JudikaturJustiz15Os14/08k

15Os14/08k – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. April 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. April 2008 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pulker als Schriftführerin in der Strafsache gegen Radovan R***** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. November 2007, GZ 052 Hv 61/07f-67, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Radovan R***** (zu A) des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB und (zu B) (richtig:) der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er

A. am 8. Mai 2007 in Wien versucht mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Mitarbeiter der B***** AG durch die Vorgabe, „er sei durch den Kontoinhaber legitimiert, die nachstehend angeführte Überweisung zu veranlassen, und durch Übermittlung eines Überweisungsbelegs, auf dem er die Unterschrift des Kontoinhabers Aleksandar T***** nachgemacht hatte, mithin durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung einer falschen Urkunde, zur Überweisung eines Bargeldbetrags in der Gesamthöhe von 91.250 Euro auf das Konto Nr ***** der B***** AG, lautend auf die O***** GmbH, welches Radovan R***** unter dem Falschnamen Savo R***** eröffnet hatte und für das ihm die alleinige Zeichnungsbefugnis oblag", somit zu einer Handlung zu verleiten, die das genannte Kreditinstitut mit einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt hätte;

B.1. am 22. August 2006 in Wien eine falsche ausländische öffentliche Urkunde, nämlich einen Personalausweis der Republik Bosnien und Herzegowina, Nr. ***** (Totalfälschung), lautend auf Savo R*****, sohin eine ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht, indem er den Personalausweis im Zuge der Eröffnung des unter Punkt A. genannten Kontos zum Beweis seiner Identität Mitarbeitern der B***** AG vorwies,

B.2. „am 14. Juli 2006 in Wiener Neustadt, indem er die zu Punkt B.1. genannte Urkunde dem Notar Dr. Erhard C***** zur Errichtung eines Notariatsakts vorwies".

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Ihr kommt Berechtigung zu.

In seiner Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zeigt der Beschwerdeführer zutreffend auf, dass die Angaben des vom Angeklagten als Alibizeugen geführten Zeljko D*****r in der Hauptverhandlung vom 20. November 2007 (S 263 ff/II) in der Beweiswürdigung des Erstgerichts nur unvollständig erörtert wurden.

Das Gericht führte im Rahmen der Beweiswürdigung aus, dass der genannte Zeuge dem Beschwerdeführer für den 8. Mai 2007 zwischen halb acht und acht Uhr bis kurz nach neun Uhr zwar ein Alibi geboten habe, dies jedoch der Täterschaft des Angeklagten aufgrund der erst für 21 Uhr 37 dieses Tages mittels eines Überwachungsfotos dokumentierten Abgabe des Überweisungsbelegs nicht entgegenstehe (US 13). Zeljko D***** gab in der Hauptverhandlung vom 20. November 2007 demgegenüber jedoch - nachdem er unmittelbar davor die im Urteil zitierten Angaben gemacht hatte - über Befragen durch die Vorsitzende konkret an, am 8. Mai 2007 „von ca 19.30 Uhr bis ca 21.10 Uhr" mit dem Angeklagten Radovan R***** in der Nähe von München beisammen gewesen zu sein (S 265/II).

Auf diese - erkennbar durch die unterschiedliche Zeitbezeichnung - (scheinbar) divergierenden Angaben ist das Gericht nicht eingegangen, obwohl ein dadurch für den Zeitpunkt der Abgabe des Überweisungsbelegs vorliegendes Alibi den erstgerichtlichen Feststellungen einer (unmittelbaren) Täterschaft des Angeklagten entgegenstünde.

Daran vermag auch die generell attestierte Unglaubwürdigkeit der „namhaft gemachten Zeugen" (US 11) nichts zu ändern. Führt das Erstgericht doch bei Würdigung der Aussage des Zeugen Zeljko D***** konkret nicht dessen mangelnde Glaubwürdigkeit, sondern - wie oben ausgeführt zu Unrecht - den Umstand an, dass sich aus dessen Aussage für den Angeklagten nichts gewinnen lasse (US 12), weil der Zeuge ein Zusammensein mit dem Angeklagten zum Tatzeitpunkt gar nicht behaupte. Zufolge dieser Nichtberücksichtigung erheblicher, in der Hauptverhandlung vorgekommener Verfahrensergebnisse bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung war der Schuldspruch zu A. aufzuheben.

Darüber hinaus haftet dem angefochtenen Urteil in seinen Punkten B.1. und B.2. der von Amts wegen wahrzunehmende, dem Angeklagten zum Nachteil gereichende Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO an.

Dem Urteil sind nämlich in Ansehung der als begründet erachteten Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB keinerlei Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten zu entnehmen. Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen zwingt auch zur Kassation des Schuldspruchs zu B.1. und B.2.. Im neu durchzuführenden Verfahren wird das Erstgericht zu beachten haben, dass der Tatbestand des § 224 StGB nur auf solche ausländischen öffentlichen Urkunden anzuwenden ist, die durch Gesetz oder zwischenstaatlichen Vertrag inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt sind. Nicht gleichgestellte ausländische öffentliche Urkunden sind nur nach § 223 (§ 229) StGB geschützt (Kienapfel/Schroll in WK2 [2006] § 224 Rz 38). Es wird daher zu beachten sein, ob Personalausweise der Republik Bosnien und Herzegowina inländischen öffentlichen Urkunden durch Gesetz oder zwischenstaatlichen Vertrag gleichgestellt sind (vgl § 2 Abs 4 Z 4 FPG 2005).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Rechtssätze
3