JudikaturJustiz16Ok3/18d

16Ok3/18d – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Mai 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Kartellrechtssache der Antragstellerin Bundeswettbewerbsbehörde, Wien 3, Radetzkystraße 2, gegen die Antragsgegnerin P***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Fritz Vierthaler, Rechtsanwalt in Gmunden, wegen Geldbuße gemäß § 29 iVm § 1 KartG, über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Kartellgericht vom 1. Februar 2018, GZ 27 Kt 7/17g 11, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Erstgericht verhängte über die Antragsgegnerin mit rechtskräftigem Beschluss vom 9. 11. 2017 eine Geldbuße in Höhe der von der BWB beantragten 48.000 EUR wegen fortgesetzter, komplexer Zuwiderhandlung gegen § 1 KartG durch kartellrechtswidrige Preisabsprachen und Kundenaufteilungen sowie horizontalen Informationsaustausch mit Mitbewerbern bei beschränkt privaten und öffentlichen Ausschreibungen im Bereich Trockenausbau insbesondere in Wien und Niederösterreich sowie punktuell in der Steiermark im Zeitraum zwischen Juni 2011 und Juni 2014.

Mit dem nunmehr bekämpften Beschluss setzte das Erstgericht die Rahmengebühr für dieses Verfahren mit 5.600 EUR fest. Das Verfahren habe einen unterdurchschnittlichen Aufwand erfordert, seine wirtschaftspolitische Bedeutung sei gering. Der Umsatz der Antragsgegnerin habe in den Geschäftsjahren 2015/2016 und 2016/2017 jeweils rund 10 Mio EUR betragen, der Gesamtumsatz der „P*****-Gruppe“ ca 24 Mio EUR. Daher sei die Ausmittlung der Rahmengebühr mit knapp einem Sechstel des Rahmens bis 34.000 EUR angemessen.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragsgegnerin mit dem Ziel einer Reduktion der Rahmengebühr auf 2.200 EUR. Die Zumessungskriterien des § 54 KartG seien nach der Judikatur des KOG nicht erschöpfend. Als mögliches Kriterium komme daher auch die Höhe der beantragten Geldbuße in Betracht, und als weitere Orientierungshilfe die im GGG verankerte gerichtliche Pauschalgebühr für Zivilprozesse, die so bemessen sei, dass sie den durchschnittlichen Verfahrensaufwand decke; sie betrage bei einem Streitwert von 48.000 EUR „nach TP2 (Pauschalgebühr 2. Instanz)“, die der Senatsbesetzung im Kartellverfahren Rechnung trage, 2.146 EUR. Hier sei daher eine Rahmengebühr von 2.200 EUR angemessen, die vom Erstgericht festgesetzte Rahmengebühr sei hingegen überhöht.

Die Amtsparteien haben keine Rekursbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt :

1. Nach § 50 Z 4 KartG ist im Verfahren vor dem Kartellgericht und dem Kartellobergericht für ein Verfahren über die Verhängung einer Geldbuße, das nicht mit einem Verfahren nach Z 2 verbunden ist, sowie für das Verfahren zur Abschöpfung (§ 111 TKG 2003, § 56 BMG) eine Rahmengebühr von bis zu 34.000 EUR zu entrichten.

Die Höhe der Rahmengebühr ist nach § 54 KartG nach freiem Ermessen festzusetzen. Dabei sind insbesondere die wirtschaftspolitische Bedeutung des Verfahrens, der mit der Amtshandlung verbundene Aufwand, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Zahlungspflichtigen und die Tatsache zu berücksichtigen, inwieweit der Zahlungspflichtige Anlass für die Amtshandlung gegeben hat. Die Aufzählung dieser Kriterien ist nicht erschöpfend; bei der Bewertung der maßgeblichen Umstände ist eine Gesamtschau vorzunehmen, ohne bloße Teilaspekte herauszugreifen (16 Ok 5/15v; 16 Ok 6/13; RIS-Justiz RS0123285).

2. Das Gerichtsgebührengesetz (GGG) knüpft dagegen bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten (VwGH 87/16/0044; 89/16/0022), die bei der Gebührenbestimmung des Kartellrechts im Hinblick darauf, dass die Gebühr ohnehin in jedem Einzelfall vom vorsitzenden Richter bestimmt wird, nicht vordringlich ist (16 Ok 7/08).

Bereits diese grundsätzlichen konzeptionellen Unterschiede (zur von der Rekurswerberin ohnehin nicht bestrittenen verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit divergierender Gebührenregelungen, vgl VfGH G 14/12 ua mwN; 16 Ok 7/14m) sprechen gegen die Berücksichtigung eines „fiktiven Streitwerts“, zB in Form der beantragten Geldbuße, bei der Gebührenbestimmung im Kartellrecht.

3. Eine analoge Heranziehung eines „fiktiven Streitwerts“ als Grundlage der Bemessung der Pauschalgebühr widerspräche darüber hinaus sowohl der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs im Bereich des Gerichtsgebührenrechts, wonach dort eine Analogie regelmäßig ausgeschlossen ist (VwGH 97/16/0344; 92/16/0018; 90/16/0035), als auch dem Umstand, dass die Normen des KartG über die Bestimmung der Pauschalgebühr insoweit keine Lücke erkennen lassen.

4. Die von der Rekurswerberin angestrebte Heranziehung der zivilprozessualen Pauschalgebühr als „Orientierungshilfe“ für die Festsetzung der kartellgerichtlichen Rahmengebühr scheidet bereits deshalb aus, weil ein Vergleich der Regelungen zeigt, dass die Vorgaben des Gesetzgebers bei der kartellgerichtlichen Rahmengebühr – mit ihrer Deckelung der Gebühr mit 34.000 EUR – eine wesentlich geringere Spreizung vorsehen als bei den zivilprozessualen Pauschalgebühren des GGG. Folgte man der Argumentation des Rekurswerbers, wäre bereits bei einer Geldbuße von unter 2 Mio EUR die maximale Rahmengebühr des KartG erreicht, und es käme sodann weder eine weitere Differenzierung zu höheren Geldbußen in Betracht, noch die (gesetzlich angeordnete) Berücksichtigung der in § 54 KartG genannten Kriterien.

5. Dass die Gebührenbemessung des Erstgerichts im Rahmen der im KartG genannten Bemessungskriterien den eingeräumten Ermessensspielraum überschritte, behauptet die Rekurswerberin nicht; solches ist auch nicht ersichtlich.

Dem Rekurs war daher der Erfolg zu versagen.