JudikaturJustiz15Os130/18h

15Os130/18h – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Dezember 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Dezember 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Kontr. Gsellmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alois K***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Geschworenengericht vom 16. Juli 2018, GZ 37 Hv 30/18h 64, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Alois K***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 24. Juni 2017 in K***** seine Ehefrau Doris K***** vorsätzlich getötet, indem er sie erwürgte.

Die Geschworenen bejahten die anklagekonform nach dem Verbrechen des Mordes gestellte Hauptfrage.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 345 Abs 1 Z 5 und 6 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Der Verfahrensrüge (Z 5) zuwider wurden durch die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zum Beweis dafür, „dass der Angeklagte im Tatzeitpunkt in einem Affektsturm gehandelt hat“ (ON 63 S 33 f), Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt.

Einem Beweisantrag muss neben Beweismittel und Beweisthema nämlich – soweit dies nicht offensichtlich ist (§ 55 Abs 1 letzter Satz StPO) – zu entnehmen sein, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse (RIS-Justiz RS0118444, RS0107040).

Auch nach Ablehnung der Beweisaufnahme mit der Begründung, ein Sachverständigengutachten (vgl § 125 Z 1 StPO) sei bloß bei – vom Schwurgerichtshof verneintem – Vorliegen von Anhaltspunkten für eine Zurechnungsunfähigkeit im Tatzeitpunkt indiziert, wurde kein (weiterer) Beweisantrag gestellt (ON 63 S 34). Somit wurden auch keine tatsächlichen Umstände in Richtung einer besonderen Täterpersönlichkeit und eines damit einhergehenden spontanen und hochgradigen Gefühlsimpulses im Tatzeitpunkt aufgezeigt, die einer allfälligen Beurteilung durch einen Experten bedurft hätten. Damit lief das Begehren auf eine – im Hauptverfahren allerdings unzulässige –Erkundungsbeweisführung hinaus.

Die in der Beschwerde nachgetragenen Gründe sind angesichts der auf Nachprüfung der erstgerichtlichen Vorgangsweise angelegten Konzeption dieses Nichtigkeitsgrundes unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618).

Weiters kritisiert der Beschwerdeführer das Unterbleiben der Stellung einer – schon in der Hauptverhandlung beantragten (ON 63 S 36) – Eventualfrage in Richtung Totschlag (§ 76 StGB).

Voraussetzung für die Stellung einer Eventualfrage (§ 314 Abs 1 StPO) ist das Vorbringen von Tatsachen in der Hauptverhandlung, welche einen gegenüber der Anklage geänderten Sachverhalt und – im Fall dessen Bejahung – einen Schuldspruch wegen einer anklagedifformen gerichtlich strafbaren Handlung in den näheren Bereich der Möglichkeit rücken ( Lässig , WK-StPO § 314 Rz 2). Bloß denkbare Möglichkeiten und Mutmaßungen können nicht zum Gegenstand einer Eventualfrage gemacht werden (RIS Justiz RS0102724, RS0100871 [T12]).

Die gesetzmäßige Ausführung einer Fragenrüge (Z 6) erfordert die deutliche und bestimmte Bezeichnung der vermissten Fragestellung und eines sie indizierenden Tatsachensubstrats samt Angabe der Fundstellen in den Akten (RIS-Justiz RS0117447; Ratz , WK-StPO § 345 Rz 23).

Dem wird die Beschwerde mit dem bloßen Hinweis auf eine (laut Verantwortung des Angeklagten) bestehende „sexuelle“ Beziehung des Opfers mit dem Zeugen G***** und auf die Aussage des Angeklagten, seine Ehefrau habe ihn im Lauf der Woche vor der Tat während des Geschlechtsverkehrs zweimal mit dem Namen des Zeugen angesprochen (ON 63 S 5), nicht gerecht.

Verfahrensergebnisse, die die begehrte Fragestellung (das Vorliegen eines heftigen und allgemein begreiflichen tiefgreifenden Affekts im Tatzeitpunkt, der sogar stärkste sittliche Hemmungen, wie sie gegen die vorsätzliche Tötung eines Menschen bestehen, hinwegzufegen geeignet ist [vgl dazu RIS-Justiz RS0092271, RS0092259, RS0092338]) nach gesicherter allgemeiner Lebenserfahrung ernsthaft indizieren würden, werden damit nicht aufgezeigt. Denn eine – nach der Rechtsprechung von § 76 StGB geforderte – Spontaneität der Fassung des Tötungsentschlusses ebenso wie der Tatausführung innerhalb eines (aktuellen) heftigen Affektsturms wird allein dadurch nicht behauptet (vgl RIS-Justiz RS0092338 [T3]; RS0092061; Moos in WK 2 § 76 StGB Rz 23 f; Leukauf/Steininger/Nimmervoll , StGB 4 § 76 Rz 7 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StGB), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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