JudikaturJustiz14Os52/21k

14Os52/21k – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. Juni 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Juni 2021 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Pentz in der Maßnahmenvollzugssache des Mag. ***** B*****, AZ 189 Ns 1/21f des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 16. März 2021, AZ 18 Bs 55/21a (ON 9 der Ns Akten), ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Artner, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 16. März 2021, AZ 18 Bs 55/21a, verletzt § 166 Z 2 lit b iVm § 165 Abs 2 StVG.

Dieser Beschluss wird aufgehoben und es wird dem Oberlandesgericht Wien die neuerliche Entscheidung über die Beschwerde des Mag. ***** B***** gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht vom 3. Februar 2021, GZ 189 Ns 1/21f 4, aufgetragen.

Text

Gründe:

[1] Mit Beschluss vom 3. Februar 2021, GZ 189 Ns 1/21f 4, wies das Landesgericht für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht den Antrag auf Unterbrechung der Unterbringung des gemäß § 21 Abs 1 und 2 StGB untergebrachten Mag. ***** B***** ab.

[2] Dessen dagegen gerichteter Beschwerde gab das Oberlandesgericht Wien mit dem angefochtenen Beschluss „mit der Maßgabe, dass der Antrag zurück- und nicht abzuweisen ist, nicht Folge“. Begründend führte es aus, bei nach § 21 Abs 1 StGB Untergebrachten sei eine Unterbrechung der Unterbringung „gar nicht zulässig“, sodass der Antrag – „abgesehen von der Möglichkeit eines Vorgehens gemäß § 165 Abs 1 Z 1 letzter Satz StVG“ – zurückzuweisen gewesen wäre.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dieser Beschluss verletzt – wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt – das Gesetz.

[4] Gemäß § 166 Z 2 StVG ist eine Unterbrechung der Unterbringung nach § 21 Abs 2 StGB – unter den dort normierten Voraussetzungen – zulässig, sobald die voraussichtlich noch zu verbüßende Strafzeit eine bestimmte Dauer nicht übersteigen würde (lit a) oder soweit dies zur Behandlung des Zustands des Untergebrachten oder zur Vorbereitung auf das Leben in Freiheit notwendig oder zweckmäßig erscheint (lit b). Nach § 165 Abs 2 StVG ist § 166 StVG auch auf den Vollzug der Unterbringung nach § 21 Abs 1 StGB anzuwenden, soweit sich aus § 165 Abs 1 StVG nichts anderes ergibt.

[5] Da im Verfahren zur Unterbringung nach § 21 Abs 1 StGB keine Strafe verhängt wird, kommt im Maßnahmenvollzug nach dieser Bestimmung eine Unterbrechung nach § 166 Z 2 lit a StVG nicht in Betracht. Eine solche nach § 166 Z 2 lit b StVG ist hingegen – mangels widerstreitender Anordnung des § 165 Abs 1 StVG – nicht von vornherein ausgeschlossen ( Drexler/Weger , StVG 4 § 165 Rz 6 und § 166 Rz 3; Pieber in WK 2 StVG § 162 Rz 25 ff; vgl RIS Justiz RS0131336).

[6] Der angefochtene Beschluss verletzt daher § 166 Z 2 lit b iVm § 165 Abs 2 StVG.

[7] Der Oberste Gerichtshof sah sich veranlasst, die Feststellung dieser Gesetzesverletzung gemäß § 292 letzter Satz StPO mit konkreter Wirkung zu verknüpfen, weil eine nachteilige Wirkung für den Untergebrachten nicht auszuschließen ist. Indem das Beschwerdegericht den hinreichend deutlich auf eine Unterbrechung von mehr als vierzehn Tagen zur Behandlung im Sinn des § 166 Z 2 lit b erster Fall StVG gerichteten Antrag für (formal) unzulässig erachtete, unterließ es nämlich die ihm aufgetragene selbständige Prüfung seiner inhaltlichen Berechtigung (vgl [zur Entscheidungskompetenz im Beschwerdeverfahren] 14 Os 84/14f, 85/14b; RIS Justiz RS0089977 [insbes T11 und T12]; Ratz , WK StPO Vor §§ 280–296a Rz 6/1).

Rechtssätze
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