JudikaturJustiz1Ob162/17f

1Ob162/17f – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Oktober 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. E. Solé, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, Wien 6, Linke Wienzeile 18, vertreten durch die Kosesnik Wehrle Langer Rechtsanwälte KG, Wien, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, *****, Deutschland, vertreten durch Dr. Michael Wukoschitz, Rechtsanwalt in Wien, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 9. Juni 2017, GZ 4 R 76/17a 50, mit dem das Endurteil des Handelsgerichts Wien vom 5. April 2017, GZ 11 Cg 32/14i 43, bestätigt wurde in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 626,52 EUR (darin 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger ist ein zur Unterlassungsklage nach § 29 Abs 1 KSchG befugter Verein. Die in Deutschland ansässige beklagte Partei betreibt das Reisebürogewerbe. Auf ihrer in deutscher Sprache abgefassten Website (www.e*****.de) gibt die Beklagte ihre Telefonnummer mit der internationalen Vorwahl (+49) an. Dort sind auch ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) veröffentlicht, die den so begründeten Vertragsverhältnissen zugrunde liegen. Buchungen können über das Internet auch aus Österreich vorgenommen werden.

Der Kläger begehrte mit seiner Klage, der beklagten Partei die Verwendung von und die Berufung auf sechzehn im Klagebegehren näher bestimmten oder sinngleichen Klauseln zu untersagen und ihm die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in einer Samstag-Ausgabe der „Kronen Zeitung“ zu erteilen. Dabei hatte sich der Kläger, wie schon der Klagserzählung und seinem vorbereitenden Schriftsatz zu entnehmen war, auf die Ausrichtung der Tätigkeit der beklagten Partei auf den österreichischen Markt bezogen.

Das Erstgericht gab mit drei Teilurteilen dem Unterlassungsbegehren zur Gänze statt. Mit dem ersten Teilurteil entschied es nur über eine Klausel. Das Berufungsgericht nahm über die Berufung der beklagten Partei in den Urteilsspruch die klarstellende Formulierung auf, die Beklagte sei schuldig, die Verwendung oder Berufung auf diese oder eine sinngleiche Klausel im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr abgeschlossenen Verträgen, die auf einer auf Österreich ausgerichteten Tätigkeit von ihr oder der von ihr hierfür verwendeten Personen beruhen, zugrunde lege und oder in hierbei verwendeten Vertragsformblättern zu unterlassen. Es bezeichnete die Aufnahme des – nach dem Inhalt des Vorbringens des Klägers im Verfahren erster Instanz ohnehin von Beginn an angestrebten – Inlandsbezugs in den Spruch als Abänderung des Urteils und wies ausgehend davon ein (im Wortlaut des Klagebegehrens ebenso nicht enthaltenes) „Mehrbegehren“ auf Unterlassung einer darüber hinausgehenden Verwendung der Klausel oder Berufung auf diese „bei über Österreich hinaus ausgerichteten Tätigkeiten“ ab. Die beiden Teilurteile des Erstgerichts über die weiteren fünfzehn Klauseln enthielten bereits (entsprechend der Aufnahme in das Begehren durch den Kläger) die Formulierung „die auf einer auf Österreich ausgerichteten Tätigkeit ... beruhen“. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidungen. Der erkennende Senat wies die gegen die drei Urteile des Berufungsgerichts erhobenen Revisionen jeweils mangels erheblicher Rechtsfrage zurück (1 Ob 67/15g, 1 Ob 191/16v und 1 Ob 192/16s).

Mit dem nun angefochtenen Endurteil sprach das Erstgericht über das allein noch offene Veröffentlichungsbegehren ab und gab auch dazu dem Klagebegehren statt. Den Veröffentlichungsantrag der Beklagten wies es ab. Das Berufungsgericht bestätigte auch diese Entscheidung.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, die entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig ist.

Abgesehen von einer aufzugreifenden Fehlbeurteilung kommt der Frage, ob und in welchem Umfang eine Veröffentlichung des Urteils (hier gemäß § 30 Abs 1 KSchG iVm § 25 Abs 3–7 UWG) nach den Umständen des Falls zur Aufklärung des Publikums geboten ist, keine erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung zu (RIS Justiz RS0042967 [T8]; vgl auch RS0079820 [T20]); dies gilt auch für die Wahl des Publikationsmediums (RIS-Justiz RS0042967 [T11]).

Die Tatsacheninstanzen gingen davon aus, dass die Beklagte über eine in deutscher Sprache gehaltene Website auf dem österreichischen Markt aktiv wird, Flugreisen anbietet, also ein Produkt, das von einem großen Kreis der Bevölkerung, darunter sehr viele durchschnittliche Verbraucher, konsumiert wird. Wenn das Berufungsgericht eine nicht unbedeutende und stetig anwachsende Buchungspraxis im Internet zugrunde legte und auch das Bedürfnis, nicht nur bestehende Kunden sondern auch zukünftige zu informieren, berücksichtigte, ist die einmalige Veröffentlichung in einer bundesweiten Ausgabe eines Printmediums jedenfalls vertretbar. Von der Beklagten angesprochene Fragen der Beweislast stellen sich dabei gar nicht.

Zum Veröffentlichungsantrag der Beklagten erläuterte das Berufungsgericht, dass sich schon aus der Veröffentlichung der Verpflichtung zur Unterlassung einer auf Österreich ausgerichteten Tätigkeit die Beschränkung auf das Inland ergebe, und die Information über den formal abgewiesenen Teil durch Veröffentlichung auf „gleiche Art und in gleicher Form“ wie der Kläger und auf dessen Kosten den Verbraucher nur über die Klarstellung in Kenntnis setzte, ihm aber keine zusätzliche Sachinformation brächte.

Der Umstand, dass in einem bestimmten Bereich – nach der Diktion des Berufungsgerichts – „nur spärliche höchstgerichtliche Rechtsprechung“, nämlich zum Veröffentlichungsinteresse des obsiegenden Beklagten, existieren soll, bewirkt für sich genommen noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage. Ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung des klagsabweisenden Urteils durch den Beklagten besteht dann, wenn ein ansonsten falscher Eindruck der Öffentlichkeit dahin, dass der Kläger im Rechtsstreit obsiegt habe, zerstreut werden müsste (vgl 4 Ob 169/90 und neun weitere Entscheidungen zu RIS Justiz RS0079624). Wenn das Berufungsgericht angesichts des Verlaufs und des Ausgangs des Rechtsstreits ein derartiges Bedürfnis nach einer Gegenveröffentlichung der (an sich entbehrlichen) Teilabweisung verneinte, ist ihm keinesfalls eine Fehlbeurteilung unterlaufen.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 iVm § 50 ZPO. Der Kläger hat auf die fehlende Zulässigkeit der Revision hingewiesen.

Rechtssätze
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