JudikaturJustiz15Os35/15h

15Os35/15h – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. März 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. März 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Romig als Schriftführerin in der Strafsache gegen Tanja G***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 und 148 erster Fall StGB, AZ 613 Hv 30/13w des Landesgerichts Korneuburg, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 30. September 2014, GZ 613 Hv 30/13w 59, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Bauer, und des Verteidigers Mag. Bernd Trappmaier, zu Recht erkannt:

Spruch

Der gemeinsam mit dem Urteil verkündete Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 30. September 2014, GZ 613 Hv 30/13w 59, verletzt §§ 494a, 495 Abs 2 StPO und § 55 Abs 3 StGB.

Dieser Beschluss wird im Umfang des Ausspruchs auf Verlängerung der mit Urteil des Landesgerichts Leoben vom 12. Juni 2013, AZ 13 Hv 58/13b, gewährten Probezeit ersatzlos aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit gekürzt ausgefertigtem Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Leoben vom 12. Juni 2013, GZ 13 Hv 58/13t 17, wurde Tanja G***** des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 (§§ 107 Abs 1, 269 Abs 2, 298 Abs 1) StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

Sodann wurde Tanja G***** mit gleichfalls gekürzt ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 30. September 2014, GZ 613 Hv 30/13w 59, wegen des vom 14. Oktober 2009 bis 12. September 2012 in vielfachen Angriffen begangenen Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 und 148 erster Fall StGB unter Bedachtnahme nach §§ 31 Abs 1, 40 StGB auf das eingangs bezeichnete Urteil des Landesgerichts Leoben zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt, wobei nach § 43a Abs 3 StGB ein Teil der Zusatzfreiheitsstrafe von 12 Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

Unter einem erging „gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO iVm § 495 Abs 2 StPO“ der Beschluss auf Absehen vom Widerruf der mit dem genannten Urteil des Landesgerichts Leoben gewährten bedingten Strafnachsicht und auf Verlängerung dieser Probezeit auf fünf Jahre (ON 59 S 3).

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht dieser Beschluss mit dem Gesetz nicht im Einklang.

1./ Gemäß § 495 Abs 2 letzter Halbsatz StPO entscheidet über einen Widerruf bei nachträglicher Verurteilung (§ 55 StGB) unter Gerichten verschiedener Ordnung jenes höherer Ordnung, dessen Urteil eine bedingte Nachsicht enthält und zuletzt rechtskräftig wurde.

Eine Zuständigkeit des die nachträgliche Verurteilung aussprechenden Gerichts zu einer solchen Entscheidung schon gleichzeitig mit seinem Urteil (also vor dessen Rechtskraft) kommt nicht in Betracht, weil es sich um keinen Fall des § 494a Abs 1 StPO handelt (RIS Justiz RS0111521).

Das Landesgericht Korneuburg hätte demzufolge erst nach Rechtskraft seines Urteils nichtöffentlich mit Beschluss über einen allfälligen Widerruf der zu AZ 13 Hv 58/13t des Landesgerichts Leoben gewährten bedingten Strafnachsicht zu entscheiden gehabt (vgl Jerabek , WK StPO § 495 Rz 3; 13 Os 62/12k).

2./ Wird bei nachträglicher Verurteilung nach § 31 StGB die im Vorurteil gewährte bedingte Nachsicht nicht widerrufen, so dauert jede der zusammentreffenden Probezeiten von Gesetzes wegen bis zum Ablauf der Probezeit, die zuletzt endet, jedoch nicht länger als fünf Jahre (§ 55 Abs 3 StGB); eine konstitutive Verlängerung der Probezeit durch Richterspruch findet im Gesetz keine Deckung (RIS Justiz RS0090596 [T1]).

Der Beschluss des Landesgerichts Korneuburg hat sich hinsichtlich der Verlängerung der vom Landesgericht Leoben bestimmten Probezeit auf fünf Jahre für die Verurteilte nachteilig ausgewirkt und war in diesem Umfang (ersatzlos) zu beseitigen.