JudikaturJustiz15Os156/87

15Os156/87 – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Dezember 1987

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Dezember 1987 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Samek als Schriftführer in der Strafsache gegen Goran K*** wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs 1, 130 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 17. September 1987, GZ 11 Vr 4275/86-39, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Kodek, und des Verteidigers Dr. Mühl zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus deren Anlaß wird gemäß § 290 Abs 1 StPO der Ausspruch der Einziehung eines "präparierten Taschendiebstahlsmantels" aus dem erstgerichtlichen Urteil ausgeschaltet.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Goran K*** war bereits im ersten Rechtsgang mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 8.April 1987, GZ 11 Vr 4275/86-26, unter anderem schuldig erkannt worden, am 10.Dezember (im nunmehr angefochtenen Urteil zufolge eines offenkundigen Schreibfehlers: 10.Feber) 1986 in Graz gewerbsmäßig versucht zu haben, in fünf an Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel verübten Angriffen fremde bewegliche Sachen unbekannten Personen mit Bereicherungsvorsatz wegzunehmen. Der vom Angeklagten gegen dieses Urteil erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde hatte der Oberste Gerichtshof mit dem Urteil vom 24.Juli 1987, GZ 15 Os 102/87-6, nur in Ansehung der Qualifikation des Diebstahls Folge gegeben und das erstinstanzliche Urteil im Ausspruch über die gewerbsmäßige Begehung der Tat, deren rechtliche Beurteilung nach § 130 erster Fall StGB sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Strafsache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Das im zweiten Rechtsgang erflossene Urteil, mit dem die versuchten Diebstähle des Angeklagten neuerlich als gewerbsmäßig nach § 130 erster Fall StGB begangen beurteilt wurden, bekämpft Goran K*** mit einer von ihm auf die Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten, der Sache nach aber auch in Richtung der Z 5 dieser Gesetzesstelle ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Eine Mängelrüge (Z 5) liegt der Sache nach vor, soweit der Angeklagte die Feststellung seiner ausländischen Vorstrafen trotz fehlender genauer Kenntnis der diebsbezüglichen Akten bekämpft. Die Feststellung der Tatsache der siebenmaligen Verurteilung durch jugoslawische Gerichte, überwiegend wegen Diebstahls, findet jedoch in den in der Hauptverhandlung verlesenen (S 177) Auskünften der Interpol Belgrad vom 8.Mai 1981, 16.April 1985 und 17. Jänner 1986, erliegend im Fremdenpolizeiakt der Bundespolizeidirektion Salzburg, Zahl Fr-84.781/87, Deckung (§ 252 Abs 2 in Verbindung mit § 258 Abs 1 StPO). Nähere Feststellungen über die Art der zu diesen Verurteilungen führenden Diebstähle wurden ohnedies nicht getroffen. Soweit der Beschwerdeführer aber vermeint, die bloße Tatsache der Verurteilungen dürfe nicht verwertet werden, irrt er. Gewiß kann die Persönlichkeit eines Angeklagten besser beurteilt werden, wenn Einzelheiten aus den früheren Strafverfahren bekannt sind, doch kommt auch den Vorverurteilungen an sich Aussagekraft zu, insbesondere wenn die Vorverurteilungen in solcher Häufung wie hier auftreten. Verfehlt ist auch die Rechtsrüge des Beschwerdeführers, wonach deswegen, weil (im allgemeinen) bei Prüfung der Frage der Gewerbsmäßigkeit das gesamte Verhalten des Täters vor und nach der Tat in Betracht zu ziehen sei, bei einem Täter, der (wie er) unmittelbar nach dem letzten Versuch festgenommen wurde, aus dem Verhalten nach der Tat keine Schlüsse gezogen werden könnten und in solchen Fällen daher die bekämpfte Qualifikation niemals angenommen werden dürfe.

Diese Argumentation ist schon an sich unhaltbar, weil das Verhalten nach der Tat nur eines der möglichen Indizien darstellt, aus denen die Absicht zur gewerbsmäßigen Tatbegehung erschlossen werden kann. Sie übersieht überdies, daß die auf die ersten vier Angriffe, die durchwegs beim Versuch geblieben waren, jeweils nachfolgend begangenen weiteren Angriffe und die sich daraus manifestierende besondere Intensität des deliktischen Vorhabens sehr wohl auch als Indiz für die Konstatierung gewerbsmäßiger Tatbegehung herangezogen werden konnten.

Das Erstgericht stellte fest, daß der siebenmal in Jugoslawien und dreimal in Österreich wegen Diebstahls verurteilte Angeklagte einen kriminellen Lebenslauf aufweist und niemals ein geordnetes Leben mit andauernder redlicher Beschäftigung und daraus fließendem Einkommen führte, sondern äußerstenfalls Gelegenheitsarbeiten verrichtete und leitete daraus der Sache nach - durchaus folgerichtig - ab, daß er ein Berufsverbrecher ist, dessen Lebensführung auf Erwerb aus Diebstählen ausgerichtet ist. Damit stellte es auch die auf eine in Zukunft wiederkehrende Begehung der Diebstähle als fortlaufende Einnahmequelle gerichtete Absicht des Angeklagten fest, sodaß die Qualifikation seiner Tat nach § 130 erster Fall StGB zu Recht angenommen wurde.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Aus deren Anlaß mußte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugen, daß das angefochtene Urteil mit einer vom Angeklagten nicht geltend gemachten, aber von Amts wegen wahrzunehmenden (§ 290 Abs 1 StPO) Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 vorletzter Fall StPO behaftet ist. Das Erstgericht hat nämlich - sachlich an sich durchaus begründet - den mit zusätzlichen Taschen für die Verübung von Taschendiebstählen präparierten Mantel (vgl. S 31 und 23), den der Angeklagte bei den gegenständlichen Taten getragen hatte, gemäß § 26 StGB eingezogen. Da aber eine solche Maßnahme im ersten Rechtsgang, vom Ankläger unbekämpft, nicht getroffen worden war, verstieß diese Einziehung gegen das Verschlimmerungsverbot des § 293 Abs 3 (iVm § 290 Abs 2) StPO. Der Einziehungsausspruch war daher aus dem erstgerichtlichen Urteil auszuschalten.

Das Schöffengericht verurteilte den wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs 1, 130 erster Fall StGB und der Vergehen des Gebrauches fremder Ausweise nach § 231 Abs 1 StGB sowie nach § 14 Abs 2 FremdenpolizeiG schuldig erkannten Angeklagten nach §§ 28 Abs 1, 130 erster Strafsatz StGB zu 18 Monaten Freiheitsstrafe. Es wertete bei der Strafbemessung die vielen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen des Angeklagten und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen als erschwerend, hingegen das Geständnis des Angeklagten zu den Vergehenstatbeständen und den Umstand, daß die diebischen Angriffe beim Versuch geblieben waren, als mildernd.

Der eine Herabsetzung des Strafausmaßes und (im Berufungsantrag) die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebenden Berufung des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Daß das eben erwähnte Geständnis auch reumütig war, stellt keinen zusätzlichen Milderungsgrund dar, begründet vielmehr erst jenen des § 34 Z 17 erster Fall StGB.

Entgegen der Meinung des Angeklagten sind auch ausländische strafgerichtliche Verurteilungen selbst dann erschwerend, wenn die Verurteilungen nur dem "Deliktstypus" nach bekannt sind und nicht die "entsprechenden Akteninhalte".

Trotz der angenommenen Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit beim Diebstahl konnten auch die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen als erschwerend gewertet werden. Zum einen trifft dies schon im Hinblick auf die wiederholten Vorstrafen wegen des Vergehens des Gebrauches fremder Ausweise nach § 231 StGB zu, zum anderen weisen selbst die Diebstahlsvorstrafen ein atypisches Gewicht auf, das bei der Strafbemessung zu berücksichtigen ist (vgl. Kunst im WK, RN 28 zu § 32 aE).

Die Strafzumessungsgründe wurden somit vom Schöffengericht richtig und vollständig festgestellt und ihrem Gewicht nach durchaus zutreffend beurteilt. Die der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld entsprechende Freiheitsstrafe ist demnach nicht reduktionsbedürftig.

Unerfindlich bleibt bei der kriminellen Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten, aus welchen Gründen die Annahme gerechtfertigt wäre, eine bloße Androhung einer Freiheitsstrafe werde genügen, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, geschweige denn, daß Gewähr dafür geboten wäre.

Auch der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.