JudikaturJustiz1Ob104/99x

1Ob104/99x – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. August 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred K*****, vertreten durch Dr. Egon Jaufer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Stadt Graz, vertreten durch Dr. Hannes Priebsch und DDr. Sven D. Fenz, Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung der wirtschaftlichen Trennung der Häuser Graz, ***** und gemeinsamer Durchführung der Verwaltung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 18. November 1998, GZ 3 R 291/98f 23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 1. Juni 1998, GZ 5 C 335/97a 16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 8.100 S (darin 1.350 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Stadt Graz ist seit 1914 Eigentümerin der auf einem Grundbuchskörper errichteten und nach schweren Kriegsschäden mit Mitteln des Wohnhaus Wiederaufbaufonds wiederaufgebauten Häuser Graz, ***** 29 und 31. Die beiden Häuser sind im stumpfen Winkel aneinandergebaut und haben zwei getrennte Eingänge. Die nordöstlich gelegene Straßenfrontfassade des Hauses 29 ist der Witterung stärker ausgesetzt als die Fassaden des Hauses 31. Die beiden Häuser weisen einen unterschiedlichen Erhaltungszustand auf, weshalb auch Sanierungsarbeiten im unterschiedlichen Umfang notwendig sind; beide verfügen über eine eigene Liftanlage und über eine getrennte Strom und Wasserversorgung mit jeweils eigenem Zähler. Für die Fernwärme besteht jedoch nur eine Abgabestation. Bis einschließlich der Abrechnungsperiode 1996 wurden die beiden Häuser als wirtschaftliche Einheit verwaltet und abgerechnet; dabei legte die Hausverwaltung der beklagten Partei eine gemeinsame Betriebskostenabrechnung nach dem iSd MRG ermittelten Betriebskostenverteilungsschlüssel. Seit der Abrechnungsperiode 1997 erfolgt die Betriebskostenabrechnung für beide Häuser getrennt. Der Kläger ist Mieter einer im Haus 29 gelegenen Wohnung.

Der Kläger begehrte nach rechtskräftiger Überweisung ins streitige Verfahren gemäß § 40a JN (AZ 5 Msch 47/97z des Erstgerichts), der beklagten Partei die "wirtschaftliche Trennung der beiden Wohnhäuser zu untersagen" und ihr "aufzutragen, die Verwaltung und wirtschaftliche Behandlung wiederum wie bisher gemeinsam durchzuführen". Dazu brachte er im wesentlichen vor, eine wirtschaftliche Trennung der beiden Häuser sei nicht zulässig; diese stellten seit unvordenklichen Zeiten eine bauliche und wirtschaftliche Einheit dar. Die Trennung bedeute für die Mieter des Hauses 29 eine Mehrbelastung ua deshalb, weil in diesem Haus die Hausbesorgerwohnung liege und die Frontfassade wesentlich stärker den Witterungsunbilden ausgesetzt sei als jene des Hauses 31, was ein Mehrfaches an Erhaltungsaufwand bedinge. Die wirtschaftliche Trennung sei ohne die geforderte Einvernehmlichkeit aller Mieter beider Häuser erfolgt. Der Betriebskostenschlüssel des Klägers betrage laut Mietvertrag 3,33 %, bei getrennter Verwaltung betrage er hingegen 6,9 %. Zur Änderung des Verteilungsschlüssels bedürfe es einer hier fehlenden schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Vermieter und allen Mietern des Hauses. Durch die getrennte Verwaltung beider Häuser verschlechtere sich die Betriebskostenbelastung der Wohnung des Klägers.

Die beklagte Partei wendete ua ein, der Kläger habe keinen Anspruch auf die "wirtschaftliche Einheit" der beiden Häuser, im übrigen bringe die wirtschaftliche Trennung der beiden Häuser für die Mieter keine Nachteile.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Als Haus iSd §§ 3, 17 MRG seien alle vermietbaren Bauwerke eines Grundbuchskörpers zu verstehen, es sei denn, es bestünden mehrere gesonderte Gebäude, die zueinander nicht im Verhältnis von Haupt und Nebensache stünden, sondern jeweils eine wirtschaftliche selbständige Sache bildeten. Die beiden Häuser seien als tatsächlich und wirtschaftlich voneinander getrennte selbständige Häuser anzusehen. Die beklagte Partei dürfe diese Häuser getrennt verwalten und für sie auch gesondert abrechnen, insbesondere angesichts des unterschiedlichen Erhaltungszustands und der unterschiedlichen Auffassungen der Mieter in beiden Häusern über Art und Ausmaß der durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen, aber auch, weil damit keine Nachteile für die Mieter verbunden seien. Ein Anspruch des klagenden Mieters im Haus 29 auf gemeinsame Verwaltung und Abrechnung der beiden Häuser als wirtschaftliche Einheit bestehe nicht.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil, ohne auf die Mängel , Beweis- und Tatsachenrüge in der Berufung des Klägers einzugehen, aus rechtlichen Erwägungen. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 52.000 S, nicht aber 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. In rechtlicher Hinsicht vertrat die zweite Instanz im wesentlichen die Auffassung, die Verwaltung einer Liegenschaft komme dem Eigentümer zu. Der Mieter habe darauf keinen Einfluß, zumindest nicht derart, daß er den Eigentümer von vornherein dazu verhalten könne, die Verwaltung in einer bestimmten Weise vorzunehmen und insbesondere bestimmte Verteilungsgrundsätze auf die Bewirtschaftungskosten, um die es dem Kläger gehe, anzuwenden. Daran ändere auch der Hinweis des Klägers darauf, daß sich durch die getrennte Verwaltung der Häuser sein im Mietvertrag mit 3,33 % der Gesamtnutzfläche vereinbarter Betriebskostenanteil zu seinem Nachteil geändert habe, nichts. Auch daraus könne die begehrte Entscheidung nicht abgeleitet werden, die im übrigen in die Rechtssphäre sämtlicher Mieter eingreifen würde.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der behauptete Verfahrensmangel zweiter Instanz liegt, wie der Oberste Gerichtshof prüfte, nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

In dem vom Außerstreitgericht gemäß § 40a JN überwiesenen Verfahren begehrte der klagende Mieter, der beklagten Hauseigentümerin und Vermieterin die "wirtschaftliche Trennung der beiden Wohnhäuser zu untersagen" und ihr "aufzutragen, die Verwaltung und wirtschaftliche Behandlung wiederum wie bisher gemeinsam durchzuführen", somit inhaltlich, in einer bestimmten Weise die Verwaltung ihrer beiden Häuser vorzunehmen. Der Anspruch muß an folgenden Überlegungen scheitern: § 354 ABGB definiert das Eigentumsrecht in subjektiver Hinsicht als "das" Befugnis, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten und jeden anderen davon auszuschließen. In § 362 ABGB werden die wichtigsten Eigentümerbefugnisse in konkretisierender Wiederholung der Inhalte des § 354 noch einmal genannt. Zu diesen Befugnissen gehört, obwohl im Gesetz nicht ausdrücklich genannt, auch die "Verwaltung" als eine Maßregel der Geschäftsführung. Zu verstehen ist darunter in diesem Zusammenhang jede Maßnahme rechtlicher oder tatsächlicher Natur, die der Erhaltung oder Verbesserung der dem Eigentümer gehörigen Sache oder der Ziehung und Veräußerung der Früchte dienen soll (vgl dazu Egglmeier in Schwimann2, § 833 ABGB Rz 7 mwN). § 364 Abs 1 ABGB stellt sodann das umfassende Herrschaftsrecht des Eigentümers in den Gesamtzusammenhang der Rechtsordnung, indem er darauf hinweist, daß seine Ausübung durch gesetzliche Einschränkungen, regelmäßig im Interesse der Allgemeinheit (Koziol/Welser, Grundriß10, II 41), und die Rechte Dritter (SZ 51/100 ua; Feil, Liegenschaftsrecht 53) beschränkt ist; insofern kommt der Bestimmung verweisender Charakter zu. Eine Vielzahl von Eigentumsbeschränkungen findet sich im öffentlichen Recht (vgl dazu den umfangreichen Katalog gesetzlicher Servituten, von Beschränkungen des Handels- und Rechtsverkehrs und anderen Rechtsvorschriften in Dittrich/Tades, ABGB MGA35 bei § 364 ABGB). So ist das Eigentum an Miethäusern durch den Mieterschutz in weitem Umfang beschränkt, Klang (in Klang2 II 132) sieht den Eigentümer beinahe in die Stellung eines Verwalters zurückgedrängt. Das hier anwendbare MRG normiert aber keinen dem Klagebegehren entsprechenden Anspruch des Mieters gegenüber dem Vermieter.

Der Kläger ist vielmehr, wie die zweite Instanz zutreffend erkannte, nur berechtigt, im besonderen Außerstreitverfahren nach § 37 MRG die Betriebskosten überprüfen zu lassen, etwa durch Feststellung der Verteilung der Gesamtkosten und des Anteils eines Mietgegenstands an den Gesamtkosten (§ 17 MRG) nach § 37 Abs 1 Z 9 MRG oder der Höhe der Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben, der Auslagen für die Verwaltung, des Beitrags für die Hausbesorgerarbeiten und besonderer Aufwendungen (§§ 21 bis 24 MRG) nach § 37 Abs 1 Z 12 MRG (vgl Würth/Zingher, Miet und Wohnrecht20 § 37 MRG Rz 22). Nur in diesem Zusammenhang und in dieser Verfahrensart wäre eine Änderung des bisher gehandhabten Betriebskostenschlüssels, die schriftliche Zustimmung der Mieter nach § 17 Abs 1 MRG und die Frage relevant, ob bei der Verteilung der "Gesamtkosten" iSd § 17 MRG eine (wirtschaftliche) Trennung mehrerer auf einer Liegenschaft befindlichen Objekte gerechtfertigt ist (vgl dazu SZ 59/122; WoBl 1992, 154 [Call] mwN ua; RIS Justiz RS0020405; Würth/Zingher aaO § 17 MRG Rz 3 mwN).

Das Herrschaftsrecht des Eigentümers kann ferner durch Rechte Dritter dinglicher oder obligatorischer Natur, die sich aus Gesetz ("Legalservituten"), letztwilliger Verfügung oder Vertrag ergeben, eingeschränkt werden (Oberhammer in Schwimann2, § 364 ABGB Rz 1). Aus dem Gesetz (MRG) ist der Klageanspruch, wie bereits dargestellt, nicht abzuleiten, einen vertraglichen oder auf letztwilliger Verfügung beruhenden Anspruch gegenüber dem beklagten Eigentümer behauptet der Kläger hier nicht einmal. Auch zu einer allfälligen Begrenzung der Ausübung des Eigentumsrechts zufolge des Schikaneverbots des § 1295 Abs 2 ABGB (RdW 1995, 424; Oberhammer aaO § 364 ABGB Rz 1; zweifelnd Feil aaO 54 mwN) muß mangels jedweden Klagevorbringen dazu nicht weiter Stellung genommen werden.

Der Revision kann daher kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO.