JudikaturJustiz15Os22/91

15Os22/91 – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Mai 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Mai 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Michael S***** und andere, AZ 23 c Vr 8033/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die Beschwerde des Werner G***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 12. Dezember 1990, AZ 24 Ns 367/90, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht Wien festgestellt, daß dem 31 Jahre alten Werner G***** für die durch seine strafgerichtliche Anhaltung im Verfahren AZ 23 c Vr 8033/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien in der Zeit vom 12. August 1988, 8,30 Uhr, bis zum 25.August 1988, 18,15 Uhr, entstandenen vermögensrechtlichen Nachteile ein Ersatzanspruch gemäß § 2 Abs 1 lit a StEG nicht zusteht.

Nach den Konstatierungen des Oberlandesgerichtes wurde Werner G***** am 12.August 1988 um 8,30 Uhr über Anordnung des an Ort und Stelle in Wien 6, Aegidigasse 13 anwesenden Journalrichters festgenommen und anschließend in das Landesgericht für Strafsachen Wien eingeliefert. Nach Erlassung eines schriftlichen Haftbefehls durch den Journalrichter wurde am 14.August 1988 die Voruntersuchung gegen den Werner G***** wegen des Verdachts der Vergehen des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt (§§ 15, 269 Abs 1 StGB), der schweren Körperverletzung (§§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 2 und Z 4 StGB) und des Landfriedensbruchs (§ 274 Abs 1 StGB) eingeleitet und über ihn gemäß § 180 Abs 2 Z 2 und Z 3 lit c (richtig: lit b und c - vgl S 381/Bd II) StPO die Untersuchungshaft verhängt. Am 25.August 1988 um 18,15 Uhr wurde Werner G***** enthaftet und schließlich am 4.November 1988 das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren gemäß § 109 Abs 1 StPO eingestellt.

Das Begehren auf Feststellung eines Entschädigungsanspruchs nach § 2 Abs 1 lit a StEG erachtete der Gerichtshof zweiter Instanz deshalb als nicht berechtigt, weil die Festnahme aufgrund eines mündlichen Haftbefehls des Journalrichters erfolgt sei, wobei gegen Werner G***** ein dringender Tatverdacht (zumindest in Richtung einer Beitragstäterschaft zu den bezeichneten Vergehen) bestanden habe und die Voraussetzungen des Haftgrundes nach § 175 Abs 1 Z 1 StPO gegeben gewesen seien; auch eine (an sich gar nicht behauptete) gesetzwidrige Verlängerung der Haft sei nicht vorgelegen, zumal Werner G***** sofort nach Einlangen der Vollanzeige enthaftet worden sei.

Der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde des Werner G***** kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten, daß es nur eine Ausführung des Rechtsmittels gibt und demnach in dieser das gesamte Vorbringen des Rechtsmittelwerbers darzustellen ist, weshalb Verweisungen auf andere Eingaben udgl nicht statthaft sind; soweit der Beschwerdeführer eingangs seiner Ausführungen auf seine Beschwerde vom 21.März 1989 und auf die darin beantragten ergänzenden Erhebungen verweist, ist daher darauf nicht weiter einzugehen.

Unzutreffend ist der Beschwerdeeinwand, der am 12.August 1988 am Tatort in Wien 6, Aegidigasse anwesende Journalrichter habe keinesfalls einen mündlichen Haftbefehl erlassen. Wie das vor dem Verfassungsgerichtshof zum AZ B 1624/88 ua durchgeführte Verfahren mit Bezug auf die in Rede stehenden Geschehnisse ergeben hat, hat der Untersuchungsrichter durch die Worte "Festnehmen, natürlich" unmißverständlich zu verstehen gegeben, daß er einen mündlichen Haftbefehl gegen die am Tatort anwesenden Personen, somit auch gegen den Beschwerdeführer erlassen hat. Zu diesem Ergebnis kam auch der Verfassungsgerichtshof (ua) in seinem Erkenntnis vom 7.März 1990, GZ B 1624/88-41.

Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen ist das Oberlandesgericht aber auch zutreffend davon ausgegangen, daß aufgrund der Ermittlungen der Sicherheitsbehörden zum Zeitpunkt der Anordnung der vorläufigen Festnahme des Werner G***** der dringende Verdacht bestanden hat, daß der Genannte sich zumindest eines sonstigen Tatbeitrages (§ 12 dritter Fall StGB) zu den oben bezeichneten Vergehen schuldig gemacht habe, indem er an der Herbeischaffung der zum Einsatz gegen die einschreitenden Polizeibeamten gebrachten Molotowcocktails und Steinschleudern sowie der sichergestellten Waffen und Wurfgeschoße (vgl S 35 bis 41/Bd I des Aktes 23 c Vr 8033/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) beteiligt war und zum aktiven Widerstand der unmittelbaren Täter gegen die Polizeibeamten zumindest psychische Beihilfe geleistet hat (vgl ON 2 und 5 des bezeichneten Aktes).

Dem Oberlandesgericht ist weiters darin beizupflichten, daß die Voraussetzungen des § 175 Abs 1 Z 1 StPO gegeben waren, wurde doch der Beschwerdeführer am Tatort im unmittelbaren Naheverhältnis zu jenen gefährlichen Gegenständen (Molotowcocktails, Steinschleudern, Waffen, Wurfgeschoße), die bei den unmittelbar zuvor begangenen strafbaren Handlungen (insbesondere nach §§ 15, 269 Abs 1 bzw §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 2 und Z 4 StGB) verwendet wurden, betreten, sodaß seine Beteiligung daran nahelag.

Damit war aber die Festnahme des Beschwerdeführers gesetzmäßig.

Der dringende Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer bestand nach der Aktenlage auch noch im Zeitpunkt der Verhängung der Untersuchungshaft über ihn, wobei jedenfalls die Haftgründe des § 180 Abs 2 Z 2 und Z 3 lit b StPO (nicht allerdings jener der Z 3 lit c) gegeben waren. Die Anordnung der Untersuchungshaft entsprach daher gleichfalls dem Gesetz. Als die weiteren Erhebungen Zweifel in Ansehung des Tatverdachts ergaben, wurde Werner G***** ohnedies sogleich enthaftet, womit - was das Oberlandesgericht gleichfalls zutreffend erkannt hat - auch eine gesetzwidrige Verlängerung der Haft nicht gegeben war.

Was letztlich den Einwand betrifft, der angefochtene Beschluß wäre nicht dem Antragsteller, sondern seinem ausgewiesenen Verteidiger zuzustellen gewesen, so übersieht die Beschwerde, daß gemäß § 6 Abs 4 StEG der nach den Abs 1 oder 2 der zitierten Gesetzesstelle zu fassende Beschluß dem (der) Angehaltenen oder Verurteilten zu eigenen Handen zuzustellen ist und insoweit demnach die allgemeine Vorschrift des § 79 Abs 2 StPO nicht zur Anwendung kommt (15 Os 21-24/90 = EvBl 1990/150 = RZ 1990/127).

Die Beschwerde ist somit zur Gänze unbegründet, weshalb ihr ein Erfolg versagt bleiben mußte.