JudikaturJustiz15Os144/03

15Os144/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. Dezember 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Dezember 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärter Mag. Dachsberger als Schriftführer, in der Maßnahmensache des Otto F***** wegen Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 25. August 2003, GZ 36 Hv 120/03d-66, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Otto F***** - im zweiten Rechtsgang - in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB eingewiesen, weil er zwischen 16. August 1999 und 19. August 2002 in Innsbruck und anderen Orten unter dem Einfluss eines im Urteil näher beschriebenen, die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades beruht (paranoide Schizophrenie), mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz in 18 im Urteil genannten Fällen verschiedenen Personen Bargeld und vermögenswerte Gegenstände in einem insgesamt 2000 Euro nicht übersteigenden Wert weggenommen oder wegzunehmen versucht, somit Taten begangen hat, die ihm außerhalb dieses Zustandes als Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z l und 2, 15 StGB zuzurechnen wären.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Betroffene mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung nicht zukommt.

Die Mängelrüge (Z 5) vermag einen formellen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes nicht aufzuzeigen. Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite und zum zustandsbedingten Irrtum über die Berechtigung zur Begehung von Diebstählen hat das Erstgericht mit dem Hinweis auf die Verantwortung des Betroffenen (zum Teil im Zusammenhalt mit dem äußeren Tatgeschehen) sowie das Gutachten der psychiatrischen Sachverständigen Dr. Karin T***** hinreichend und mängelfrei begründet (US 12 ff).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bestreitet das Vorliegen einer Anlasstat im Sinne des § 21 Abs 1 StGB, weil das erkennende Gericht zur subjektiven Tatseite, soweit sie die Unrechtmäßigkeit der Bereicherung betrifft, eine Negativfeststellung getroffen habe (US 11). Dabei vernachlässigt die Beschwerde, dass sich aus dem Urteil in seiner Gesamtheit (Spruch und Gründe) ergibt, dass - auch nach der Vorstellung des Betroffenen - gegenüber den jeweils Bestohlenen kein Anspruch auf Vermögensvermehrung bestand, die Bereicherung sohin unrechtmäßig war. Die oben beschriebene - aus einem krankheitsbedingten Irrtum abgeleitete - Negativfeststellung zur Unrechtmäßigkeit der Bereicherung (US 11 zweiter Absatz) ist daher bei verständiger Lesart im Kontext mit der diesbezüglichen Beweiswürdigung (US 13) und rechtlichen Beurteilung (US 15) nur dahin zu verstehen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19), dass das Erstgericht dem Betroffenen auf Grund seiner Verantwortung, er habe sich durch verschiedene Firmen und Personen (die nicht mit den Bestohlenen ident sind) geschädigt gefühlt und daher für berechtigt gehalten, Einbruchsdiebstähle zu verüben, einen - zustandsbedingten, und daher unbeachtlichen (Ratz in WK2 § 21 Rz 18) - Rechtsirrtum über das Vorliegen eines im Gesetz nicht vorgesehenen Rechtfertigungsgrundes zugebilligt hat. Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde infolge Fehlinterpretation dieser Konstatierungen von einem den Vorsatz ausschließenden Tatbildirrtum ausgeht, erweist sie sich daher mangels Festhaltens am gesamten Urteilsinhalt als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt.

Inwiefern zwischen der Feststellung, die Strafregisterauskunft des Betroffenen sei leer, und dem Hinweis auf die Vortaten bei der Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose ein innerer Widerspruch bestehen soll, wird in der Beschwerde nicht näher dargetan, sodass der Einwand (inhaltlich Z 5) einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich ist.

Der Sanktionsrüge (Z 11) stellt mit der bloßen Bestreitung der Gefährlichkeitsprognose keinen Nichtigkeitsgrund dar und orientiert sich mit den Behauptungen, die dem Angeklagten zur Last gelegte Anlasstat sei nicht mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht, es seien (nur Vermögensdelikte "außer Reichweite der hiefür maßgeblichen Wertgrenze", somit) keine Taten mit schweren Folgen zu befürchten, nicht am Urteilssachverhalt (US 18) und lässt daher die gebotene Ausrichtung am Gesetz vermissen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).