JudikaturJustiz15Os56/99

15Os56/99 – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Mai 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Mai 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Aichinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz B***** und einen anderen Angeklagten wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 16. November 1998, GZ 13 Vr 417/96-41, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens des falschen Vermögensverzeichnisses nach § 292a StGB (Punkt II des Urteilssatzes) sowie demzufolge auch im Strafausspruch (jedoch unter Aufrechterhaltung des Adhäsionserkenntnisses) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird im übrigen zurückgewiesen.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die auf den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem (auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthaltenden) angefochtenen Urteil wurde Franz B***** der Vergehen (I) des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB und (II) des falschen Vermögensverzeichnisses nach § 292a StGB schuldig erkannt.

Danach hat er

(I) am 19. Juli 1995 in Bisamberg mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Christian S***** dadurch, daß er bei Verkaufsgesprächen über den VW-Bus, Baujahr 1977, Fahrgestell-Nr. 2182000520, dessen Verkehrs- und Betriebssicherheit vorspiegelte und zur Bestärkung auf die angebrachte Begutachtungsplakette verwies und ein von Siegfried D***** ausgestelltes Gutachten gemäß § 57a KFG übergab, wobei er vorgab, er verkaufe den VW-Bus für den im Typenschein als letzten Eigentümer aufscheinenden Karl R*****, obwohl er selbst Eigentümer der Fahrzeugs war und zur Bekräftigung dieser Behauptung einen Kaufvertrag vorlegte, den er selbst angefertigt und mit dem Namenszug Karl R*****s unterschrieben hatte, sohin durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung falscher Urkunden zu einer Handlung, nämlich zum Ankauf des VW-Busses verleitet, die Christian S***** mit einem Betrag von 13.000 S geschädigt;

(II) am 19. Jänner 1996 vor dem Bezirksgericht Korneuburg durch die Angaben, er sei bei der Firma Schi***** in 1220 Wien, Nordbahnstraße 16, beschäftigt und verdiene 15.000 S (monatlich), und diese in das Vermögensverzeichnis gemäß § 48 Abs 2 EO zur AZ E 1912/94t aufgenommenen Angaben unterfertigte, die Befriedigung der betreibenden Gläubiger gefährdet.

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich in Ansehung des Schuldspruches zu II als berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach den hier wesentlichen Feststellungen wurde Franz B***** in einem gegen ihn geführten Exekutionsverfahren aufgefordert, ein Vermögensverzeichnis gemäß § 47 Abs 2 EO abzugeben. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt arbeitslos war, führte er in diesem Vermögensverzeichnis (am 19. Jänner 1996, vgl den Akt E 1912/94t des Bezirksgerichtes Korneuburg S 39) an, daß er bei der Firma Schi***** beschäftigt sei und dort monatlich 15.000 S verdiene. "Nicht nur daß er wußte, daß er nicht bei der Firma Schi***** tätig war, hatte er auch keine konkrete Zusage von dieser Firma, dort beschäftigt zu werden. Er tat dies in der Absicht, die Befriedigung seines Gläubigers Christian T***** zu gefährden, sodaß dieser keine Gehaltspfändung durchführen konnte (US 8 und 9)". Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß "die Tatsache, daß der Angeklagte bei einem Vermögensverzeichnis einen nicht existenten Gläubiger anführt, sehr wohl zu einer Schmälerung des Gläubigers führt. Dem Gläubiger ist es nicht möglich, auf diesen Dienstgeber zu greifen und eine Exekution durchzuführen" (US 13).

Der Beschwerdeführer rügt - gestützt auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO - im Ergebnis mit Recht, daß bereits die Urteilsannahmen zu den objektiven Tatbestandserfordernissen unzureichend seien, weil das angefochtene Urteil jegliche Feststellung zur Frage der Gefährdung von Gläubigern vermissen lasse.

Bei dem in Rede stehenden Vergehen muß durch Unterfertigung eines falschen oder unvollständigen Vermögensverzeichnisses vor einem Vollstreckungsorgan die Befriedigung zumindest eines Gläubigers konkret gefährdet worden sein. Gegenstand des Vermögensverzeichnisses ist alles das an Werten, was wirtschaftlich zum Vermögen des Verpflichteten gehört und was allenfalls für die Befriedigung des betreibenden Gläubigers von Bedeutung sein könnte. Ob die vom Verpflichteten vorsätzlich verschwiegenen Vermögensbestandteile für die Gläubiger schließlich realisierbar sein werden, ist irrelevant (Mayerhofer/Rieder StGB4 § 292a E 1 und 2).

Die Benennung eines Dienstgebers und die Behauptung eines tatsächlich nicht gegebenen Bezuges aus einem mit diesem nicht bestehenden Dienstverhältnis können für sich allein mangels Vorliegens eines Vermögenswertes bzw Bezugsrechtes aus diesem Dienstverhältnis nicht zu einer Gefährdung von Gläubigern führen (das Erstgericht spricht im übrigen abweichend von den Urteilsfeststellungen in der rechtlichen Begründung tatbestandsfremd von "Schädigung"). Allerdings hat der Angeklagte nach der Aktenlage (S 38) im Mai 1996 10.800 S monatlich Arbeitslosenentgeld bezogen und sodann als Monteur monatlich 15.000 S verdient (Beschuldigtenvernehmung vom 19. November 1996, S 153). Damit bleibt offen, ob der Angeklagte zwar nicht durch die Angabe eines Dienstgebers allein, von dem für ihn kein Gehaltsbezug zu erwarten war, aber möglicherweise durch ein dadurch bedingtes Verschweigen anderer Zugriffsmöglichkeiten die Befriedigung seiner Gläubiger gefährden konnte.

Dem Urteilsfaktum II haften somit bereits zur objektiven Tatseite - zutreffend gerügte, vom Obersten Gerichtshof nicht sanierbare - Feststellungsmängel an, die eine Verfahrenserneuerung im bezeichneten Umfang in erster Instanz unumgänglich machen, weshalb schon bei einer nichtöffentlichen Beratung das Urteil spruchgemäß zu beheben und insoweit die Verfahrenserneuerung anzuordnen war (§ 285e StPO).

Als nicht zielführend erweist sich die Beschwerde jedoch bezüglich des Schuldspruchfaktums I.

In der Mängelrüge (Z 5) moniert die Beschwerde die Feststellung des Erstgerichtes, der Angeklagte habe einen VW-Bus älteren Baujahres mit den Papieren des verfahrensgegenständlichen VW-Busses zur Begutachtung in die Werkstätte D***** geführt und beim Verkauf des Fahrzeuges an Christian S***** gewußt, daß dieses eine "Leiche" ist und sich in keinem betriebs- und verkehrssicheren Zustand befindet, als unzureichend begründet. Entgegen der Beschwerdebehauptung hat das Schöffengericht die Konstatierungen über die Begutachtung eines anderen Fahrzeuges, die es sowohl aus den unterschiedlichen Kilometerstandszahlen als auch den Differenzen aus dem Gutachten des Sachverständigen Ing. W***** und des A***** sowie der B***** im Gegensatz zu demjenigen der genannten Werkstätte abgeleitet hat, hinreichend deutlich und formal mängelfrei begründet. Gleiches gilt für die Urteilsannahmen, auf Grund welcher Umstände davon auszugehen ist, daß der Angeklagte davon wußte, daß das verkaufte Fahrzeug nicht in betriebs- und verkehrssicherem Zustand war (US 9 bis 11). Mit der Kritik an den betreffenden Ausführungen bekämpft die Beschwerde bloß unzulässigerweise die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz nach Art einer Schuldberufung. Dies manifestiert sich insbesondere auch darin, daß sie sich auf den Grundsatz "in dubio pro reo", also eine Beweiswürdigungsmaxime, beruft (Mayerhofer StPO4 § 258 E 42).

Soweit die Mängelrüge unter Hinweis auf die Möglichkeit anderer Geschehensvarianten die (ebenso aus den unterschiedlichen Kilometerständen bzw Abweichungen zwischen den im Prüfprotokoll der Firma D***** eingetragenen Zahlen und denjenigen des Gutachtens selbst gezogenen) Folgerungen der Tatrichter auf das Vorhandensein zweier unterschiedlicher Fahrzeuge als "unzulässig" beanstandet, verkennt sie, daß der vom Erstgericht gezogene Schluß logisch ist; daß er auch zwingend ist, wird nicht gefordert (13 Os 165/97, 13 Os 186/98, 13 Os 38/99 ua). Die dazu vom Beschwerdeführer selbst angestellten spekulativen Erwägungen sind in der Aktenlage nicht gedeckt und daher unbeachtlich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit, soweit sie sich gegen den Schuldspruch zu Punkt I richtet, schon bei nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO).

Mit einer Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.