verbücherung. Beiden Begehren war in erster Instanz mit der Begründung stattgegeben worden, dass der Kläger der Beklagten das Geld zu dem im Jahr 1954 erfolgten Ankauf der Liegenschaft und zwar zwecks Abfindung ihrer Erbansprüche zur Verfügung gestellt habe; während der Verhandlungen über den Kaufvertrag hätten die Streitteile mündlich vereinbart, dass der Kläger das Haus zu verwalten habe und dass die Zinseingänge ihm gehören sollten, dagegen müsse er die Reparaturen durchführen lassen; dies sei auch in der Folge so gehalten worden; der Kläger habe die Mietzinseingänge dem Finanzamt gegenüber als sein Einkommen einbekannt; er habe die notwendigen Reparaturen bezahlt und dazu, soweit die Mietzinseingänge nicht ausreichten, eigene Mittel aufgewendet; er habe acht Mietverträge im eigenen Namen abgeschlossen und gegen einen Mieter auch einen Räumungsprozess geführt; nach Eintritt einer Entfremdung zwischen den Streitteilen in den Jahren 1957 und 1958 habe die Beklagte dem Kläger im September 1960 die „Verwaltungsbefugnis" aufgekündigt, sich aber mit der weiteren Verwaltung des Hauses durch ihn wieder einverstanden erklärt, als er ihr am 4. 10. 1960 einen Betrag von 4.400 S zur Bezahlung der Schenkungssteuer für den ihr seinerzeit zum Hauskauf zur Verfügung gestellten Betrag übergab; all dies sei auf die Bestellung eines Fruchtgenussrechtes hinausgelaufen, auf dessen Verbücherung auch geklagt werden könne. Während das Kreisgericht St. Pölten als Berufungsgericht diese Entscheidung bestätigte, wies der Oberste Gerichtshof das Klagebegehren mit der Begründung ab, der Kläger habe weder behauptet noch bewiesen, dass bei Vertragsabschluss Verbücherungsabsicht bestanden habe; damit werde freilich nicht ausgeschlossen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein obligatorisches, dem Fruchtgenuss ähnliches Recht zustehe. Im vorliegenden, seit 13. 8. 1962 beim Kreisgericht St. Pölten anhängigen Prozess belangte der Kläger die Beklagte nun auf Feststellung, es stehe im seit dem Erwerb des Hauses durch die Beklagte das unwiderrufliche, lebenslängliche Recht zu, über die Erträgnisse desselben wie ein Eigentümer zu verfügen, weiters auf Rechnungslegung über die Mietzinseingänge sowie die Betriebskosten- und Instandhaltungsauslagen ab 1. 6. 1961 und schließlich - vorbehaltlich der Geltendmachung weiterer Ansprüche - auf Zahlung von 20.000 S samt Zinsen aus den von ihr seit 1. 6. 1961 eingehobenen Mietzinsen. Er machte dabei geltend, für den Ankauf des Hauses im Jahr 1954 insgesamt 167.876,70 S (Kaufpreis von 152.000 S + Durchführungskosten von 15.876,70 S) der Beklagten als Darlehen zur Verfügung gestellt zu haben; er habe mit dieser vereinbart, an Stelle einer Verzinsung des Darlehens das Haus verwalten und bewirtschaften zu können; insbesonders sei die Beklagte damit einverstanden gewesen, dass er die Mietzinse kassiere und für sich behalte; dies sei auch so gehandhabt worden; in den Jahren 1957/58 sei es zu einer Entfremdung und zu Streitigkeiten gekommen, wobei er sein Recht auf die Zinseingänge betont habe, während die Beklagte ihn bloß als Verwalter habe gelten lassen wollen; mit Schreiben vom 28. 9. 1960 habe sie ihm die Verwaltungsbefugnis aufgekündigt, sich aber dann damit einverstanden erklärt, dass er das Haus weiter verwalte und die Mietzinse weiterhin einziehe, nachdem er ihr am 4. 10. 1960 einen Betrag von 4.400 S zur Bezahlung der mittlerweile von ihr geforderten Schenkungssteuer übergeben habe; mit Schreiben ihres Anwalts vom 19. 5. 1961 habe sie ihm aber neuerlich die „Verwaltung" entzogen und die Mieter zur Bezahlung der Mietzinse auf ihr Konto aufgefordert; tatsächlich würden die Zinse seit 1. 6. 1961 auch an sie bezahlt; den Vorprozess habe er am 2. 6. 1961 anhängig gemacht, weil er die Mietzinseingänge für seinen Unterhalt gebraucht habe; aus der Zinsverrechnung für 1960 sei ihm bekannt, dass die Eingänge - abzüglich Betriebskosten von 3.448 S - jährlich 22.832 S betragen; da seit 1. 6. 1961 keine namhaften Reparaturen durchgeführt worden seien, müssten der Beklagten seither mindestens 20.000 S zugeflossen sein.

Die Beklagte beantwortete diese Klage mit einer Widerklage auf Rechnungslegung in gleichem Sinn für die Zeit vom 1. 3. 1954 bis 31. 5. 1961 und auf Zahlung von 50.000 S sA aus den vom Kläger während dieser Zeitspanne eingehobenen Mietzinsen. Sie bestritt, dass ihr der Kläger das Geld zum Hauskauf als Darlehen zur Verfügung gestellt habe; er habe ihr das Haus als Heiratsgut, zur Abfindung ihrer Erbansprüche und auch ihrer Ansprüche für auf seinem Hof geleisteten Arbeiten gekauft; die von ihm behauptete Vereinbarung sei nicht zustandegekommen und wäre, wenn sie getroffen worden wäre, nichtig, weil sie dann nur unter Ausnützung ihrer Unerfahrenheit geschlossen worden wäre; es habe sich lediglich um ein jederzeit widerrufbares Vollmachtsverhältnis zur Hausverwaltung gehandelt; diese Vollmacht habe sie widerrufen; der Kläger sei auch geistig gar nicht mehr in der Lage, das Haus zu verwalten.

Klage und Widerklage wurden zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden und das Verfahren auf den Grund des Anspruchs eingeschränkt.

Der Erstrichter gab dem Feststellungsbegehren des Klägers statt, wobei er aussprach, dass sein Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Das Widerklagebegehren der Beklagten wies der Erstrichter zur Gänze ab. Er bezeichnete seine Entscheidung als Zwischenurteil. Er kam abermals zur Feststellung, dass die vom Kläger behauptete Vereinbarung mit der Beklagten im Jahr 1954 mündlich zustandegekommen und sich die Ereignisse dann so abgespielt hätten, wie schon im Vorprozess als erwiesen angenommen worden war, ließ dabei aber die Frage offen, ob es sich um ein Darlehen, um eine Abfindung von Erbansprüchen o. dgl. gehandelt habe. Im Übrigen nahm er als erwiesen an, dass von einem Widerruf der Verwaltertätigkeit des Klägers nie die Rede gewesen sei; es sei auch nicht gesagt worden, er dürfe das Haus nur für eine bestimmte Zeit verwalten oder die Mietzinse nur für eine bestimmte Zeit einnehmen; eine Abrechnung oder sonst Rechenschaft über seine Tätigkeit sei seitens der Beklagten von ihm nie verlangt worden; der Kläger sei auch nach dem Eindruck, den er bei seiner Parteienvernehmung gemacht habe, geistig zur Verwaltung durchaus im Stande; dass er bei Abschluss der Vereinbarung die Unerfahrenheit der Beklagten ausgenützt habe, sei nicht anzunehmen, weil sie damals schon vierundzwanzig Jahre alt und im Jahr 1960, als sie die Vereinbarung mit dem Kläger neuerlich bekräftigt habe, bereits dreißig Jahre alt und zudem anwaltlich vertreten gewesen sei; unter diesen Umständen stehe dem Kläger gegenüber der Beklagten auf Lebenszeit und unwiderruflich ein dem Fruchtgenuss ähnliches obligatorisches Recht an ihrem Haus zu, ihr aber kein Anspruch auf Rechnungslegung.

Das Berufungsgericht nahm den Standpunkt ein, die vom Erstrichter verfügte Einschränkung der Verhandlung auf den Grund des Anspruchs könne sich sinnvoll nur auf die Zahlungsbegehren, sein Ausspruch, das Klagebegehren bestehe dem Grunde nach zu Recht, also nur auf das Begehren des Klägers, die Beklagte zur Zahlung von 20.000 S zu verurteilen, bezogen haben, nicht aber auf das Feststellungs- und Rechnungslegungsbegehren des Klägers, weil in diesen Belangen ein Streit über die Anspruchshöhe gar nicht bestehen könne; über das Rechnungslegungsbegehren des Klägers sei demzufolge überhaupt noch nicht entschieden worden. In der Sache selbst erachtete das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten für teilweise berechtigt und zwar dahin, dass es dem Feststellungsbegehren des Klägers nur mit folgender Einschränkung stattgab: „Es wird festgestellt, dass der Kläger gegen die Beklagte seit dem Erwerb des Hauses ... das infolge Widerrufsverzichtes beschränkt widerrufliche und lebenslängliche Recht hat, über die Erträgnisse des Hauses wie ein Eigentümer zu verfügen." Während das Berufungsgericht das Feststellungsmehrbegehren des Klägers abwies, bestätigte es das stattgebende Zwischenurteil des Erstrichters bzgl. des Zahlungsbegehrens des Klägers und ebenso die Abweisung des gesamten Widerklagebegehrens der Beklagten. Dabei sprach es aus, dass der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige. Es erachtete das Verfahren als mängelfrei, insbesonders auch hinsichtlich der Unterlassung einer Psychiatrierung des Klägers, und pflichtete dem Erstrichter in rechtlicher Beziehung darin bei, dass dem Kläger gegenüber der Beklagten als grundbücherlicher Eigentümerin des Hauses ein obligatorisches Recht auf Verwaltung desselben und auf Einziehung der Mietzinserträgnisse zustehe, wogegen er allerdings für die Reparaturen zu sorgen habe; daraus ergebe sich, dass er tatsächlich berechtigt sei, wie ein Eigentümer über die Zinseingänge zu verfügen, zumal ein Eigentümer sowohl nach den Bestimmungen des ABGB als auch nach jenen des Mietengesetzes zur Erhaltung des Bestandgegenstandes verpflichtet sei; es handle sich um ein dem Fruchtgenuss ähnliches Rechtsverhältnis, das dem Kläger nach den unbedenklichen Feststellungen insoweit auf Dauer zustehe, als die Beklagte auf den Widerruf der dem Kläger zur Hausverwaltung erteilten Vollmacht verzichtet habe; entgegen der Meinung der Beklagten erschöpfe sich das Vertragsverhältnis nicht in einer bloßen Bevollmächtigung zur Hausverwaltung, sondern solle einen darüber hinausgehenden Zweck erreichen, nämlich, dass der Kläger die Zinseingänge für sich behalten könne, sei dies nun zu seinem Unterhalt, sei dies zu einem anderen Zweck; wenngleich der Kläger zum Unterschied von einem gewöhnlichen Bevollmächtigungsvertrag sohin einen Anspruch habe, dass ihm die Vollmacht nicht ohne weiteres entzogen werde, wäre ein Widerruf dennoch zulässig, wenn die Aufrechterhaltung der Beklagten infolge einer Änderung der Verhältnisse nicht mehr zumutbar wäre; wichtige Gründe berechtigten nach Literatur und Judikatur den Machtgeber auch bei Unwiderruflichkeit der Vollmacht, aus dem Vertrag auszuspringen; die Beklagte habe aber keine so wichtigen Gründe beweisen können, dass sie berechtigt wäre, die Vollmacht des Klägers derzeit zu widerrufen; es sei nicht erwiesen, dass der Kläger geistig nicht mehr in der Lage wäre, das Haus zu verwalten, und die angeblichen Vorfälle mit den Mietern wären, Richtigkeit der diesbezüglichen Behauptungen vorausgesetzt, zur Begründung eines solchen Widerrufs nicht ausreichend; das Feststellungsbegehren des Klägers sei mit der angesprochenen Einschränkung berechtigt, weil die Beklagte dem Kläger das Recht zur eigentümerähnlichen Verfügung über die Mietzinse streitig mache; da es sich um ein Dauerrechtsverhältnis handle, sei das Feststellungsinteresse ungeachtet des Umstandes zu bejahen, dass der Kläger die ihm von der Beklagten seit 1. 6. 1961 vorenthaltenen Erträgnisse des Hauses schon mit Leistungsklage begehren könne; auch der Umstand, dass der Kläger die Feststellung des Rechtsverhältnisses durch Zwischenantrag hätte begehren können, stehe der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen; nach dem Vorbringen beider Teile könne angenommen werden, dass ein wenn auch noch so geringer Ertragsüberschuss bestehe, sodass die Erlassung eines Zwischenurteils zulässig gewesen sei, zumal über die Höhe des Herausgabeanspruchs des Klägers erst nach der von ihm urteilsmäßig begehrten Rechnungslegung der Beklagten entschieden werden könne; die Auffassung der Beklagten, die von ihr erwiesenermaßen mit dem Kläger abgeschlossene Vereinbarung habe der Schriftlichkeit bedurft, sei unrichtig; es handle sich um eine rein obligatorische Verbindlichkeit, für die keinerlei Formvorschrift bestehe; mit ihrem Argument, die Vereinbarung sei als sog. pactum antichreticum unzulässig, übersehe sie, dass die Bestimmung des § 1372 ABGB eine Pfandbestellung voraussetze; eine solche sei hier nicht erfolgt, weshalb es belanglos sei, ob der Kläger das Geld, wie er behauptet hatte, als Darlehen zur Verfügung gestellt habe oder ob es sich um eine Schenkung gehandelt habe; mit dem Einwand, die Vereinbarung sei nichtig, weil der Kläger ihre Unerfahrenheit ausgenützt habe, ziele die Beklagte offenbar auf die Bestimmung des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB ab; sie habe aber weder Unverhältnismäßigkeit der beiderseitigen Leistungen noch Tatsachen behauptet, aus denen auf eine wucherische Absicht des Klägers geschlossen werden könne; der Erstrichter habe diesbezüglich keine Feststellungen getroffen, die Beklagte habe dies aber auch nicht gerügt; die bloße Ausnützung einer allfälligen Unerfahrenheit der Beklagten allein, ohne dass die anderen Tatbestandsmerkmale des Wuchers hinzukämen, habe aber noch nicht Nichtigkeit des Geschäftes zur Folge; die Abweisung des Leistungsbegehrens der Widerklage sei eine selbstverständliche Folge der Feststellung des Rechtes des Klägers, über die Erträgnisse des Hauses wie ein Eigentümer verfügen zu können; schließlich sei auch das Widerklagebegehren der Beklagten auf Rechnungslegung des Klägers zutreffend abgewiesen worden, weil es hier nur auf die Frage eines berechtigten Interesses der Beklagten als Auftraggeberin, nicht aber ihre Willkür, ankommen könne; derzeit könne der Kläger die Erträgnisse des Hauses für sich behalten, habe keine Herausgabepflicht und das Vollmachtsverhältnis dauere weiter; daher habe die Beklagte derzeit kein erkennbares Interesse an einer Rechnungslegung durch den Kläger.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird von beiden Teilen angefochten. Der Kläger bekämpft aus dem Revisionsgrund nach § 503 Z 4 ZPO die Teilabweisung seines Feststellungsbegehrens mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstrichters wiederherzustellen. Die Beklagte bekämpft den bestätigenden Teil des Urteils der zweiten Instanz aus den Revisionsgründen nach § 503 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag, es im Sinn einer gänzlichen Abweisung der Begehren des Klägers und Stattgebung des Widerklagebegehrens dem Grunde nach abzuändern oder es im Umfang der Anfechtung aufzuheben und die Rechtssache an eine der Unterinstanzen zurückzuverweisen.

Beide Teile beantragen noch, dem Rechtsmittel der Gegenseite keine Folge zu geben.

Die Beklagte meint, dass das Berufungsgericht von der Ansicht des Erstrichters, dem Kläger stehe ein dem Fruchtgenuss ähnliches Recht obligatorischer Natur an dem ihr zugeschriebenen Haus zu, abgewichen sei. Das ist unrichtig, denn das Berufungsgericht hat - wie aus der bereits wiedergegebenen Begründung seiner Entscheidung unzweifelhaft hervorgeht - das Rechtsverhältnis zwischen den Streitteilen ebenso qualifiziert, dies - wie gleich vorweggenommen sei - durchaus zutreffend. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts ging nur dahin, dass die für den Fall des Verzichts auf die Widerrufbarkeit einer Vollmacht von Literatur und Judikatur entwickelten Leitsätze auch hier anzuwenden seien und der Beklagten deshalb zugebilligt werden müsse, sie könne das festgestellte lebenslängliche Recht des Klägers, über die Mietzinserträgnisse des Hauses wie ein Eigentümer zu verfügen, aus wichtigen, bisher allerdings noch nicht eingetretenen Gründen durch Widerruf beenden.

Rechtliche Beurteilung

In diesem Belang vermag der Oberste Gerichtshof dem Berufungsgericht aber nicht zu folgen. Der Fruchtnießer hat gewiss grundsätzlich die Verwaltungsbefugnis, die Verwaltung durch ihn selbst ist für das Institut des Fruchtgenusses aber nicht wesentlich. Er kann nämlich - unbeschadet seines Rechtes auf die unter Schonung der Substanz zu erzielenden Erträgnisse (§ 509 ABGB) - die Verwaltung der Sache nur beanspruchen, wenn er dazu befähigt ist (vgl Klang² Komm § 509 unter 4). Es besteht kein Bedenken, dies sinngemäß auf den vorliegenden Fall zu übertragen, der dadurch charakterisiert ist, dass dem Kläger zwar kein dingliches, sondern nur ein obligatorisches Recht zusteht, dessen Inhalt aber ansonsten im Wesentlichen jenem des dinglichen Fruchtgenusses entspricht. Im Vordergrund steht dabei jedenfalls, dass der Kläger sich im Zusammenhang mit der Bereitstellung der zum Hauskauf nötigen Mittel bei Übernahme der Reparaturpflicht die Erträgnisse des Hauses so vorbehalten hat, wie wenn er der Eigentümer würde. Das Berufungsgericht hat durchaus richtig gesehen, dass sich das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen nicht in einer bloßen Bevollmächtigung des Klägers zur Hausverwaltung erschöpft, sondern dass damit ein darüber hinausgehender Zweck realisiert werden sollte, eben der Anspruch des Klägers, über die Erträgnisse wie ein Eigentümer verfügen zu können, sei es nun zu seinem Unterhalt, sei es zu anderer Verwendung. Aber eben darum ist dem Kläger darin beizustimmen, dass die Frage seiner Befähigung zur Hausverwaltung auf einer anderen Ebene liegt als der von ihm im vorliegenden Prozess geltend gemachte Anspruch. Die Anzweiflung seiner geistigen Fähigkeiten erscheint hier nur insoweit von Bedeutung, als die Frage seiner Prozessfähigkeit zu beurteilen ist (§ 6 Abs 1 ZPO). Um sie bejahen zu können, genügen die Ergebnisse des Verfahrens der Unterinstanzen vollauf. Soweit sich die Revisionsausführungen der Beklagten auf das Unterbleiben einer Psychiatrierung des Klägers mit dem Ziel beziehen, seine Unfähigkeit zur Hausverwaltung darzutun, gehen sie ins Leere. Dabei ist ihr zuzugeben, dass es Mittel und Wege geben muss, auch ihre Interessen zu schützen, sofern sie durch die Rechtsausübung des Klägers gefährdet oder gar beeinträchtigt würden. Deshalb kann sie aber noch nicht als befugt erachtet werden, das Rechtsverhältnis zum Kläger, das diesem den lebenslänglichen Anspruch auf die reinen Erträgnisse des Hauses gibt, schlechthin zur Gänze zur Auflösung bringen. Die Grundlage für eine den Rechten und Interessen beider Teile Rechnung tragenden Maßnahme ergäbe sich vielmehr wohl aus einer sinngemäßen Anwendung jener Bestimmungen, die im Gesetz für solche Eventualitäten beim dinglichen Fruchtgenuss normiert sind. Gemäß § 520 ABGB kann der Eigentümer vom Fruchtnießer grundsätzlich nur bei einer sich äußernden Gefahr die Sicherstellung der Substanz verlangen; wird sie nicht geleistet, soll die Sache entweder dem Eigentümer gegen eine billige Abfindung überlassen oder nach Umständen in gerichtliche Verwaltung gegeben werden. Derartige Ansprüche hat die Beklagte gar nicht geltend gemacht und, selbst wenn sie es getan hätte, bestünde kein Grund, dass erwiesenermaßen berechtigte Begehren des Klägers auf Feststellung seines Anspruchs, über die Erträgnisse wie ein Eigentümer verfügen zu können, einzuschränken. Aus einem allenfalls berechtigten Anspruch der Beklagten auf Maßnahmen zum Schutz der Substanz folgt noch nicht, dass sie auch die Erträgnisse derselben beanspruchen könnte. Da der Erstrichter die im Vorprozess getroffene Feststellung, der Kläger habe der Beklagten das Geld zum Hauskauf zur Abgeltung ihrer Erbansprüche zur Verfügung gestellt, diesmal nicht traf, sondern diese Frage offen ließ, konnte die Beklagte in der Berufung das Argument eines Verstoßes gegen das Verbot des pactum antichreticum vorbringen, obgleich sie sich damit selbst auf den Boden der von ihr in erster Instanz bestrittenen Behauptung des Klägers, es habe sich um ein Darlehen gehandelt, stellte. Dass die Bestimmung des § 1372 ABGB im vorliegenden Fall schon deshalb unanwendbar ist, weil das Haus gar nicht zum Pfand für die theoretische Darlehensforderung bestellt wurde, hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt und wird auch von der Beklagten nicht bezweifelt. Fraglich bleibt aber, ob die Vereinbarung nicht - wie die Beklagte nunmehr in der Revision argumentiert - etwa zufolge der Bestimmungen des Hofdekretes vom 24. 12. 1816, JGS Nr. 1305/1816, ungültig ist. Danach ist es nämlich ganz allgemein also auch dann, wenn keine Pfandbestellung erfolgt - nicht gestattet - statt der Geldzinsen den Fruchtgenuss eines Grundstückes (oder die Abgabe von Naturalien) zu bedingen. Ob dieses Hofdekret noch gilt, wird in der Literatur freilich nicht einheitlich beantwortet, überwiegend aber doch bejaht (vgl dazu Ehrenzweig, § 284 unter I, Klang aaO zu § 1372 ABGB und die dort zitierte weitere Literatur). Eine nähere Prüfung des Problems ist entbehrlich, weil das Hofdekret auf den echten Fruchtgenuss, also das dingliche Recht, abzielt und diesmal nur eine analoge Anwendung auf ein obligatorisches Rechtsverhältnis mit fruchtgenussähnlichem Inhalt in Betracht käme. Sie erscheint aber nach dem im Hofdekret JGS Nr. 1305/1816 selbst hervorgehobenen Zweck desselben, nämlich der Vermeidung einer Gefahr der Bewucherung, weder nötig noch zulässig (§ 7 ABGB), weil im Verhältnis zwischen den Partnern einer rein obligatorischen Rechtsbeziehung durch die Regelung des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB ohnehin die nötige Vorsorge von Gesetzes wegen getroffen ist. Nach dieser Gesetzesstelle hat das Berufungsgericht die Entscheidung des Erstrichters aber ohnehin überprüft und was die Beklagte dagegen in der Revision vorbringt, ist nicht geeignet, ihr zu einem Erfolg zu verhelfen. Ihr Versuch, ein Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung durch Gegenüberstellung des angeblich kreditierten Kaufpreises von 152.000 S und des Betrages von 248.320 S, mit dem der Kläger sein Feststellungsbegehren bewertet habe, geht nicht nur von unrichtigen Voraussetzungen aus, weil zum Kaufpreis auch noch die Vertragsdurchführungskosten zu rechnen wären, was laut Klagsvorbringen 167.876,70 S ergäbe, und weil der Bewertungsbetrag, der nur 228.320 S ausmacht, nur als Befolgung der Vorschriften der §§ 56 Abs 2 und 58 Abs 2 JN zu verstehen ist, dieser Versuch geht auch fehl, weil es nur darauf ankommt, ob zwischen dem Wert der Liegenschaftserträgnisse, die sich der Kläger vorbehalten hat, und den Zinsen, die für ein solches Darlehen üblicherweise bezahlt werden müssten, ein Missverhältnis besteht. Die Bewertung des Streitgegenstandes für das Feststellungsbegehren des Klägers mit 228.320 S erfolgte auf der Grundlage des zehnfachen Jahresreinertrages der Liegenschaft, welchen der Kläger für die Zeit ab 1. 6. 1961 mit 22.832 S behauptete. Auch die Beklagte ging in ihrer Widerklage von diesem Betrag aus. Der Kläger fügte dem aber ausdrücklich bei, es seien seit dem 1. 6. 1961 keine namhaften Reparaturen gemacht worden. Ein Betrag von 22.832 S wären nun wohl rund 13,5 % eines Kapitals von 167.876,70 S, es darf dabei aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass Reparatursfreiheit während der Laufzeit eines auf Lebensdauer des Klägers fingierten Darlehens nicht angenommen werden kann. Es haben ja auch die Unterinstanzen als erwiesen angenommen, dass der Kläger vor dem 1. 6. 1961 Reparaturen aus den Zinseingängen vorgenommen und, wenn diese nicht ausreichten, aus eigenen Mitteln bezahlt hat. Wenngleich in diesem Belang ins Detail gehende Feststellungen fehlen, lässt sich doch mit Sicherheit sagen, dass die Rendite des Hauses - auf Dauer betrachtet - beträchtlich unter einem Satz von 13,5 % liegen muss, zumal auch die Beklagte in der Widerklage die Tatsache von Reparaturen zugab. Von einem auffallenden Missverhältnis zu dem Satz von Zinsen, der für ein solches Darlehen üblicherweise in Betracht käme, lässt sich also nicht reden. Hinsichtlich der für eine Anwendung des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB nötigen Tatbestandsmerkmale der „Ausbeutung" der von der Beklagten behaupteten „Unerfahrenheit" kann im Übrigen auf die Ausführungen der Unterinstanzen verwiesen werden. Nur der Vollständigkeit halber sei noch festgehalten, dass Anhaltspunkte für einen außerhalb des Tatbestandsbildes nach § 879 Abs 2 Z 4 ABGB liegenden Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 879 Abs 1 ABGB) weder behauptet wurden noch hervorgekommen sind.

Gegen die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens bestehen im vorliegenden Fall aus den schon vom Berufungsgericht zutreffend angestellten Erwägungen keine Bedenken.

Zusammenfassend ergibt sich daraus, dass der Revision der Beklagten ein Erfolg zu versagen, in Stattgebung jener des Klägers aber die Entscheidung der ersten Instanz wiederherzustellen ist, bei der es sich - worauf bereits das Berufungsgericht näher einging - nicht nur um ein Zwischenurteil, sondern um ein Teil- und Zwischenurteil handelte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
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